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Mind the treatment gap: Osteoporoseversorgung in Österreich

<p class="article-intro">Mehrere therapeutische Möglichkeiten stehen zur Behandlung der Osteoporose zur Verfügung, wodurch das Frakturrisiko signifikant reduziert werden kann. Die Auswertung nationaler Daten aus Österreich zeigt jedoch eine unzureichende Osteoporoseversorgung.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Es existieren mehrere therapeutische M&ouml;glichkeiten zur Behandlung von an Osteoporose erkrankten Patienten, wodurch Frakturrisiko, Einschr&auml;nkungen der Lebensqualit&auml;t sowie Morbidit&auml;t und Mortalit&auml;t signifikant gesenkt werden k&ouml;nnen.</li> <li>In &Ouml;sterreich erhalten mehr als 8 von 10 Frauen und etwa 9 von 10 M&auml;nnern trotz erlittener osteoporotischer Fraktur keine ad&auml;quate Therapie.</li> </ul> </div> <p>Osteoporose ist charakterisiert als Abnahme bzw. Strukturver&auml;nderung der Knochenmasse mit folglich erh&ouml;htem Risiko f&uuml;r Knochenbr&uuml;che. Diese manifestieren sich prinzipiell am ganzen Skelett, Pr&auml;dilektionsstellen sind Wirbelk&ouml;rper, proximaler Femur, distaler Unterarm und subkapitaler Humerus. Weltweit sind etwa 200 Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen. Die Zahl der Betroffenen in &Ouml;sterreich wird auf 800 000 gesch&auml;tzt. Im Zuge der demografischen Ver&auml;nderungen steigt die Pr&auml;valenz kontinuierlich; auch in Zukunft wird sich diese Tendenz voraussichtlich fortsetzen. So zeigte sich zum Beispiel in der Zeit von 1989 bis 2000 eine Zunahme der Inzidenz von H&uuml;ftfrakturen bei Frauen von 493 auf 642/100 000. Etwa jede dritte Frau und jeder f&uuml;nfte Mann erleiden in ihrem Leben zumindest einen durch Osteoporose bedingten Knochenbruch. Etwa alle 30 Sekunden erleidet ein Mensch in &Ouml;sterreich eine durch Osteoporose bedingte Fraktur. Da sich die Erkrankung meist schleichend und symptomlos entwickelt, wei&szlig; etwa ein Viertel nichts von seiner Grunderkrankung; oft f&uuml;hrt erst eine niedrigtraumatisch bedingte Fraktur der bereits por&ouml;sen Knochen zur Diagnose.<br /> Die chirurgische Versorgung einer Fraktur stellt meist die wichtigste Akuttherapie dar und erm&ouml;glicht eine ad&auml;quate Knochenheilung. Langzeitkomplikationen resultieren jedoch aus der anschlie&szlig;enden eingeschr&auml;nkten oder g&auml;nzlich fehlenden Mobilit&auml;t. Bis zu 20 % der Patienten versterben innerhalb eines Jahres nach H&uuml;ftfraktur. Von den &Uuml;berlebenden erreichen weniger als die H&auml;lfte wieder die urspr&uuml;ngliche Funktionalit&auml;t des Bewegungsapparates. Bei einem Gro&szlig;teil besteht eine Einschr&auml;nkung der Lebensqualit&auml;t fort, welche als folgenschwerer als z.B. jene durch rheumatische Erkrankungen beschrieben wird. Die hohe Sterberate nach einer H&uuml;ftfraktur ist h&auml;ufig auf vorhandene Komorbidit&auml;ten zur&uuml;ckzuf&uuml;hren. Es wird jedoch angenommen, dass ein Drittel der Todesf&auml;lle direkt oder indirekt durch die H&uuml;ftfraktur bedingt ist. Dieser Annahme nach sterben mehr Menschen an den Folgen einer H&uuml;ftfraktur als etwa durch Verkehrsunf&auml;lle und in etwa gleich viele wie an Brustkrebs. Osteoporose stellt somit nicht nur f&uuml;r das Individuum eine gro&szlig;e Belastung dar, sondern ist aufgrund assoziierter Kosten auch aus sozio&ouml;konomischer Sicht f&uuml;r das Gemeinwesen relevant.<br /> Da &uuml;berwiegend Frauen von Osteoporose betroffen sind (Verh&auml;ltnis Frau/ Mann 3:1), wird das Ausma&szlig; der Erkrankung bei M&auml;nnern oft untersch&auml;tzt. Entgegen der gesellschaftlich verbreiteten Annahme, dass Osteoporose nur weibliche Personen betrifft, l&auml;sst sich die Zunahme der Inzidenz osteoporotischer Frakturen mit ansteigendem Alter auch bei M&auml;nnern feststellen. Morbidit&auml;t und Mortalit&auml;t sind bei M&auml;nnern nach H&uuml;ftfraktur sogar h&ouml;her als bei Frauen. Insgesamt betreffen etwa 20 % aller osteoporotisch bedingten H&uuml;ftfrakturen M&auml;nner.<br /> Prinzipiell kann die Diagnose einer Osteoporose mittels osteodensitometrisch verifizierter Knochendichte in Abh&auml;ngigkeit vom Patientenalter und von anderen Faktoren gestellt werden. Eine ausf&uuml;hrliche Anamnese, bei der eine eindeutig niedrigtraumatisch bedingte Fraktur insbesondere an den Pr&auml;dilektionsstellen zu erheben ist, kann in der Diagnosefindung wegweisend sein und eine Osteoporosetherapie oft unabh&auml;ngig von vorliegenden Knochendichteparametern rechtfertigen.<br /> Als therapeutische M&ouml;glichkeiten stehen neben Allgemeinma&szlig;nahmen sowie einer Basisversorgung mit Kalzium und Vitamin D verschiedene Medikamente zur Verf&uuml;gung, deren prim&auml;res Ziel die Reduktion des Risikos f&uuml;r erneute Frakturen ist. Mit einer ad&auml;quaten und rechtzeitigen Therapie kann die Zahl osteoporotisch bedingter Frakturen signifikant gesenkt werden. Effektive Behandlungsm&ouml;glichkeiten stehen somit zur Verf&uuml;gung.<br /> Ergebnisse der International Costs and Utilities Related to Osteoporotic Fractures Study (ICUROS) liefern jedoch ern&uuml;chternde Ergebnisse. 2007 durch die International Osteoporosis Foundation (IOF) initiiert, verfolgte diese multinationale, prospektive Studie das Ziel, Informationen von Personen, welche eine osteoporotische Fraktur erlitten, hinsichtlich Therapie, Lebensqualit&auml;t sowie gesundheitlicher und finanzieller Folgen zu erfassen. Die Auswertung der in &Ouml;sterreich erhobenen Daten zeigt, dass die Behandlungsrate nach erlittener osteoporotischer Fraktur bei etwa 16 % bei Frauen und 10 % bei M&auml;nnern liegt. Das hei&szlig;t, dass trotz bestehender Indikation f&uuml;r eine Osteoporosetherapie weniger als zwei von 10 Frauen bzw. nur einer von 10 M&auml;nnern eine ad&auml;quate Therapie erhalten. Der Gro&szlig;teil der Patienten erh&auml;lt &uuml;ber den Beobachtungszeitraum von 18 Monaten keine entsprechende Therapie. Zudem wird bei etwa einem Drittel der Patienten, bei denen zum Zeitpunkt der Fraktur bereits eine Osteoporosetherapie bestanden hat, diese innerhalb der folgenden 18 Monate beendet (Abb. 1). Die Gr&uuml;nde f&uuml;r die Unterversorgung von Osteoporosepatienten wurden im Rahmen der ICUROS nicht untersucht und reichen gem&auml;&szlig; anderen internationalen Studien von fehlendem Bewusstsein hinsichtlich der Notwendigkeit einer Osteoporosetherapie seitens des &auml;rztlichen Personals bis zur fehlenden Compliance der Patienten.<br /> Die Ergebnisse der ICUROS zeigen ein mangelndes Bewusstsein in Bezug auf die Notwendigkeit einer ad&auml;quaten Therapie nach erlittener osteoporotischer Fraktur sowie in Bezug auf die vorhandene M&ouml;glichkeit, mit einer ad&auml;quaten Therapie das Risiko f&uuml;r weitere Frakturen zu senken. Eine Verbesserung der interdisziplin&auml;ren Zusammenarbeit zwischen akuter chirurgischer Versorgung und anschlie&szlig;enden pr&auml;ventiven Ma&szlig;nahmen mit verbesserter Behandlungsrate w&auml;re nicht nur im Sinne einer effektiven sozio&ouml;konomischen Gesundheitsversorgung, sondern w&uuml;rde auch zu einer Senkung der Morbidit&auml;t, der Mortalit&auml;t, der Einschr&auml;nkungen der Lebensqualit&auml;t sowie der finanziellen Belastung der Betroffenen f&uuml;hren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1901_Weblinks_jatros_ortho_1901_s30_abb1.jpg" alt="" width="550" height="359" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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