
Nur eine von vielen Begleiterscheinungen
Autor:
Prof. Dr. med. Andreas Seekamp
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)
aufgezeichnet von:
Dr. med. Felicitas Witte
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Warum er MRT-Veränderungen bei unspezifischen Rückenschmerzen wenig Bedeutung beimisst, erklärt Prof. Dr. med. Andreas Seekamp aus Kiel.
Klinisch haben Modic Changes keine wesentliche Bedeutung. Es handelt sich um bildmorphologische Phänomene in der MRT, die im Rahmen von sehr unterschiedlichen klinischen Krankheitsbildern auftreten können. Die Einteilung in drei Typen ist ebenfalls klinisch nicht relevant.
Man muss Modic Changes als ein recht einheitliches Reaktionsbild auf verschiedene Erkrankungen deuten. Diese Veränderungen stellen nach klinischer Ansicht kein eigenes Krankheitsbild dar, sondern nur eine von vielen Begleiterscheinungen. So führt eine Entzündung der Bandscheibe zu Beginn zu einem Ödem der Bandscheibe und unbehandelt kommt es zur Destruktion derselben. Eine Wirbelkörperfraktur bringt zunächst ein Hämatom des Wirbelkörpers und der Bandscheibe mit sich; dieses wird im Verlauf resorbiert und es bleibt über einen längeren Verlauf in der Folge noch ein Ödem nachweisbar. Resorptionsvorgänge von Gewebe, Hämatomen und Flüssigkeitsansammlungen gehen stets mit nichtbakteriellen Entzündungsreaktionen einher. Es gibt für Modic Changes daher auch keine spezifische Therapie, sondern es wird immer nur die primäre zugrunde liegende Erkrankung therapiert.
In der Literatur wird neuerdings sehr detailliert auf die Möglichkeit einer bakteriologischen Infektion als Ursache eingegangen.1–4 Das ist aber nur eine von vielen Spekulationen zur Pathogenese und nimmt meiner Meinung nach in der Fachliteratur schon sehr viel Raum ein. Man wird dieses Phänomen nicht antibiotisch behandeln, wenn man nicht eine Diszitis beziehungsweise eine bakteriologische Ursache nachgewiesen hat.
Es wird nicht jeder Patient mit Rückenschmerzen eine MRT benötigen. Auch ist bei einem Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen zunächst gar keine Bildgebung erforderlich, es sei denn, es finden sich «red flags». Die klassische Bildgebung ist weiterhin das konventionelle Röntgen, das beispielsweise infrage kommt, wenn ein Sturzereignis angegeben wird oder eine metastasierende Tumorerkrankung vorliegt. In manchen Situationen – etwa bei nachgewiesener Wirbelkörperfraktur oder neurologischen Auffälligkeiten – kommt noch eine CT hinzu. Sollte sich in beiden bildgebenden Verfahren kein krankhafter Befund zeigen, ist keine MRT indiziert, es sei denn, es bestehen bis dahin noch nicht geklärte neurologische Ausfälle.
Die Modic Changes sind eher eine begleitende Diagnose, die man mehr oder weniger zufällig im Rahmen einer Abklärung von Rückenbeschwerden diagnostiziert. Man wird Patienten mit Rückenschmerzen aber nicht gezielt auf diese Veränderungen hin aktiv untersuchen.
Überhaupt sind Rückenschmerzen ohne nativradiologische Auffälligkeiten und ohne neurologische Ausfälle in ihrer Bedeutung deutlich herabgestuft worden. Man betrachtet diese Schmerzen heute eher wie einen Schnupfen, als etwas, das mit oder ohne ärztliche Behandlung auch spontan wieder besser wird, wenn man sich etwas schont und seine körperlichen Verhaltensweisen anpasst.
Ob bei Rückenschmerzen überhaupt eine Bildgebung durchgeführt wird, ist im Einzelfall zu entscheiden und auch abhängig von der Anamnese der Schmerzen beziehungsweise des schmerzauslösenden Ereignisses.
Literatur:
1 Dudli S et al.: Pathobiology of Modic changes. Eur Spine J 2016; 25: 3723-34 2 Bråten LCH et al.: Efficacy of antibiotic treatment in patients with chronic low back pain and Modic changes (the AIM study): double blind, randomised, placebo controlled, multicentre trial. BMJ 2019; 367: l5654 3 Albert HB et al.: Antibiotic treatment in patients with chronic low back pain and vertebral bone edema (Modic type 1 changes): a double-blind randomized clinical controlled trial of efficacy. Eur Spine J 2013; 22(4): 697-707 4 Al-Falahi MA et al.: Antibiotic treatment in patients with chronic low back pain and vertebral bone edema (Modic type I changes): a randomized clinical controlled trial of efficacy. Iraqi Postgrad Med J 2014; 13(3): 390-8
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