© Getty Images/iStockphoto

Neue Dimensionen: passgenaue Implantate aus dem 3D-Drucker

<p class="article-intro">An der Medizinischen Universität Graz wurde kürzlich Österreichs erstes Labor für medizinischen 3D-Druck eröffnet. Der Fokus des ehrgeizigen Projekts liegt auf personalisierten und passgenauen Implantaten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Mittels 3D-Druck ist es heute m&ouml;glich, aus zuvor digital erstellten Modellen innerhalb k&uuml;rzester Zeit ein exaktes Bauteil zu erhalten. Auch f&uuml;r medizinische Anwendungen stellt die Methode eine Innovation dar. In naher Zukunft wird es m&ouml;glich sein, K&ouml;rpermodelle z. B. als Operationsvorbereitung, Implantate oder Prothesen zum Einsatz &bdquo;direkt am Patienten auszudrucken&ldquo;. &bdquo;Diese innovative Technologie erfordert jedoch die perfekte Anpassung an die verschiedenen Herausforderungen in diesem hochsensiblen Bereich&ldquo;, betont Prof. Dr. Ute Sch&auml;fer, Leiterin des 3D-Druck-Labors und des COMET K-Projekts &bdquo;CAMed&ldquo; an der Medizinischen Universit&auml;t Graz. Im Rahmen des COMET KProjekts CAMed (Clinical Additive Manufacturing for Medical Applications) stellt sich ein interdisziplin&auml;res Forschungskonsortium, das aus 20 internationalen Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft besteht, genau diesen Herausforderungen. Es geht darum, bestehende additive Fertigungsmethoden sowie Materialien an die weitaus sensibleren Anforderungen der Humanmedizin anzupassen und innovative Methoden und Materialien zu entwickeln. Dadurch soll die Herstellung von personalisierten, passgenauen Implantaten und Prothesen f&uuml;r Patienten innerhalb k&uuml;rzester Zeit m&ouml;glich sein.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1906_Weblinks_jatros_ortho_1906_s42_gruppenfoto_bachler.jpg" alt="" width="650" height="442" /></p> <h2>Vorteil &bdquo;In-house&ldquo;-Druck</h2> <p>Um diese Forschungsfragen optimal beantworten zu k&ouml;nnen, hat die Steierm&auml;rkische Krankenanstaltengesellschaft KAGes in Kooperation mit der Med Uni Graz am Gel&auml;nde des LKH-Universit&auml;tsklinikums Graz ein medizinisches 3D-Druck- Labor etabliert, in dem unterschiedliche Drucktechnologien zum Einsatz kommen und in unmittelbarer N&auml;he zu den Patienten an deren Bed&uuml;rfnisse angepasst werden. Das 3D-Druck-Labor befindet sich zentral im neuen Chirurgie-Geb&auml;ude des Universit&auml;tsklinikums. Am Projekt sind u. a. Forscher der TU Graz, der Montanuniversit&auml;t Leoben sowie der Forschungsgesellschaft Joanneum Research beteiligt. Derzeit beinhaltet das Labor Kunststoff-Drucker der CAMed-Projektpartner Apium Additive Manufacturing (Deutschland) und Hage3D (&Ouml;sterreich).</p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1906_Weblinks_jatros_ortho_1906_s43_3d_drucker_bachler.jpg" alt="" width="350" height="298" /></p> <h2>Flexible Rippenimplantate</h2> <p>&bdquo;Derzeit werden Ersatzteile f&uuml;r Rippen aus einem St&uuml;ck Metall w&auml;hrend einer Operation h&auml;ndisch zurechtgebogen und mit Schrauben am noch vorhandenen Knochen fixiert&ldquo;, erl&auml;utert Sch&auml;fer. &bdquo;Diese Metallrippen k&ouml;nnen sich jedoch an die st&auml;ndigen Bewegungen des Brustkorbs nicht anpassen. Fr&uuml;her oder sp&auml;ter wird der Druck zu gro&szlig; und es kommt zu Verformungen oder gar zum Ausrei&szlig;en aus dem Knochen. Der Patient muss dann nochmals operiert werden und das Spiel beginnt von Neuem.&ldquo; Daher forscht das Team um Sch&auml;fer daran, Rippenimplantate aus unterschiedlichen Metalllegierungen, basierend auf genauen Patientendaten, mittels 3D-Druck herzustellen. Diese Implantate sind flexibel genug, um sich den Bewegungen des Brustkorbs anzupassen und dem Druck standzuhalten. Diverse Fixierungsm&ouml;glichkeiten am Knochen sowie unterschiedliche Oberfl&auml;chengestaltungen sind ebenfalls Gegenstand der Untersuchungen. Geforscht wird jedoch auch an Rippenersatz aus Polymeren, also Kunststoffen, die den Bedingungen im Brustkorb standhalten.</p> <h2>Implantate f&uuml;r Gaumendefekte</h2> <p>F&uuml;r die Behandlung von Lippen-, Gaumen- und Kieferspalten sind die Therapiem&ouml;glichkeiten in der Medizin derzeit sehr eingeschr&auml;nkt. Entweder kann eine Platte am Gaumen angebracht oder eine Knochentransplantation aus dem Oberschenkel durchgef&uuml;hrt werden. Beide sind jedoch keine optimalen L&ouml;sungen, weil der Patient st&auml;ndig weiterbehandelt werden muss. Bei CAMed wird an der Herstellung von PEEK-Implantaten (Hochleistungspolymer Polyetheretherketon) f&uuml;r Gaumenspalten mittels FFF-Druck (Fused Filament Fabrication) geforscht, die direkt in den Defekt eingesetzt werden k&ouml;nnen. Nachdem die Implantate mit Mundschleimhaut bedeckt werden, sollten keine weiteren, komplizierten Operationen mehr notwendig sein.</p> <h2>Kraniofaziale Implantate</h2> <p>Der erste Erfolg des Labors zeigte sich im bereits abgeschlossenen iPRINT-Projekt, in welchem mittels 3D-Druck patientenspezifische PEEK-Implantate zeitnah oder zeitgleich mit einer Sch&auml;deloperation hergestellt werden. Nun wird dieses Projekt um weitere thermoplastische Kunststoffe erweitert, die eine neue Dimension gedruckter Sch&auml;delimplantate er&ouml;ffnen sollen. Ein weiteres Ziel ist es, eine 3D-Scanning-Methode zu entwickeln bzw. f&uuml;r den klinischen Gebrauch kompatibel zu machen, die ein ber&uuml;hrungsloses Abtasten von Knochenl&auml;sionen und eine direkte &Uuml;bertragung des 3D-Modells an den Drucker erm&ouml;glicht.</p> <h2>Individuelle Osteosyntheseplatten</h2> <p>Schienbeinbr&uuml;che sind h&auml;ufig schwierig zu behandeln. &bdquo;Einerseits m&uuml;ssen die Knochen stabilisiert werden, andererseits muss auch auf das umliegende Gewebe geachtet werden&ldquo;, unterstreicht Sch&auml;fer. Derzeit stehen f&uuml;r die Behandlung dieser Verletzungen keine patientenspezifischen Osteosyntheseplatten zur Verf&uuml;gung. Daher besch&auml;ftigen sich die Forscher im CAMed mit der Herstellung von patientenspezifischen personalisierten Platten von hoher St&auml;rke mittels 3D-Druck w&auml;hrend einer Operation. Die Basis f&uuml;r die Herstellung dieser Platten sind Aufnahmen der Frakturen mittels 3D-Scanning.</p> <h2>Ger&uuml;ste, die das Knochenwachstum anregen</h2> <p>Die Behandlung von gro&szlig;en Knochendefekten nach Tumoren oder Unf&auml;llen ist immer noch eine gro&szlig;e Herausforderung in der Chirurgie. &bdquo;Ger&uuml;ste, die das Knochenwachstum anregen &ndash; beschichtet oder nicht beschichtet, aus Zirkonium oder bioaktivem Glas &ndash;, k&ouml;nnten eine L&ouml;sung f&uuml;r diese Problematik darstellen&ldquo;, kommentiert Sch&auml;fer. Ein erster Schritt ist die Herstellung solcher Ger&uuml;ste in additiver Fertigung, die dann in den Patienten implantiert werden k&ouml;nnen. Als zweiter Schritt k&ouml;nnen diese Ger&uuml;ste mit mesenchymalen Stammzellen besiedelt werden, um so einen rascheren Heilungsprozess anzuregen.<br /><br /> Derzeit werden s&auml;mtliche erforderlichen pr&auml;klinischen Schritte get&auml;tigt, um den Einsatz an Patienten ehestens zu erm&ouml;glichen. Erste Pilotstudien mit medizinisch zugelassenen Kunststoffen sind Ende 2019 bis Anfang 2020 geplant. Andere noch nicht zugelassene Materialien m&uuml;ssen f&uuml;r die unterschiedlichen Anwendungsgebiete &ndash; wie z. B. Rippenrekonstruktion, Knochenersatz f&uuml;r Gaumenspalten oder auch unfallchirurgische bzw. orthop&auml;dische Implantate und Orthesen &ndash; vor ihrem Einsatz im Labor oder auch in Modellorganismen ausgetestet werden. Ihre mechanischen Charakteristika m&uuml;ssen ermittelt und ein optimales Qualit&auml;tsmanagement muss etabliert werden.<br /> Der Rektor der Medizinischen Universit&auml;t Graz, Prof. Dr. Hellmut Samonigg, sowie der Chef der KAGes, Prof. Dr. Karlheinz Tscheliessnigg, sehen in diesem Projekt erst den Anfang: Knochenersatz ist jetzt schon m&ouml;glich, der n&auml;chste Schritt wird sein, ein komplettes Gelenk ersetzen zu k&ouml;nnen und in fernerer Zukunft m&ouml;glicherweise auch k&uuml;nstliches Gewebe via Matrix einzubauen.</p> <p>N&auml;here Informationen:<br />www.medunigraz.at/camed</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Eröffnung des Medizinischen 3D-Druck Labors im Rahmen des COMET K-Projekts CAMed, 8. Oktober 2019, Graz </p>
Back to top