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Noch immer an erster Stelle: die Pille
Jatros
30
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05.07.2018
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<p class="article-intro">Verhütungsmethoden gibt es viele, sodass jede Frau die für sie am besten geeignete auswählen kann. Über die in Österreich nach wie vor beliebteste Methode spricht Prof. Christian Egarter, Leiter der Klinischen Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Das Angebot an Verhütungsmethoden ist inzwischen schwer überschaubar. Welches ist die in Österreich beliebteste Methode?</strong><br /> Hierzulande ist die Pille noch immer das am häufigsten angewandte Verfahren, allerdings mit abnehmender Tendenz. Die Gründe dafür sind vielfältig. Vermutlich spielt auch eine gewisse, meist unberechtigte Angst vor der Einnahme von Hormonen eine Rolle, die manchmal durch entsprechende Medienberichte geschürt wird.</p> <p><strong>Was ist den Frauen bei der Wahl des oralen Kontrazeptivums besonders wichtig?</strong><br />Wir haben dazu eine österreichweite Untersuchung gemacht. An erster Stelle steht die Effizienz, also eine möglichst sichere Empfängnisverhütung. Gleich darauf folgt die bequeme Anwendung. Andere wichtige Gründe, die immer wieder genannt wurden, waren ein regelmäßiger Zyklus und weniger starke Regelschmerzen. Ebenfalls sehr oft wurde auch die Empfehlung des Gynäkologen als Grund für die Wahl der Pille genannt.</p> <p><strong>Wie beraten Sie eine junge Frau, die zum ersten Mal eine orale Kontrazeption haben möchte? Was ist dabei zu beachten?</strong><br />Bei jungen Frauen sind neben der sicheren Empfängnisverhütung auch noch andere Aspekte wichtig, zum Beispiel ein stabiler Zyklus ohne Zwischenoder Schmierblutungen. Große Bedeutung hat auch die Knochendichte, denn nur wenn die Knochen in jungen Jahren bereits ihre maximale Masse aufbauen können, kann im späteren Leben eine Osteoporose hinausgezögert oder bei entsprechendem Lebensstil unter Umständen vermieden werden. Daher verschreibe ich jungen Frauen eher höher dosierte Präparate mit 30 Mikrogramm Ethinylestradiol. Zu beachten ist dabei vor allem das Thromboserisiko. Dieses ist bei jungen Frauen generell extrem niedrig und liegt etwa bei 1 in 10 000 Frauenjahren. Man sollte allerdings die individuellen Risikofaktoren einer Patientin unbedingt berücksichtigen, da die Thrombose ein multifaktorielles Geschehen ist. Ist die Frau zum Beispiel übergewichtig, Raucherin oder leidet sie an einer Gerinnungsstörung, dann sollte man vorsichtig sein. Bei diesen Patientinnen verschreibe ich meist ein reines Gestagenpräparat. Der Nachteil ist, dass damit kein stabiler Zyklus erreicht wird. Darauf muss man die Frau vorbereiten.</p> <p><strong>Wie sieht es mit zusätzlichen Wirkungen der oralen Kontrazeptiva aus, beispielsweise auf die Haut?</strong><br />Orale Kontrazeptiva werden oft auch in der Aknetherapie eingesetzt. In der Regel wird ein Präparat drei Monate gegeben und dann abgesetzt. Verschlimmert sich das Hautbild wieder, wird erneut für drei Monate behandelt. Hier ist sehr wichtig zu wissen, dass gerade in den ersten drei Monaten der Pilleneinnahme das Thromboserisiko besonders stark ansteigt und danach stark abnimmt. Deshalb sollte man bei der Aknebehandlung mit hoch dosierten Präparaten sehr vorsichtig sein. Ich rate meist zu Kombinationen mit Dienogest und zusätzlich dem Nahrungsergänzungsmittel Inositol.</p> <p><strong>Würden Sie einer Frau über 40 Jahre noch die Pilleneinnahme empfehlen? Und warum?</strong><br />In dieser Altersgruppe steigt natürlich das Thromboserisiko an. Bei Frauen zwischen 45 und 49 Jahren liegt es schon bei 6,6 auf 10 000 Frauenjahre, selbst wenn sie keine Hormone einnehmen. Wenn eine Frau aber bereits seit Langem orale Kontrazeptiva einnimmt, dann kann sie das auch weiterhin tun. Falls das individuelle Risikoprofil nicht dagegenspricht, können diese Frauen auch Kombinationspräparate einnehmen. Bei älteren Frauen, die zum ersten Mal oral verhüten möchten, sind reine Gestagenpräparate oder Kombinationen mit natürlichem Östrogen wahrscheinlich mit einem geringeren Thromboserisiko verbunden. Eine Alternative sind auch lokale Methoden wie der Vaginalring, da dieser im Gesamtzyklus eine wesentlich geringere Östrogenmenge abgibt als orale Präparate. Weitere Möglichkeiten bieten vor allem die lang wirksamen Kontrazeptiva wie die Spirale, die entweder hormonfrei ist oder nur Gestagen enthält.</p> <p><strong><em>Vielen Dank für das Gespräch.</em></strong></p></p>