Ein neuer beweglicher Antibiotika-Spacer für die infizierte Hüftprothese

Bei der zweizeitigen Behandlung der infizierten Hüftprothese wird oft ein industrieller Antibiotika-Monoblock-Spacer im Intervall bis zur Reimplantation verwendet. Diese Platzhalter verursachen oft Schmerzen bei den Patienten und zeigten in der Literatur hohe Luxationsraten. In diesem Bericht soll ein neuer, am OP-Tisch selbst hergestellter, beweglicher Spacer vorgestellt werden, der nach dem Dual-Mobility-Konzept funktioniert und diese Probleme vermeidet.

Nach wie vor stellt die infizierte Hüftprothese (HTEP) eine große Herausforderung in der Behandlung dar. Die Infektionsraten der primären HTEP werden mit 0,5% bis 2%angegeben.10 Durch interdisziplinäre Therapie in Zusammenarbeit mit dem Infektiologen an spezialisierten Zentren können die Ergebnisse in der Behandlung der infizierten HTEP verbessert werden.1,5 Das chirurgische Vorgehen mit entsprechendem Debridement und Entfernung der Prothese bei chronischen Infekten stellt dabei die entscheidende Therapie dar.10

Die zweizeitige Behandlung der chronisch infizierten Hüftprothese

Verschiedene Möglichkeiten wurden beim chronischen Infekt der HTEP mit ausgebildetem bakteriellem Biofilm beschrieben.6,10 Neben dem einzeitigen Prothesenwechsel stellt der zweizeitige insbesondere bei unbekannten Bakterien, schlechten Weichteilverhältnissen oder nicht erfolgreichem Kopf- und Inlaywechsel eine wirksame Möglichkeit der Behandlung dar.10 Für das Intervall bis zur Reimplantation werden bewegliche und nicht bewegliche Antibiotika-Spacer beschrieben.9 Die Explantation ohne Platzhalter im Sinne einer Girdlestone-Situation sollte als „salvage procedure“ gesehen werden und ist aus funktioneller und infektiologischer Sicht wegen des entstehenden Totraums als kritisch zu betrachten.11

Nicht bewegliche Spacer stellen eine Möglichkeit dar, wenn große Knochendefekte oder Weichteilschäden den Einsatz einer beweglichen Spacer-Prothese als zu komplikationsreich erscheinen lassen.9 So ergeben sich durch das Einbringen von Antibiotikazement in das proximale Femur und in das Acetabulum eine Reduktion des Raumes und hohe lokale Antibiotikadosen.9

Bewegliche Spacer stellen für viele Chirurgen die Methode der Wahl beim zweizeitigen Vorgehen dar.2 So erscheinen neben der guten Eradikationsrate die Reimplantation vereinfacht und das funktionelle Endergebnis verbessert.2 Dennoch zeigten die üblichen vorgefertigten oder selbst gegossenen von der Industrie zur Verfügung gestellten Monoblock-Spacer immer wieder Probleme.3 Durch das Fehlen der acetabulären Komponente und den großen Kopf des Spacers ergibt sich oft eine schmerzhafte Behandlung mit deutlich reduzierter Beweglichkeit und Mobilität der Patienten,12 die Reimplantation ist meist erschwert. Aufgrund der reduzierten Passgenauigkeit, bedingt durch die eingeschränkte Größenauswahl und die schlechte Artikulation in der Pfanne, wurden Luxationsraten von bis zu 40% beschrieben.4

Ein neuer, selbst hergestellter Spacer

Abb. 1: Der artikulierende Spacer wird aus antibiotikahaltigem Zement, dem Dual-Mobility- Konstrukt (kleiner innerer und großer äußerer Kopf) und einem Prothesenschaft angefertigt. Die Zementierung zum Knochen wird in reduzierter Fixation durchgeführt, so dass die Entfernung des Spacers leicht erfolgen kann

Nach der vollständigen Explantation der infizierten HTEP und dem radikalen Debridement der Weichteile und des Knochens wird aus antibiotikahaltigem Zement, einem neuen Prothesenschaft (Original M.E. Müller® Geradschaft, Zimmer Biomet, Österreich) und dem Dual-Mobility-Konstrukt (kleiner innen gelegener Kopf aus Metall oder Keramik + großer außen gelegener Kopf aus Polyethylen; Avantage®, Zimmer Biomet, Österreich) ein beweglicher Spacer selbst am OP-Tisch hergestellt (Abb.1). Wir verwenden die Technik, die in der Literatur kürzlich beschrieben wurde.7 Der antibiotikahaltige Zement wird nach Antibiogramm gemischt. Der Zement wird in einer hohen Viskosität in die angefeuchtete knöcherne Pfanne eingebracht und mit dem großen äußeren Dual-Mobility-Probekopf anmodelliert. Der Kopf sollte dabei 2–3mm kleiner als die Pfanne sein. Die so entstehende Zementschale wird beim restlichen Aushärten gering bewegt und umspült, sodass es zu einer schlechten Fixation am Knochen kommt. Anschließend wird der Oberschenkelschaft dargestellt und mit den Raspeln die femorale Markhöhle bis zur gewünschten Größe präpariert. Mit der letzten Raspel und dem Probe-Dual-Mobility-Konstrukt (kleiner + großer Kopf) wird anschließend ein Probelauf durchgeführt. Hierbei sollte auf eine ausreichend gute Spannung des Gelenkes geachtet werden und entsprechend durch einen längeren Hals oder Schaft angepasst werden. Das korrekte Gelenkspiel kann gegebenenfalls unter Durchleuchtung überprüft werden. Der Schaft in der gewählten Größe wird anschließend mit Zement in hoher Viskosität umhüllt und in das angefeuchtete Femur eingebracht. Unserer Erfahrung nach kann unter Umständen eine Schaftgröße kleiner gewählt werden, um einen dickeren Zementmantel zu erhalten. Allerdings sollte es zu keinem Längenverlust kommen. Während des restlichen Aushärtens wird der Prothesenschaft etwas bewegt, um wieder eine schlechte Fixation am Knochen zu erreichen. Eine Fixation außerhalb des Knochens an der proximalen Femurschulter mit Zement hat sich dabei als Rotationsfixation bewährt. Anschließend wird das Dual-Mobility-Konstrukt am OP-Tisch mithilfe der Presse im Original hergerichtet und eingebracht. Nach der Reposition kann das Gelenkspiel noch einmal überprüft werden.

Zum Zeitpunkt der Reimplantation kann der Spacer bei korrekter Technik leicht explantiert werden. Nach der Luxation und dem Entfernen des Dual-Mobility-Konstruktes wird die Zementschale in der Pfanne mit einem Meißel quer zerschlagen und kann problemlos entfernt werden. Nach dem Entfernen des Zements um das proximale Femur kann der Schaft mit dem Zement ausgeschlagen werden.

Eigene Erfahrungen und Literatur

In der Vergangenheit verwendeten wir industrielle Monoblock-Spacer beim zweizeitigen Wechsel der chronisch infizierten HTEP. Neben der immer wieder gesehenen Luxation klagten die meisten Patienten über Schmerzen, die Mobilität war reduziert. Seit 2 Jahren kommt bei uns der neue, am OP-Tisch selbst hergestellte Spacer bei der chronisch infizierten HTEP zur Anwendung (Abb.2). Ein ähnliches Konzept verwenden wir erfolgreich seit Jahren bei der infizierten Knieprothese.8 Bisher wurden bei uns 13 Patienten mit infizierter HTEP mit dem neuen Spacer behandelt. Bei allen Patienten konnte bis zum jetzigen Zeitpunkt der Infekt saniert werden. Intra- oder postoperative Komplikationen wurden bisher nicht beobachtet. Bei keinem Patienten kam es zu einer Luxation der Spacer-Prothese. Erfreulicherweise zeigten die Patienten kaum Schmerzen und waren mit Unterarmstützkrücken mit halbem Körpergewicht gut mobil. Die Entfernung der Spacer-Prothese war zum Zeitpunkt der Reimplantation 6 Wochen später ohne Probleme möglich. Zusätzliche Knochendefekte durch den Spacer wurden bisher nicht beobachtet.

Abb. 2: Chronische Infektion mit Fistelbildung der Hüftprothese bei einem 69 Jahre alten Patienten. Nach der Explantation der Prothese und Debridement wurde die bewegliche Spacer-Prothese implantiert. Problemlose Explantation des Spacers nach 6 Wochen und Reimplantation einer zementfreien Prothese

Im Vergleich zum industriellen Monoblock-Spacer ergeben sich aus unserer Sicht keine erhöhten Kosten, da die Behandlung erleichtert wird und sich die Komplikationsrate reduziert. Industrielle modulare Spacer-Prothesen sind üblicherweise teurer als die hier beschriebene.

In einer kürzlich erschienenen Studie wurden 30 Patienten mit der selbst hergestellten Spacer-Prothese behandelt.7 Alle Patienten konnten saniert werden, wobei es bei 2 Patienten zu einer Luxation kam. Die Autoren heben die gute Mobilisation der Patienten und die erleichterte Reimplantation bei sehr gutem klinischem Ergebnis hervor. Das einzeitige Vorgehen bleibt dabei unberührt, da es neben persönlichen Vorstellungen Indikationen gibt, bei denen das zweizeitige Verfahren erfolgversprechender erscheint. Aus unserer Sicht stellen größere knöcherne Defekte, insbesondere des medialen Pfannenbodens, Beckendiskontinuitäten oder massive Instabilitäten bzw. Luxationen Kontraindikationen für bewegliche Spacer dar. Hier verwenden wir einen nicht beweglichen Spacer (Abb.3).

Abb. 3: Bei dieser 79 Jahre alten Patientin ist es durch einen chronischen Infekt zur Pfannenmigration mit Verlust des zentralen Pfannenbodens gekommen. Dies stellt aus unserer Sicht eine Kontraindikation für eine bewegliche Spacer-Prothese dar. In der Phase bis zur Reimplantation wurde deshalb ein nicht beweglicher Spacer implantiert

Zusammenfassung

Die neue bewegliche selbst gefertigte Dual-Mobility-Antibiotika-Spacer-Prothese zeigte bisher gute klinische Ergebnisse. Im Vergleich zu anderen Spacern erscheint die Infektsanierungsrate vergleichbar, die Luxationsrate jedoch reduziert. Die Patienten zeigten kaum Schmerzen, der Patientenkomfort ist mit guter Mobilität verbessert. Die Reimplantation ist leichter möglich, das funktionelle Endergebnis stellt sich als sehr gut dar. Die aufwendigere Operationstechnik im Vergleich zum industriellen Monoblock-Spacer erscheint gerechtfertigt.

1 Akgün D et al.: High cure rate of periprosthetic hip joint infection with multidisciplinary team approach using standardized two-stage exchange. J Orthop Surg Res 2019; 14: 78 2 Chalmers BP et al.: Two-stage revision total hip arthroplasty with a specific articulating antibiotic spacer design: reliable periprosthetic joint infection eradication and functional improvement. J Arthroplasty 2018; 33: 3746-53 3 Citak M et al.: Are preformed articulating spacers superior to surgeon-made articulating spacers in the treatment of PJI in THA? A Literature Review. Open Orthop J 2015; 9: 255-61 4 Jones CW et al.: The influence of spacer design on the rate of complications in two-stage revision hip arthroplasty. J Arthroplasty 2019; 34: 1201-6 5 Karczewski D et al.: A standardized interdisciplinary algorithm for the treatment of prosthetic joint infections. Bone Joint J 2019; 101-b: 132-9 6 Kunutsor SK et al.: One- and two-stage surgical revision of peri-prosthetic joint infection of the hip: a pooled individual participant data analysis of 44 cohort studies. Eur J Epidemiol 2018; 33: 933-46 7 Lausmann C et al.: Preliminary results of a novel spacer technique in the management of septic revision hip arthroplasty.Arch Orthop Trauma Surg 2018; 138: 1617-22 8 Pietsch M et al.: Treatment of deep infection of total knee arthroplasty using a two-stage procedure. Oper Orthop Traumatol 2006; 18: 66-87 9 Rava A et al.: Hip spacers in two-stage revision for periprosthetic joint infection: a review of literature. Joints 2019; 7: 56-63 10 Schwarz EM et al.: The 2018 international consensus meeting on musculoskeletal infection: research priorities from the general assembly questions. J Orthop Res 2019; 10.1002/jor.24293 11 Sigmund IK et al.: Complications of resection arthroplasty in two-stage revision for the treatment of periprosthetic hip joint infection. J Clin Med 2019; (12): 2224 12 Yang FS et al.: Mechanical failure of articulating polymethylmethacrylate (PMMA) spacers in two-stage revision hip arthroplasty: the risk factors and the impact on interim function. BMC Musculoskelet Disord 2019; 20: 372

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