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Koryphäen tagen in Innsbruck

Management primärer Lebertumoren

<p class="article-intro">Mitte Dezember fand in Innsbruck eine Tagung zum Management primärer Lebertumoren statt. Experten aus ganz Europa trafen einander, um die letzten Neuerungen auf diesem Gebiet zu diskutieren, wobei das Thema Interdisziplinarität im Vordergrund stand.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Nach dem erfolgreichen Meeting mit Fokus auf Pankreaspathologien 2016 organisierte im Dezember 2017 das hepatobili&auml;re Chirurgie-Team der Klinik f&uuml;r Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie der Medizinischen Universit&auml;t Innsbruck einen Kongress zum Thema &bdquo;Management prim&auml;rer Lebertumore&ldquo;. Von der Fortbildungsakademie der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Chirurgie unterst&uuml;tzt gelang es dabei, Koryph&auml;en aus ganz Europa f&uuml;r Vortr&auml;ge zu gewinnen. Die Thematiken spannten den Bogen von der Diagnostik, dem pr&auml;operativen Management &uuml;ber die unterschiedlichen lokalen und systemischen Therapiem&ouml;glichkeiten bis hin zur translationalen Forschung. Eine Live-Videoschaltung aus dem interventionellen Operationssaal mit der &Uuml;bertragung einer Radiofrequenzablation sowie auch der angebotene &bdquo;Hands-on&ldquo;-Kurs am Vortag unterstrichen einmal mehr den interdisziplin&auml;ren Ansatz und den Ausbildungscharakter der Veranstaltung.</p> <h2>Klatskin-Karzinom</h2> <p>Am ersten Tag des Kongresses stand das cholangiozellul&auml;re, perihil&auml;re Karzinom, das Klatskin-Karzinom, im Mittelpunkt. Dieses Karzinom stellt mit 50 % den L&ouml;wenanteil der cholangiozellul&auml;ren Karzinome (CCC) und ist aufgrund seiner zentralen Lage im Wesentlichen nur durch komplexe Leberresektionen kurativ therapierbar, welche jedoch eine 50 % ige Morbidit&auml;t und eine bis zu 10 % ige Mortalit&auml;t aufweisen. Die Tatsache, dass dieser Tumor vor allem bei &auml;lteren Patienten vorkommt, ist eine weitere Herausforderung, da die Fitness der Patienten ber&uuml;cksichtigt und im Rahmen des Aufkl&auml;rungsgespr&auml;chs auch mit den Patienten thematisiert werden muss. Neben der etablierten endoskopischen retrograden Cholangiopankreatikografie (ERCP) und Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) gewann zuletzt die Cholangioskopie an Bedeutung, die an Zentren mit entsprechender Expertise im Falle einer unklaren Stenose der Galleng&auml;nge zur genaueren Diagnostik eingesetzt werden kann. Neuere Ans&auml;tze wie die Cholangiomikroskopie m&uuml;ssen auf ihre Sensitivit&auml;t und Spezifit&auml;t genauer evaluiert werden.<br /> Ein viel diskutiertes Thema bleibt die Indikation einer pr&auml;operativen Gallengangsdrainage. Laut einer rezenten retrospektiven Studie stellen Cholangitiden und/ oder eine Cholestase des geplanten Restleberparenchyms mit einem gesch&auml;tzten Volumen von unter 50 % eine klare Indikation dar. Unbedingt zu beachten ist n&auml;mlich, dass die Cholestase eine Leberhypertrophie verhindert. Eine Empfehlung bzgl. perkutaner versus endoskopischer Drainage l&auml;sst sich aus der Literatur nicht herausfiltern. Hier spielen die Erfahrung des Zentrums mit der jeweiligen Technik und die Gegebenheiten bei den jeweiligen Patienten eine gr&ouml;&szlig;ere Rolle als der Zugang per se.<br /> Die kurative Therapie der Wahl stellen die Resektionen dar, meist links oder rechts erweiterte Resektionen der Leber inklusive regionaler Lymphadenektomie, womit eine 5-Jahres-&Uuml;berlebensrate von &uuml;ber 30 % erzielt werden kann. Die R0-Resektion ist hierbei der wichtigste Prognosefaktor. W&auml;hrend die Pfortaderembolisation des (meist rechten) tumortragenden Leberlappens etabliert ist, ist der Stellenwert der ALPPS (&bdquo;associating liver partition with portal vein ligation for staged hepatectomy&ldquo;) bei dieser Tumorentit&auml;t noch nicht klar. Unterschiedliche, schlecht vergleichbare ALPPS-Varianten und die geringe Fallzahl lassen noch keine Schl&uuml;sse bez&uuml;glich einer Empfehlung dieser chirurgischen Strategie zu.<br /> In ausgew&auml;hlten F&auml;llen kann eine Lebertransplantation in Erw&auml;gung gezogen werden. Indiziert ist sie bei bis zu 2cm gro&szlig;en Tumoren ohne extrahepatische Manifestationen. In Kombination mit einer neoadjuvanten, multimodalen Radiochemotherapie (perkutane Bestrahlung, 5-Fluorouracil, intraluminale Brachytherapie und Capecitabin), dem sogenannten Mayo-Schema, wurde in diesem hochselektionierten Patientenkollektiv eine 5-Jahres-&Uuml;berlebensrate von ca. 70 % erreicht.<br /> Aufgrund der hilusnahen Lage der perihil&auml;ren HCC spielt die stereotaktische Radiofrequenzablation (sRFA) keine Rolle bei der Therapie dieser Patienten.<br /> Mit der Publikation der BILCAP-Studie konnte erstmals ein &Uuml;berlebensvorteil bei Patienten mit einer adjuvanten Systemtherapie (Capecitabin) gezeigt werden. Diese Therapie sollte somit heutzutage in allen pTNM-Stadien als Standard gelten.<br /> Im Falle einer Kontraindikation zur Resektion bleiben palliative, lokale Verfahren wie intraduktale RFA, antegrade, perkutane oder retrograde Stents als Option &uuml;brig. Neben der etablierten systemischen Therapie mit Gemcitabin/Cisplatin bei fortgeschrittenen und metastasierten Tumoren laufen aktuell Studien, in denen Kombinationstherapien mit Nab-Paclitaxel, VEGF- oder EGFR-Inhibitoren auf ihre Wirksamkeit gepr&uuml;ft werden. Auch hier erhofft man sich eine Verbesserung der bisher erzielten 1-Jahres-&Uuml;berlebensrate von 50 % .</p> <h2>Hepatozellul&auml;res Karzinom</h2> <p>Am zweiten Tag der Veranstaltung folgten Einblicke in den h&auml;ufigsten prim&auml;ren Lebertumor, das hepatozellul&auml;re Karzinom (HCC). Mit einer Inzidenz von ca. 5:100 000 stellt das HCC das weltweit am sechsth&auml;ufigsten vorkommende Karzinom und die zweith&auml;ufigste krebsassoziierte Todesursache dar.<br /> Meistens entsteht es auf dem Boden einer Leberzirrhose. Die am weitesten verbreitete Klassifikation hierf&uuml;r bleibt das Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC) Staging System. Bei den betroffenen Patienten handelt es sich meist um komplexe, multimorbide Patienten, deren Therapie am besten im Rahmen eines interdisziplin&auml;ren Boards (Hepatologen, Onkologen, Fach&auml;rzte f&uuml;r hepatobili&auml;re Chirurgie, Radiologen und Pathologen) besprochen werden sollte.<br /> In der Diagnostik des HCC gilt neben dem 4-Phasen-CT mit dem pathognomonischen &bdquo;early washout&ldquo; und dem diffusionsgewichteten MRT die Biopsie immer noch als Goldstandard, v.a. in den seltenen F&auml;llen, in denen ein HCC in einer nicht zirrhotischen Leber diagnostiziert wurde. W&auml;hrend beim perihil&auml;ren Cholangiokarzinom die Lebertransplantation nur eine Nebenrolle spielt, stellt bei malignen entarteten Leberzirrhosen die Lebertransplantation eine wichtige kurative Therapiealternative dar. Die Mitte der 90er-Jahre eingef&uuml;hrten Mailand-Kriterien stellen dabei einen Meilenstein dar. F&uuml;r Patienten mit Tumoren innerhalb dieser Kriterien (1 Herd kleiner als 5cm oder bis zu 3 Herde mit maximalen Durchmessern von 3cm, keine makrovaskul&auml;re Invasion) zeigte sich gem&auml;&szlig; urspr&uuml;nglichen Publikationen eine 5-Jahres-&Uuml;berlebensrate von &uuml;ber 70 % , w&auml;hrend Patienten mit gr&ouml;&szlig;eren Tumoren deutlich schlechter abschnitten. Die Achillesferse dieser Klassifikation liegt darin, dass die Bildgebung (CT oder MR) das alleinige Kriterium ist. Obwohl viele Zentren, v.a. im deutschsprachigen Raum, die Indikation zur Lebertransplantation immer noch anhand der Mailand-Kriterien stellen, mehrten sich zuletzt die Hinweise, dass die Indikationsstellung nicht allein auf diesen Kriterien basieren sollte, da u.a. die Biologie des Tumors im Sinne des rezidivfreien Intervalls nach lokaler Therapie und der H&ouml;he des Alpha-1-Fetoproteins einen wichtigen prognostischen Faktor darstellt.<br /> Bei den seltenen nicht zirrhotischen HCC steht die Resektion im Vordergrund. Einzelne F&auml;lle von Lebertransplantationen bei nicht zirrhotischen Patienten werden in der Literatur beschrieben, wobei es hierf&uuml;r keine eindeutige Empfehlung gibt. W&auml;hrend das Gros der Operationen konventionell durchgef&uuml;hrt wird, hat sich die laparoskopische Chirurgie zumindest bei kleineren, gut zug&auml;nglichen, nicht anatomischen sowie bei linkslateralen Resektionen als Standard etabliert. Laparoskopische Hemihepatektomien k&ouml;nnen in Zentren mit entsprechender Expertise angeboten werden und haben zuletzt bzgl. onkologischen Outcomes und chirurgischer Komplikationen keinen wesentlichen Nachteil gegen&uuml;ber der konventionellen Chirurgie ergeben.<br /> Sowohl bei der konventionellen als auch bei der laparoskopischen Resektion stellt die Leberzirrhose ein deutlich erh&ouml;htes Operationsrisiko dar. Pathologische Werte der Elastographie (mittels Ultraschall oder MR erhoben), portaler Hypertonus und &Ouml;sophagusvarizen gelten in den meisten Zentren als Kontraindikationen zur Resektion. Ob die Laparoskopie bzgl. postoperativer Komplikationen einen Vorteil gegen&uuml;ber der konventionellen Technik bringt, ist noch Gegenstand aktueller Debatten. Noch restriktiver wird in diesem Zusammenhang die Rolle der ALPPS gesehen. &Auml;hnlich wie beim CCC sind auch hier die Fallzahlen noch zu gering, und die zahlreichen, publizierten, unterschiedlichen weniger invasiven Varianten der ALPPS erlauben zurzeit keine R&uuml;ckschl&uuml;sse auf deren Validit&auml;t.<br /> Eine kurative Alternative bei Patienten im BCLC-B-Stadium bietet hingegen die sRFA, mit der in ca. 30 % der F&auml;lle Rezidivfreiheit erreicht wird. Die sRFA spielt au&szlig;erdem neben der transarteriellen Chemotherapie (TACE) eine wichtige Rolle bei der lokalen Kontrolle des HCC als &Uuml;berbr&uuml;ckungstherapie bis zur Lebertransplantation (&bdquo;bridging to transplant&ldquo;).<br /> W&auml;hrend Tyrosinkinasehemmer beim HCC als adjuvante Systemtherapie keine Rolle spielen, sind sie ein wesentlicher Bestandteil der palliativen Systemtherapie. Sorafenib, bei Unvertr&auml;glichkeit bzw. Progression Lenvatinib und Regorafenib werden hierbei eingesetzt. Mit Cabozantinib steht ein weiterer Tyrosinkinasehemmer voraussichtlich kurz vor der Zulassung.<br /> Im palliativen Setting ist die selektive interne Radiotherapie (SIRT) eine interessante Option. Obwohl zwei gro&szlig;e prospektive Studien keinen &Uuml;berlebensvorteil im Vergleich zur Systemtherapie mit Tyrosinkinasehemmern zeigen konnten, stellte sich eine deutliche Verbesserung der Lebensqualit&auml;t und des Nebenwirkungsspektrums heraus, sodass die SIRT als gute Alternative bei Therapiem&uuml;digkeit und Unvertr&auml;glichkeit der Systemtherapie angesehen werden sollte. Ob eine Kombinationstherapie aus SIRT plus Tyrosinkinasehemmern von Vorteil ist, sollen laufende Studien beweisen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Trotz des aggressiven Verhaltens dieser beiden Tumorentit&auml;ten konnte in den letzten Jahren durch neue interdisziplin&auml;re Ans&auml;tze in der pr&auml;operativen Diagnostik sowie in der lokalen und systemischen Therapie die Prognose bei Patienten mit einem perihil&auml;ren CCC oder einem HCC deutlich verbessert werden. Das breite Spektrum an Therapieoptionen und die Neuentwicklung weiterer Therapieans&auml;tze unterstreichen die Notwendigkeit, monothematische, interdisziplin&auml;re Fortbildungsveranstaltungen in regelm&auml;&szlig;igen Abst&auml;nden abzuhalten.</div></p>
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