© Getty Images/iStockphoto

Neue Trends in der Stammzelltransplantation – Update vom ASH 2018

<p class="article-intro">Bei der 60. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) 2018 in San Diego wurden wieder zahlreiche klinische Studien und Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Hämatologie präsentiert. Die neuesten Trends und spannende Entwicklungen aus dem Gebiet der Stammzelltransplantation werden im folgenden Artikel zusammengefasst.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>F&uuml;r Patienten mit MDS/sAML zeigt sich auch langfristig kein &Uuml;berlebensvorteil f&uuml;r eine myeloablative gegen&uuml;ber einer dosisreduzierten Stammzelltransplantation, best&auml;tigt durch eine gro&szlig;e, prospektive Studie der EBMT.</li> <li>Sorafenib ist eine gut wirksame Erhaltungstherapie f&uuml;r High- Risk-AML-Patienten nach einer allogenen Transplantation.</li> <li>Die haploidente Stammzelltransplantation &uuml;berzeugt weiterhin mit rascher Spenderverf&uuml;gbarkeit, einfacher Durchf&uuml;hrbarkeit und niedriger GvHD-Rate.</li> <li>Eine konsolidierende allogene Stammzelltransplantation kann bei ALL-Patienten die Langzeitergebnisse der CAR-T-Zell- Immuntherapie verbessern.</li> <li>Die K&ouml;rperzusammensetzung und das Mikrobiom sollten neben den Komorbidit&auml;ten vor der Transplantation ber&uuml;cksichtigt werden.</li> </ul> </div> <h2>Allogene Stammzelltransplantation bei MDS und AML</h2> <p>In einer prospektiven, randomisierten Studie, durchgef&uuml;hrt von Prof. Kr&ouml;ger aus Hamburg, wurden Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) im Alter zwischen 55 und 70 Jahren zun&auml;chst mit 4 Zyklen Azacitidin behandelt.<sup>1</sup> Bei gutem Ansprechen wurde anschlie&szlig;end je nach Spendersituation eine allogene Stammzelltransplantation durchgef&uuml;hrt oder mit Azacitidin weiterbehandelt.<sup>1</sup> Bei den Ergebnissen der &Uuml;berlebensanalysen zeigte sich zwar ein klarer Benefit zugunsten der allogenen Stammzelltransplantation, allerdings war die Ausfallsrate bis zur Transplantation hin aufgrund von Progress oder anderen unerw&uuml;nschten Ereignissen doch betr&auml;chtlich. Bez&uuml;glich der Frage nach der optimalen Dosis der Konditionierung (dosisreduziert Bu/Flu vs. myeloablativ Bu/ Cy) wurde ein Update der RIC/MAC-Studie der EBMT gebracht.<sup>2</sup> Auch im Langzeit- Follow-up nach 7,5 Jahren konnte hier kein signifikanter Unterschied der &bdquo;nonrelapse mortality&ldquo; (NRM), Relapse-free und Overall Survival beobachtet werden, woraus sich schlussfolgern l&auml;sst, dass die Intensit&auml;t der Konditionierung f&uuml;r das &Uuml;berleben langfristig offenbar nicht entscheidend ist.<br /> Ein neuer Trend nach Durchf&uuml;hrung einer allogenen Transplantation bei AMLPatienten ist die Gabe einer zielgerichteten Erhaltungstherapie mit einem Tyrosinkinasehemmer.<sup>3, 4</sup> Das leuk&auml;miefreie &Uuml;berleben war hier deutlich besser bei Patienten, die Sorafenib erhielten. Somit sollte dieses Therapieregime Eingang in den klinischen Alltag finden, nicht nur bei Patienten, die FLT3-mutiert sind (Abb. 1). F&uuml;r die Behandlung der Graft-versus-Host- Erkrankung (GvHD) steht mit Ruxolitinib (in Kombination mit Steroiden) eine sehr potente Behandlung zur Verf&uuml;gung. Das immunsuppressive Potenzial dieser Substanz wurde in der prospektiven REACH1- Studie best&auml;tigt.<sup>5</sup> Hier haben mehr als die H&auml;lfte der GvHD-Patienten rasch und dauerhaft angesprochen. Eine Phase-III-Studie, in der gegen die etablierten Therapien randomisiert wird, ist in Planung.<br /> Die geringe Toxizit&auml;t und die unkomplizierte Durchf&uuml;hrbarkeit der haploidenten Stammzelltransplantation zeigten sich auch 2018 am ASH-Kongress, sowohl in retrospektiven als auch prospektiven Analysen. Bei 444 konsekutiv transplantierten Patienten zwischen 2011 und 2017 waren sowohl die &bdquo;transplant-related mortality&ldquo; (TRM) als auch die chronische GvHD gering.<sup>6</sup> In mehreren Abstracts wurde die TRM von 20 % nie &uuml;berschritten und die Rate der chronisch extensiven GvHD lag im einstelligen Bereich.<sup>6&ndash;8</sup> Beim Non- Hodgkin- Lymphom ergab die haploidente Transplantation vergleichbare Ergebnisse wie die Geschwistertransplantation mit einem progressionsfreien &Uuml;berleben (PFS) von 35 % .<sup>7</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_jatros_onko_1901_s38_abb1.jpg" alt="" width="1463" height="968" /></p> <h2>CAR-T-Zellen</h2> <p>Die &bdquo;chimeric antigen recepter T-cells&ldquo;, vor allem bei lymphoproliferativen Erkrankungen, waren auch beim ASH-Kongress 2018 wieder einer der Schwerpunkte. Allerdings sind die Langzeitergebnisse trotz initial effizienter Eradizierung und guten Ansprechens der Patienten vor allem bei der akuten lymphatischen Leuk&auml;mie (ALL) noch nicht optimal.<sup>9, 10</sup> Daher wird mittlerweile z.B. nach Kombinationsm&ouml;glichkeiten gesucht, um das &Uuml;berleben noch zu verbessern. Diesbez&uuml;glich wurde eine Arbeit aus Seattle pr&auml;sentiert, wonach ALL-Patienten sehr von einer konsolidierenden allogenen Stammzelltransplantation profitiert haben. Die Herstellung der CAR-T-Zellen f&uuml;r einen breiteren Einsatz im Rahmen von Phase-III-Studien wird die gro&szlig;e Herausforderung f&uuml;r die n&auml;chsten Jahre.</p> <h2>Autologe Transplantation beim multiplen Myelom</h2> <p>Michele Cavo hat ein 10-Jahres-Follow- up von drei gepoolten Phase-III-Studien gezeigt, um die kontrovers diskutierte Frage nach der Tandem-Transplantation versus der einfachen Stammzelltransplantation beim multiplen Myelom genauer zu untersuchen (ASCT-1 vs. ASCT-2).<sup>11</sup> Insgesamt wurden Daten von 909 Patienten analysiert. F&uuml;r die ASCT-2 konnte ein deutlich l&auml;ngeres OS und PFS beobachtet werden, sowohl bei den Standardrisiko- als auch bei den Hochrisikopatienten, am eindeutigsten waren die Ergebnisse bei den Ultra-Hochrisikopatienten mit drei ung&uuml;nstigen krankheitsassoziierten Variablen. Die ASCT-2 bei Myelompatienten mit ung&uuml;nstiger Zytogenetik sollte daher klinischer Standard werden bzw. bleiben.<br /> Die Lebensqualit&auml;t der Patienten ist zwar kurzzeitig durch die Transplantation eingeschr&auml;nkt, n&auml;hert sich aber ein Jahr nach Transplantation den Durchschnittswerten an.<sup>12</sup><br /> &Uuml;bergewichtige Patienten m&uuml;ssen voll dosiert konditioniert werden. Eine gewichtsadaptierte Reduktion der Chemotherapie f&uuml;hrt zu schlechterem lymphomfreiem &Uuml;berleben.<sup>13</sup><br /> Eine britische Metaanalyse hat die Rolle der autologen Stammzelltransplantation im Vergleich zur konventionellen Therapieoption mit Cyclophosphamid bei der diffusen systemischen Sklerose untersucht. Inkludiert wurden drei Studien (ASSIST 2011, ASTIS 2014, SCOT 2018). Insgesamt wurden Daten von 250 Patienten mit einem Follow-up von fast 8 Jahren analysiert. Die Gesamtsterblichkeit konnte trotz einer h&ouml;heren Rate an Infektionen mit der Transplantation signifikant verbessert werden.<sup>14</sup> Die rasante Zunahme der autologen Transplantationen bei Autoimmunerkrankungen wurde auch im letzten Jahresbericht der EBMT gezeigt.</p> <h2>Einfluss von Muskelabbau und Verlust der Diversit&auml;t des Mikrobioms auf das &Uuml;berleben nach SZT</h2> <p>Neben bekannten Faktoren wie z.B. der Wirkung der unterschiedlichen Konditionierungen (RIC vs. MAC) und dem Einfluss des Spenders (haploidenter vs. Geschwister- vs. Fremdspender) auf das &Uuml;berleben nach einer Stammzelltransplantation wird es immer wichtiger herauszufinden, wie sich supportive Faktoren wie etwa die K&ouml;rperzusammensetzung und das intestinale Mikrobiom auf das &Uuml;berleben auswirken. Hierzu wurden mehrere Arbeiten zur prognostischen Bedeutung gezeigt.<br /> Patienten, die adip&ouml;s und mit wenig Muskelmasse transplantiert werden, haben ein dramatisch schlechteres Langzeit&uuml;berleben, wenn sie autolog transplantiert werden, als die durchschnittliche Kontrollgruppe (Abb. 2).<sup>15</sup><br /> Weiters ist die Diversit&auml;t des Mikrobioms im Darm entscheidend f&uuml;r das Gesamt&uuml;berleben von Patienten und die TRM. Die Inzidenz von GvHD und die behandlungsassoziierte Mortalit&auml;t sind bei Patienten, die die Diversit&auml;t der Darmflora verlieren, deutlich h&ouml;her.<sup>16, 17</sup> Die K&ouml;rperzusammensetzung und das Mikrobiom sollten neben den Komorbidit&auml;ten daher vor Transplantation ber&uuml;cksichtigt werden (z.B. Intensit&auml;t der Konditionierung, Rehabilitation vor der Transplantation, antibiotische Prophylaxe).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1901_Weblinks_jatros_onko_1901_s38_abb2.jpg" alt="" width="1461" height="816" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kroeger N et al.: Prospective multicenter phase 3 study comparing 5-azacytidine (5-Aza) induction followed by allogeneic stem cell transplantation versus continuous 5-Aza according to donor availability in elderly MDS patients. ASH 2018, Abstract Nr. 208 <strong>2</strong> Kroeger N et al.: Reduced intensity vs. myeloablative conditioning followed by allogeneic stem cell transplantation for patients with MDS: long-term follow- up of a prospective randomized EBMT phase III study (RICMAC-Trial). ASH 2018, Abstract Nr. 1019 <strong>3</strong> Burchert A et al.: Sorafenib as maintenance therapy post allogeneic stem cell transplantation for FLT3-ITD positive AML: results from the randomized, double-blind, placebo-controlled multicenter Sormain Trial. ASH 2018, Abstract Nr. 661 <strong>4</strong> Follmer D et al.: Sorafenib bei Patienten mit myeloischer Leuk&auml;mie: eine retrospektive unizentrische Analyse/a retrospective, single-center analysis of patients with myeloid leukemia treated with Sorafenib. ASH 2018, Poster Nr. 206 <strong>5</strong> Jagasia M et al.: Results from REACH1, a single-arm phase 2 study of ruxolitinib in combination with corticosteroids for the treatment of steroid-refractory acute graft-vs-host disease. ASH 2018, Abstract Nr. 601 <strong>6</strong> Bacigalupo A et al.: Unmanipulated haploidentical marrow transplantation with a modified post-transplant cyclophosphamide (PT-CY) regimen: an update on 444 patients. ASH 2018, Abstract Nr. 3351 <strong>7</strong> Bazarbachi A et al.: Influence of donor type, stem cell source and conditioning regimen on transplant outcomes after haploidentical transplant with post transplant cyclophosphamide for lymphoma: a report of the EBMT lymphoma working party. ASH 2018, Abstract Nr. 484 <strong>8</strong> Sammassimo S et al.: A cellular therapy with haploidentical peripheral hematopoietic STEM CELL transplantation MAY be a therapeutic option in patients with relapsed lymphoma with chemo-refractory disease. ASH 2018, Abstract Nr. 2189 <strong>9</strong> Summer C et al.: Long-term follow-up after SCRICAR19v1 reveals late recurrences as well as survival advantage to consolidation with HCT after CAR T cell induced remission. ASH 2018, Abstract Nr. 967 <strong>10</strong> Park JH et al.: Longterm follow-up of CD19 CAR therapy in acute lymphoblastic leukemia. NEJM 2018; 378(5): 449-459 <strong>11</strong> Cavo M et al.: Double vs. single autologous stem cell transplantation for newly diagnosed multiple myeloma: long-term follow-up (10-years) analysis of randomized phase III studies. ASH 2018, Abstract Nr. 124 <strong>12</strong> Roussel M et al.: The impact of lenalidomide, bortezomib and dexamethasone treatment on health-related quality of life in transplant-eligible patients with newly-diagnosed multiple myeloma: results from the IFM/DFCI 2009 trial. ASH 2018, Abstract Nr. 716 <strong>13</strong> Pearl N et al.: Effect of obesity on the efficacy and toxicities in patients undergoing autologous hematopoietic stem cell transplant (AHCT) for lymphoma. ASH 2018, Abstract Nr. 4617 <strong>14</strong> Patel A et al.: Randomized trials of autologous hematopoietic stem cell transplantation for diffuse cutaneous systemic sclerosis: systematic review and meta-analysis with trial sequential analysis of overall mortality. ASH 2018, Abstract 612 <strong>15</strong> Iukuridze A et al.: Muscle depletion is an important and clinically relevant predictor of outcomes after autologous hematopoietic cell transplantation (AHCT). ASH 2018, Abstract Nr. 620 <strong>16</strong> Peled JU et al.: Multicenter microbiota analysis indicates that pre-HCT microbiota injury is prelavent across geography and predicts poor overall survival. ASH 2018, Abstract Nr. 811 <strong>17</strong> Khan N et al.: Loss of microbiota diversity after autologous stem cell transplant is comparable to injury in allogeneic stem cell transplant. ASH 2018, Abstract Nr. 608</p> </div> </p>
Back to top