
Vermeidung von Infektionen bei der Septorhinoplastik
Autor:innen:
OÄ Dr. Rita Nunes
Abteilung für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Bezirkskrankenhaus Lienz
E-Mail: r.nunes@kh-lienz.at
Prof. Dr. Holger Gassner
Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Finesse Center Regensburg
E-Mail: info@drgassner.eu
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In einer Studie wurde die Inzidenz postoperativer Infektionen nach primärer sowie sekundärer endonasaler Septorhinoplastik untersucht, um mögliche präventive Faktoren zu identifizieren. Für die retrospektiv-prospektive Analyse wurden 1000 Eingriffe erfasst, die von einem einzigen Chirurgen durchgeführt wurden.
Keypoints
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Bei 1000 konsekutiven endonasalen Septorhinoplastiken, durchgeführt von einem einzigen Chirurgen, wurde nur ein Infektionsfall dokumentiert.
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Kombinierte Prophylaxestrategie als möglicher Schlüsselfaktor: Die perioperative orale Antibiotikatherapie in Kombination mit der Spülung von Knorpeltransplantaten mittels Ciprofloxacin könnte wesentlich zur Reduktion des Infektionsrisikos beitragen.
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Die konsequente Schonung der vaskulären Versorgung des columellären Komplexes und des kaudalen Septums sowie eine standardisierte endonasale OP-Technik erscheinen entscheidend zur Vermeidung postoperativer Komplikationen.
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Die einzige Infektion trat nach einer Revisionsoperation mit Rippenknorpel auf – das unterstreicht die erhöhte Infektionsanfälligkeit bei komplexen Eingriffen mit autologem Transplantatmaterial.
Einleitung
Die Septorhinoplastik zählt zu den häufig durchgeführten plastisch-funktionellen Eingriffen in der HNO-Heilkunde. Trotz ihrer Einstufung als aseptisches Verfahren bleibt die postoperative Infektion eine potenziell schwerwiegende Komplikation. Dennoch existieren Unsicherheiten hinsichtlich des tatsächlichen Nutzens perioperativer Antibiotikaprophylaxe sowie geeigneter Techniken zur Infektionsvermeidung. Frühere Studien zeigen variable Infektionsraten zwischen 0,2% und 2,9%, abhängig von der Operationsmethode, dem Einsatz von Transplantaten und der perioperativen Betreuung.1–3,6 Ziel dieser Untersuchung war es, unter kontrollierten Bedingungen eine große Patientenkohorte zu analysieren, mögliche Einflussfaktoren für Infektionen zu identifizieren und Optimierungsansätze für die Praxis abzuleiten.
Material und Methoden
Im Zeitraum zwischen Oktober 2007 und Dezember 2019 wurden insgesamt 1000 Patient:innen, die sich einer endonasalen Septorhinoplastik unterzogen, in unsere Studie eingeschlossen. Die Studienpopulation wurde in zwei Kohorten unterteilt: eine retrospektiv analysierte Kohorte (Oktober 2007 bis Mai 2013) sowie eine prospektiv erfasste Kohorte (Februar 2017 bis Dezember 2019). Alle Eingriffe wurden durch denselben erfahrenen Chirurgen unter standardisierten Bedingungen durchgeführt. Zur Prophylaxe erhielten alle Patient:innen einen perioperativen Zyklus oraler Antibiotika, beginnend am Vortag der Operation. Zusätzlich wurden alle autologen Knorpeltransplantate (septal, konchal oder kostal) vor der Implantation in Ciprofloxacin-Lösung eingelegt. Es wurde kein alloplastisches Material verwendet.
Die Nachverfolgung erfolgte durch Auswertung der Krankenakten sowie durch anonyme Fragebögen für medizinisches und pflegerisches Personal, das während des stationären Aufenthalts der Patienten involviert war. Als Infektion wurden nur Fälle gewertet, die mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllten:
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klinisch dokumentierte Diagnose einer Infektion
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Erforderlichkeit einer prolongierten oralen Antibiotikatherapie
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Notwendigkeit einer intravenösen Antibiotikagabe
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verlängerter stationärer Aufenthalt zur Infektionsbehandlung
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Wiederaufnahme aufgrund einer Infektion
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Bericht einer Infektionsbehandlung durch einen anderen Arzt
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Patientenselbstbericht über eine Infektion im Fragebogen
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positive Blutkultur
Ergebnisse
Insgesamt wurde ein Infektionsfall dokumentiert (0,1%). Der betroffene Patient hatte sich einer Revisionsoperation mit Einbringung von autologem Rippenknorpel unterzogen. Es kam postoperativ zur Ausbildung eines subkutanen Abszesses. Die Infektion wurde erfolgreich durch chirurgische Drainage, lokale Spülung und eine intravenöse Antibiotikatherapie behandelt. Eine Explantation des Transplantats war nicht erforderlich. Es wurde keine weitere Infektion – weder durch Patientenrückmeldung noch durch medizinisches Personal – berichtet.
Diskussion
Die beobachtete Infektionsrate in dieser Serie (0,1%) liegt deutlich unter den in der Literatur berichteten Werten (Tab.1). Toriumi et al. dokumentierten in einer großen Kohorte (n=3084) Infektionsraten bis zu 2,9%, insbesondere bei Einsatz von Rippenknorpel.1 Nuyen et al. und Benites et al. zeigten in ihren Metaanalysen, dass bei einer prophylaktischen Antibiotikagabe bei primären Rhinoplastiken der Nutzen begrenzt sei, sie bei komplexen Eingriffen jedoch gerechtfertigt sei.2,3 Schäfer und Pirsig empfahlen bereits in den 1980er-Jahren die prophylaktische Antibiotikagabe bei komplexer Rhinosinuschirurgie.4
Tab. 1: Vergleichende Übersicht über die Schlüsselstudien in der Literatur zur Infektionsprävention bei der Septorhinoplastik
Yoo et al. untersuchten 363 Rhinoplastien und fanden positive bakterielle Kulturen bei fast 30% der Patient:innen, obwohl die klinische Infektionsrate niedrig blieb. Sie argumentierten für eine gezielte, nicht generelle Prophylaxe.6 Walker und Toriumi zeigten mittels Elektronenmikroskopie, dass sich auf alloplastischen Implantaten rasch bakterielle Biofilme bilden können – ein relevantes Risiko insbesondere bei diesem Material.5
Die extrem niedrige Infektionsrate in unserer Studie lässt vermuten, dass neben der antibiotischen Prophylaxe weitere Faktoren eine entscheidende Rolle spielen. Dazu zählen:
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standardisiertes chirurgisches Vorgehenmit minimalinvasivem endonasalem Zugang
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Schonung vaskulärer Strukturen, insbesondere des columellären Komplexes und des kaudalen Septums
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Ciprofloxacin-Spülung der Knorpeltransplantate
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Vermeidung von toten Räumen mit minimaler Weichteilmanipulation
Besonders relevant erscheint der einzige Infektionsfall bei Verwendung von Rippenknorpel in der Revisionssituation – ein Risiko, das auch in der Literatur mehrfach beschrieben wurde.1,5
Zusammenfassung
Ziel dieser Studie war es, die Inzidenz postoperativer Infektionen nach primärer sowie sekundärer endonasaler Septorhinoplastik zu untersuchen und mögliche präventive Faktoren zu identifizieren. In einer retrospektiv-prospektiven Analyse wurden 1000 Patienten erfasst, die von einem einzigen Chirurgen operiert wurden. Mittels klinischer Dokumentation und anonymisierter Fragebögen für das ärztliche und pflegerische Personal wurden retrospektiv und prospektiv Infektionsereignisse evaluiert. Die Infektionsrate lag bei 0,1%. Der einzige dokumentierte Fall betraf eine Revisionsoperation mit Einsatz von Rippenknorpel. Die Infektion konnte konservativ mit Drainage, Spülung und intravenöser Antibiotikatherapie behandelt werden, ohne dass das Implantat entfernt werden musste. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein standardisiertes Vorgehen, antibiotische Transplantatspülung und vaskulärer Strukturerhalt zentrale Elemente zur Infektionsprävention beitragen können.
Fazit
Unsere retrospektiv-prospektive Analyse von 1000 konsekutiven endonasalen Septorhinoplastiken zeigt eine äußerst niedrige Infektionsrate von 0,1%. Die standardisierte chirurgische Technik, die Schonung der vaskulären Architektur, die konsequente Perioperativprophylaxe sowie die sorgfältige intraoperative Transplantatbehandlung mit Ciprofloxacinlösung stellen potenzielle Schlüsselfaktoren zur Infektionsvermeidung dar. Komplexe Revisionsfälle mit Rippenknorpel erfordern weiterhin erhöhte Wachsamkeit.
Literatur:
1 Toriumi DM et al.: Evaluation of postoperative infection rates in 3084 rhinoplasty cases using antibiotic soaks and/or irrigations. Facial Plast Surg Aesthet Med 2021; 23(5): 368-74 2 Nuyen B et al.: Evaluation of antibiotic prophylaxis in rhinoplasty: a systematic review and meta-analysis. JAMA Facial Plast Surg. 2019; 21(1): 12-7 3 Benites C et al.: An examination of antibiotic administration in septorhinoplasty: A systematic review and meta-analysis. Am J Otolaryngol 2024; 45(4): 104333 4 Schäfer J, Pirsig W: Preventive antibiotic administration in complicated rhinosurgical interventions – a double-blind study [in German]. Laryngol Rhinol Otol (Stuttg) 1988; 67(4): 150-5 5 Walker TJ, Toriumi DM: Analysis of facial implants for bacterial biofilm formation using scanning electron microscopy. JAMA Facial Plast Surg 2016; 18(4): 299-304 6 Yoo DB et al.: Microbiology and antibiotic prophylaxis in rhinoplasty: a review of 363 consecutive cases. JAMA Facial Plast Surg 2015; 17(1): 23-7
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