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Metaanalyse zur Schlaganfallbehandlung

4,5-Stunden-Zeitfenster für Lysetherapie bestätigt

<p class="article-intro">In Deutschland erleiden jedes Jahr etwa 260 000 Menschen einen Schlaganfall. Da dieser für den Betroffenen in der Regel schmerzlos ist, kommen immer noch viele Patienten zu spät auf eine Schlaganfall-Spezialstation, die sogenannte Stroke Unit. Die Behandlung muss baldmöglichst beginnen, um bleibende neurologische Ausfälle oder gar den Tod zu verhindern. Eine Metaanalyse aller grösseren Therapiestudien, die nun in der Fachzeitschrift „The Lancet“ erschienen ist,<sup>1</sup> bestätigt, dass die Lysebehandlung im Zeitfenster von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall und auch bei älteren Menschen effektiv ist.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Vier von f&uuml;nf Schlaganf&auml;llen werden durch ein Blutgerinnsel in einer Hirnarterie ausgel&ouml;st, das bei einem Teil der Patienten durch eine Infusion mit dem Enzym Alteplase, die sogenannte Lyse&shy;behandlung, aufgel&ouml;st werden kann. &bdquo;Die Wirksamkeit der Lysetherapie wurde vor beinahe 20 Jahren erstmals in einer klinischen Studie belegt, mittlerweile ist die Lyse auf allen zertifizierten Stroke Units in Deutschland fest etabliert&ldquo;, erkl&auml;rt Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Universit&auml;tsklinikum Essen. Durchgef&uuml;hrt werde die Lyse jedoch nur bei etwa 10 % der Schlaganfallpatienten in Deutschland. Dies liegt vor allem daran, dass nur etwa 30 bis 40 % der Schlaganfallpatienten rechtzeitig die Klinik erreichen. In einigen europ&auml;ischen L&auml;ndern, nicht jedoch in Deutschland, werde zudem bei leichten oder aber besonders schweren Schlaganf&auml;llen sowie bei Menschen &uuml;ber 80 Jahre von der Behandlung abgeraten. Die Stroke Thrombolysis Trialists&rsquo; Collaborative Group, ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Dipl.-Psych. Werner Hacke, Universit&auml;tsklinik Heidelberg, hat deshalb die Ergebnisse aus neun Studien zusammengefasst. &bdquo;F&uuml;r die Metaanalyse haben wir die Daten aller 6756 Studienteilnehmer einzeln ausgewertet, um ein m&ouml;glichst unverf&auml;lschtes Bild von der Effektivit&auml;t und den m&ouml;glichen Risiken zu erhalten&ldquo;, erl&auml;utert Hacke. Die Metaanalyse best&auml;tigte die Erfahrungen aus den Einzelstudien: Die Lyse&shy;- therapie ist umso erfolgreicher, je fr&uuml;her sie begonnen wird. Die Chancen eines Patienten, den Schlaganfall ohne schwere Behinderungen zu &uuml;berleben, waren in den ersten drei Stunden um 75 % h&ouml;her als in der Vergleichsgruppe, die keine Lysetherapie erhielt. Wurde die Lyse 3 bis 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall begonnen, betrug der Vorteil noch 26 % . &bdquo;Unsere Ergebnisse best&auml;tigen den Effekt der Lyse im Zeitfenster von 4,5 Stunden&ldquo;, erkl&auml;rt Hacke. Zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt, so der Experte, bleibe ihr Einsatz immer eine Einzelfallentscheidung.</p> <h2>Zur&uuml;ckhaltung bei &auml;lteren Patienten unbegr&uuml;ndet</h2> <p>Derzeit sind viele &Auml;rzte bei &auml;lteren Patienten noch zur&uuml;ckhaltend mit der Lysetherapie. &bdquo;Die Angst vor Komplikationen ist weit verbreitet&ldquo;, sagt Prof. Dr. med. Joachim R&ouml;ther, Asklepios Klinik Altona. Da insgesamt 1729 Teilnehmer der Studien &auml;lter als 80 Jahre waren, liefert die aktuelle Metaanalyse hier erstmals zuverl&auml;ssige Ergebnisse. &bdquo;Die Erfolgsrate der Lysetherapie war bei Hochbetagten keineswegs schlechter, die Ergebnisse waren tendenziell sogar besser&ldquo;, berichtet R&ouml;ther. Auch hinsichtlich des Blutungsrisikos sieht der Experte bei &auml;lteren Patienten keine Probleme.<br /> Da das Enzym Alteplase Blutgerinnsel aufl&ouml;st, sind Blutungen die am meisten gef&uuml;rchtete Komplikation. Sie sind auch der Grund, warum vor der Lyse&shy;therapie immer eine Computer- oder eine Kernspintomografie durchgef&uuml;hrt wird, um Hirnblutungen als Ursache des Schlaganfalls auszuschliessen. Die Untersuchung verz&ouml;gere zwar den Therapiebeginn, doch eine gut organisierte Stroke Unit mit entsprechend qualifiziertem Personal k&ouml;nne dies ausgleichen. Prof. Diener: &bdquo;Wichtig ist die Aufkl&auml;rung der Bev&ouml;lkerung. Die Angeh&ouml;rigen m&uuml;ssen wissen, dass ein Schlaganfall immer ein Notfall ist, auch wenn Betroffene keine Schmerzen haben.&ldquo;</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Emberson J et al: Stroke Thrombolysis Trialists&lsquo; Collaborative Group. Effect of treatment delay, age, and stroke severity on the effects of intravenous thrombolysis with alteplase for acute ischaemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from randomised trials. Lancet 2014; 384: 1929-35</p> </div> </p>
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