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Radioaktiv markiert – exakt lokalisiert

Die PSMA-„radioguided surgery“ beim Prostatakarzinomrezidiv

<p class="article-intro">Mit gegen das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) gerichteten Tracern können in der Positronenemissionstomografie (PET) bei Patienten mit Prostatakarzinomrezidiv bereits kleine metastatische Absiedelungen erkannt werden. Im Falle einer Salvage-Operation ist die Identifikation dieser meist kleinen und/ oder atypisch gelegenen Läsionen oftmals schwierig. Die gezielte Markierung mittels <sup>99m</sup>Technetium-markierter PSMA-Liganden (<sup>99m</sup>Tc-PSMA-„radioguided surgery“) kann das intraoperative Auffinden erheblich erleichtern.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die PSMA-PET erm&ouml;glicht die Detektion von Prostatakrebsmetastasen bereits bei niedrigen PSA-Werten im Rezidivfall.</li> <li>Bei Patienten mit beginnendem PSA-Rezidiv und limitierter Weichteilmetastasierung (v.a. pelvine Lymphknotenmetastasen) stellt eine Salvage-Operation m&ouml;glicherweise eine sinnvolle Therapieoption dar.</li> <li>Die Entwicklung von intraoperativ nutzbaren mit radioaktivem 99mTechnetium markierten PSMA-Liganden (PSMA-&bdquo;radioguided surgery&ldquo;) erleichtert das Auffinden von kleinen bzw. atypisch gelegenen Prostatakarzinommetastasen.</li> <li>Bei fehlenden Langzeitdaten ist die Indikation einer Salvage- Operation sowie einer PSMA-&bdquo;radioguided surgery&ldquo; kritisch und individuell zu stellen.</li> </ul> </div> <h2>Einleitung</h2> <p>Bei Patienten mit Prostatakarzinomrezidiv nach radikaler Prostatektomie und gegebenenfalls lokaler Strahlentherapie gilt leitliniengem&auml;&szlig; die Einleitung einer Systemtherapie in Form einer Hormontherapie bei weiterer PSA-Progression als Standard. Bei einigen Patienten mit beginnendem PSA-Rezidiv und limitierter Weichteilmetastasierung (v.a. pelvine Lymphknotenmetastasen) bietet sich jedoch eine Salvage-Operation als weitere Therapieoption an. In den letzten Jahren ist diese Therapiealternative beim lokalisiert metastasierten Prostatakarzinom mehr und mehr in den Fokus ger&uuml;ckt &ndash; gerade durch die Fortschritte im Bereich der bildgebenden Diagnostik. Hier sei vor allem die Positronenemissionstomografie (PET) genannt, die unter Verwendung von gegen das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) gerichteten Tracern (v.a. 68Ga-PSMA-11) Rezidive selbst bei niedrigen PSA-Werten bildgebend erfassen kann (Abb. 1). Die intraoperative Detektion bei Salvage-Operation gestaltete sich jedoch bisher gerade bei kleinen oder atypisch gelegenen L&auml;sionen problematisch. Schnellschnittuntersuchungen zur histologischen Verifizierung kosten Zeit und k&ouml;nnen dar&uuml;ber hinaus nicht immer die erfolgreiche Resektion best&auml;tigen. <br />Durch Fortentwicklung der f&uuml;r die PET verwendeten Tracer und Markierung mit Gammastrahlern (z.B. mit dem bereits in der nuklearmedizinischen Diagnostik weit verbreiteten Radiopharmakon 99mTechnetium) besteht nun erstmals die M&ouml;glichkeit, Prostatakarzinomzellen molekular f&uuml;r die intraoperative Detektion zu markieren. Eine solche direkte molekulare Markierung von Krebszellen nach vorheriger intraven&ouml;ser Injektion ist eine Neuheit, die bisher in dieser Weise bei anderen Tumorentit&auml;ten ihresgleichen sucht und auf der spezifischen Expression bzw. &Uuml;berexpression von PSMA auf der Zelloberfl&auml;che von Prostatakrebszellen beruht. In einer ersten Ver&ouml;ffentlichung stellten wir die Technik, die Verl&auml;sslichkeit wie auch die ersten Follow-up-Daten einer gezielten Salvage- Operation nach Injektion von <sup>99m</sup>Technetium- markierten PSMA-Liganden (<sup>99m</sup>Tc- PSMA-&bdquo;radioguided surgery&ldquo;) vor.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Urologik_Uro_1804_Weblinks_s49_abb1.jpg" alt="" width="2153" height="820" /></p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>In dieser Arbeit wurden 31 konsekutive Patienten mit biochemischem Rezidiv (PSA median: 1,13ng/ml, Spannbreite: 0,29&ndash; 3,81ng/ml) nach radikaler Prostatektomie und bildgebendem Nachweis von pelvinen Lymphknoten- oder Fettgewebsmetastasen in einer aktuellen <sup>68</sup>Gallium-PSMA-11-PET untersucht. Alle Patienten unterzogen sich im Zeitraum von September 2015 bis Mai 2016 einer Salvage-Operation mittels <sup>99m</sup>Tc-basierter PSMA-&bdquo;radioguided surgery&ldquo;. Hierf&uuml;r wurde den Patienten eine mittlere Aktivit&auml;t von 571MBq <sup>99m</sup>Tc-PSMA-I&amp;S etwa 20 Stunden vor der Salvage-Operation appliziert. F&uuml;r die intraoperative Detektion der hierdurch radioaktiv markierten metastatischen L&auml;sionen wurde eine konventionelle Gammasonde verwendet. Die intraoperativen wie auch die Ex-vivo-Radioaktivit&auml;tsmessungen des resezierten Gewebes wurden mit dem Ergebnis der histologischen Untersuchung korreliert (Abb. 2). Die Komplikationsraten des chirurgischen Eingriffes wurden nach Clavien-Dindo klassifiziert. Hinsichtlich des Follow-ups wurde das beste PSA-Ansprechen ohne weitere prostatakrebsspezifische Therapie 6 bis 16 Wochen postoperativ untersucht. Zus&auml;tzlich wurden das biochemische Rezidiv- freie (PSA &lt;0,2ng/ml) und auch das prostatakrebsspezifische therapiefreie Intervall evaluiert. <br />Insgesamt wurden bei den 31 Patienten 132 Gewebsresektate entfernt, von denen nach histologischer Untersuchung 58 Pr&auml;parate metastatisches Prostatakrebsgewebe aufwiesen. Neben dem intraoperativen Auffinden kann zus&auml;tzlich sofort nach der Entfernung von Weichgewebe eine erfolgreiche Resektion &uuml;berpr&uuml;ft werden. Die intraoperativen Ex-vivo-Radioaktivit&auml;tsmessungen zeigten eine Sensitivit&auml;t von 83,6 % (95 % Konfidenzintervall: 70,9&ndash; 91,5 % ), eine Spezifit&auml;t von 100 % und eine diagnostische Genauigkeit von 93,0 % (95 % Konfidenzintervall: 85,5&ndash;96,7 % ). Alle L&auml;sionen, die in der pr&auml;operativen <sup>68</sup>Ga-PSMA-11-PET detektiert wurden, konnten mithilfe der <sup>99m</sup>Tc-PSMA- &bdquo;radioguided surgery&ldquo; nachgewiesen und entfernt werden. Dar&uuml;ber hinaus waren bei zwei Patienten mithilfe der <sup>99m</sup>Tc-PSMA-&bdquo; radioguided surgery&ldquo; weitere Prostatakrebsmetastasen bis zu einer Gr&ouml;&szlig;e von 3 Millimetern detektierbar. 13 Patienten erlitten Komplikationen durch die Salvage- Operation, die meist nur einen geringen Grad aufwiesen (Clavien-Dindo Grad 1: 12 Patienten; Grad 3a: ein Patient mit Hydronephrose und Urosepsis, der eine transiente DJ-Versorgung sowie eine Antibiotikatherapie ben&ouml;tigte). Hinsichtlich der Injektion des radioaktiven Tracers <sup>99m</sup>Tc-PSMA-I&amp;S wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. Von 30 auswertbaren Patienten zeigten 20 Patienten (67 % ) ein komplettes biochemisches Ansprechen (PSA &lt;0,2ng/ml). Bei 13 Patienten (43 % ) blieb der PSA-Wert ohne weitere prostatakrebsspezifische Therapie unter 0,2ng/ml nach einem medianen Follow-up von 14 Monaten (Spannbreite: 5&ndash;18 Monate). 20 Patienten (65 % ) ben&ouml;tigten keine weitere prostatakrebsspezifische Nachbehandlung nach einem medianen Follow-up von 12 Monaten (Spannbreite: 6&ndash;18 Monate).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Urologik_Uro_1804_Weblinks_s49_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="1245" /></p> <h2>Fazit</h2> <p>Die <sup>99m</sup>Tc-PSMA-&bdquo;radioguided surgery&ldquo; stellt eine verl&auml;ssliche neuartige Operationsmethode dar, mit deren Hilfe auch kleine und/oder atypisch gelegene Prostatakarzinommetastasen im Rezidivfall sicher aufgesp&uuml;rt und entfernt werden k&ouml;nnen. Dies alles darf nat&uuml;rlich nicht dar&uuml;ber hinwegt&auml;uschen, dass die Salvage- Lymphadenektomie beim rezidivierten Prostatakarzinom derzeit als experimentelles, nicht leitlinienkonformes Vorgehen anzusehen ist. Onkologische Langzeitdaten auf der Grundlage der PSMAPET bzw. der PSMA-&bdquo;radioguided surgery&ldquo; fehlen. Der Stellenwert und der onkologische Langzeitnutzen m&uuml;ssen daher weiter evaluiert werden. Somit soll die Indikation f&uuml;r eine Salvage-Operation nicht leichtfertig gestellt werden, sondern muss auf Basis der vorliegenden Tumorparameter und auch des Allgemeinzustandes und der mutma&szlig;lichen Lebenserwartung mit jedem Patienten individuell besprochen werden. Nach eigenen bisherigen Erfahrungen mit knapp 200 operierten Patienten eignen sich vor allem solche Patienten, die folgende Charakteristika aufweisen:</p> <ul> <li>Guter Allgemeinzustand, geringe Komorbidit&auml;t und mutma&szlig;lich l&auml;ngere Lebenserwartung</li> <li>M&ouml;glichst nur solit&auml;rer Befund in der PSMA-PET-Untersuchung</li> <li>M&ouml;glichst niedriger PSA-Wert zum Zeitpunkt der Salvage-Operation (optimal &lt;2ng/ml)</li> <li>Bereitschaft f&uuml;r eine individuelle Behandlungsstrategie mit Inkaufnahme eines operativen Eingriffes vonseiten des Patienten</li> </ul> <p>Patienten, die diese Kriterien nicht erf&uuml;llen, sollten bei Symptomatik bzw. weiterem signifikantem PSA-Anstieg leitliniengem&auml;&szlig; mit einer Hormontherapie behandelt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Maurer T, Eiber M et al.: <sup>99m</sup>Technetium-based prostatespecific membrane antigen-radioguided surgery in recurrent prostate cancer. Eur Urol 2018; pii: S0302- 2838(18)30189-1. doi: 10.1016/j.eururo.2018.03.013 [Epub ahead of print]</p> </div> </p>
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