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Neue Optionen in der Diagnose und Behandlung der Epilepsie

<p class="article-intro">Zum Internationalen Tag der Epilepsie am 11. Februar 2019 warben Neurologen für mehr Verständnis für die Erkrankung und eine optimale Betreuung der Betroffenen. Die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und die Österreichische Gesellschaft für Epileptologie (ÖGfE) informierten auch über Innovationen und neue Erkenntnisse.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Epilepsie z&auml;hlt weltweit zu den h&auml;ufigsten schweren neurologischen Erkrankungen. Der Welttag der Epilepsie am zweiten Montag im Februar steht jedes Jahr im Zeichen der breiten Aufkl&auml;rung und Information, der Richtigstellung h&auml;ufiger Irrt&uuml;mer und Vorurteile, der Anti- Stigmatisierung und der Forderung einer optimalen Versorgung von Epilepsiekranken. Die &Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Neurologie (&Ouml;GN) und die &Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Epileptologie (&Ouml;GfE) informieren aus diesem Anlass &uuml;ber Fortschritte in Diagnostik und Therapie.</p> <h2>Magnetenzephalografie als neues Diagnoseinstrument</h2> <p>Bestimmten Epilepsiepatienten er&ouml;ffnet die Magnetenzephalografie (MEG) bessere Behandlungschancen. MEG erfasst die magnetische Aktivit&auml;t des Gehirns, wobei mithilfe von Sensoren auch schwache magnetische Felder in tieferen Hirnregionen erfasst werden k&ouml;nnen. Bei Epilepsiepatienten weist der Verlauf von messbaren elektrischen und magnetischen Signalen im Gehirn charakteristische Formen auf. Mittels MRT l&auml;sst sich z. B. feststellen, welche Hirnstrukturen Anf&auml;lle erzeugen bzw. an Anf&auml;llen beteiligt sind. Diese Untersuchungsmethode ist ungef&auml;hrlich und erspart Epilepsiepatienten in bestimmten F&auml;llen risikoreichere Untersuchungen, bei denen Elektroden unmittelbar auf das Gehirn aufgebracht werden.<br /> &bdquo;MEG wird gezielt f&uuml;r Patienten mit lokal entstehender Epilepsie eingesetzt, f&uuml;r die eine Gehirnoperation erwogen wird, weil ihnen eine medikament&ouml;se Behandlung nicht die gew&uuml;nschte Anfallsfreiheit bringt&ldquo;, berichtet &Ouml;GN-Pr&auml;sident Prof. Eugen Trinka, Vorstand der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Neurologie in Salzburg. Bisher sind allerdings weltweit nur wenige Kliniken mit einer MEGAnlage ausgestattet. In &Ouml;sterreich gibt es zurzeit nur einen Magnetenzephalografen. Dieser wird im Rahmen eines gemeinsamen Projektes der Paris-Lodron-Universit&auml;t Salzburg (PLUS), des Universit&auml;tsklinikums Salzburg &ndash; Christian-Doppler-Klinik (CDK) und der Paracelsus Medizinischen Privatuniversit&auml;t (PMU) betrieben. Prof. Trinka: &bdquo;MEG ist kein Routineverfahren, sondern eine innovative Technik mit Zukunft. Sie ist aufwendig und nur f&uuml;r bestimmte Patienten geeignet. Die Kosten werden derzeit noch nicht von den Kassen &uuml;bernommen.&ldquo;</p> <h2>Cannabidiol kann Anf&auml;lle reduzieren</h2> <p>Inhaltsstoffe von Cannabis spielen eine immer wichtigere Rolle in der Epilepsietherapie. Vor allem das nicht psychotrope Cannabidiol (CBD) scheint das Potenzial zu haben, zusammen mit anderen Antiepileptika Anf&auml;lle zu reduzieren. Unter dem Handelsnamen Epidiolex wurde CBD 2018 in den USA als Fertigarzneimittel zur Behandlung von zwei seltenen Epilepsieformen zugelassen. &bdquo;In der f&uuml;r die Zulassung relevanten Studie konnte eine Behandlung mit Epidiolex zus&auml;tzlich zur Standardtherapie die Zahl der Anf&auml;lle bei 120 Kindern mit Dravet- Syndrom, einer schweren fr&uuml;hkindlichen Epilepsieform, insgesamt deutlich verringern. Die H&auml;ufigkeit der konvulsiven Anf&auml;lle ging um 39 % zur&uuml;ck&ldquo;, berichtet Prim. Priv.-Doz. Dr. Edda Haberlandt, Fach&auml;rztin f&uuml;r Kinder- und Jugendheilkunde, Krankenhaus Dornbirn, 1. Vorsitzende der &Ouml;GfE.<br /> Bei 171 jungen Patienten mit dem Lennox- Gastaut-Syndrom, einer in der Regel in der Zeit zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr beginnenden Epilepsieform, reduzierte das CBD-Mittel als Add-on-Therapie die H&auml;ufigkeit der Anf&auml;lle und verbesserte den Gesamtzustand der Studienteilnehmer deutlich. Sturzanf&auml;lle konnte um 44 % verringert werden.<br /> &bdquo;Epidiolex ist nicht f&uuml;r den breiten Einsatz bei allen Epilepsieformen gedacht, scheint aber bei diesen schweren F&auml;llen bei Kindern und Jugendlichen eine interessante neue und sichere Therapieoption zu sein&ldquo;, sagt Priv.-Doz. Haberlandt. Mit einer Zulassung des Medikamentes durch die Europ&auml;ische Arzneimittelbeh&ouml;rde, EMA, wird noch im Laufe des Jahres gerechnet.<br /> Die Epilepsieforschung hofft, dass auch CBD-reiche Extrakte, gereinigtes CBD sowie Kombinationen von CBD und THC (dem psychoaktiven Wirkstoff von Cannabis) dann wirken, wenn andere Mittel versagen. Eine Metastudie brasilianischer Forscher analysierte die Daten von 670 Epilepsiepatienten hinsichtlich der Sicherheit von CBD-Produkten. Eine weitere Fragestellung war, ob CBD-reiche Extrakte und gereinigte CBD-Produkte unterschiedlich wirken. Zwei Drittel der behandelten Epilepsiepatienten berichteten, dass sie seltener Anf&auml;lle erlitten hatten. Dar&uuml;ber hinaus erwiesen sich CBD-reiche Extrakte als wirksamer und nebenwirkungs&auml;rmer als gereinigtes isoliertes CBD. Dies ist wahrscheinlich auf die synergistischen Effekte von CBD mit anderen Phytocannabinoiden zur&uuml;ckzuf&uuml;hren.</p> <h2>SLAH: mit Laser Epilepsieherde ausschalten &ndash; Alternative zur OP</h2> <p>Zur Behandlung bestimmter Epilepsieformen sind neurorchirurgische Eingriffe unvermeidlich. F&uuml;r Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie kommt jedoch neuerdings auch eine Behandlung mit Laser infrage. &bdquo;Die gesteuerte stereotaktische Laser-Amygdalo-Hippokampektomie (SLAH) ist eine technisch neuartige, sichere und wirksame Alternative zur Operation&ldquo;, erkl&auml;rt Prof. Trinka. Bei diesem Verfahren wird eine mit Kochsalzl&ouml;sung gek&uuml;hlte faseroptische Lasersonde exakt auf den Bereich des Gehirns gerichtet, von dem die Epilepsie ihren Ausgang nimmt. Mit Echtzeit-MRT-F&uuml;hrung kann der behandelnde Neurochirurg den betroffenen Gehirnbereich lokalisieren und mit computergesteuerter Laserenergie zerst&ouml;ren, ohne dass das benachbarte Hirngewebe gesch&auml;digt wird.<br /> Eine amerikanische Studie untersuchte 58 Patienten, die mit dieser Methode behandelt wurden: Mehr als 50 % der Studienteilnehmer waren ein Jahr nach der Behandlung anfallsfrei. Die Standardtherapie zur Behandlung von Patienten mit hartn&auml;ckiger Epilepsie im Schl&auml;fenlappen des Gehirns ist die offene Gehirnchirurgie. Diese hat zwar eine noch h&ouml;here Erfolgsquote als die Laserbehandlung, birgt aber auch ein erhebliches Patientenrisiko f&uuml;r Beeintr&auml;chtigungen infolge des Eingriffs. Die neue minimal invasive Methode k&ouml;nnte dieses Risiko deutlich verringern. F&uuml;hrt die Laserbehandlung nicht zum gew&uuml;nschten Erfolg, k&ouml;nnen Patienten immer noch operiert werden.<br /> &bdquo;Der Vorteil des neuen Verfahrens liegt auch darin, dass die Patienten im Durchschnitt nur einen Tag im Krankenhaus verbringen und nicht auf die Intensivstation aufgenommen werden m&uuml;ssen&ldquo;, sagt Prof. Trinka. Bei einer konventionellen Schl&auml;fenlappenoperation betr&auml;gt der Krankenhausaufenthalt zwischen zwei und f&uuml;nf Tagen.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Presseinformation der ÖGN und der ÖGfE zum Internationalen Tag der Epilepsie, 11. Februar 2019 </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Stefan H, Trinka E: Magnetoencephalography (MEG): past, current and future perspectives for improved differentiation and treatment of epilepsies. Seizure 2017; 44: 121-4 <strong>2</strong> Gaston TE, Szaflarski JP: Cannabis for the treatment of epilepsy: an update. Curr Neurol Neurosci Rep 2018; 18(11): 73 <strong>3</strong> McCoy B et al.: A prospective open-label trial of a CBD/THC cannabis oil in dravet syndrome. Ann Clin Transl Neurol 2018 1; 5(9): 1077-88 <strong>4</strong> Pamplona FA et al.: Potential clinical benefits of CBD-rich cannabis extracts over purified CBD in treatment-resistant epilepsy: observational data meta-analysis. Front Neurol 2018; 9: 759 <strong>5</strong> Gross RE et al.: Stereotactic laser amygdalohippocampotomy for mesial temporal lobe epilepsy. Ann Neurol 2018; 83: 575-87 <strong>6</strong> Willie JT et al.: Safety and effectiveness of stereotactic laser ablation for epileptogenic cerebral cavernous malformations. Epilepsia 2019; doi:10.1111/ epi.14634</p> </div> </p>
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