
Narbenbehandlung ohne Devices
Bericht:
Dr. med. Christine Adderson-Kisser
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Für die Behandlung von Narben hat sich der Einsatz moderner Lasertechnologien als effektiv erwiesen. Doch wie kann man den Betroffenen helfen, wenn kein ablativer fraktionierter CO2- oder Erbium:YAG-Laser in der Praxis zur Verfügung steht?
Keypoints
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Eine frühe Intervention zur Vermeidung bzw. Behandlung von Narben ist wichtig.
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Auch wenn keine Laser zur Verfügung stehen, können durch topische und intraläsionale Behandlungsmethoden Therapieerfolge erzielt werden.
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Zukünftig könnten Exosome oder Stammzellen das topische Armamentarium erweitern.
Allein in den Industrieländern entwickeln jedes Jahr 100 Millionen Patientinnen und Patienten Narben.1 Ursächlich hierfür sind unter anderem Traumata, entzündliche Dermatosen, Piercings, Operationen sowie kosmetische Eingriffe. Kommt es zu Abweichungen von der physiologischen Wundheilung, können übermässige Narben entstehen.1 Während hypertrophe Narben typischerweise innerhalb von vier bis acht Wochen auftreten, können sich Keloide auch mehrere Jahre später entwickeln.1
Bei der Narbenbehandlung geht es nicht nur um kosmetische Aspekte, berichtete Dr. med. Brian Hibler, Dermatologe aus New York City/USA. So können die Narben Juckreiz, Schmerzen und Kontrakturen verursachen, die einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen haben. Neben den physischen Einschränkungen sind überschiessende Narben auch mit Ängsten, Depressionen, Stigmatisierung sowie einem geringen Selbstwertgefühl assoziiert.1
Zunächst sei das akute Management ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg, meinte Hibler. Neben dem Reinigen der Wunde, um Infektionen zu vermeiden, sollten Emollienzien angewendet werden, um die Wunde feucht zu halten. Denn eine dicke Schorfbildung trage zu einer verzögerten Wundheilung bei. Zudem sei ein guter Sonnenschutz wichtig, um eine postinflammatorische Hyperpigmentierung zu verhindern. Hibler stellte den Fall einer jungen Frau vor, die nach einem Sturz auf Asphalt mit einer grossflächigen Narbe an der Stirn in seine Sprechstunde kam. Um eine mögliche Infektion auszuschliessen, wurde eine Biopsie des Narbengewebes durchgeführt. Die Kultur war negativ. Neben intraläsionalen Steroiden und Massagen des betroffenen Bereichs wurde die Narbe mit Silikongel behandelt. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Patientin mit einem vaskulären und fraktionierten CO2-Laser therapiert. Die einleitenden Massnahmen hätten eine wichtige und gute Grundlage für die anschliessende Laserbehandlung ermöglicht, so der Experte.
Für die Narbentherapie gibt es kein «One size fits all»-Prinzip – häufig ist eine Kombination verschiedener Behandlungsmethoden erforderlich. Die Behandlung vor allem von Keloiden sollte möglichst frühzeitig erfolgen, da frische Keloide eine bessere Rückbildungstendenz zeigen.2
Von Silikongel bis Antioxidanzien
Ein Cochrane Review aus dem Jahr 2013 untersuchte den Einsatz von Silikongel-Folien zur Behandlung hypertropher Narben und von Keloiden:3 In den evaluierten Studien konnten Verbesserungen bei der Narbendicke und der Narbenfarbe gezeigt werden. Jedoch waren die Studien laut den Autor:innen von geringer Qualität und anfällig für Verzerrungen. Ein nachfolgender Cochrane Review aus dem Jahr 2021 ergab eine begrenzte Evidenz für Silikongel bzw. -Folien zur Behandlung hypertropher Narben:4 Demnach konnten in sechs randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) eine verbesserte Geschmeidigkeit, Höhe und Pigmentierung der hypertrophen Narben nach sechs Monaten gezeigt werden.
Laut Hibler sei Silikongel eine unbedenkliche und erschwingliche Massnahme, die die Patient:innen zudem ermutige, den Narbenbereich abzudecken und feucht zu halten.
Eine weitere Möglichkeit der lokalen Behandlung ist die Drucktherapie. So ergab eine Metaanalyse von 12 RCTs, dass eine Druckbehandlung (15–25mmHg) die Dicke von Brandnarben, Erytheme und die Härte verbesserte.5 Diese Technik werde hauptsächlich für Ohrläppchen-Keloide verwendet.
Es gibt noch keine ausreichende Evidenz, dass eine Monotherapie mit topischem Vitamin E eine signifikante positive Wirkung auf das Erscheinungsbild von Narben hat, um eine breite Anwendung zu rechtfertigen.6 Laut Hibler konnten jedoch kleinere Untersuchungen zeigen, dass Vitamin E hilfreich sein kann. Zudem gebe es Hinweise auf eine Wirksamkeit von Zwiebelextrakt, Trolamin und Mikroporenband.
Immunmodulator gegen Keloide
Die Behandlung von Keloiden stellt mit einer Rezidivrate von 50% nach Exzision eine therapeutische Herausforderung dar.7 Für die Therapie dieses Narbentyps empfahl der Experte nach der operativen Entfernung den Einsatz von Imiquimod 5%-Creme über einen Zeitraum von sechs Wochen. Der Immunmodulator hat antitumorale Eigenschaften und verringert inflammatorische und fibrogene Zytokine. Somit lasse sich das Wiederauftreten von Keloiden reduzieren.7
Bei Keloidpatient:innen mit dunkleren Hauttönen gelte es zu berücksichtigen, dass es durch die Injektion von intraläsionalen Kortikosteroiden zu Atrophien und Aufhellung kommen kann. Wenn die Narben unter der Therapie zurückgehen und bereits sehr dünn sind, es aber noch eine Hyperpigmentierung gebe, empfehle sich laut Hibler eine abwechselnde Anwendung von Triamcinolonacetonid (TAC) 0,1%- Creme und Imiquimod 5%-Creme zur Nacht. Bei Anzeichen einer Atrophie sollte TAC gestoppt werden, bei einer Reizung Imiquimod.
Kryotherapie
Eine weitere therapeutische Option ist die Kryotherapie – das Vereisen mit flüssigem Stickstoff. Dies erfolgt anfänglich für 10 Sekunden, im weiteren Verlauf für 15–20 Sekunden im offenen Sprühverfahren in zwei Gefrierauftauzyklen.2 Dadurch werden die keloidalen Fibroblasten in einen normalen Fibroblasten-Phänotyp umgewandelt. Die Therapie sollte alle vier Wochen bis zum gewünschten Behandlungserfolg durchgeführt werden. Laut dem Experten kann die Kryotherapie bei kleineren oder nicht für eine Exzision geeigneten Keloiden angewendet werden.
Topische Retinoide bei Aknenarben
Um Patient:innen mit atrophen Aknenarben bestmöglich zu helfen, setzt Hibler auf die frühzeitige Anwendung topischer Retinoide. So traten unter der Kombination aus Adapalen 0,1% und 2,5% Benzoylperoxid vs. Vehikel keine neuen Narben über 24 Wochen an der behandelten Stelle auf.8 Ist Adapalen mit 0,3% höher dosiert, kann eine Verbesserung bestehender Narben erzielt werden.9 Auch mit dem Retinoid Trifaroten kann das Erscheinungsbild atropher Narben verbessert werden.10
Eine Studie aus Indien verglich in einem Split-Face-Setting die Anwendung von Tazaroten 0,1%-Gel versus Microneedling bei Patient:innen mit Aknenarben des Grades 2 bis 4 im Gesicht. Es zeigte sich für beide Behandlungsmethoden eine vergleichbare signifikante Verbesserung der atrophen Narben bei 91% der Teilnehmenden.11 Die topische Therapie sei im Vergleich zum Microneedling eine leicht zugängliche, kostengünstige und gut in den Alltag zu integrierende Behandlungsmethode, meinte Hibler. Auch die chemische Rekonstruktion von Narben («chemical reconstruction of skin scars», CROSS) mit hochkonzentrierter Trichloressigsäure (TCA) kann fokal bei Aknenarben angewendet werden.12
Als minimalinvasive Option gegen atrophe Narben führte der Experte die Subzision ins Feld, bei der das Narbengewebe von faserigen Septen gelöst wird. Hier bestehe jedoch das Risiko für Blutungen und Schwellungen.
Für die Zukunft erwartet Hibler, dass das Potenzial von Topika bei der Narbenbehandlung beispielsweise durch Exosome oder Stammzellen noch weiter steigen wird.
Quelle
Vortrag «Treatment of scars without devices» von Dr. med. Brian Hibler, New York City, im Rahmen des IMCAS World Congress am 30. Januar 2025 in Paris
Literatur:
1 Gauglitz GG et al.: Hypertrophic scarring and keloids: pathomechanisms and current and emerging treatment strategies. Mol Med 2011; 17(1-2): 113-25 2 Gauglitz GG: Narbentherapie. In: Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Springer Live 2017; Springer Medizin Verlag, Heidelberg 3 O’Brien L, Jones DJ: Silicone gel sheeting for preventing and treating hypertrophic and keloid scars. Cochrane Database Syst Rev 2013; 2013(9): CD003826 4 Jiang Q et al.: Silicone gel sheeting for treating hypertrophic scars. Cochrane Database Syst Rev 2021; 9(9): CD013357 5 Ai JW et al.: The effectiveness of pressure therapy (15-25mmHg) for hypertrophic burn scars: A systematic review and meta-analysis. Sci Rep 2017; 7: 40185 6 Tanaydin V et al.: The role of topical vitamin E in scar management: a systematic review. Aesthet Surg J 2016; 36(8): 959-65 7 Berman B, Villa A: Imiquimod 5% cream for keloid management. Dermatol Surg 2003; 29(10): 1050-1 8 Dreno B et al.: Adapalene 0.1%/benzoyl peroxide 2.5% gel reduces the risk of atrophic scar formation in moderate inflammatory acne: a split-face randomized controlled trial. J Eur Acad Dermatol Venereol 2017; 31(4): 737-42 9 Dreno B et al.: Adapalene/benzoyl peroxide gel 0.3%/2.5% for acne vulgaris. Eur J Dermatol 2022; 32(4): 445-50 10 Schleicher S et al.: Trifarotene reduces risk for atrophic acne scars: results from a phase 4 controlled study. Dermatol Ther (Heidelb) 2023; 13(12): 3085-96 11 Afra TP et al.: Topical tazarotene gel, 0.1%, as a novel treatment approach for atrophic postacne scars: a randomized active-controlled clinical trial. JAMA Facial Plast Surg 2019; 21(2): 125-32 12 Bhardwaj D, Khunger N: An assessment of the efficacy and safety of CROSS technique with 100% TCA in the management of ice pick acne scars. J Cutan Aesthet Surg 2010; 3(2): 93-6
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