<p class="article-intro">Der Sehnenstrang der Achillessehne kann zwar ein Vielfaches des Körpergewichts aushalten, dennoch haben viele Freizeit- und Spitzensportler Beschwerden. Jeder zweite Mittel- und Langstreckenläufer klagt über Schmerzen an der Achillessehne oder ist sogar von einem Riss und einer anschließenden Operation betroffen. Wie kann man die Beschwerden vermeiden oder zumindest reduzieren und welche Behandlungsmethoden sind zu empfehlen?</p>
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<p class="article-content"><p>Überlastungsbedingte Sehnenprobleme (Tendinopathien) sind bei Sportlern nicht selten und wegen ihrer lange anhaltenden Symptome gefürchtet. Sie entwickeln sich meist langsam, weswegen häufig erst relativ spät ein Arzt konsultiert wird. Auch jeder zehnte Nichtsportler ist im Laufe seines Lebens von derartigen Problemen betroffen. Vor allem sind es aber Freizeit- und Spitzensportler, denen die Schmerzen und Behinderungen zu schaffen machen.</p> <h2>Diagnose</h2> <p>Aus diagnostischer Sicht und in Hinsicht auf die therapeutische Relevanz gilt es, eine Insertionstendinose (Sehnenproblematik unmittelbar am Fersenansatz) von einer Midportion-Tendinose (Problematik rund 6–8cm oberhalb der Ferse) zu unterscheiden. Die Diagnose der Achillessehnentendinose im mittleren Sehnendrittel kann mit hoher Wahrscheinlichkeit klinisch gestellt werden.<br /> <br /> In der Ultraschalluntersuchung zeigt sich eine verdickte Sehne mit Texturstörung und vermehrter Neugefäßbildung (Doppler-Sonografie). Wenn die Beschwerden innerhalb kurzer Zeit stark zunehmen, sollte zudem eine Teilruptur beziehungsweise eine Ruptur mittels Kernspintomografie mit Kontrastmittel ausgeschlossen werden. Durch Röntgen können zudem Verkalkungen oder eine Haglund-Exostose (Knochensporn des Fersenbeins vor der Achillessehne) diagnostiziert werden.</p> <h2>Prophylaxe</h2> <p>Da sich Tendinopathien immer aus einem Missverhältnis von Belastung und Belastbarkeit der Sehne entwickeln, müssen in erster Linie die negativen Faktoren reduziert werden. Dazu zählen diejenigen, welche die Belastung der Sehne erhöhen, wie etwa Trainingsfehler, ungenügende Ausrüstungsqualität, Instabilität im unteren Sprunggelenk, schlechter Untergrund und mangelhafte Technik. Oder auch diejenigen, welche die Belastbarkeit vermindern, wie Genetik, Alter, Hormone, Metabolismus, Medikamente, Inaktivität und Rauchen. Hilfreich sind in der Regel schon Schuheinlagen, die individuell angepasst werden.</p> <h2>Training und Therapie</h2> <p>Exzentrische Übungen zeigen eine sehr gute Wirkung, lindern die Beschwerden und verbessern die Sehnenqualität. Bei einer exzentrischen Kontraktion kommt es zu einer nachgebenden (dynamisch-negativen) Arbeit des Muskels, bei der sich Ansatz und Ursprung voneinander entfernen. Der Muskel wird gedehnt und entwickelt eine höhere Spannung, wie etwa beim Bergablaufen. Nach 12 bis 16 Wochen zeigt das exzentrische Training als Basismaßnahme in 50–90 % gute bis sehr gute Ergebnisse. Zu beachten ist hierbei, dass bei einer Ansatztendinopathie die Übung nur bis 90 Grad (und nicht bis zur maximalen Dorsalextension) durchgeführt werden sollte, da eine allfällige Haglund-Exostose bei einer größeren Beugung zu einer weiteren Reizung führen kann. Immer mehr kommen auch isometrische Therapiekonzepte auf und werden wahrscheinlich zukünftig bei Sehnenpathologien ihren Stellenwert haben.<br /> Vergleichbar gut sind die Ergebnisse einer radialen Stoßwellentherapie. Die hochenergetischen Wellen stimulieren die Sehnenheilung und hemmen die Schmerzrezeptoren. Die Therapie sollte etwa 6-mal im Abstand von je einer Woche durchgeführt werden. Der positive Effekt kann dabei allerdings erst nach weiteren 6 Wochen erwartet werden, da sich die Sehne zunächst regenerieren muss. Bei allfällig vorhandenen intratendinösen Verkalkungen reduzieren sich jedoch diese guten Ergebnisse ein wenig.<br /> Mittels Sklerosierung werden Neugefäßbildungen verödet, wobei bis zu 3 Injektionen im Abstand von 4–6 Wochen notwendig sind. Man geht davon aus, dass ein Denervierungseffekt stattfindet, wobei die parallel zu den Neovaskularisationen verlaufenden Nerven gehemmt werden. Nährstoffe spielen ebenfalls eine größere Rolle, da sie den erhöhten Nährstoffbedarf bei vermehrtem Gewebeumbau zumindest teilweise decken. So sind Glucosamin, Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure und Omega-3-Fettsäuren zu empfehlen.</p> <h2>Schmerzmittel</h2> <p>Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) verschaffen nur kurzzeitige Linderung. Häufig wird von einer Tendinitis gesprochen. Da jedoch Entzündungszellen in der Regel kaum vorhanden sind, sollte der Begriff Tendinopathie verwendet werden. Somit sind NSAR kritisch zu überdenken. Sinnvoller sind reine Schmerzmittel.<br /> Kortison bringt kurzfristig eine deutliche Linderung. Mittel- bis langfristig führt es aber zu einem erhöhten Risiko für Rupturen. Insbesondere mit Kortison behandelte Achillessehnen zeigen bei einer notwendigen Operation Probleme mit Nekrosezonen, Rerupturen, vermehrte Wundheilungsstörungen (bis über 50 % ) und Infektionen. Von Kortisoninfiltrationen in die Achillessehne ist daher dringend abzuraten.<br /> <br /> Insgesamt ist es wichtig, verschiedene Therapieoptionen miteinander zu kombinieren. So erzielt die Kombination von exzentrischem Training und Stoßwellentherapie in 82 % der Fälle gute bis sehr gute Ergebnisse. Ergänzende Nährstofftherapie verbessert die Wirkung der Stoßwellentherapie bei Ansatztendinosen. Wird durch konservative Therapien keine Verbesserung erzielt, sollte eine operative Therapie diskutiert werden. Damit können Teilrupturen, Verkalkungen oder eine störende Haglund-Exostose entfernt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1604_Weblinks_Seite14.jpg" alt="" width="446" height="375" /></p> <h2>Achillessehnenrisse</h2> <p>Mit einer maximalen Belastbarkeit von rund 18.000 Newton ist die Achillessehne die zugkräftigste Sehne des Körpers. Im übertragenen Sinne könnte man sagen, es zerren bis zu 1.800 Kilo an dem Sehnenstrang. Beim Laufen beispielsweise wirkt das bis zu 12,5-Fache des Körpergewichts auf die Achillessehne, die im Vergleich aller Sehnen die größte Rupturrate aufweist. Insbesondere scheint ein ungünstiges Verhältnis von Muskelquerschnitt und Sehnendicke vorzuliegen (125:1 anstatt normalerweise 50:1). Außerdem findet die Ernährung der Sehnenfasern überwiegend nur durch Diffusion statt.<br /> <br /> Bei einem Riss der Achillessehne hören die Patienten häufig einen Knall. In der Untersuchung zeigt sich eine Delle der Achillessehne; die Vorspannung der Sehne im Bauchlagentest ist in der Regel vermindert (Hanging foot). Ultraschall oder MRT bestätigen die Diagnose.<br /> <br /> Die Achillessehne besteht aus drei Bündeln, die von drei verschiedenen Muskeln stammen. Es können verschiedene Rupturmuster auftreten, bei denen diese Bündel in unterschiedlichem Ausmaß betroffen sind. Um ein möglichst gutes Ergebnis erzielen zu können, sollten die einzelnen Bündel wieder zueinander geführt werden, weil sie während des Bewegungsablaufes verschiedene Funktionen übernehmen.<br /> Nebst der konservativen Therapie – wobei die exakte Bündelrekonstruktion ausbleibt – ist insbesondere je nach Anspruch des Patienten und des Rupturmusters eine operative Sehnennaht zu empfehlen. Es gibt verschiedene Operationsarten, wobei die offene Triple-Bundle-Technik die besten funktionellen Ergebnisse bezüglich Rissfestigkeit und Ausbleiben einer Elongation liefert.<br /> <br /> Meist kann die aus früheren Zeiten der Evolution stammende „Affensehne“ (Plantaris) teilweise als Nahtmaterial und Trennschicht zur Reduzierung von Verklebungen verwendet werden. Insbesondere bei Operationen an der Achillessehne kommt es aber vermehrt zu Wundheilungsstörungen und Infektionen. Das Risiko des Eintretens solcher Komplikationen muss vor dem chirurgischen Eingriff je nach Patient abgewogen, andere Therapiemöglichkeiten müssen aufgezeigt werden.</p></p>