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„Return to sport“ nach Kurzschaftprothese

<p class="article-intro">Sowohl das steigende Aktivitätslevel der älteren Patienten als auch die wachsende Anzahl an jungen Patienten stellen die Hüftendoprothetik vor neue Herausforderungen. Dabei wird vor allem der Anspruch auf sportliche Aktivität nach Hüftimplantation weiter an Bedeutung gewinnen. Es zeigt sich nun zunehmend, dass die Kurzschaftprothesen auch in diesem Bereich deutliche Vorteile bringen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Das Prinzip der Kurzschaftprothese zeigt gerade bei sportlich aktiven Patienten entscheidende Vorteile.</li> <li>Studien belegen die &Uuml;berlegenheit gegen&uuml;ber traditionellen Prothesendesigns, was die immer mehr in den Fokus tretende Thematik &bdquo;return to sport&ldquo; betrifft.</li> <li>Um Komplikationen bei der kn&ouml;chernen Integration zu vermeiden, sollte in der Fr&uuml;hmobilisation auf Spitzenbelastungen verzichtet werden.</li> </ul> </div> <p>Die exzellenten Ergebnisse der modernen H&uuml;ftendoprothetik haben zu einer kontinuierlichen Zunahme der Erwartungshaltung unter den Patienten gef&uuml;hrt, mit einem besonderen Augenmerk auf die Wiederaufnahme von sportlichen Aktivit&auml;ten.</p> <h2>Kurzschaft vs. Geradschaft: Der Unterschied liegt im Design</h2> <p>Die besseren Resultate betreffend sportliche Aktivit&auml;ten nach Kurzschaftimplantation im Vergleich zur Geradschaftimplantation sind h&ouml;chstwahrscheinlich durch mehrere grundlegende Unterschiede zwischen diesen Prothesendesigns begr&uuml;ndet. Eine entscheidende Rolle scheint dabei der Optimierung der Operationstechnik in Kombination mit einem minimal invasiven Zugang zuzukommen. Die Implantationstechnik unterscheidet sich dahingehend deutlich vom Geradschaft, als bei vielen Kurzsch&auml;ften eine anatomische F&uuml;hrung der Prothese entlang des Calcars erfolgt, mit dem Ziel einer metaphys&auml;ren Fixation und damit physiologischen Krafteinleitung. In einer rezenten Publikation konnte nach Kurzschaftimplantation eine Zunahme der Knochendichte genau in den Arealen nachgewiesen werden, welche beim Geradschaft am deutlichsten vom Stress- Shielding betroffen sind.<sup>1</sup> Durch die geschwungene Prothesenform ist es schlie&szlig;lich auch m&ouml;glich, das Implantat gewebsschonend im Muskelintervall einzubringen. Hierbei kommt es insbesondere zu keiner Schw&auml;chung des Trochanter major, wodurch die gef&uuml;rchtete Komplikation eines Trochanterabrisses vermieden wird, welche oft eine lebenslange muskul&auml;re Insuffizienz zur Folge hat. Beim Geradschaft hingegen verlangt das Prothesendesign eine diaphys&auml;re und damit deutlich weiter distal gelegene Verankerung. Um diese zu erreichen, kommt es w&auml;hrend der Pr&auml;paration bzw. Implantation unvermeidlich zu einer kn&ouml;chernen Schw&auml;chung der Trochanterregion wie auch zu einer deutlichen Traumatisierung der pericoxalen Muskulatur.<sup>2</sup> Es konnte auch gezeigt werden, dass durch die Schenkelhals-erhaltende Implantationstechnik des Kurzschaftes eine physiologische Rekonstruktion des Offsets und damit der nat&uuml;rlichen Kinematik des H&uuml;ftgelenkes erreicht werden kann.<sup>3</sup> Dies ist sicherlich eine Grundvoraussetzung, um ein hohes postoperatives Level der sportlichen Aktivit&auml;t zu erlangen.</p> <h2>Wissenschaftliche Datenlage &ndash; Sport nach Kurzschaft</h2> <p>An Abteilungen mit langj&auml;hriger Erfahrung in der minimal invasiven H&uuml;ftchirurgie ist das Bild des fr&uuml;h mobilisierten Patienten, welcher ohne gluteales Schonhinken beim Gangtraining mit den Physiotherapeuten angetroffen wird, bereits Alltag geworden.<sup>4</sup> In Anbetracht der rasch zunehmenden Verbreitung der Kurzsch&auml;fte erh&ouml;ht sich nun auch zunehmend die Aussagekraft von wissenschaftlichem Datenmaterial, welches sich mit den klinischen und radiologischen Ergebnissen dieses Verfahrens besch&auml;ftigt. In mehreren wissenschaftlichen Nachuntersuchungen konnte nun zuletzt gezeigt werden, dass auch nach Kurzschaftimplantation ein hohes sportliches Level erreicht werden kann, welches in vielen F&auml;llen noch &uuml;ber dem pr&auml;operativen Niveau liegt.<br /> In einer an unserer Abteilung durchgef&uuml;hrten Studie wurden 137 Patienten nach einzeitiger Implantation einer zementfreien Kurzschaftprothese (Optimys; Mathys, Bettlach, Switzerland) nachuntersucht.<sup>5</sup> Es wurde dabei die postoperative sportliche Aktivit&auml;t mit der Hypothese abgefragt, dass nach Kurzschaftimplantation ein Erreichen des urspr&uuml;nglichen sportlichen Levels bei erh&ouml;htem k&ouml;rperlichem Wohlbefinden m&ouml;glich ist. Die Daten wurden mittels Fragebogen betreffend die pr&auml;- und postoperative Durchf&uuml;hrung von gesamt 26 verschiedenen Sportarten und Rehabilitationsma&szlig;nahmen erhoben, wobei die pr&auml;operativen Angaben die Zeit vor dem Einsetzen von restringierenden Symptomen betrafen. Es wurde auch nach den Gr&uuml;nden f&uuml;r einen etwaigen Wechsel der sportlichen Aktivit&auml;t sowie nach dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme der selbigen gefragt. Erg&auml;nzend wurden der VAS w&auml;hrend des Sports und die Schmerzmedikation erhoben.<br /> Erfreulicherweise konnte &uuml;ber alle Patienten hinweg eine &bdquo;Return to sports&ldquo;-Rate von 91 % nachgewiesen werden. &Uuml;ber die H&auml;lfte der Patienten (56 % ) nahmen ihre sportlichen Aktivit&auml;ten bereits zwischen dem ersten und dritten postoperativen Monat wieder auf und nur 19 % brauchten dazu mehr als sechs Monate. Es zeigte sich bei beiden Geschlechtern beim FU eine diskrete Abnahme der ausge&uuml;bten Sportdisziplinen (2,9 vs. 2,6), wobei der h&ouml;chste R&uuml;ckgang bei High-impact-Sportarten (Skifahren, Jogging etc.) auftrat (Abb. 1).<sup>5</sup> Als Begr&uuml;ndung hierf&uuml;r wurde mehrheitlich &Auml;ngstlichkeit, Unsicherheit, altersbedingter Kraftverlust und Schutz der Prothese angegeben. Es gab eine signifikante Steigerung betreffend die w&ouml;chentliche Frequenz der Sportaus&uuml;bung (18 % vs. 27 % mit mehr als vier Aktivit&auml;ten pro Woche) (Abb. 2)<sup>5</sup> und &uuml;ber 80 % der Patienten haben aktiv an Rehabilitationsma&szlig;nahmen teilgenommen. Auch die Abfrage des subjektiven Empfindens best&auml;tigte die erhobenen Befunde. So gaben 93 % der Patienten an, w&auml;hrend sportlicher Aktivit&auml;t kaum Beschwerden zu haben, und 81 % berichteten von einer sehr guten generellen Sportf&auml;higkeit. Zuletzt konnten noch eine sehr hohe Zufriedenheit (0,9 Punkte, Bereich 0&ndash;8) und eine subjektiv als sehr gut empfundene H&uuml;ftbeweglichkeit (85 % ) dokumentiert werden.<br /> Best&auml;tigt werden diese Daten in einer rezenten Publikation von Donner et al.<sup>6</sup> Hierzu wurden 51 Patienten nach einer einzeitigen bilateralen Versorgung mittels eines Kurzschaftes nachuntersucht. Auch diese Gruppe wies darauf hin, dass aufgrund des zunehmend h&ouml;heren sportlichen Anspruchs der Patienten, nicht nur der Arthroseschmerz, sondern zunehmend auch die sportliche Beeintr&auml;chtigung zum Wunsch einer operativen Sanierung beitr&auml;gt.<sup>7</sup> Nach einem durchschnittlichen FU von 5,2 Jahren wurden der Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC) Score, der Harris Hip Score (HHS) und der University of California, Los Angeles (UCLA) Activity Scale Score erhoben. Zus&auml;tzlich wurden die sportlichen Aktivit&auml;ten gesondert abgefragt. Es zeigte sich eine deutliche Zunahme der sportlichen Aktivit&auml;t des Patientenkollektivs im Vergleich zum pr&auml;operativen Wert (76,5 % vs. 60,8 % ) wie auch eine signifikante Verbesserung in allen abgefragten Scores. Sowohl pr&auml;- als auch postoperativ wurden Radfahren (31,4 % vs. 35,5 % ), Wandern (29,4 % vs. 19,4 % ), Schwimmen (21,6 % vs. 25,5 % ) und Fitnesstraining (15,7 % vs. 33,3 % ) als beliebteste Sportarten angegeben, wobei hier eine signifikante Zunahme der sportlichen Aktivit&auml;ten nachweisbar war. Sowohl die w&ouml;chentliche Dauer (3,4 Stunden vs. 3,7 Stunden) als auch die w&ouml;chentliche Frequenz der Aktivit&auml;ten (2,8 vs. 3,4) blieben dabei stabil. Die Aus&uuml;bung von High-impact-Sportarten (Fu&szlig;ball, Tennis, Laufen, Skifahren etc.) reduzierte sich von 17,6 % auf 9,8 % der Patienten, bei einer gleichzeitigen Zunahme der Low-impact-Sportarten (wie oben angef&uuml;hrt).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Ortho_2003_Weblinks_jat_ortho_2003_s21_abb1_anderl.jpg" alt="" width="850" height="888" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Ortho_2003_Weblinks_jat_ortho_2003_s22_abb2_anderl.jpg" alt="" width="850" height="480" /></p> <h2>Sportlicher Anspruch nach H&uuml;ftimplantation &ndash; Chance und Risiko</h2> <p>Die zahlreichen Vorteile einer minimal invasiven Kurzschaftimplantation bergen jedoch die Gefahr einer zu forcierten postoperativen Mobilisation in sich. Daher hat sich an unserer Abteilung eine intensivere pr&auml;- und postoperative Kommunikation als wichtiges Erfolgskriterium herauskristallisiert. Auch wenn die Patienten bereits nach wenigen Tagen ein ann&auml;hernd physiologisches und vor allem beschwerdefreies Gangbild zeigen, ist es trotz alledem entscheidend, die sechsw&ouml;chige Phase der kn&ouml;chernen Einheilung ohne sportliche Spitzenbelastungen einzuhalten. Insbesondere High-impact-Sportarten sind in dieser Phase obsolet. Daher werden auch alle unsere Patienten f&uuml;r sechs Wochen mit Unterarmst&uuml;tzkr&uuml;cken versorgt. Wir erlauben danach die Wiederaufnahme aller bisher durchgef&uuml;hrten sportlichen Aktivit&auml;ten, kl&auml;ren jedoch &uuml;ber das erh&ouml;hte Risiko von Kontakt- und High-impact-Sportarten (periprothetische Fraktur, erh&ouml;hter Abrieb etc.) auf. Um das Verletzungsrisiko zu minimieren, sollten auch keine technisch anspruchsvollen Sportarten neu erlernt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hochreiter J et al.: Femoral bone remodeling after shortstem total hip arthroplasty: a prospective densitometric study. Int Orthop 2020; 44(4): 753-9 <strong>2</strong> Salemyr M et al.: Lower periprosthetic bone loss and good fixation of an ultrashort stem compared to a conventional stem in uncemented total hip arthroplasty. Acta Orthop 2015: 86(6): 659- 66 <strong>3</strong> Kutzner KP et al.: Reconstruction of femoro-acetabular offsets using a short-stem. Int Orthop 2015; 39(7): 1269-75 <strong>4</strong> Berger RA et al.: Rapid rehabilitation and recovery with minimally invasive total hip arthroplasty. Clin Orthop 2004; (429): 239-47 <strong>5</strong> Ortmaier R et al.: Return to sport after short-stem total hip arthroplasty. Clin J Sport Med 2017; doi: 10.1097/JM.0000000000000532 <strong>6</strong> Donner S et al.: Return to sports and recreational activity after single-stage bilateral short-stem total hip arthroplasty: 5-year results of a prospective observational study. Orthop J Sports Med 2019; 7(9): 2325967119872746 <strong>7</strong> Healy WL et al.: Athletic activity after total joint arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 2008; 90(10): 2245-52</p> </div> </p>
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