Guidelines 2025: ein Update
Bericht:
Mag. Birgit Leichsenring
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Im Oktober 2025 präsentierte die European AIDS Clinical Society (EACS) eine aktuelle Version ihrer europäischen Behandlungsleitlinien zum Thema HIV/Aids. Seit zwei Jahrzehnten stellen diese Leitlinien ein anerkanntes Standardwerk und einen etablierten Qualitätsmaßstab für die HIV-Medizin in Europa dar.
Seit vielen Jahren erarbeiten die Expert:innen der EACS nach jeweils aktuellem Stand der Wissenschaft umfassende HIV-Therapieleitlinien. Die Inhalte spiegeln neben den Entwicklungen der HIV-Therapie (ART) und der medizinischen Langzeitbetreuung von Patient:innen mit HIV auch Diagnostik und biomedizinische Prävention wider. Mittlerweile umfassen die EACS-Leitlinien (LL) ein Dokument mit über 160 Seiten, eine eigene Website und eine App. Die Überarbeitung, die jährlich alternierend auf den beiden renommierten Kongressen HIV Glasgow und European AIDS Conference präsentiert wird, wird von vielen Menschen im HIV-Bereich als eine Art Zusammenfassung der aktuellen Datenlage und somit als Kongress-Highlight angesehen. Einzelne Neuerungen werden hier aufgegriffen.
ART-Start
Die ART wird heutzutage direkt nach der Diagnose eingeleitet, Daten belegen den nachhaltigen Vorteil des frühen ART-Starts. Ehemalige LL empfahlen den ART-Start erst mit sinkenden CD4-Zellzahlen, was bei älteren Medikamenten mit ungünstigerem Verträglichkeits-, Interaktions- und Resistenzprofil sinnvoll war. Zusätzlich forderten alte Regime ein hohes Therapie-Engagement ein. Das für viele Jahre essenzielle LL-Kapitel zur Evaluation, ob Patient:innen für ART-Start und anhaltende Adhärenz bereit sind, wurde nun entfernt. Damit heben die LL die signifikant verbesserte Situation dank moderner ART hervor.
Initiale ART
Die empfohlenen Regime wurden beibehalten. Neu inkludiert wurde der Zusatz, dass bei HIV-Infektionen, die unter PrEP akquiriert wurden, keine Dualtherapie eingesetzt werden soll. Bei Infektion unter lang wirksamer PrEP mit Cabotegravir ist eine Dreierkombination, geboostertes Darunavir eingeschlossen, empfohlen.
HIV-2
Erstmals fasst ein eigenes Kapitel Empfehlungen zu Diagnose, Monitoring und ART für Patient:innen mit HIV-2-Infektion zusammen. Als empfohlene Initial-ART soll eine Dreifachkombination mit den Integrase-Inhibitoren Bictegravir oder Dolutegravir eingesetzt werden.
Wechselwirkungen mit ART
Die Tabellen zu Medikamentenwechselwirkungen wurden denen der Universität Liverpool ( www.hiv-druginteractions.org ) angepasst. Zusätzlich nahmen die EACS-LL erstmals eine Übersicht über potenzielle Interaktionen mit diversen Drogen auf. Substanzen, die im Zusammenhang mit Chemsex konsumiert werden, wurden in den Fokus gerückt und daher gesondert angeführt.
Initiale ART in der Schwangerschaft
Die beiden Regime basierend auf Abacavir und Lamivudin mit Raltegravir oder Efavirenz wurden zur Gänze aus den möglichen Therapien für ART-naive Schwangere gestrichen. Die Kombination Bictegravir mit Tenofoviralafenamid und Emtricitabin wurde von alternativen zu den empfohlenen Regimen gewechselt.
Viruslast und Entbindungsmodus
In älteren LL wurde bei einer mütterlichen Viruslast >50 Kopien/ml zu Woche 36 ein Kaiserschnitt empfohlen. Dieser Wert wurde nun auf 400Kopien/ml angehoben. Liegt die Viruslast zwischen 50 und 400 Kopien/ml, soll die Entbindungsmethode individuell diskutiert und gemeinsam entschieden werden.
ART für Neugeborene
Die EACS-LL berücksichtigen die Daten einer 2025 publizierten Studie und nahmen Dolutegravir als bevorzugte ART-Basis auch für Neugeborene auf.
Hinweis zu U=U und vertikaler Transmission
Im Abschnitt für pädiatrische Themen wurde der Hinweis zu U=U („undetectable equals untransmittable“) erweitert. Bereits vorherige LL betonten, dass U=U (keine sexuelle Transmission bei Viruslast <200 Kopien/ml für <6 Monate) besonders für sexuell aktive Jugendliche eine wesentliche Aussage und motivierend für die ART-Adhärenz ist. Die neuen LL nahmen an der Stelle den Hinweis auf, dass es keine eindeutigen Belege dafür gibt, dass U=U auch auf die vertikale Übertragung (einschließlich der Übertragung durch Stillen) angewendet werden kann.
PrEP (Präexpositionsprophylaxe)
Die LL werden auch der aktuellen Entwicklung in Bezug auf den präventiven Einsatz von HIV-Medikamenten gerecht. Erstmals wurde das LL-Kapitel zu PrEP in orale und lang wirksame injizierbare PrEP unterteilt, damit wurden die injizierbaren PrEP-Formate mit Cabotegravir oder Lenacapavir inkludiert.
Quelle:
20. European AIDS Conference; 15.–18.10.2025; https://www.eacsociety.org/
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