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Incoming Präsidentin Prof. Birgit Högl

Von Innsbruck an die Spitze der World Sleep Society

<p class="article-intro">Im September dieses Jahres wird Prof. Birgit Högl als erste Österreicherin zur Präsidentin der World Sleep Society ernannt. Wir nutzten diesen Anlass, um mit ihr über ihre aktuellen und kommenden Aufgabenfelder zu sprechen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><em><strong>Frau Professor H&ouml;gl, herzliche Gratulation zur bevorstehenden Ernennung! </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Herzlichen Dank f&uuml;r die Gl&uuml;ckw&uuml;nsche! Ich werde das Amt im September antreten und f&uuml;r zwei Jahre aus&uuml;ben. Ich freue mich sehr auf diese spannende Aufgabe. Die World Sleep Society ist aus der Zusammenf&uuml;hrung der World Association of Sleep Medicine und der World Federation of Sleep Medicine and Sleep Research Societies hervorgegangen. In der World Association of Sleep Medicine war ich in verschiedenen Komitees aktiv, beispielsweise im Bylaws Committee, im Education Committee und zuvor auch als Schatzmeisterin. Dabei konnte ich umfassende Einblicke in die Organisation gewinnen.</p> <p><em><strong>Welches sind die wichtigsten Anliegen der Welt-Schlaf-Gesellschaft? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Hauptziel ist die Verbesserung der Schlafgesundheit in verschiedenen L&auml;ndern der Welt. Das soll durch die Unterst&uuml;tzung von Forschungsvorhaben und Forschungskooperationen sowie die Entwicklung von hochwertigen Ausbildungskurrikula f&uuml;r besonders begabte Forscher erreicht werden. Wir arbeiten dar&uuml;ber hinaus an der Definition weltweiter Standards, die sicherstellen sollen, dass die schlafmedizinische Diagnostik und die schlafmedizinische Versorgung der Bev&ouml;lkerung &uuml;berall auf einem hohen Niveau gew&auml;hrleistet werden k&ouml;nnen.<br /> Da gibt es selbstverst&auml;ndlich l&auml;nderspezifische Unterschiede. Die Sicherstellung der qualifizierten Ausbildung der &Auml;rztinnen und &Auml;rzte, die schlafmedizinisch t&auml;tig sind, ist daher eine wichtige S&auml;ule. Dazu wurde von der World Association eine internationale Pr&uuml;fung entwickelt, die weltweit durchgef&uuml;hrt werden kann. Schlie&szlig;lich besteht eine weitere wichtige Aufgabe der World Sleep Association in der Information der Bev&ouml;lkerung. So soll sichergestellt sein, dass die Bev&ouml;lkerung auch direkten Zugang zu hochwertigen Informationen bekommt, da es auf dem Gebiet der Schlafmedizin auch sehr viel Halbwissen gibt.</p> <p><em><strong>Der Welt-Schlaf-Tag stand unter dem Motto &bdquo;Gesunder Schlaf ist gesundes Altern&ldquo;. Welche Beschwerden oder Langzeitfolgen k&ouml;nnen durch anhaltende Schlafprobleme entstehen? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Beim schlechten Schlaf muss man unterscheiden zwischen der freiwilligen Verk&uuml;rzung der Schlafzeit, indem man sich zu wenig Zeit f&uuml;r den Schlaf nimmt oder durch die gegebenen Lebensumst&auml;nde bekommt, und dem Schlaf schlechter Qualit&auml;t aufgrund von Schlafst&ouml;rungen.<br /> Diese Szenarien haben teilweise unterschiedliche, teilweise &uuml;berlappende Folgen. Zusammenfassend kann man aber sagen, dass mittlerweile viele Studien belegen, dass zu kurzer Schlaf auf lange Zeit das Risiko f&uuml;r Bluthochdruck, Herz- Kreislauf-, Gef&auml;&szlig;- und Stoffwechsel&ndash; erkrankungen deutlich erh&ouml;ht. Ebenso wird das Immunsystem beeintr&auml;chtigt. Manche Studien zeigen auch einen Zusammenhang zwischen einem beeintr&auml;chtigten Schlaf-wach-Rhythmus durch Schichtarbeit und der Erh&ouml;hung von Tumorraten.<br /> Dies hat dazu gef&uuml;hrt, dass die Schichtarbeit von der WHO als wahrscheinlich das Tumorrisiko erh&ouml;hend eingestuft wurde. Mittlerweile gibt es auch immer mehr Untersuchungen, die zeigen, dass Schlaf schlechter Qualit&auml;t oder unzureichender Schlaf auf lange Sicht das Risiko f&uuml;r neurodegenerative Erkrankungen, wie beispielsweise bestimmte Demenzen, erh&ouml;hen k&ouml;nnen.<br /> Wichtig sind auch bestimmte Schlafst&ouml;rungen, die man nicht klassisch als Schlafmangel oder Insomnie klassifizieren kann. Dazu z&auml;hlt beispielsweise die Parasomnie, eine REM-Schlaf-Verhaltensst&ouml;rung, die man nur im Schlaflabor zuverl&auml;ssig diagnostizieren kann. Diese Erkrankung ist ein sehr sensitiver Vorbote eines Hochrisikos f&uuml;r neurodegenerative Erkrankungen vom &alpha;-Synuklein-Typ, z.B. Parkinson- Erkrankung, Demenz mit Lewy-K&ouml;rperchen oder in seltenen F&auml;llen Multisystematrophie.</p> <p><em><strong>Oft treten Schlafst&ouml;rungen als Komorbidit&auml;ten auf. Mit welchen anderen Fachrichtungen arbeiten Schlafmediziner in der Regel zusammen? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Die Schlafmedizin vereint viele Aspekte aus zahlreichen Fachrichtungen. Dazu geh&ouml;rt die Neurologie bei z. B. den REM-Schlaf-St&ouml;rung, der Narkolepsie und dem Restless-Legs-Syndrom. Es gibt auch Psychiater, die gro&szlig;e Schlaflabore betreiben und sich beispielsweise mehr auf Schlafst&ouml;rungen im Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen konzentrieren. Schlafmediziner und Schlafforscher kommen klassischerweise auch aus den Bereichen innere Medizin, insbesondere Pulmologie und Kardiologie, HNO, P&auml;diatrie, aber auch Zahn&auml;rzte und medizinische Psychologen befassen sich mit Aspekten der Schlafmedizin.</p> <p><em><strong>Wie steht es um die Versorgung von Patienten mit Schlafproblemen in &Ouml;sterreich? K&ouml;nnen diese umfassend betreut werden? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Hier gibt es sehr gute Neuigkeiten. Seit Kurzem existiert f&uuml;r Mediziner verschiedener Fachrichtungen die M&ouml;glichkeit, eine Spezialisierung in Schlafmedizin zu erwerben, die von der &Auml;rztekammer eingerichtet wurde. Dies ist eine gro&szlig;e Errungenschaft, da durch diese Spezialisierung in Schlafmedizin die Leistung, die ja bereits seit vielen Jahren &ouml;sterreichweit von zahlreichen Schlafmedizinern erbracht wird, besser sichtbar gemacht wird und auch gewisse Standards f&uuml;r den Erwerb der Spezialisierung sichergestellt wurden. <br />Auch auf politischer Ebene hat man sich erfreulicherweise dem Thema Schlaf zugewandt: Vom Bundesministerium f&uuml;r Gesundheit wurde vor wenigen Monaten die &auml;u&szlig;erst hilfreiche Brosch&uuml;re &bdquo;Gesund schlafen&ldquo; herausgegeben, die &auml;u&szlig;erst n&uuml;tzliche Hinweise und Tipps f&uuml;r das Vorgehen bei den ganz verschiedenen Arten der Schlafst&ouml;rungen in verschiedenen Altersgruppen beinhaltet. <br />Diese Entwicklungen werden vor allem zum Nutzen von Patienten sein. Man muss bedenken, dass die schlafmedizinische Diagnostik sehr komplex sein kann und entweder sehr seltene Erkrankungen (etwa die IgLON-5-Antik&ouml;rperassoziierte Erkrankung) beinhaltet oder auch schlafmedizinische Komorbidit&auml;ten.</p> <p><em><strong>Welche Schwerpunkte setzt die &Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Schlafmedizin und Schlafforschung in ihrer Arbeit? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Die &Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Schlafmedizin und Schlafforschung besteht schon seit 1991. Sie ist eine klassische interdisziplin&auml;re Gesellschaft, in der die Pr&auml;sidenten sehr unterschiedlichen Fachdisziplinen angeh&ouml;ren. Im Moment steht mit Dr. Rainer Popovic ein Pulmologe der Gesellschaft vor. <br />Die Fortbildung ist uns sehr wichtig. Wir organisieren beispielsweise j&auml;hrlich einen nationalen Kongress. Dieser hat 2019 Anfang Mai in Gmunden stattgefunden und wir konnten den renommierten Schlafforscher und Psychiater Dr. Carlos Schenck, den Erstbeschreiber der REMSchlaf- Verhaltensst&ouml;rung, f&uuml;r einen Vortrag &uuml;ber Gewaltt&auml;tigkeit im Schlaf als Folge von schlafmedizinischen Erkrankungen gewinnen.</p> <p><em><strong>Der World Sleep Congress wird im September in Kanada stattfinden. K&ouml;nnen Sie uns hierzu einen Ausblick geben? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Die World Sleep Association organisiert alle zwei Jahre einen gro&szlig;en internationalen Kongress, der den Austausch zwischen ausgezeichneten internationalen Schlafforschern f&ouml;rdert. Dieser Kongress ist eine gute Gelegenheit, sein Wissen auf den neuesten Stand zu bringen und zu erfahren, was sich in der Welt der Schlafforschung und Schlafmedizin tut. Der Kongress pr&auml;sentiert sich einerseits als Fortbildungsveranstaltung mit hochwertigen &bdquo;Teaching Courses&ldquo;, andererseits werden auch die neuesten Forschungsergebnisse pr&auml;sentiert.</p> <p><em><strong>Wird der World Sleep Congress in naher Zukunft auch nach &Ouml;sterreich kommen? </strong></em><br /><em><strong>B. H&ouml;gl:</strong></em> Beim Weltkongress herrscht eine sehr kompetitive Bewerbungssituation und Europa war mit dem World Sleep Congress in Prag erst vor zwei Jahren Austragungsort. Nach Kanada 2019 wird der Kongress 2021 in Lateinamerika, in Rio de Janeiro, stattfinden, und f&uuml;r die Austragung 2023 laufen derzeit die Bewerbungen. Einige asiatische L&auml;nder haben bereits ihr Interesse bekundet. <br />Die Pr&uuml;fung dieser Bewerbungen ist ein langer Prozess. Als Pr&auml;sidentin elect bin ich da miteingebunden. Ich arbeite beispielsweise im Programmkomitee f&uuml;r den Kongress in Vancouver mit. Dies beinhaltet das Screenen und Bewerten von Abstracts und Symposieneinreichungen. Neben regelm&auml;&szlig;igen Meetings gibt es teils mehrmals w&ouml;chentlich Telefonkonferenzen. Das ist eine gro&szlig;e, aber trotzdem auch sehr sch&ouml;ne Aufgabe, die ich sehr gerne mache.</p> <p><em><strong>Herzlichen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></em></p></p>
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