
Meilensteine in der Migränetherapie
Neurologie & Neurorehabilitation<br>RehaClinic Bad Zurzach<br>E-Mail: a.gantenbein@rehaclinic.ch
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Migräne erscheint aktuell omnipräsent. Diese Präsenz für die Krankheit, mit der ich mich seit meiner Studienzeit beschäftige, freut mich ganz persönlich. Über viele Jahrzehnte führte sie ein Schattendasein. Die Migräne lässt sich schwer fassen, nicht sicher objektivieren, die Pathophysiologie blieb und bleibt trotz aller Forschung nicht vollständig geklärt, viele therapeutische Ansätze wurden eher durch Zufall gefunden.
Mit der Entdeckung des CGRPs (Calcitonin-Gene-Related Peptide) als eines der Schlüsselelemente in der Schmerzentstehung der Migräne vor gut 30 Jahren öffnete sich jedoch ein Tor zur Entwicklung neuer Substanzen für die Akutbehandlung wie die prophylaktische Anwendung.1 Nach einem Rückschlag in den frühen 2000er-Jahren bei der Entwicklung der «small molecules» CGRP-Antagonisten (Gepants), beweisen nun die monoklonalen Antikörper, aber auch weitere «small molecules» nicht nur in den Studien, sondern auch in der «realen Welt» ihre Wirksamkeit und vor allem gute Verträglichkeit. Die etwas erfahreneren Kollegen durften schon eine erste Welle (dieser Begriff erscheint in Anbetracht der aktuellen Umstände eher negativ konnotiert) mit den Triptanen erleben, die als erste migränespezifischen Akutmittel die Therapiemöglichkeiten für die Patienten optimierten. Nun stehen wir inmitten einer zweiten Welle (auch hier im positiven Sinn) und dürfen äusserst dankbare Patienten erleben, wenn die Therapie greift. Die Zeit ist und bleibt spannend, weitere Mechanismen werden untersucht, andere therapeutische Ansätze geprüft.2 Aber auch in der neuen Ära wird die Therapie, insbesondere der hochfrequenten und chronischen Migräne, immer multimodal bleiben, sodass neben den akuten und prophylaktischen Medikamenten die nicht-medikamentösen Therapien nicht vergessen werden sollten.
Wichtig ist die Diagnose …
Ganz am Anfang steht die richtige Diagnose. Vor zwei Jahren wurde die ICHD (International Classification of Headache Disorders) in einer 3. Version vollständig revidiert.3 Hinzu kam letztes Jahr die ICOP (International Classification of Orofacial Pain).4 Den «Splicer» wird es freuen, wenn er aus gesamthaft deutlich über 500 verschiedenen Diagnosen zu Kopf- und Gesichtsschmerzen auswählen kann. Der «Lumper» argumentiert vielleicht zu Recht, dass sich die grosse Mehrheit aller Kopfschmerzen in die Diagnosen von Migräne, Spannungstypkopfschmerz, Cluster- und Medikamentenübergebrauchskopfschmerz einteilen lassen. Es bleibt eine Kunst, anhand von genauer Anamnese und klinischer Untersuchung die richtige Diagnose zu stellen und sekundäre oder gefährliche Kopfschmerzen nicht zu verpassen.5
… für die Patienten
Was wir den Patienten aus ärztlicher Sicht bieten müssen, sind die korrekte Diagnose mit entsprechenden Therapievorschlägen. Gerade bei der Migräne, wo wir mit höheren Placeboeffekten rechnen, ist eine Leitlinie wichtig, um den «Spreu vom Weizen zu trennen». Die Beratung erfolgt dann im Sinne der evidenzbasierten Medizin, mit einer Verknüpfung der verfügbaren Evidenz, der klinischen Expertise und der Patientenpräferenz. Im deutschsprachigen Raum stellen die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) seit Jahren ein wertvolles Instrument für die Diagnostik und Behandlung neurologischer Krankheiten dar, mit ausführlichen Kopfschmerzkapiteln.6 Für die Schweiz liegen die Therapieempfehlungen für primäre Kopfschmerzen der Therapiekommission der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft in drei Landessprachen vor.7 Wir hoffen, dass wir uns auch in Zukunft ausreichend Zeit für die Beratung der Patienten nehmen dürfen.◼
Literatur:
1 Sandor PS, Gantenbein AR: Ther Umsch 2018; 75(7): 455-7 2 Ashina M et al.: Lancet Neurol 2019; 18(8): 795-804 3 Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS): Cephalalgia 2018; 38(1): 1-211 4 International Headache Society: Cephalalgia 2020; 40(2): 129-221 5 Do TP et al.: Neurology 2019; 92(3): 134-44 6 Diener HC et al.: J Clin Trans Neurology 2019: 1-40 7 www.headache.ch/DirectLinks/Therapieempfehlungen
Das könnte Sie auch interessieren:
Kollagen-VI-assoziierte Erkrankungen der Muskulatur
Kollagen-VI-assoziierte Muskelerkrankungen kombinieren Muskelschwäche, Gelenkhypermobilität, progressive Kontrakturen und Hautauffälligkeiten. Kollagen VI spielt nicht nur im Muskel-, ...
Interdisziplinäre Therapie der intrazerebralen Blutung
Aktuelle Studienergebnisse brachten erstmals einen positiven Effekt operativer Therapieverfahren auf das funktionelle Outcome bei Patient:innen mit intrazerebraler Blutung. Für die ...
Wenn das Sprechen schwerfällt – Dysarthrien verstehen und behandeln
Dysarthrien sind erworbene neurogene Störungen der Sprechmotorik, die die Ausführung und Koordination der für das Sprechen benötigten Bewegungen beeinträchtigen. Neben bekannten, ...