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Postpartale Blutungen vermeiden
Leading Opinions
30
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14.06.2018
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<p class="article-intro">Obwohl die mütterliche Mortalität in der Schweiz sehr gering ist, sterben auch hier junge, gesunde Frauen während der Geburt. Die Hauptursache dafür sind Blutungen.<sup>1</sup> Dies machte Prof. Dr. med. Daniel Surbek, Chefarzt der Universitätsfrauenklinik am Inselspital Bern, in seinem Vortrag am 20. Ostschweizer Symposium für praktische Gynäkologie und Geburtshilfe deutlich.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Blutungen sind verantwortlich für rund 23 % mütterlicher Todesfälle weltweit.<sup>1</sup> Hauptursachen der postpartalen Hämorrhagie (PPH) sind die vier „T“:</p> <ul> <li>Traumata (Vaginalriss, Zervixriss, Uterusruptur)</li> <li>Tissue (Plazentaretention, Plazentareste, Placenta increta/percreta)</li> <li>Tonus (Atonie)</li> <li>Thrombin (Koagulopathie: primär oder sekundär/blutungsbedingt)</li> </ul> <p>In den Industrieländern ging die Mortalitätsrate infolge PPH in den vergangenen 15 bis 20 Jahren kontinuierlich zurück.<sup>2–4</sup> Eine französische Studie hat untersucht, ob die Todesfälle aufgrund von Hämorrhagien vermeidbar gewesen wären oder nicht. Das Ergebnis: Die Autoren halten über 90 % der Todesfälle nach postpartalen Blutungen durch gutes Risikomanagement für vermeidbar.<sup>4</sup></p> <h2>Risikomanagement</h2> <p>Zum Risikomanagement gehören das Identifizieren von Risikoschwangerschaften, risikoadaptierte Massnahmen für die Geburt bzw. Sectio, Prävention und Therapie der PPH vor, während und nach der Geburt sowie das Management von Bluttransfusionen. Dieses Patient-Blood-Management (PBM) soll das Outcome und die Sicherheit für die Patienten verbessern, indem unnötige Transfusionen vermieden werden.<sup>5</sup><br /> Für die Geburtshilfe bedeutet dies, dass bereits während der Schwangerschaft auf das Vorliegen einer (Eisenmangel-)Anämie zu untersuchen ist, um diese gezielt zu behandeln. Während der Geburt sollten Blutverluste durch geeignete Blutstillung, Hämostase und Gerinnungsmanagement minimiert werden. Nach der Geburt sind die Verbesserung der Anämietoleranz und ein restriktives Transfusionsregime wichtig (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Gyn_1802_Weblinks_s24_abb2.jpg" alt="" width="1454" height="801" /></p> <h2>Therapeutische Massnahmen</h2> <p>Ein Screening auf Eisenmangel und Anämie wird in jedem Schwangerschaftsdrittel und kurz vor der Geburt empfohlen. Neu ist, dass Serum-Ferritin in der 8.–12. SSW und evtl. nochmals in der 28.–32. SSW bestimmt werden sollte. Liegt eine Eisenmangelanämie (Hämoglobin: Hb <110g/l) oder ein Eisenmangel (Ferritin <30µg/l bei normalem Hb) vor, besteht die Indikation für eine Eisentherapie. Diese erfolgt primär oral, kann aber auch intravenös vorgenommen werden, etwa wenn die Frau die orale Therapie nicht verträgt, darauf nicht ausreichend anspricht oder wenn eine rasche Hb-Steigerung nötig ist.<sup>6</sup><br /> Postpartal, wenn keine aktive Blutung mehr vorliegt, ist eine intravenöse Eisentherapie indiziert, wenn das Hb <95g/l liegt; Erythrozytenkonzentrate werden infundiert bei einem Hb <70g/l. Nach sechs Wochen sollte eine Nachkontrolle mit Bestimmung von Hb und Ferritin erfolgen.<sup>7</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 20. Ostschweizer Symposium für praktische Gynäkologie
und Geburtshilfe, 9.–10. November 2017, Näfels
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Bhutta ZA, Black RE: N Engl J Med 2013; 369: 2226-35 <strong>2</strong> Cantwell R et al.: BJOG 2011; 118(Suppl 1): 1-203 <strong>3</strong> Creanga AA et al.: Obstet Gynecol 2015; 125: 5-12 <strong>4</strong> Saucedo M et al.: Obstet Gynecol 2013; 122: 752-60 <strong>5</strong> WHO: The Clinical use of Blood: handbook. 2001 (www.who.int/iris/ handle/10665/42396) <strong>6</strong> Breymann C et al.: Arch Gynecol Obstet 2017; 296: 1229-34 <strong>7</strong> Muñoz M et al.: Transfus Med 2017: doi: 10.1111/tme.12443. (Epub ahead of print)</p>
</div>
</p>
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