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Meniskusregeneration durch 3D-(Bio)Druck

Traumatische und degenerative Meniskusverletzungen zählen zu den häufigsten Verletzungen und Erkrankungen des Kniegelenks. Um der Entwicklung einer Osteoarthrose entgegenzuwirken, sollten therapeutische Verfahren angewandt werden, die den Meniskus reparieren oder ersetzen. Die Entwicklung und Etablierung des patientenspezifischen 3D-(Bio)Drucks stellt hierfür zukünftig eine Alternative in der Behandlung von Meniskusverletzungen dar.

Keypoints

  • Um der Entwicklung von Osteoarthrose entgegenzuwirken, sollten meniskuserhaltende anstelle von meniskusresezierenden Therapien etabliert werden.

  • Die Entwicklung von gewebegezüchteten und 3D-gedruckten Menisken bietet eine potenzielle Alternative in der Behandlung verschiedenster Meniskusverletzungen.

  • Beim 3D-Druck werden 3D-Konstrukte anhand eines digitalen Modells Schicht für Schicht aufgebaut. Werden die Zellen direkt in die Biotinte inkludiert und mitgedruckt, spricht man vom 3D-Biodruck.

  • Bis dato stellen die Auswahl und die Identifizierung der für den 3D-Druck verwendeten synthetischen bzw. natürlichen Materialien eine Herausforderung im Bereich der Regenerativen Medizin dar.

Bei den Menisken handelt es sich um halbmondförmiges Faserknorpelgewebe, das die Gelenkflächen von Femur und Tibia einander angleicht. Das Meniskusgewebe besteht hauptsächlich aus Wasser (65–70%), Kollagen Typ I und II (20–25%) sowie Proteoglykanen (<1%).1 Die Kollagenfasern sind in einer einzigartigen 3-Schichten-Struktur ausgerichtet. Dieser Aufbau ermöglicht es, axiale Druckbelastungen in eine zirkulär gerichtete Spannung Richtung Gelenkskapsel umzuwandeln sowie stoßdämpfend bei Gewichtsbelastung zu wirken.2 Folglich tragen Meniskusschäden schrittweise zur Destruktion des Knorpels bis hin zur Entwicklung von Osteoarthrose (OA) bei.3 In Anbetracht des geringen Selbstheilungspotenzials des Meniskus ist seine therapeutische Behandlung nach wie vor eine Herausforderung für orthopädische Chirurgen.4

Biomechanische bzw. klinische Forschungen zielen darauf ab, meniskuserhaltende anstelle von meniskusresezierenden Strategien zu etablieren, da Letztere häufig zu signifikant schlechteren klinischen Ergebnissen bis hin zur Implantation von Knie-Totalendoprothesen führen.5,6 Es zeigte sich, dass insbesondere degenerative Veränderungen direkt proportional zur Menge des entfernten Meniskus zunehmen. In Anbetracht dessen sollten Therapieverfahren angewandt werden, die einen den Meniskus reparierenden bzw. ihn ersetzenden Ansatz verfolgen.7,8 Laut einem von der European Society of Sports Traumatology, Knee Surgery and Arthroscopy veröffentlichten Konsensus zur Behandlung von traumatischen und degenerativen Meniskusrupturen bzw. -läsionen sollte primär mit der Etablierung einer konservativen Therapie (e.g. Analgetikatherapie, Physiotherapie) begonnen werden.9,10 Wenn die Erhaltung des Meniskus keine praktikable Option mehr ist, wird häufig eine Meniskustransplantation mit künstlichen oder allogenen Implantaten in Betracht gezogen, um die Biomechanik des Kniegelenks wiederherzustellen. Im Vergleich zur totalen Meniskektomie verteilen die Implantate die Belastung auf die gesamte Kontaktfläche und verzögern so möglicherweise die Frühentwicklung einer OA.11

Bei Meniskus-Allotransplantationen (MAT) werden in der Regel frisch eingefrorene Allotransplantate verwendet. Obwohl in mehreren Studien über niedrige Ausfallraten berichtet wurde, traten dennoch hohe Komplikationsraten auf. Genannt seien hier eine erhöhte Infektionsrate sowie das Auftreten von biomechanischen Komplikationen, die eine erneute operative Sanierung bzw. auch die Entfernung des Allotransplantats zur Folge hatten.12

Bei den künstlichen Meniskusimplantaten handelt es sich um synthetische beziehungsweise natürliche Substanzen, die das Wachstum und die Proliferation von Zellen induzieren. Die zurzeit klinisch zugelassenen Implantate unterteilen sich in Implantate für partielle und totale Meniskektomie. Von den partiellen Implantaten ist jedoch bekannt, dass sie im Vergleich zum humanen Meniskus schlechtere biomechanische Eigenschaften aufweisen13 und nur geringe Vorteile gegenüber einer partiellen Meniskektomie bieten.14 In Anbetracht dessen dürfte die Entwicklung von gewebegezüchteten und 3D-gedruckten („tissue engineered“) Menisken eine zukünftige potenzielle Alternative in der Behandlung verschiedenster Meniskusverletzungen bieten.15–17

Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Entwicklung von 3D-(Bio)Druck-Technologien zur Meniskusregeneration in den letzten Jahren als ein vielversprechender Forschungsbereich etabliert hat.

Beim 3D-Druck, auch als additive Fertigung bezeichnet, handelt es sich um eine aufstrebende Technologie in der Medizin.18 Dabei werden 3D-Produkte anhand eines digitalen Modells Schicht für Schicht aufgebaut. In einem ersten Schritt wird die anatomische Struktur erfasst, wofür häufig Scans aus Computertomografien bzw. Magnetresonanztomografien verwendet werden. Anschließend erfolgt die digitale Rekonstruktion des gewünschten anatomischen Gebiets mittels geeigneter Software. Die Verwendung von Computersoftware zur Unterstützung der Erstellung, Änderung, Analyse oder Optimierung dieses Entwurfs wird als Computer-Aided Design (CAD) bezeichnet. Nach der Modellierung durch CAD wird die Datei in ein „Standard Triangle Language“(STL)-Format umgewandelt, das vom 3D-Drucker gelesen werden kann. Schließlich wird das gewünschte Objekt aus Schichten mit submillimetrischer Dicke gedruckt.19

Eine breite Palette von Materialien, darunter Metalle, Keramiken, natürliche und synthetische Polymere und Kombinationen, kann für das Verfahren verwendet werden. Die Wahl der Materialien ist von entscheidender Bedeutung, da das Material und sein Druckmuster maßgeblich für die biomechanischen Eigenschaften des Konstrukts sind. Zusätzlich wird die „Finite Element“-Methode (FEM) herangezogen, um in silico biomechanische Eigenschaften eines 3D-gedruckten Konstrukts vor der Herstellung zu testen und gegebenenfalls zu optimieren.19 Um neben den geeigneten biomechanischen Eigenschaften auch die Regeneration nach der Implantation zu fördern, können auch Zellen in das Konstrukt eingebettet werden. Werden die Zellen direkt in die Biotinte inkludiert und mitgedruckt, spricht man vom 3D-Biodruck.

Wenn es darum geht, Biomaterialien für den Einsatz von Meniskusregeneration zu entwickeln, sollten diese einige grundlegende Anforderungen erfüllen. Dazu gehören mechanische und tribologische Eigenschaften, die denen des nativen Meniskus ähneln. Darüber hinaus müssen sie eine angemessene Form und Größe annehmen, die vorzugsweise individuell auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten werden können. Die Materialien müssen biokompatibel und biologisch abbaubar sein, und zwar ohne dass es bei der Resorption zu zytotoxischen Reaktionen kommt. Des Weiteren sollten die Biomaterialien ein günstiges Porositätsprofil besitzen, das sowohl die Anforderungen an die mechanische Stabilität als auch für die Zellbesiedlung erfüllt.

Anhand dieser Merkmale werden laut Literatur momentan 4 verschiedene 3D-(bio)gedruckte Meniskusgerüste genauer erforscht:

  • ein synthetisches 3D-gedrucktes meniskales Gerüst

  • ein synthetisches 3D-gedrucktes meniskales Gerüst, das anschließend mit Zellen besiedelt wird

  • ein aus natürlichen Materialien 3D-gedrucktes meniskales Gerüst

  • ein 3D-gedrucktes meniskales Gerüst, das aus einer Komposition von natürlichen und synthetischen Materialien besteht.

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Abb. 1: Allevi 3D-Biodrucker und 3D-gedrucktes Meniskustransplantat, bestehend aus synthetischen Materialien

Bis heute stellen die Auswahl und die Identifizierung des am besten geeigneten Meniskusersatzes eine Herausforderung dar.

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse sind auf dem Gebiet der Meniskusregeneration durch 3D-(Bio)Druck noch einige Hürden zu nehmen. Eine große Aufgabe ist beispielsweise die Entwicklung von Biotinten, die die komplexe extrazelluläre Matrix des Meniskus nachbilden können, die für eine erfolgreiche Geweberegeneration erforderlich ist. Darüber hinaus erfordert die klinische Umsetzung von 3D-biologisch gedruckten Meniskusgerüsten umfangreiche Tests und Validierungen, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch den 3D-Druck patientenspezifische, geometrisch und strukturell komplexe Designs konstruiert werden können. Der Einsatz von 3D-(Bio)Druck-Technologien wird über die Meniskusregeneration hinaus zukünftig vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der Regenerativen Medizin bieten.

1 Markes AR et al.: Meniscus form and function. Clin Sports Med 2020; 39(1): 1-12 2 Strobel MJ, Zantop T: Strobel Arthroskopische Chirurgie: Teil I: Kniegelenk. Berlin Heidelberg: Springer, 2014 3 Kwon H et al.: Surgical and tissue engineering strategies for articular cartilage and meniscus repair. Nature Rev Rheumatol 2019; 15(9): 550-70 4 Chen M et al.: The application of electrospinning used in meniscus tissue engineering. J Biomater Sci Polym Ed 2018; 29(5): 461-75 5 Hutchinson ID et al.: Restoration of the meniscus: form and function. Am J Sports Med 2014; 42(4): 987-98 6 Winkler PW et al.: Meniscal substitution, a developing and long-awaited demand. J Exp Orthop 2020; 7(1): 55 7 Zhou ZX et al.: Facile strategy on hydrophilic modification of poly(ε-caprolactone) scaffolds for assisting tissue-engineered meniscus constructs in vitro. Front Pharmacol 2020; 11: 471 8 Cavanaugh JT: Rehabilitation of meniscal injury and surgery. J Knee Surg 2014; 27(6): 459-78 9 Beaufils P et al.: Surgical management of degenerative meniscus lesions: the 2016 ESSKA meniscus consensus. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017; 25(2): 335-46 10 Kopf S et al.: Management of traumatic meniscus tears: the 2019 ESSKA meniscus consensus. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2020; 28(4): 1177-94 11 Fernández-González J et al.: Meniscus tears. In: Rodrìguez-Merchán EC (ed.): Traumatic injuries of the knee. Springer, Milan 2013; S. 87-98 12 Trentacosta N et al.: Meniscal allograft transplantation: state of the art. Sports Med Arthrosc Rev 2016; 24(2): e23-33 13 Sandmann GH et al.: Biomechanical comparison of menisci from different species and artificial constructs. BMC Musculoskelet Disord 2013; 14: 324 14 Rongen JJ et al.: Biomaterials in search of a meniscus substitute. Biomaterials 2014; 35(11): 3527-40 15 Gomillion CT, Burg KJL: Stem cells and adipose tissue engineering. Biomaterials 2006; 27(36): 6052-63 16 Pereira H et al.: Tissue engineering and regenerative medicine strategies in meniscus lesions. Arthroscopy 2011; 27(12): 1706-19 17 Jian Z et al.: 3D bioprinting of a biomimetic meniscal scaffold for application in tissue engineering. Bioact Mater 2020; 6(6): 1711-26 18 Alghamdi SS et al.: Additive manufacturing of polymer materials: progress, promise and challenges. Polymers 2021; 13(5): 753 19 Ejnisman L et al.: Three-dimensional printing in orthopedics: from the basics to surgical applications. Curr Rev Musculoskelet Med 2021; 14(1): 1-8

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