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Bioimplantate für Orthopädie und Traumatologie

<p class="article-intro">Die Bereitstellung von Gewebeallografts unterliegt in Österreich strengen Regulativen und Kontrollen. Die Produkte werden dadurch höchsten Qualitäts- und Sicherheitsansprüchen gerecht. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>W&auml;hrend in vielen anderen L&auml;ndern au&szlig;erhalb Europas und auch in manchen europ&auml;ischen L&auml;ndern Allografts als Medizinprodukte bzw. Arzneimittel gef&uuml;hrt werden, gelten sie nach &ouml;sterreichischem Gesetz als Gewebe und unterliegen dem Gewebesicherheitsgesetz (GSG). Dieses regelt sowohl die Entnahme von Spendermaterial als auch die weitere Verarbeitung und Verteilung an Anwender. Laut GSG darf die Gewinnung von humanen Zellen und Geweben zur medizinischen Verwendung nur in Entnahmeeinrichtungen erfolgen, die vom Bundesamt f&uuml;r Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zertifiziert wurden. Die Konservierung, Lagerung und Distribution von menschlichen Zellen und Geweben darf nur von Gewebebanken durchgef&uuml;hrt werden, die vom BASG bewilligt sind. Die Kontrolle der Einhaltung aller Vorschriften erfolgt durch eine Abteilung der Agentur f&uuml;r Gesundheit und Ern&auml;hrungssicherheit (AGES) im Auftrag des Bundesministeriums.</p> <h2>Von der Entnahme zum einsatzbereiten Produkt</h2> <p>Aufgrund der strengen Auflagen und des damit verbundenen h&ouml;heren Aufwands werden immer mehr lokale Gewebebanken geschlossen. Dadurch gewinnen externe Organisationen, welche die Aufbereitung von Spendermaterial &uuml;bernehmen, an Bedeutung. Diese Non-Profit-Organisationen &ndash; wie z.B. die C+TBA (Cells + Tissuebank Austria gemeinn&uuml;tzige GmbH), die ECTB (European Cell and Tissue Bank) oder das US-Unternehmen LifeNet Health, das heuer sein europ&auml;isches Headquarter in Wien ge&ouml;ffnet hat &ndash; bieten als Leistungen die Unterst&uuml;tzung und Beratung bei der Entnahme sowie die Reinigung, Sterilisation und Konservierung von Gewebe an. <br />Die Gewebebank-Organisationen unterst&uuml;tzen die Partner-Krankenh&auml;user bei der Gewinnung von Spendermaterial, entweder durch mobile Entnahmeteams oder durch Bereitstellung von Anleitungen und Entnahmesets. Durch aufwendige Reinigungsverfahren wird die Gefahr der &Uuml;bertragung von Krankheiten auf ein Minimum reduziert. Wertvolle Proteine, wie Kollagen und Wachstumsfaktoren, werden dabei nicht zerst&ouml;rt. Darin liegt auch einer der Vorteile gegen&uuml;ber synthetischen Materialien: Wachstumsfaktoren und Zytokine, die bei der Prozessierung des Spendermaterials weitgehend erhalten bleiben, verbessern den Einheilungsprozess. Ein weiterer Vorteil liegt in den strukturellen und mechanischen Eigenschaften der Biotransplantate, die den nat&uuml;rlichen Verh&auml;ltnissen n&auml;herkommen, als es k&uuml;nstliche Implantate tun.<br />Die Vorteile, die Allografts gegen&uuml;ber Autografts bieten, sind der Entfall der Entnahmemorbidit&auml;t und die Verf&uuml;gbarkeit in ausreichender Menge und verschiedenen Formen. Sie k&ouml;nnen allerdings zum Einwachsen etwas mehr Zeit ben&ouml;tigen als k&ouml;rpereigenes Gewebe, was in der postoperativen Rehabilitation ber&uuml;cksichtigt werden muss. <br />Die Produkte werden von den Gewebebanken sowohl zur Implantation als auch f&uuml;r Forschungszwecke angeboten. Die Distribution erfolgt zum Teil &uuml;ber industrielle Partner, die von der abgebenden Gewebebank &uuml;berwacht und regelm&auml;&szlig;ig auditiert werden. F&uuml;r den orthop&auml;disch-traumatologischen Bedarf steht eine breite Palette an Bioimplantaten zur Verf&uuml;gung. Sie sind grunds&auml;tzlich frisch, gefroren oder prozessiert und gefriergetrocknet erh&auml;ltlich.<br />Spongi&ouml;se, kortikale und osteochondrale Knochenallografts sind erh&auml;ltlich. Prozessiertes Knochenmaterial gibt es als demineralisierte Knochenmatrix (DBM), in Form von Granulat, Chips, Ringen oder Bl&ouml;cken in verschiedensten Gr&ouml;&szlig;en, mit und ohne Antibiotikabeladung. Auch speziell geformte Implantate f&uuml;r den individuellen Bedarf werden angefertigt. Humane Sehnenallografts sind ebenfalls in verschiedenen Formen und Gr&ouml;&szlig;en verf&uuml;gbar. F&uuml;r Weichteilabdeckungen kommt au&szlig;erdem allogene Hautmatrix in der Orthop&auml;die und Traumatologie zum Einsatz.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1804_Weblinks_s69_1.jpg" alt="" width="1026" height="746" /></p> <h2>Vielf&auml;ltige Anwendungsm&ouml;glichkeiten</h2> <p>Die Anwendungsgebiete f&uuml;r Allografts in der Orthop&auml;die und Traumatologie sind breit gestreut, der Bedarf steigt stetig. Sie werden rekonstruktiv oder reparativ eingesetzt: bei Revisionsoperationen und komplexen Verletzungen, bei Osteotomien und schlechter Frakturheilung, f&uuml;r Knorpel-, Band- und Sehnenrekonstruktionen, als F&uuml;llung und Platzhalter bei verschiedensten Defekten u.v.m. Das Potenzial ist laut Anwendern noch nicht ausgesch&ouml;pft.<br />&bdquo;In der Schulterchirurgie sind Allografts sehr wichtig geworden&ldquo;, sagt beispielsweise Dr. Philipp Heuberer, Wien. &bdquo;Defekte an Knochen und anderen Geweben, die fr&uuml;her als irreparabel galten, k&ouml;nnen jetzt behandelt werden.&ldquo; Die Verwendung von Allografts mindert das Rerupturrisiko, das durch schlechte Einheilung (Narbengewebe) im Bereich des Knochen-Sehnen-&Uuml;bergangs entsteht. &bdquo;D&uuml;nne Sehnen k&ouml;nnen mit Sehnenallografts verst&auml;rkt und eine ann&auml;hernd physiologische Biomechanik nach Traumen wiederhergestellt werden&ldquo;, so Heuberer. In vielen F&auml;llen k&ouml;nne auf diese Weise eine endoprothetische Versorgung der Schulter vermieden oder zumindest hinausgez&ouml;gert werden.</p> <h2>Knochen heilt Knochen und Sehnen</h2> <p>Gereinigtes, gefriergetrocknetes, gammabestrahltes Knochengewebe von menschlichen Spendern &ndash; bei Allografts der europ&auml;ischen Gewebebanken meist aus H&uuml;ftk&ouml;pfen, die bei H&uuml;ftgelenksersatzoperationen anfallen &ndash; soll die Knochenheilung und das Remodeling besser f&ouml;rdern als synthetische Knochenersatzprodukte. Bei der Prozessierung wird darauf geachtet, dass die organischen Anteile der Knochenmasse nicht zerst&ouml;rt werden. Zum einen garantiert dies eine Elastizit&auml;t der Endprodukte, die laut Herstellern vergleichbar mit der von frischem Knochen ist. Zum anderen beschleunigen Wachstumsfaktoren und Zytokine, die erhalten bleiben, den Heilungsprozess. Bei der Rehydrierung der Matrizes k&ouml;nnen Antibiotika oder auch autologe Zellen (Blut, Stammzellen, pl&auml;ttchenreiches Plasma) hinzugef&uuml;gt werden.<br />Dr. Heuberer best&auml;tigt eine bessere Geweberegeneration nach der Reparatur von Sehnenrupturen durch das osteoinduktive Potenzial von DBM: &bdquo;Die Sehnen wachsen dadurch besser am Knochen an, die Bildung einer physiologischen Sehnen-Knochen-Enthese wird gef&ouml;rdert.&ldquo;</p> <h2>Heimische Produkte, minimiertes Infektionsrisiko</h2> <p>Vielfach existieren bei &Auml;rzten und Patienten noch Sicherheitsbedenken gegen Allografts. Diese sind laut den Herstellern und Anwendern unbegr&uuml;ndet. Das GSG sieht vor, dass &ouml;sterreichische Krankenh&auml;user nur von &ouml;sterreichischen Gewebebanken mit Allografts beliefert werden. Somit ist die Einhaltung aller Vorschriften des GSG gew&auml;hrleistet. Dies beinhaltet auch die &Uuml;berpr&uuml;fung der Gesundheit des Spenders, wobei die Patientendaten zuvor pseudonymisiert werden. Eine R&uuml;ckverfolgung zum Spender ist &uuml;ber die Patienten-ID des Spenderkrankenhauses m&ouml;glich. Seit April 2017 muss jede Gewebespende mit einem &bdquo;Single European Code&ldquo; (SEC) gekennzeichnet sein, der innerhalb der EU die R&uuml;ckverfolgbarkeit vom Empf&auml;nger zum Spender und umgekehrt m&ouml;glich macht.<br />Nach der Reinigung und Sterilisation sind die Implantate DNA-frei; die verbleibende Viruslast entspricht der von Medizinprodukten. LifeNet Health hat laut eigenen Angaben bisher mehr als 5 Millionen Gewebeprodukte erfolgreich implantiert, ohne dass eine &Uuml;bertragung von Krankheiten bekannt geworden w&auml;re. Auch bei der seit fast 15 Jahren t&auml;tigen &ouml;sterreichischen Gewebebank C+TBA wurde bei den j&auml;hrlich steigenden Abgabemengen von bis zu 30 000 St&uuml;ck im Jahr keine &Uuml;bertragung von Krankheiten gemeldet.</p> <p><br />Lesen sie auch: <a href="https://at.universimed.com/fachthemen/1000001267">&bdquo;Bei Fragen jederzeit melden&ldquo;</a></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: • Cells + Tissuebank (C+TBA) Austria, Krems an der Donau, www.ctba.at • LifeNet Health, www.lifenethealth.org • Österreichische Gewebebank gemeinnütziger Verein (ÖGGV; European Cell and Tissue Bank, ECTB), Wels, www.ectb.eu • LifeNet Health’s European Headquarters Opening, 17. Jänner 2018, Wien Literatur: </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Schnettler R et al.: Allogeneic bone grafting materials &ndash; update of the current scientific status. Traumatol Orthop Russia 2017; 23(4): 92-100</p> </div> </p>
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