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Highlights vom ASCO 2016

Studien zu seltenen Tumorentitäten mit schlechter Prognose

<p class="article-intro">Die Jahresversammlung der American Society of Clinical Oncology, kurz ASCO, ist ein Blitzgewitter an Höhepunkten. Die meisten der grossen Studien werden zum ersten Mal auf diesem Kongress präsentiert, und das über alle onkologischen Entitäten. Entsprechend schwierig ist es, die Auswahl für einen Highlightbericht zu treffen. Zwei der Höhepunkte, die die ASCO für die Plenarsitzung ausgesucht hatte, betrafen Tumoren des Gehirns und des zentralen Nervensystems. Da Hirntumoren eine sehr distinkte Biologie aufweisen und Patienten sehr beeinträchtigen, sind Fortschritte in diesem Bereich besonders wertvoll. An dieser Stelle daher ausgewählte Studien zum Glioblastom und Neuroblastom. Gewürdigt werden sollen in diesem Bericht auch zwei Studien zur Immuntherapie beim Mesotheliom, auch wenn nur eine begrenzte Aktivität gezeigt werden konnte.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Auch bei &auml;lteren Glioblastompatienten kann Temozolomid eine Verl&auml;ngerung des Gesamt&uuml;berlebens bewirken. Bei Patienten mit anaplastischem Gliom und kombiniertem 1p/19q-Verlust scheint eine adjuvante Therapie mit Temozolomid den Therapieerfolg zu verbessern.</li> <li>Kinder mit Hochrisiko-Neuroblastom profitieren mehr von einer Tandem-Konsolidierung im Vergleich zur einfachen myeloablativen autologen Stammzelltransplantation.</li> <li>Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren als Einzelsubstanz bringt keine guten Wirksamkeitsergebnisse in der Behandlung des Mesothelioms. Die Aktivit&auml;t k&ouml;nnte in Kombinationen m&ouml;glicherweise verbessert werden.</li> </ul> </div> <h2>Temozolomid bei &auml;lteren Glioblastompatienten</h2> <p>Die adjuvante Zugabe von Temozolomid zur Radiotherapie ist bereits seit L&auml;ngerem der Therapiestandard f&uuml;r neu diagnostizierte j&uuml;ngere Glioblastompatienten. Da die meisten neu diagnostizierten Patienten zwischen 65 und 84 Jahre alt sind, wurde in der randomisierten Phase-III-Studie CCTG CE.6 eine modifizierte Bestrahlung (40Gy in 15 Fraktionen &uuml;ber 2&ndash;3 Wochen) mit versus ohne Temozolomid bei Patienten &ge;65 Jahre im adjuvanten Setting untersucht.<sup>1</sup> Der prim&auml;re Endpunkt war das Gesamt&uuml;berleben (OS). Insgesamt wurden 562 Patienten eingeschlossen. 29 % der Patienten waren 65&ndash;70 Jahre alt, 41 % 71&ndash;75 Jahre und 30 % &auml;lter als 75.<br /> Toxizit&auml;ten waren, wie f&uuml;r Temozolomid erwartet, haupts&auml;chlich von Grad 1/2. Das OS wurde durch die zus&auml;tzliche Temozolomid-Gabe median von 7,6 auf 9,3 Monate signifikant verl&auml;ngert (HR: 0,67; p&lt;0,0001) (Abb. 1). Das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) wurde ebenfalls signifikant von median 3,9 auf 5,3 Monate verl&auml;ngert (HR: 0,50; p&lt;0,0001). Patienten mit MGMT-Promotormethylierung zeigten einen gr&ouml;sseren Therapieerfolg bez&uuml;glich des OS (HR: 0,53; p=0,0001), aber auch Patienten mit nicht methyliertem MGMT-Status profitierten von der zus&auml;tzlichen Temozolomid-Gabe (HR: 0,75; p=0,055). Damit besteht nun Evidenz f&uuml;r die Temozolomid-Behandlung bei &auml;lteren Glioblastompatienten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Onko_1604_Weblinks_Seite15.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Adjuvante Temozolomid-Therapie beim anaplastischen Gliom</h2> <p>In den beiden EORTC-Studien 26981 und 26951 erbrachte die zus&auml;tzliche adjuvante Chemotherapie gegen&uuml;ber der alleinigen Radiotherapie keinen Behandlungsvorteil. Es wurde allerdings beobachtet, dass Patienten mit methyliertem MGMT von Temozolomid profitierten und der Nachweis von 1p/19q offensichtlich einen spezifischen Gliomsubtyp markierte, der in einer gesonderten Studie untersucht werden sollte. In der Phase-III-Studie CATNON wurde im 2x2-Design der Frage nachgegangen, ob die adjuvante Temozolomid-Therapie oder Temozolomid in Kombination mit Radiotherapie einen Einfluss auf den Therapieerfolg haben.<sup>2</sup> 745 Gliompatienten mit kombiniertem 1p/19q-Verlust erhielten erst randomisiert eine alleinige Radiotherapie (59,4Gy) oder Temozolomid plus Radiotherapie und anschliessend keine weitere Therapie oder eine adjuvante Therapie mit Temozolomid (d1&ndash;5, q4w, 12 Zyklen). Prim&auml;rer Studienendpunkt war das OS. Die beim ASCO-Meeting pr&auml;sentierte Auswertung der adjuvanten Temozolomid-Gabe zeigte einen signifikanten OS-Vorteil der zus&auml;tzlichen Chemotherapie nach Radiotherapie &plusmn; Temozolomid mit einer Hazard-Ratio von 0,645 (p=0,0014). Nach f&uuml;nf Jahren lebten 55,9 % der Patienten im Temozolomid-Arm und 44,1 % der Patienten ohne Temozolomid-Therapie. Dabei zeigte sich das Alter der Patienten (&gt; vs. &le;50 Jahren) als hochsignifikanter prognostischer Parameter (HR: 4,04; p&lt;0,001). Auch die MGMT-Methylierung war von prognostischem Wert (HR: 0,49; p=0,0031). Die Daten zur gleichzeitigen Gabe von Temozolomid zur Radiotherapie wurden noch nicht ver&ouml;ffentlicht, sodass zu diesem Zeitpunkt nur geschlussfolgert werden konnte, dass adjuvantes Temozolomid den Therapieerfolg f&uuml;r Patienten mit anaplastischem Gliom und kombiniertem 1p/19q-Verlust verbessert. Das Erreichen der ben&ouml;tigten Anzahl von Ereignissen f&uuml;r die komplette Auswertung der Studie wird erst f&uuml;r 2024 erwartet.</p> <h2>Keine &Uuml;berlebensverl&auml;ngerung mit Bevacizumab nach erstem Progress</h2> <p>Die Kombination aus Bevacizumab und Lomustin zeigte sich in einer Phase-II-Studie bei Glioblastompatienten nach erstem Progress als vielversprechend, sodass diese Kombination in einer Phase-III-Studie gegen die alleinige Lomustin-Therapie untersucht wurde.<sup>3</sup> Als prim&auml;rer Endpunkt wurde das Gesamt&uuml;berleben gew&auml;hlt. Insgesamt wurden 437 Patienten in die beiden Studienarme randomisiert.<br /> Der prim&auml;re Endpunkt wurde nicht erreicht: Die zus&auml;tzliche Gabe von Bevacizumab zu Lomustin verl&auml;ngerte das mediane OS nicht signifikant von 8,6 auf 9,1 Monate (HR: 0,95; p=0,650). Das PFS wurde unter Bevacizumab-Gabe allerdings von median 1,5 auf 4,2 Monate mehr als verdoppelt (HR: 0,49; p&lt;0,0001). Bei etwa 80 % der Patienten konnte der MGMT-Status erhoben werden und es zeigte sich ein prognostischer, aber kein pr&auml;diktiver Effekt bei Vorliegen der MGMT-Methylierung. Nach Progress erhielt ein Drittel der Patienten des Lomustin-Arms ebenfalls Bevacizumab, sodass ein Cross-over-Effekt auf die OS-Differenz nicht auszuschliessen ist. In weiteren Auswertungen wird versucht, Patienten zu identifizieren, die von einer zus&auml;tzlichen Bevacizumab-Gabe profitieren. Bisher k&ouml;nne aus den Studienergebnissen gefolgert werden, dass zumindest bei Patienten mit unmethylierten Tumoren keine h&ouml;here Notwendigkeit f&uuml;r eine Bevacizumab-Therapie besteht als bei Patienten mit methylierten Tumoren.</p> <h2>Konsolidierung mit peripheren Blutstammzellen beim Hochrisiko-Neuroblastom</h2> <p>Die Children&rsquo;s Oncology Group (COG) f&uuml;hrte eine randomisierte Phase-III-Studie zur Konsolidierung mit peripheren Blutstammzellen bei Tandem-myeloablativer autologer Stammzelltransplantation (ASCT) bei Hochrisiko-Neuroblastompatienten durch.<sup>4</sup> Prim&auml;res Ziel der ANBL0532-Studie war die Verl&auml;ngerung des ereignisfreien &Uuml;berlebens (EFS) bei Vorliegen eines Hochrisiko-Neuroblastoms durch eine Tandem-Konsolidierung mit Thiotepa/Cyclophosphamid gefolgt von dosismodifiziertem Carboplatin/Etoposid/Melphalan verglichen mit der einfachen Konsolidierung mit Carboplatin/Etoposid/Melphalan.<br /> 665 Kinder mit neu diagnostiziertem Hochrisiko-Neuroblastom wurden rekrutiert und 355 in die Konsolidierungsstudienarme randomisiert. 197 Kinder erhielten eine einfache ASCT und 176 Kinder eine Tandem-ASCT. Die h&auml;ufigsten nicht h&auml;matologischen Nebenwirkungen waren Infektionen, mukosale Nebenwirkungen und hepatische St&ouml;rungen, die mit einer vergleichbaren Inzidenz in beiden Studienarmen auftraten. Toxische Todesf&auml;lle wurden von 4,1 % vs. 1,2 % der Kinder berichtet (p=0,1746). Die 3-Jahres-EFS-Rate war im Tandem-Arm um absolut 13 % signifikant h&ouml;her als bei einfacher ASCT (48,4 % vs. 61,4 % ; p=0,0081). Nach drei Jahren lebten noch 74 % der Kinder mit Tandem-ASCT und 69,1 % der Kinder mit einfacher ASCT (p=0,1850). Von der Tandem-Transplantation profitierten auch Kinder, die nach der Konsolidierung eine Immuntherapie erhielten. Die 3-Jahres-EFS-Rate wurde um absolut 17,7 % und die 3-Jahres-OS-Rate um 9,3 % signifikant erh&ouml;ht.</p> <h2>Immuntherapeutische Ans&auml;tze in der Rezidivtherapie beim malignen Mesotheliom</h2> <p>In der Erstlinientherapie beim nicht resektablen malignen Mesotheliom ist die Kombination von Pemetrexed mit Cisplatin der Standard. Nach Tumorprogress stehen dann keine weiteren zugelassenen Therapien zur Verf&uuml;gung. In zwei Studien wurden immuntherapeutische Strategien f&uuml;r diese Indikation gepr&uuml;ft.<br /> In der DETERMINE-Studie wurde der CTLA-4-Inhibitor Tremelimumab nach ein oder zwei vorangegangenen Therapien bei insgesamt 571 Patienten 2:1 randomisiert mit Placebo verglichen.<sup>5</sup> Prim&auml;rer Endpunkt der Phase-IIb-Studie war das OS. Der prim&auml;re Endpunkt der Studie wurde nicht erreicht, das mediane OS betrug 7,7 Monate unter Tremelimumab und 7,3 Monate unter Placebo (HR: 0,92; p=0,408). Auch das PFS war in beiden Studienarmen mit 2,8 versus 2,7 Monaten vergleichbar (HR: 0,81; p=0,03). Ein Ansprechen wurde bei 4,5 % versus 5,6 % der Patienten beobachtet, eine Krankheitskontrollrate bei 31,7 % versus 22,8 % der Patienten. Nebenwirkungen von Grad &ge;3 wurden bei 65 % unter Tremelimumab und 48 % unter Placebo gesehen. Bei 27 % der Patienten im Verum-Arm und 5 % im Placeboarm f&uuml;hrten die Nebenwirkungen zum Therapieabbruch. Da CTLA-4-Inhibitoren die Expression von PD-L1 induzieren, wird nun in einer Phase-II-Studie die Kombination von Tremelimumab mit dem PD-L1-Inhibitor gepr&uuml;ft.<br /> Aufgrund der PD-L1-Expression auf Mesotheliomzellen wurden in die JAVELIN-Studie, die Avelumab bei verschiedenen soliden Tumoren untersuchte, auch Mesotheliompatienten eingeschlossen.<sup>6</sup> 53 Patienten wurden im Median 12 Wochen mit dem PD-L1-Inhibitor behandelt. 18,9 % der Patienten hatten bereits 4 oder mehr Vortherapien erhalten und im Median waren zwei Vortherapien appliziert worden. Im Median war die Diagnose 1,8 Jahre vor Therapiebeginn gestellt worden. Zur Zeit der Auswertung war noch etwa ein Viertel der Patienten unter Therapie. Ungef&auml;hr die H&auml;lfte der 39 auswertbaren Patienten hatten wenigstens 1 % Tumorzellen mit PD-L1-Expression. 35,9 % der Patienten zeigten eine PD-L1-Expression auf wenigstens 5 % der Tumorzellen. Ein Ansprechen wurde bei 9,4 % der Patienten gesehen, sowohl bei Patienten mit PD-L1-Expression als auch solchen ohne. Das mediane PFS betrug 17,1 Wochen. Die Therapie mit Avelumab f&uuml;hrte zu Nebenwirkungen vom Grad 3/4 bei 7,5 % der Patienten. 11,3 % der Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Perry JR et al: A phase III randomized controlled trial of short-course radiotherapy with or without concomitant and adjuvant temozolomide in elderly patients with glioblastoma (CCTG CE.6, EORTC 26062-22061, TROG 08.02, NCT00482677). ASCO 2016, Plenary Session, Abstr. #LBA2<br /><strong>2</strong> Van Den Bent MJ et al: Results of the interim analysis of the EORTC randomized phase III CATNON trial on concurrent and adjuvant temozolomide in anaplastic glioma without 1p/19q co-deletion: an Intergroup trial. ASCO 2016, Oral Abstract Session, Abstr. #LBA2000<br /><strong>3</strong> Wick W et al: EORTC 26101 phase III trial exploring the combination of bevacizumab and lomustine in patients with first progression of a glioblastoma. ASCO 2016, Oral Abstract Session, Abstr. #2001<br /><strong>4</strong> Park JR et al: A phase III randomized clinical trial of tandem myeloablative autologous stem cell transplant using peripheral blood stem cell as consolidation ther&shy;apy for high-risk neuroblastoma: a Children&rsquo;s Oncology Group (COG) study. ASCO 2016, Plenary Session, Abstr. #LBA3<br /><strong>5</strong> Kindler HL et al: Tremelimumab as second- or third-line treatment of unresectable malignant mesothelioma: results from the global, double-blind, placebo-controlled DETERMINE study. ASCO 2016, Oral Abstract Session, Abstr. #8502<br /><strong>6</strong> Hassan R et al: Avelumab (MSB0010718C; anti-PD-1) in patients with advanced unresectable mesothelioma from the JAVELIN solid tumor phase Ib trial: safety, clinical activity, and PD-L1 expression. ASCO 2016, Oral Abstract Session, Abstr. #8503<br /><br /></p> </div> </p>
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