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Parathormon zur Frakturheilung

<p class="article-intro">Medikamente, die bei Osteoporose eingesetzt werden, haben möglicherweise das Potenzial, Heilungsprozesse bei Knochenbrüchen zu fördern. Parathormon bietet dazu bislang die umfangreichste Datenlage. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Die Datenlage zur beschleunigten Frakturheilung durch PTH-Gabe ist auf Fallberichte, kleine Fallserien und einige wenige prospektive Studien beschr&auml;nkt.</li> <li>Die Anwendung von PTH zur Unterst&uuml;tzung der Frakturheilung ist als &bdquo;off-label use&ldquo; zu betrachten. Dennoch stellen die vorl&auml;ufigen vorliegenden Daten das Parathormon in eine Position als potenzielles Medikament zur Optimierung der Frakturheilung.</li> <li>Es sind weitere hochqualitative prospektive, placebokontrollierte Studien mit entsprechender Power erforderlich, um den Nutzen f&uuml;r den klinischen Alltag zu best&auml;tigen.</li> </ul> </div> <p>Frakturen stellen die ultimative Konsequenz der Osteoporose im klinischen Setting dar. Osteoporotische Frakturen werden oft durch ein geringes Trauma verursacht oder ereignen sich sogar spontan. Ursache daf&uuml;r ist zumeist die mit der Osteoporose assoziierte niedrige Knochenqualit&auml;t, die quantitative und qualitative Knochenparameter miteinbezieht. Ziel der Osteoporosetherapie ist prim&auml;r die Pr&auml;vention beziehungsweise &ndash; besonders f&uuml;r den Orthop&auml;den oder Traumatologen bei einer Fraktur, die bereits erfolgt ist, &ndash; die sekund&auml;re Pr&auml;vention, also die Vermeidung von Folgefrakturen nach initialem Frakturereignis.<br /> Dar&uuml;ber hinaus scheint die medikament&ouml;se Therapie jedoch auch potenziell wirksam zur Unterst&uuml;tzung des Frakturheilungsprozesses zu sein. Dies scheint durchaus berechtigt, da Zielzellen der osteoporosespezifischen Pharmaka sowohl f&uuml;r den Knochenumbau als auch die Knochenregeneration verantwortlich sind. Medikamente, die zur Osteoporosetherapie eingesetzt werden, zielen darauf ab, die bestehende Dysbalance mit &Uuml;berwiegen der Knochenresorption gegen&uuml;ber der Knochenformation auszugleichen. Dies sind biologisch weitaus komplexe Prozesse, die jedoch auch f&uuml;r eine koordinierte Frakturheilung von Bedeutung sind. Daher ergibt sich somit m&ouml;glicherweise eine potenzielle Indikation f&uuml;r osteoporosespezifische Medikamente, die mit diesen Mechanismen interagieren.<br /> Zur Therapie der Osteoporose sind verschiedene Arten von Medikamenten zugelassen, u.a. Bisphosphonate und Parathormon (PTH). Aufgrund der besten Datenlage zur Frakturheilung wird im vorliegenden Artikel nur auf das Parathormon eingegangen.<br /> Das Parathormon wird beim Menschen durch die Nebenschilddr&uuml;sen produziert und beeinflusst die Kalziumhom&ouml;ostase sowie den Knochenumbau. Die Sekretion von Parathormon wird durch den extrazellul&auml;ren Kalziumspiegel und Vitamin D reguliert. Der osteoanabole Effekt beruht auf einer paradoxen Wirkung, die durch eine intermittierende Anwendung ausgel&ouml;st werden kann.</p> <h2>Experimentelle Studien</h2> <p>Der Effekt der intermittierenden Gabe von PTH auf die Frakturheilung wurde initial von zwei Forschungsgruppen in Ratten untersucht. So konnten Andreassen et al f&uuml;r PTH eine deutliche Zunahme in der Kallusformation sowie der mechanischen Kraft in einem Modell von Tibiafrakturen nachweisen. Der Effekt wurde in einer Studie von Holzer et al in einem Frakturmodell des Femurs best&auml;tigt. In dieser Studie zeigten sich zudem verbesserte histologische sowie radiologische Parameter in der Interventionsgruppe. So verbesserten sich die Knochendichte und diverse Mikrostrukurparameter signifikant. Diese Ergebnisse wurden in einer Reihe weiterer experimenteller Studien best&auml;tigt.<br /> <br /> Beide Gruppen schlussfolgerten, dass die klinische Anwendung von PTH am Patienten die Frakturheilung potenziell verbessern k&ouml;nnte. Im Laufe der letzten zwei Dekaden wurden diverse Studien unter Anwendung von PTH in Hinblick auf die Frakturheilung publiziert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1604_Weblinks_Seite29.jpg" alt="" width="584" height="505" /></p> <h2>Klinische Studien</h2> <p>Generell sind Forschungsergebnisse bei Tieren recht vorsichtig zu interpretieren, dennoch wurde, basierend auf den experimentellen und tierexperimentellen Ergebnissen, vermutet, dass die Anwendung von PTH auch die Frakturheilungsdauer bei Menschen beschleunigen k&ouml;nnte. Bislang gibt es eine Reihe von Publikationen, die &uuml;ber die Effekte der PTH-Anwendung im Frakturheilungsverlauf berichten. Es ist bekannt, dass PTH den Heilungsprozess beschleunigt und einen schnelleren Knochenumbau erm&ouml;glicht. Die Anwendung von PTH f&uuml;hrt zu einer schnelleren Reduktion des Kallus, parallel erh&ouml;ht sich der Grad der Mineralisierung des Frakturkallus.<br /> <br /><strong> Frakturheilung bei osteoporotischen Frakturen</strong><br /> Die erste klinische Studie mit PTH 1-34 wurde an 102 postmenopausalen Frauen mit distaler Radiusfraktur (&bdquo;Colles&rsquo; fracture&ldquo;), die konservativ therapiert wurden, durchgef&uuml;hrt. Es war eine multizentrische, randomisierte, prospektive, doppelt verblindete, placebokontrollierte Studie. Die Patientinnen erhielten eine t&auml;gliche Injektion mit 20&micro;g oder 40&micro;g PTH 1-34 oder Placebo innerhalb einer Woche nach Fraktur f&uuml;r die Dauer von acht Wochen. Die Heilungsdauer, welche mittels CT eruiert wurde, war in der 20&micro;g-Gruppe verglichen zu Placebo signifikant reduziert. In einer Subgruppenanalyse an 27 Patienten zeigte sich eine deutlich verbesserte Kallusqualit&auml;t nach 5 Wochen in den R&ouml;ntgenbildern.<br /> <br /> Eine weitere multizentrische Studie einer Wiener Gruppe (P. Peichl, R. Mayer, L. A. Holzer, G. Holzer) untersuchte den Effekt von PTH 1-84 bei unilateralen osteoporotischen Schambeinastfrakturen. 65 Patienten mit einem Alter von &uuml;ber 70 Jahren wurden eingeschlossen und konservativ versorgt. Jeder dritte Patient erhielt eine t&auml;gliche Injektion von 100&micro;g PTH 1-84 (der anabole Effekt ist &auml;quivalent zu 20&micro;g PTH 1-34). Der prim&auml;re Endpunkt (abgeschlossene Frakturheilung mittels CT nachgewiesen) wurde in der Interventionsgruppe nach 7,6 Wochen erreicht. Der Unterschied zur Kontrollgruppe war signifikant. Zudem zeigten sich eine deutliche Schmerzreduktion und verbesserte Funktionalit&auml;t der Patienten, die mittels &bdquo;Timed up and go&ldquo;-Test eruiert wurde.<br /> <br /> Der Effekt von PTH 1-34 wurde auch an Patienten mit proximalen Humerusfrakturen an einem Zentrum in Schweden von Johansson untersucht. Eingeschlossen wurden 40 Patienten mit Frakturen, die konservativ behandelt werden konnten. Die Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder eine t&auml;gliche Injektion von 20&micro;g PTH 1-34 oder keine Injektion. Radiologisch zeigten sich bessere Kallusformationen in der Interventionsgruppe, jedoch keine signifikanten Unterschiede bei der Schmerzerfassung.<br /> <br /> Die rezenteste Studie wurde von Bhandari et al bei Patienten mit proximalen Femurfrakturen und Osteosynthese durchgef&uuml;hrt. Die Patienten erhielten eine t&auml;gliche Injektion von PTH 1-34 f&uuml;r sechs Monate. Das Outcome wurde nach 24 Monaten mit Kontrollpatienten verglichen. Aufgrund der zu geringen Power zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das Risiko einer Revision, radiologische kn&ouml;cherne Konsolidierung oder Schmerz.<br /> <br /><strong> Stressfrakturen</strong><br /> Eine Beschleunigung der Frakturheilung durch die Gabe von PTH 1-34 wurde in zwei F&auml;llen von Stressfrakturen im Bereich der Metatarsalia beschrieben. Nach vierw&ouml;chiger t&auml;glicher PTH-Injektion zeigten sich bei einem 35-j&auml;hrigen und einem 40-j&auml;hrigen Patienten Kallusformationen im R&ouml;ntgen. Zudem waren die Patienten frei von Schmerzen.<br /> <br /><strong> Atypische Bisphosphonat- assoziierte Femurfrakturen</strong> <br /> Chiang et al f&uuml;hrten eine kleine prospektive Studie mit 14 Patienten durch, die langj&auml;hrig Bisphosphonate eingenommen und atypische Femurfrakturen erlitten hatten. F&uuml;nf dieser Patienten erhielten &uuml;ber die Dauer von sechs Monaten jeweils t&auml;glich eine Injektion mit PTH 1-34, die anderen Patienten lediglich eine konservative Therapie. In der Interventionsgruppe heilten zwei Frakturen, zwei weitere Patienten waren schmerzfrei. In der Kontrollgruppe hatten zwei Drittel der Patienten eine Pseudarthrose und eine persistierende Schmerzsymptomatik.<br /> <br /><strong> Verz&ouml;gerte Frakturheilung und Pseudarthrosen</strong><br /> Es gibt eine Reihe von Fallberichten, die den positiven Effekt der PTH-Anwendung auf verz&ouml;gerte Knochenheilung oder Pseudarthrosen zeigen. Ein Fallbericht von Oteo-Alvaro und Moreno zeigte eine Heilung bei einer Pseudarthrose einer diaphys&auml;ren Humerusfraktur nach Nagelosteosynthese. Dar&uuml;ber hinaus zeigten Lee et al eine Heilung bei drei Patienten mit Pseudarthrosen nach Osteosynthese bei Femurfrakturen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literatur beim Verfasser</p> </div> </p>
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