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Zervixpathologie inkl. Kolposkopie

Neue Richtlinien zum Screening, aktuelle Nomenklatur der Kolposkopie und der vulvären Dysplasie

<p class="article-intro">Am 1. 3. 2018 wurde der Expertenbrief Nr. 50 «Empfehlungen für die Gebärmutterhalskrebsvorsorge» herausgegeben. Insbesondere ändert sich das Intervall der zytologischen Nachsorge auf alle 3 Jahre und es wird für Frauen von 30 bis 70 Jahren das zytologische Screening oder das HPV-Screening empfohlen. Letzteres wird aktuell von der Grundversicherung noch nicht übernommen. Diese Änderungen bedingen gute Kenntnisse in der Kolposkopie und über den natürlichen Verlauf einer HPV-Infektion, um unnötige Ängste bei den Frauen zu vermeiden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Etwa die H&auml;lfte aller Frauen in der Schweiz besuchen regelm&auml;ssig den Frauenarzt zur Vorsorge. Der Abstrich vom Geb&auml;rmutterhals &ndash; oder, wie er ungl&uuml;cklicherweise meist genannt wird, der &laquo;Krebsabstrich&raquo; &ndash; geh&ouml;rt dazu und ist sehr h&auml;ufig unauff&auml;llig. Ist er einmal nicht in Ordnung, bricht f&uuml;r diese Frauen eine Welt zusammen. Die betroffenen Frauen sind oft jung, sie f&uuml;hlen sich gesund und erhalten dann doch die Nachricht, dass der Abstrich auff&auml;llig ist. In diesem Moment ist es enorm wichtig, dass der Frauenarzt gute Kenntnis &uuml;ber den nat&uuml;rlichen Verlauf einer genitalen HPV-Infektion, die Kolposkopie und die weitere Behandlung hat. Diese Kenntnisse zu vermitteln war ein wichtiges Ziel dieses Seminars an der Fr&uuml;hjahrsfortbildung der SGGG.<br /> Das Wissen &uuml;ber den nat&uuml;rlichen Verlauf einer HPV-Infektion ist wesentlich, um die &Auml;ngste der Patientinnen auffangen zu k&ouml;nnen. Die HPV-Infektion ist die h&auml;ufigste sexuell &uuml;bertragbare Infektion (STI) und erfolgt &uuml;ber die Haut und Schleimhaut bei Kontakt auch ohne Penetration. Im Verlauf des Lebens stecken sich 70&ndash;80 % der sexuell aktiven Personen mit einem HP-Virus an. Die Elimination erfolgt in 70 resp. 90 % innerhalb von einem resp. zwei Jahren. Die Ansteckung erfolgt h&auml;ufig zu Beginn der sexuellen Aktivit&auml;t und verl&auml;uft in zwei Dritteln der F&auml;lle asymptomatisch. Am h&auml;ufigsten erfolgt die Infektion an der Transformationszone der Zervix bei j&uuml;ngeren Frauen, da die Haut hier sehr fragil ist und kleine Verletzungen entstehen k&ouml;nnen. Es kann zu einer stillen Infektion kommen, die &uuml;ber Jahre persistiert. Eine produktive Infektion mit Dysplasie entsteht meist langsam &uuml;ber Jahre und erst bei Persistenz einer HPV-Infektion. Die Persistenz ist abh&auml;ngig von verschiedenen Risikofaktoren, wie z.B. Nikotinabusus, Immunschw&auml;che, Anzahl der Sexualpartner und Suszeptibilit&auml;t. Obwohl eine Antwort auf die Frage &laquo;Warum ich?&raquo; f&uuml;r viele Frauen im ersten Moment bei Bekanntwerden einer Dysplasie sehr wichtig ist, sollte der Fokus auf die Fakten des Verlaufes einer HPV-Infektion sowie die &uuml;berwiegend spontane Regredienz und gute Behandelbarkeit einer Dysplasie gerichtet sein. Weder kann auf den exakten Zeitpunkt einer HPV-Infektion noch auf die verursachende Person r&uuml;ckgeschlossen werden. Im &Uuml;brigen findet die &Uuml;bertragung der Infektion von Frau zu Mann 6x h&auml;ufiger statt als von Mann zu Frau. Eine empathische Kommunikation ist in dieser Situation enorm wichtig und folgt im optimalen Fall den allgemeinen Prinzipien f&uuml;r eine Besprechung ernsthafter Nachrichten (z.B. Modell SPIKES). Am besten w&auml;re es nat&uuml;rlich, bereits bei Abstrichentnahme die Patientin darauf hinzuweisen, dass dieser Test auch einmal ein auff&auml;lliges Resultat zeigen kann.</p> <h2>Inhalte des neuen Expertenbriefs</h2> <p>Die wichtigen Unterschiede im neuen Expertenbrief im Vergleich zum vorg&auml;ngigen Brief sind der Beginn des Screenings mit 21 Jahren unabh&auml;ngig vom Beginn der sexuellen Aktivit&auml;t, das 3-Jahres-Intervall des zytologischen Screenings schon ab 21 Jahren und die M&ouml;glichkeit des dreij&auml;hrlichen HPV-Screenings anstelle des zytologischen Screenings ab 30 Jahren. Das Screening kann mit 70 Jahren bei blander Anamnese und unauff&auml;lligem Screening gestoppt werden.<br /> Das HPV-Screening ist dem zytologischen Screening &uuml;berlegen. Es ist sensitiver f&uuml;r die Entdeckung h&ouml;hergradiger plattenepithelialer (&ge;CIN2+) und glandul&auml;rer Zellver&auml;nderungen. Letztere sind im Zunehmen begriffen. Aktuell wird der HPV-Test im prim&auml;ren Screening von der Grundversicherung nicht &uuml;bernommen. Deshalb empfehlen wir das zytologische Screening, bis die Kosten&uuml;bernahme gesetzlich geregelt ist. Beim prim&auml;ren HPVScreening erfolgt bei Positivit&auml;t auf den HPV-Hochrisiko-Typ die Zervixzytologie. Im Rahmen des prim&auml;ren HPV-Screenings d&uuml;rfen nur validierte Tests verwendet werden. Der Name des verwendeten Tests muss mit dem Testergebnis aufgef&uuml;hrt werden.<br /> Die neuen Empfehlungen werden mit Algorithmen verdeutlicht. Hier zeigt sich ein weiterer gr&ouml;sserer Unterschied zu den vorg&auml;ngigen Empfehlungen: Neu wird nur noch bei ASCUS &ge;30 Jahre automatisch ein HPV-Test durchgef&uuml;hrt (Reflextestung), nicht mehr bei Frauen &lt;30 Jahren. Dies aus dem Grund, dass die Wahrscheinlichkeit einer HPV-High-Risk-Positivit&auml;t bei Frauen &lt;30 Jahren h&auml;ufig ist und ASCUS auch bei HPV-High-Risk-Positivit&auml;t in zwei Dritteln der F&auml;lle spontan abheilt. Somit wird bei zytologisch bestimmtem ASCUS gleich vorgegangen wie bei LSIL (&laquo;low-grade squamous intraepithelial lesion&raquo;).<br /> Wichtig f&uuml;r das Verst&auml;ndnis der Dysplasie ist die Kenntnis der aktuellen Nomenklatur. In der Schweiz wird sowohl die zytologische als auch die histologische Diagnose nach WHO 2014 verwendet; histologisch zus&auml;tzlich noch die Bethesda- Nomenklatur zur Differenzierung einer HSIL CIN2 und HSIL CIN3, da dies eine Implikation f&uuml;r die weitere Therapie hat. Wenn die Pap-Nomenklatur verwendet wird, sollte unbedingt die &laquo;M&uuml;nchen 3&raquo; verwendet werden, da diese mit der WHO-Nomenklatur vergleichbar ist. Der Ausdruck &laquo;Carcinoma in situ&raquo; soll vermieden werden, da er bei der Patientin grosse Angst durch das Wort Karzinom ausl&ouml;st. Er entspricht dem heutigen HSIL (CIN3).</p> <h2>Beurteilung kolposkopischer Bilder</h2> <p>Ein weiterer zentraler Punkt des Seminars war das Beurteilen kolposkopischer Bilder, v.a. der Zervix. Hierzu geh&ouml;ren das Verst&auml;ndnis der Transformationszone und das Erlernen der kolposkopischen Nomenklatur.<br /> Die kolposkopische Terminologie wird durch das Komitee der internationalen Gesellschaft f&uuml;r Zervixpathologie und Kolposkopie (IFCPC) festgelegt. Die letzte Anpassung erfolgte 2011 anl&auml;sslich des Kongresses in Rio de Janeiro. Sie kann von der Website der Gesellschaft heruntergeladen werden: <strong><em>http://ifcpc.org/medical-professionals/ifcpc-nomenclature.</em></strong><br /> Die &Uuml;bersetzung eines Bildes in eine Sprache ist nicht evident und braucht &Uuml;bung. Ein strukturiertes Vorgehen ist deshalb wichtig und erm&ouml;glicht keine Befunde zu &uuml;bersehen und im Verlauf &ndash; falls keine Fotodokumentation vorgenommen wird &ndash; einen Vergleich zu machen.<br /> Die Bedeutung des Begriffes der Transformationszone &ndash; die Fl&auml;che zwischen der adulten und der kongenitalen Plattenepithel- Zylinderepithel-Grenze (PZG) &ndash; ist entscheidend f&uuml;r die Beurteilung der Kolposkopie. Die meisten Dysplasien liegen im Bereich der Transformationszone mit ihrer gesteigerten Proliferationsaktivit&auml;t. Es ist wichtig, sich w&auml;hrend der Kolposkopie zu vergewissern, um welchen Typ der Transformationszone (TZ) es sich handelt. Dabei bedeutet TZ Typ 1: Die gesamte adulte PZG liegt auf der Portio und ist somit gut einsehbar; TZ Typ 2: Sie wird nur einsehbar beim Spreizen des &auml;usseren Muttermundes; TZ Typ 3: Die adulte PZG liegt trotz Spreizen im Zervixkalkanal und somit ist ein Teil der TZ nicht einsehbar. Letztere Situation bedeutet, dass die Kolposkopie nicht repr&auml;sentativ ist.<br /> Im Unterschied zum Begriff der repr&auml;sentativen Kolposkopie steht derjenige der ad&auml;quaten bzw. inad&auml;quaten Kolposkopie. Letztere zwei Begriffe beziehen sich darauf, ob die Portio &uuml;berhaupt sichtbar ist. Z.B. kann bei starker Blutung, vaginalen Synechien oder ausgepr&auml;gten Infektionen die Portio nicht einsehbar sein (die Kolposkopie ist inad&auml;quat). Eine Kolposkopie kann somit ad&auml;quat sein, jedoch nicht repr&auml;sentativ (bei TZ Typ 3).</p> <h2>Vulvaerkrankungen</h2> <p>Ein weiteres Thema des Kurses sind vulv&auml;re Ver&auml;nderungen, vulv&auml;re Dermatosen, aber auch vulv&auml;re Dysplasien und das Vulvakarzinom. Aus dem Themenkreis der vulv&auml;ren Ver&auml;nderungen sind mir zwei Punkte sehr wichtig. Eine Diagnostik bei suspekten Befunden, insbesondere persistierenden pigmentierten und nicht pigmentierten Hyperkeratosen sowie Ulzerationen, sollte zum Ausschluss einer Pr&auml;neoplasie oder einer Neoplasie der Vulva durch eine Biopsie grossz&uuml;gig histologisch abgekl&auml;rt werden. Eine Probeentnahme erfolgt ambulant mittels Stanzbiopsie in Lokalan&auml;sthesie. Die zytologische Untersuchung an der Vulva sollte aufgrund der oftmals schwierigen Interpretation der vulv&auml;ren L&auml;sionen (Hornhaut l&auml;sst sich schlechter abstreichen) nur in Ausnahmef&auml;llen erfolgen.</p> <h2>Nomenklatur der Vulva</h2> <p>Der zweite Punkt ist die kolposkopische, aber auch zytologische und histologische Nomenklatur der Vulva (Tab. 1 und 2), um die richtigen Therapieschritte einzuleiten.<br /> Diese aktuelle Nomenklatur der Vulva ist mit der WHO, der Arbeitsgemeinschaft der Kolposkopie und Zervixpathologie und den Pathologen abgeglichen, was ein grosser Fortschritt ist.<br /> F&uuml;r die LSIL ist keine Therapie n&ouml;tig, ausser die Patientin ist symptomatisch. Die HSIL (VIN usual type) ist HPV-assoziiert, im Gegensatz zur vulv&auml;ren intraepithelialen Neoplasie, differenzierter Typ (dVIN). Diese entsteht z.B. aus einem Lichen sclerosus.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Gyn_1803_Weblinks_lo_gyn_1803_s30_tab1+2.jpg" alt="" width="1420" height="2303" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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