
„Fast track“ ist das Gebot
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Mit einer neuen S2k-Leitlinie legt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) evidenzbasierte Empfehlungen zum Management von Großgefäßvaskulitiden vor.
Rasches Handeln ist bei Verdacht auf Riesenzellarteriitis (RZA) oder Takayasu-Arteriitis (TKA) gefragt, denn akute Gefäßverschlüsse und Aneurysmen können zu schwerwiegenden Komplikationen wie Sehstörungen, Erblindung und Schlaganfall führen. Mehr als 20% der Betroffenen entwickeln Folgeschäden.
Bislang waren keine evidenzbasierten Leitlinien für Großgefäßvaskulitiden (GGV) in deutscher Sprache verfügbar. Mit der neuen S2k-Leitlinie „Management der Großgefäßvaskulitiden“ legt dieDGRhsolche nun vor. Sie verfolgt dabei einen interdisziplinären Ansatz und bezieht die am Management der GGV beteiligten Fächer (Angiologie, Gefäßchirurgie, Innere Medizin, Neurologie, Ophthalmologie, Pathologie und Radiologie) ein.
Prof. Dr. Bernhard Hellmich, Chefarzt an der medius-Klinik Kirchheim, stellte bei einem virtuellen Seminar die Methodik vor. Dr. Jan Henrik Schirmer, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, präsentierte die Inhalte der neuen Leitlinie.
Unter Federführung der DGRh haben weitere deutsche Fachgesellschaften sowie auch die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR), die Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie (SGR) und Patientenvertreter an der Erstellung mitgewirkt. Die Erstellung folgte der Systematik der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Von der Evidenzlage her entspricht die Leitlinie einem S3-Standard, wie die Referenten erklärten. Denn es wurden aktuelle EULAR-Empfehlungen und deren zugunde liegende Analysen einbezogen. Inhaltlich fokussiert sie auf RZA und TKA. Andere GGV seien zu selten, um genügend Evidenz für Empfehlungen zu bieten.
Empfehlungen für die klinische Praxis
Die S2k-Leitlinie enthält 4 übergeordnete Prinzipien, die im Wesentlichen Folgendes aussagen: Aufklärung des Patienten und gemeinsame Behandlungsentscheidung stehen an erster Stelle. Ziele der Behandlung sind die Reduktion von Krankheitskomplikationen, Therapietoxizität und Mortalität sowie Erhalt und Verbesserung der Lebensqualität. Nach Komorbiditäten soll gesucht und diese sollen behandelt werden.
Des Weiteren enthält die Leitlinie 22 spezielle Empfehlungen zu Diagnose, Behandlung und Verlaufskontrolle der GGV. Im Vergleich zur kürzlich publizierten EULAR-Leitlinie sind die Empfehlungen wesentlich detaillierter und praxisbezogener. So werden etwa genaue Richtwerte für die Dosierung und Dauer der Glukokortikoidgabe genannt, die sich nach der jeweiligen Krankheitsaktivität richten.
Vor allem wegen der Gefahr eines plötzlichen Visusverlustes ist ein „Fast track“-Vorgehen, insbesondere bei Verdacht auf RZA, geboten. Ideal sind Akutsprechstunden in einem spezialisierten Zentrum. „Eine fachspezifische Sichtung sollte innerhalb von 24 Stunden erfolgen“, betonte Schirmer. Mittels verschiedener Bildgebungsmethoden können sowohl kranielle als auch Thoraxgefäße begutachtet werden. Bei Verdacht auf TKA ist die MR-Angiografie die Methode der ersten Wahl. An Laborparametern können CRP und BSG hinweisend sein. Diese sind in den meisten Fällen von Erstmanifestation erhöht, bei Rezidiven jedoch oft im Normbereich.
Bei akutem Visusverlust oder akuter Amaurosis fugax müssen selbstverständlich sofort hoch dosiert Glukokortikoide verabreicht werden (500–1000mg Methylprednisolon i.v. über 3–5 Tage). Doch auch bei begründetem Verdacht auf RZA sollte schon mit einer Glukokortikoidtherapie gestartet werden (initial 40–60mg Prednisolonäquivalent), selbst dann, wenn die Diagnose noch nicht bestätigt ist. Die klinische Verdachtsdiagnose soll zeitnah durch bildgebende Verfahren oder histopathologisch gesichert werden. Insbesondere wenn bereits eine Glukokortikoidtherapie begonnen wurde, sollte die Diagnostik rasch vervollständigt werden, weil deren Sensitivität durch die Therapie abnimmt.
Nach Ansprechen soll die Glukokortikoiddosis schrittweise reduziert werden, um die bekannten Risiken, wie Förderung von Osteoporose oder Diabetes, zu verringern. Bei Patienten mit starkem Befall der Aorta besteht zudem die Gefahr eines Aneurysmas.
Neue Therapieoptionen haben ebenfalls Eingang in die Leitlinie gefunden: Bei bestimmten RZA-Patienten (z.B. refraktäre oder rezidivierende Erkrankung, erhöhtes Risiko für Glukokortikoid-assoziierte Folgeschäden) können Tocilizumab oder Methotrexat eingesetzt werden, um Glukokortikoide einzusparen. Bei anhaltender Remission ist ein gänzliches Ausschleichen der Glukokortikoide zu erwägen.
TKA-Patienten sollten von Anfang an, also ab der Diagnose, zusätzlich zu Glukokortikoiden ein Immunsuppressivum erhalten. Bei refraktären, rezidivierenden oder Glukokortikoid-abhängigen Verläufen sollten TNF-alpha-Inhibitoren oder Tocilizumab erwogen werden.Abgeraten wird neuerdings von Thrombozytenaggregationshemmern, Antikoagulanzien und Statinen. Diese sollten GGV-Patienten nicht mehr gegeben werden, es sei denn, es liegt eine andere Indikation dafür vor. Schirmer: „Früher wurden sie empfohlen, es hat sich aber kein protektiver antiischämischer Effekt bei diesen Patienten gezeigt.“
Die neue Leitlinie „Management der Großgefäßvaskulitiden“ inklusive Therapiealgorithmen für RZA und TKA ist auf www.amf.org verfügbar.
Bericht:
Mag. Christine Lindengrün
Quelle:
„S2k Leitlinie Management der Großgefäßvaskulitiden“, virtuelles Seminar der Rheumatologischen Fortbildungsakademie GmbH, 29. September 2020
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