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Die Vergangenheit und Zukunft der biologischen Depressionsbehandlung im Überblick

Trotz erheblicher Fortschritte in der neurobiologischen Forschung basiert die Diagnose der Depression nach wie vor primär auf der klinischen Beurteilung von Symptomen und Verlauf. In einem Gespräch erläutert Prof. em. Dr. med. Martin Hatzinger, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Angst und Depression, welche Errungenschaften wesentlich zur gegenwärtigen Diagnostik und Therapie beigetragen haben und welche Ansätze Paradigmenwechsel in der Depressionsbehandlung bringen könnten.

Wo stehen wir aktuell bei der Diagnose der Depression? Welche Hindernisse beeinflussen den klinischen Alltag?

M. Hatzinger: Die internationale Diagnostik in der Psychiatrie beruht auf der International Classification of Diseases (ICD). Seit damit ein international angewendetes Diagnosesystem eingeführt worden ist, kann man sich global über die Diagnostik von psychischen Erkrankungen, speziell auch Depressionen, verständigen. Zuvor herrschten je nach Weltregion eigene Definitionen vor, wodurch die Möglichkeit internationaler Studien stark eingeschränkt war. Mit der ICD-10 wurde 1992 ein operationalisiertes Diagnosesystem international eingeführt, in dem diagnostische Kriterien, Zeit- und Verlaufsmerkmale sowie Ausschlusskriterien klar definiert wurden. Inzwischen wurde das System mit der ICD-11 aktualisiert und verabschiedet. Allerdings unterscheidet sich diese betreffend Depression nicht grundlegend von der Vorgängerin.

Das Problem der Diagnostik ist, dass wir uns auf eine Symptom- und Verlaufsbeschreibung berufen müssen. Diese hängt im Wesentlichen davon ab, was uns die Patient:innen erzählen und was wir an ihnen beobachten. Das ist problematisch, da wir auf diese Weise eigentlich nur Syndromdiagnosen stellen können. Eine klassische Schizophrenie können wir zwar von einer klassischen Depression unterscheiden, aber schon Übergangsformen dazwischen stellen uns vor Probleme. Insbesondere können wir aber die Heterogenität in der Gruppe der depressiven Störungen gegenwärtig zu wenig erfassen. Zukünftig brauchen wir hier eine bessere Validität für die Diagnosen, die auch die neurobiologischen Grundlagen der Erkrankungen, d.h. insbesondere Biomarker, erfasst.

Welche aus Ihrer Sicht wichtigen Fortschritte haben in den letztenJahrzehnten diese neurobiologische Depressionsforschung am nach-haltigsten verändert?

M. Hatzinger: Bis in die 1980er-Jahre dominierten die in den 1960er-Jahren entwickelten Hypothesen zum aminergen Mangel die neurobiologische Depressionsforschung. Sie werden auch bis heute immer wieder berücksichtigt, allerdings mit Einbezug neuerer Methoden wie der Genetik. In den 1980er-Jahren gelang es, zerebrale Neuropeptide zu identifizieren, wie z.B. das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH). Dadurch wurde die neurobiologische Stressforschung befeuert und die neuroendokrinologische Hypothese der Depression entwickelt, welche dem Stresssystem mit der Hypothalamus-Hypophysen-Nebenrinden-Achse eine wichtige Rolle in der Depressionsgenese zuschreibt.

In den 1990er- und den nachfolgenden Jahren wurden Bildgebungsverfahren so weit ausgereift, dass sie auch in der Hirnforschung intensiv eingesetzt wurden. Ein wesentlicher Fortschritt, der insbesondere bei der funktionellen Bildgebung gemacht wurde, ist die Identifikation von Hirnregionen, in denen man bei der Depression Netzwerkdysfunktionen nachweisen konnte. Dies hat dazu geführt, dass man diese Regionen gezielt mit sogenannten interventionellen Verfahren, z.B. der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS), behandelt und überprüft hat, ob damit therapeutische Effekte erzielt werden können. In der Tat scheint ein Teil der Patient:innen auf diese Behandlung anzusprechen, weshalb die rTMS heutzutage auch in den Behandlungsempfehlungen für Depression erscheint.

Trotz der besseren neurobiologischen Beschreibung des Gehirns konnte man allerdings bis heute für pharmakologische Behandlungen noch keine Biomarker in der Regelversorgung implementieren, die eine breit angewendete, frühzeitige und gezielte pharmakologische Behandlung ermöglichen würden. Man spricht dabei auch von einer sogenannten «personalisierten Behandlung», die auch die neurobiologischen, individuellen Eigenschaften einer Person berücksichtigt.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung und den aktuellen Stellenwert medikamentöser Therapien?

M. Hatzinger: Faszinierend bei der Entwicklung von psychopharmakologischen Behandlungen ist, dass sie oft nicht auf a priori formulierten neurobiologischen Hypothesen entwickelt wurden, sondern – während man eigentlich etwas anderes suchte – durch eine «unerwartete» Entdeckung von etwas Bedeutsamen entstanden. Man fasst dies unter dem Begriff «Serendipity» zusammen. So begann die Ära der modernen Psychopharmaka in den 1950er-Jahren, indem man eigentlich neue Antiallergika, d.h. Antihistaminika, suchte, dabei aber durch genaues Beobachten feststellte, dass sich bei deren Einsatz der Zustand von psychisch kranken Menschen massiv verbesserte. Erst diese klinische Beobachtung führte dazu, dass die neurobiologische Forschung mit der Suche nach möglichen Wirkmechanismen stark stimuliert wurde. So wurde für die Depression die Hypothese des monoaminergen Mangels, d.h. Mangel an Serotonin und Noradrenalin, formuliert und auf deren Basis wurden neue Medikamente entwickelt. Damit verfügen wir heute über eine Vielzahl von Antidepressiva, die viel selektiver auf die Neurotransmitter Serotonin und/oder Noradrenalin einwirken. Durch den gezielteren Wirkmechanismus konnte man zwar erreichen, dass diese Medikamente viel weniger gefährliche Nebenwirkungen aufweisen als die älteren Antidepressiva aus den 1950er- und 1960er-Jahren, allerdings ist im Vorhinein nicht klar, welche Patient:innen auf die Behandlung ansprechen. Ausserdem sind die Ansprechrate von ca. 60% bei einer erstmaligen Behandlung und die Wirklatenz von 4 bis 6 Wochen, bis eines dieser Antidepressiva wirkt, ein ungelöstes Problem. Hier wären Biomarker, die eine Therapieprädiktion erlauben würden, sehr hilfreich. Dies gilt auch für die Entwicklung neuer Psychopharmaka. Dass man zukünftig auch Biomarker in die Stratifizierung von klinischen Studien einbeziehen sollte, liefert ein Beispiel eines gescheiterten Versuchs in den 2000er-Jahren. Wie bereits ausgeführt wurde ab den 1980er-Jahren die Hypothese zum neuroendokrinen Stress bei Depression formuliert. Das CRH-System wurde dabei als ein mögliches Target für eine pharmakologische, antidepressiv wirkende Intervention angesehen, weshalb grosse Studien mit CRH-Rezeptor-Antagonisten angelegt wurden. Obwohl man damals schon vermutete, dass nicht alle klinisch als depressiv beschriebenen Patient:innen eine abnorme Stressachsenregulation haben, wurde darauf verzichtet, einen entsprechenden Biomarker als Kriterium für den Studieneinschluss ins Studiendesign aufzunehmen. Es lässt sich vermuten, dass damit eine wahrscheinlich betreffend Stressachsenregulation und somit die Zielstruktur des neuen Pharmakons heterogene Patientengruppe behandelt wurde. Es kam zu einem negativen Studienresultat, obwohl vorangehende, selektivere Studien vielversprechende positive Resultate gezeigt hatten.

Ein weiteres Beispiel einer «Serendipity» lässt sich auch in jüngerer Zeit beobachten, nachdem in den 2000er-Jahren von Anästhesist:innen berichtet wurde, dass sich depressive Patient:innen, bei denen Ketamin als Narkotikum eingesetzt wurde, psychopathologisch sehr rasch verbesserten und die Depression teilweise remittierte. Inzwischen ist Esketamin in der Behandlung von therapieresistenten Depressionen zugelassen, natürlich in anderen Dosierungen als bei einer Narkose. Aufgrund der bekannten Nebenwirkungen ist die Behandlung zudem mit Auflagen betreffend personelle Betreuung und Infrastruktur verbunden.

Und auch im Falle von Ketamin wurde durch den klinischen Befund die neurobiologische Forschung stark stimuliert. Um die Frage nach dem Wirkmechanismus zu beantworten, hat man sich vermehrt der Erforschung der Rolle von Glutamat, dem im Gehirn am weitesten verbreiteten stimulierenden Neurotransmitter, bei der Depression gewidmet. Interessanterweise wurde schon früher Glutamat mit der bis dahin einzigen, sehr rasch wirkenden Methode zur Erzielung eines antidepressiven Effektes in Verbindung gebracht, dem Schlafentzug: Etwa zwei Drittel der Patient:innen mit Depression reagieren nämlich mit einer Stimmungsaufhellung am nächsten Tag. Leider hält die Wirkung nicht lange an und die Betreffenden fallen in ihren depressiven Zustand zurück.

Bei Ketamin scheinen initial ähnliche Prozesse zu wirken, allerdings mit einer nachhaltigeren Wirkung. Bereits um die Jahrtausendwende hatte man bei den klassischen Antidepressiva beschrieben, dass sie neurotrophe Effekte auf das Gehirn haben. Neuere Forschungsresultate deuten darauf hin, dass der Effekt auf die sogenannte Neuroplastizität, die bei Depressionen eingeschränkt zu sein scheint, einen wesentlichen Anteil an der antidepressiven Wirkung von Antidepressiva hat. Während es bei klassischen Antidepressiva, die die Genexpression verändern, länger dauert, bis diese Wirkungen zum Tragen kommen, scheint es bei Ketamin über das Glutamatsystem zu einer raschen Veränderung der Neuroplastizität in Gehirnarealen zu kommen, die durch die Depression betroffen sind. Damit würde sich auch das rasche Ansprechen auf diese pharmakologische Intervention erklären. Auch im Falle von Ketamin wäre es von Vorteil, Biomarker einsetzen zu können, um Therapieansprechen und Nebenwirkungen vorherzusagen und damit die Substanz allenfalls bereits früher im Behandlungsalgorithmus einzusetzen und nicht erst, wenn eine Therapieresistenz aufgetreten ist. Insgesamt dürfte diese Forschungslinie zudem auch die Suche nach neuen, nebenwirkungsärmeren Substanzen fördern und weitere Erkenntnisse zu den neurobiologischen Grundlagen der Depression bringen.

Welche Entwicklungen in Forschung oder Praxis könnten Ihrer Einschätzung nach in den nächsten fünf bis zehn Jahren einen Paradigmenwechsel in der Behandlung der Depression einleiten?

M. Hatzinger: Grundsätzlich wird schon seit Jahren gesagt, dass man die Patient:innen mit Einbezug von Biomarkern besser charakterisieren müsse, um homogenere Kollektive einerseits für Forschung, andererseits für die Behandlung zu bekommen, ganz im Sinne eines personalisierten Therapieansatzes. Was hierzu in der viel beachteten Publikation von Thomas Insel aus dem NIMH (2014)1 steht, ist aus meiner Sicht nach wie vor eine Zukunftsvision. Um dies zu erreichen, gibt es aktuell im Bereich der Depression viele Aktivitäten in der Biomarkerforschung.

Zunächst einmal ist hier die (Epi-)Genetik zu nennen. Heute weiss man, dass genetische Konstellationen einen Einfluss auf die Krankheitsgenese selbst und auch auf das Therapieansprechen haben. So haben einige vielversprechende Ansätze bereits Eingang in die Klinik gefunden, wie die Testung auf pharmakokinetische, genetische Marker, die die Verfügbarkeit von Antidepressiva in unserem Körper beeinflussen. Hier sind zukünftig sicherlich weitere Ergebnisse mit guter Validität zu erwarten. Wirtschaftlich gesehen haben sich diese Testungen ebenfalls günstig entwickelt, da durch «High throughput»-Labortechniken, bei denen man sehr viele Analysen gleichzeitig machen kann, der Preis deutlich gesunken ist. So besteht die Hoffnung, dass man zukünftig validierte Tests auch zu einem wirtschaftlich vertretbaren Preis anbieten kann, insbesondere wenn man damit die Behandlungsdauer durch den Wegfall ineffizienter Initialbehandlungen verkürzen kann.

Ein weiterer Ansatz ist die Biomarkercharakterisierung mittels elektrophysiologischer Methoden, z.B. der Registrierung der Schlafregulation, die bereits in der Vergangenheit vielversprechende Ansätze zur Biomarkerforschung gebracht hat. Die Methodik ist heute allerdings noch recht aufwendig, die grossen technologischen, digitalen Entwicklungen der Smartphones könnten hier evtl. Abhilfe schaffen. Mithilfe von Apps können Patient:innen heute schon ihren Nachtschlaf ein Stück weit analysieren. Sicherlich ist dies aktuell nicht der gleiche Standard, den man durch eine vollständige Polysomnografie erhält, aber das sind technologische Entwicklungen, die in Form von «Wearables» in der Zukunft wahrscheinlich detailliertere Analysen liefern und damit für Forschung und Therapiemonitoring noch besser eingesetzt werden könnten.

Digitale Techniken sind aber auch schon heute bei der Verfeinerung der konventionellen Diagnostik im Einsatz. So beschäftigen sich einige Forschungsgruppen gerade mit der Symptomerfassung und Verhaltensbeobachtung via Smartphone-Tracking. Hier sammelt man riesige Datenmengen, aus denen man z.B. Cluster definieren kann. Auch zum quantitativen Verständnis von psychologischen Symptomen, Umgebungsfaktoren und biologischen Mechanismen können diese digitalen Tools wertvolle Daten liefern und damit neue Einsichten zu Korrelationen bringen, an die man sonst überhaupt nie denken würde.

Zu den möglichen Entwicklungen möchte ich insbesondere noch das soeben publizierte Postionspapier des European College of Neuropsychopharmacology (ECNP) zum Thema Integration von Neuroscience in die psychiatrische Diagnostik erwähnen.2 Die Publikation weist zu Recht darauf hin, dass es noch 10 bis 20 Jahre dauern wird, bis man einzelne validierte Biomarker hat, die dann auch ins Versorgungssystem integriert werden können.

Der Einsatz von Psychedelika bei Depressionen ist derzeit einHype – auch in den Medien. Wie steht es darum?

M. Hatzinger: Pharmakotherapeutisch sind momentan die Psychedelika eines der am meisten beachteten Felder in der Depressionsforschung. Es werden hier ähnliche rasch wirkende antidepressive Mechanismen postuliert, wie sie für Ketamin dargelegt wurden. Hier bleiben die Resultate sauber durchgeführter Studien abzuwarten: ob wir damit einen Durchbruch v.a. in Bezug auf die Verkürzung der Wirklatenz und eine bessere Ansprechrate erzielen können, dies immer unter Beachtung der Risiken solcher Behandlungen. Interessant ist dabei auch die Kombination von Psychedelikabehandlung und Psychotherapie, was ebenfalls aktuell intensiver beforscht wird. Ich bin jedenfalls auf die zukünftigen Studienergebnisse gespannt.

Sie sprechen die Psychotherapie an. Wie sehen hier mögliche, zukünftige Entwicklungen aus?

M. Hatzinger: Richtig, auch wenn es in diesem Beitrag v.a. um biologische Aspekte geht, möchte ich die Psychotherapie nicht unerwähnt lassen. Hier gab es in den letzten Jahrzehnten wichtige Neuerungen. Wir befinden uns beispielsweise jetzt in der dritten Welle der Verhaltenstherapie, die auch spezialisierte Therapien für Depressionen umfasst. Bei leicht erkrankten depressiven Patient:innen im ambulanten Bereich ist die Psychotherapie sicherlich dominierend. In schwerwiegenden Fällen stösst sie jedoch rasch an ihre Grenzen, hier braucht es dann zwingend eine zusätzliche Pharmakotherapie. Trotzdem dürfte die Psychotherapieforschung gerade für den ambulanten Bereich auch in den nächsten Jahren für die Depressionsbehandlung neue Ansätze bringen, wie es z.B. zunehmend mit den «blended therapies», d.h. einer Kombination von digitalen und konventionellen «Face to face»-Psychotherapieelementen implementiert wird. Auch hier erkennt man den Einfluss der Digitalisierung!

Welche grössten Herausforderungen sehen Sie derzeit in der Umsetzung moderner Therapien in der Regelversorgung?

M. Hatzinger: In der Regelversorgung ist zunächst einmal eine einfache und kostengünstige Umsetzung der Diagnostik unumgänglich. Es ist nicht möglich, alle Patient:innen in das MRT-Gerät zu legen oder funktionelle Bildgebung mit radioaktiven Tracern durchzuführen. Inwiefern neue Techniken wie bereits erwähnt hier allenfalls Abhilfe schaffen könnten, ist derzeit offen. Deshalb dürften wohl eher einfacher zu erhebende Biomarker wie z.B. genetische Faktoren oder Funktionstests rascher in eine Regelversorgung implementierbar sein.

Neue, innovative Behandlungen, die Patient:innen schneller und besser aus der Depression bringen, sollten rasch in die klinische Praxis umgesetzt werden können. Wir haben hier heutzutage teilweise hohe administrative Hürden oder langwierige Prozesse, bis ein Medikament oder eine wissenschaftlich anerkannte nichtpharmakologische neue Behandlungsmethode den Patient:innen endlich uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Schliesslich fordert man für psychiatrische Versorgungsstrukturen schon lange eine weitergehende Ambulantisierung. Das herkömmliche Finanzierungsmodell der Gesundheitsversorgung stand diesem Ansinnen bisher entgegen, könnte sich aber mit der einheitlichen Finanzierung von ambulant und stationär (Stichwort EFAS), welche vom Schweizer Stimmvolk angenommen wurde, in der Zukunft ändern. Dazu gehören auch die sogenannten intermediären Angebote wie z.B. Tageskliniken. Hier wäre es schön, wenn es in der Schweiz zukünftig Regelungen auf Landesebene gäbe, sodass auch für diesen Bereich eine allgemein gültige Finanzierungsgrundlage bestünde. Bisher regelt dies jeder Kanton für sich selbst. Gerade für Patient:innen mit Depression sind solche Angebote bei ihrer Reintegration in das soziale Umfeld und/oder den Arbeitsalltag enorm wichtig. Glücklicherweise gibt es bereits Arbeitsgruppen in Fach- resp. Branchenverbänden, die sich mit dem Thema der intermediären Versorgung und ihrer Finanzierung beschäftigen und hoffentlich in den nächsten 10 Jahren gemeinsam mit der Politik ein allgemein akzeptiertes Finanzierungsmodell entwickeln können.

Gibt es noch etwas, das Sie uns zum Schluss dieses Interviewsmitgeben möchten?

M. Hatzinger: Abschliessend möchte ich festhalten, dass wir in einer interessanten Zeit leben. Im Forschungsfeld der Depression benötigen wir – wie auch in anderen Bereichen der Psychiatrie – eine breite, vernetzte translationale Forschung, in der Präklinik und Klinik eng verknüpft werden. Beispielsweise können – wie immer wieder erfolgreich geschehen – Beobachtungen aus der Klinik die Fragestellungen an die Präklinik liefern, die wiederum zu neuen Behandlungen in der Klinik führen können. Dieser Ansatz mit hoher Innovationskraft – «from bench to bedside and back» – wird in Zukunft sicherlich noch vermehrt eine Schlüsselrolle bei der Depressionsforschung einnehmen und hoffentlich zu verbesserten Therapien führen.

Vielen Dank für das Gespräch!

1 Insel TR et al.: The NIMH Research Domain Criteria (RDoC) Project: Precision medicine for psychiatry. Am J Psychiatry 2014; 171(4): 395-7 2 Kas MJH et al.: Precision psychiatry roadmap: towards a biology-informed framework for mental disorders. Mol Psychiatry 2025; 30(8): 3846-55

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