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Palmare radioskapholunäre Arthrodese als Rettungsoperation bei fehlverheilten intraartikulären Speichenfrakturen

<p class="article-intro">Mit der radioskapholunären Fusion über einen beugeseitigen radialen Zugang kann bei schmerzhafter posttraumatischer radiokarpaler Arthrose neben einer Bewegungssteigerung vor allem eine deutliche Schmerzreduktion und somit eine Verbesserung der Handfunktion erzielt werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die operative Versorgung von dislozierten Speichenfrakturen mit winkelstabiler palmarer Abst&uuml;tzplatte hat sich in den letzten Jahren als wichtige Behandlungsmethode etabliert. In der &uuml;berwiegenden Zahl der F&auml;lle kann mit dieser Methode ein gutes Ergebnis erzielt werden. Sekund&auml;rer Repositionsverlust der Frakturstellung, vor allem bei Patienten mit vorbestehender Osteoporose, kann in weiterer Folge jedoch zur schmerzhaften radiokarpalen Arthrose f&uuml;hren. In manchen F&auml;llen f&uuml;hrt auch das sekund&auml;re Zusammensintern der Fraktur zu einer intraartikul&auml;ren Schraubenlage mit Zerst&ouml;rung des Gelenkknorpels (Abb. 1). Eintretende Sp&auml;tsch&auml;den f&uuml;hren zu einer Funktionseinschr&auml;nkung mit Schmerzsymptomatik an der oberen Extremit&auml;t. In diesen F&auml;llen sollte, wann immer m&ouml;glich, fr&uuml;hzeitig eine Rekonstruktion der Gelenkfl&auml;chen in m&ouml;glichst anatomischer Stellung durch eine Korrekturoperation angestrebt werden. Knirk und Jupiter postulierten bereits 1986, dass schon geringe Stufenbildungen &uuml;ber 2mm in der radialen Gelenkfl&auml;che sp&auml;ter zur schmerzhaften Arthrose im Handgelenk f&uuml;hren.<br /> Ist jedoch eine operative Korrektur der Gelenkfl&auml;che nicht mehr m&ouml;glich, kommen als weitere Therapieoptionen verschiedene Rettungsoperationen, wie z.B. Handgelenksdenervation, Resektionsarthroplastik, Handgelenksprothese oder Handgelenksarthrodese in Betracht. Bei zerst&ouml;rtem Radiokarpalgelenk kann durch die Versteifung des schmerzhaften Gelenksabschnittes die Bewegungskette nach distal in das Mediokarpalgelenk verlagert werden. In diesem Fall wird eine radioskapholun&auml;re (RSL) Fusion durchgef&uuml;hrt. Voraussetzung ist jedoch ein intaktes Mediokarpalgelenk. Ziel dieser Operation ist eine akzeptable, schmerzfreie Restbeweglichkeit bei geringgradig verminderter Kraft im Vergleich zu einem gesunden Handgelenk.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s38_abb1.jpg" alt="" width="684" height="642" /></p> <h2>Operationstechnik</h2> <p>Der operative Zugang zur RSL-Fusion erfolgt &uuml;ber einen beugeseitigen radialen Zugang. Der Hautschnitt wird nach distal radial bogenf&ouml;rmig erweitert, um eine gute Darstellung des Kahnbeines zu erm&ouml;glichen (Abb. 2). Zuvor eingebrachtes Osteosynthesematerial der Speichenverplattung wird entfernt. Die beugeseitigen Bandstrukturen werden reseziert und die Gelenkkapsel wird er&ouml;ffnet. Die gesamte palmare Gelenklippe der Speiche wird mit einem Mei&szlig;el abgetragen (Abb. 3). Dadurch hat man bei maximaler Extension im Handgelenk eine sehr gute &Uuml;bersicht &uuml;ber die zerst&ouml;rte radiokarpale Gelenkfl&auml;che, weiters wird eine Irritation der Beugesehnen verhindert. Das abgemei&szlig;elte Knochenst&uuml;ck wird zur Spongiosabeilagerung verwendet. Nun wird der distale Kahnbeinpol pr&auml;pariert und eine distale Skaphoidektomie von ca. 1/4 durchgef&uuml;hrt (Abb. 4). Dies bewirkt eine deutliche Verbesserung der Handgelenksbeweglichkeit, weiters f&uuml;hrt die Entkoppelung im STT-Gelenk zu einem geringeren Pseudoarthroserisiko zwischen Speiche und verbleibendem Kahnbeinteil sowie zu einer deutlichen Schmerzreduktion, wie Garcia-Elias bereits 2001 und 2005 berichtet hat.<br /> Die Entknorpelung der Gelenkstrukturen an Speiche, Kahnbein und Mondbein erfolgt in maximaler Handgelenksextension mit einem Luer. Sind die SL-Bandstrukturen intakt, wird die Situation so belassen. Besteht jedoch eine SL-Dissoziation, wird auch zwischen Mondbein und Dreieckbein entknorpelt und mit Spongiosa aufgef&uuml;llt. Dabei muss unbedingt eine Besch&auml;digung des mediokarpalen Knorpel&uuml;berzugs vermieden werden. Die Knochenanteile der resezierten Speichenlippe sowie des distalen Kahnbeinpoles werden als Spongiosaplastik verwendet. Eine zus&auml;tzliche Spongiosaentnahme ist nicht mehr notwendig.<br /> Als N&auml;chstes erfolgt die exakte Positionierung der Handwurzelknochen. Dabei ist auf die exakte Stellung des Mondbeines zu achten. Mithilfe von Joysticks erfolgt die Reposition, um eine DISI- oder VISI-Stellung zu verhindern. Mondbein und Kahnbein werden tempor&auml;r mit Bohrdr&auml;hten an die Speiche fixiert. Zur Stabilisierung wird eine winkelstabile 2.3-Rahmenplatte (Medartis, Basel) verwendet. Es kommt das gerade Plattenmodell zum Einsatz, um Irritationen mit den Beugesehnen zu verhindern. Die Positionierung der Platte erfolgt unter Bildwandlerkontrolle, sie darf nicht zu weit distal angelegt werden. Zun&auml;chst wird das Langloch mit einer Kortikalisschraube besetzt. Im Kahnbein und im Mondbein werden mindestens je zwei Schrauben platziert. Dies muss unbedingt unter Bildwandlerkontrolle erfolgen, um eine zu distale, intraartikul&auml;re Lage der Schrauben zu vermeiden. Gelegentlich ist es auch notwendig, eine Kortikalisschraube in den Handwurzelknochen zu platzieren, um eine bessere Fixierung an die Platte zu erzielen. Die restlichen Schraubenl&ouml;cher werden meist mit winkelstabilen Implantaten besetzt. Die Bohrdr&auml;hte werden entfernt und die eingebrachte Spongiosa wird verdichtet (Abb. 5).<br /><br /> Postoperativ erh&auml;lt der Patient eine thermoplastische Schiene f&uuml;r 5 Wochen. Nach 2 Wochen darf die Schiene in der Physiotherapie zur Durchf&uuml;hrung von aktiven Finger- und Handgelenks&uuml;bungen abgenommen werden. Eine Belastungssteigerung erfolgt nach 3 Monaten und die Vollbelastung ist nach kn&ouml;chernem Durchbau in der Regel nach 6 Monaten erlaubt. Sollte zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt aufgrund anhaltender Beschwerden eine Handgelenksarthrodese erforderlich sein, kann diese problemlos von der Streckseite durchgef&uuml;hrt werden. Eine Osteosynthesematerialentfernung beugeseitig ist nicht notwendig.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s38_abb2.jpg" alt="" width="684" height="927" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s38_abb3_4_5.jpg" alt="" width="1417" height="1599" /></p> <h2>Patienten und Methode</h2> <p>Im Zeitraum zwischen 2006 und 2014 wurde im UKH Lorenz B&ouml;hler bei 14 Patienten eine RSL-Fusion durchgef&uuml;hrt. 11 Patienten konnten im Rahmen einer Nachuntersuchung klinisch und radiologisch kontrolliert werden: 7 M&auml;nner und 4 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 55 (35&ndash;86) Jahren. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug 63 (30&ndash;97) Monate. Der Zeitraum zwischen Speichenfraktur und RSL-Arthrodese lag bei 6 (3&ndash;9) Monaten. Bei jedem Patienten wurde eine radiologische Abkl&auml;rung und zus&auml;tzlich ein Handgelenks-CT angefertigt. Bei der klinischen Untersuchung wurde neben einem exakten Bewegungsbefund auch die Schmerzsituation mittels VAS dokumentiert und es wurden mehrere Scores erhoben (DASH, PRWE, MHQ, Mayo Wrist Score). Die Kraftmessung erfolgte mit einem JAMAR-Dynamometer.</p> <h2>Nachuntersuchung</h2> <p>Durch diese Operation konnte bei der Nachuntersuchung eine deutliche Verbesserung der Beweglichkeit dokumentiert werden. Vor allem der Bewegungsumfang Extension/Flexion konnte gegen&uuml;ber pr&auml;operativ von 64&deg; auf 95&deg; verbessert werden. Pro- und Supination konnten um 25&deg; gesteigert werden. Die Radial-Ulnarduktion betrug 35&deg; (Abb. 6). Von Patienten wurde vor allem eine deutliche Schmerzreduktion bis hin zur Schmerzfreiheit angegeben. Der Mittelwert an der VAS war 2 (0&ndash;5). Auch eine Zunahme der Kraft wurde gemessen: Die Patienten konnten 88 % der Kraft der gesunden Gegenseite erzielen. Radiologisch zeigte sich bei keinem Patienten eine mediokarpale Arthrose, alle Arthrodesen waren kn&ouml;chern komplett durchgebaut.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s38_abb6.jpg" alt="" width="1417" height="1025" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Die RSL-Fusion als Rettungsoperation bei schmerzhafter posttraumatischer radiokarpaler Arthrose bringt neben einer Bewegungsverbesserung vor allem eine deutliche Schmerzreduktion und somit Verbesserung der Handfunktion. Wie in der Arbeit von Palmer bereits 1985 beschrieben, ist eine Handgelenksbeweglichkeit von 45&deg; Beugung/Streckung sowie 25&deg; Radial-Ulnarduktion ausreichend, um im t&auml;glichen Leben Aktivit&auml;ten beschwerdefrei auszuf&uuml;hren.<br /> Die RSL-Arthrodese wurde bisher in der Regel von der Streckseite durchgef&uuml;hrt. Eine fehlgeschlagene palmare operative Speichenbruchversorgung erfordert zun&auml;chst eine Entfernung des Osteosynthesematerials. &Uuml;ber den gleichen Zugang ist es jetzt mit dieser Technik m&ouml;glich, die RSL-Fusion durchzuf&uuml;hren. Somit kann auf einen zus&auml;tzlichen streckseitigen Zugang verzichtet werden.<br /> Ein weiterer Vorteil ist die Verhinderung von relativ h&auml;ufig auftretenden Verklebungen durch streckseitig eingebrachtes Osteosynthesematerial. In einigen F&auml;llen waren deshalb die sp&auml;tere Entfernung des Osteosynthesematerials und Narbenl&ouml;sung erforderlich.<br /> Die distale Skaphoidektomie f&uuml;hrt zu einer Reihe positiver Effekte. Eine deutliche Verbesserung der Handgelenksbeweglichkeit, vor allem der Flexion und Radialduktion, hat bereits 2001 und 2005 Garcia-Elias berichtet.<br /> Weiters f&uuml;hrt die Entkoppelung im STT-Gelenk zu einem geringeren Pseudoarthroserisiko zwischen Speiche und verbleibendem Kahnbeinteil. Die in der Literatur angegebene Pseudoarthroserate reicht von 0 % bis 25 % . Auch eine deutliche Reduktion der Schmerzen sowie Senkung der Inzidenz einer sekund&auml;ren mediokarpalen Arthrose werden berichtet.<br /> Wie in der Literatur anhand von Kadaverstudien beschrieben, wird durch die zus&auml;tzliche Entfernung des Os triquetrum eine weitere Verbesserung der Beweglichkeit, vor allem der Ulnarduktion, erreicht. &Uuml;ber einen palmaren Zugang allein ist jedoch die Entfernung des Dreieckbeines nicht m&ouml;glich, deshalb wird auf diesen Operationsschritt hier verzichtet. Die Indikation zur palmaren RSLFusion sehen wir beim Traumapatienten bei schmerzhaft arthrotisch ver&auml;ndertem Radiokarpalgelenk, wie es bei fehlverheilten intraartikul&auml;ren Radiusfrakturen auftritt. Sind rekonstruktive Ma&szlig;nahmen nicht mehr Erfolg versprechend, steht mit der palmaren RSL-Arthrodese ein bew&auml;hrtes Verfahren als Rettungsoperation zur Verf&uuml;gung.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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