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Juvenile Rheumaerkrankungen bei Mädchen und weiblichen Jugendlichen

<p class="article-intro">Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist in 7 Untergruppen unterteilt. Dies ist für die Therapie und Prognose wichtig. In 65 % der Fälle sind Mädchen betroffen, wobei bei den meisten Subformen die Rate bei 70–80 % liegt. Etwa die Hälfte der JIA-Patientinnen benötigt auch im Erwachsenenalter eine Therapie.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Kinder klagen oft &uuml;ber Gelenksschmerzen, ernsthafte rheumatische Erkrankungen kommen im Vergleich selten vor. Die JIA ist jedoch mit einer Inzidenz von 1:10 000 und einer Pr&auml;valenz von 0,1 % die h&auml;ufigste chronisch-inflammatorische Arthritis bei Kindern.<br /> Definiert ist die JIA mit dem Beginn der Arthritis unter 16 Jahren und der Dauer der Gelenksentz&uuml;ndung von mehr als 6 Wochen. Sie kann in jedem Lebensalter auftreten. 40 % der Patienten erkranken bereits im Kleinkindalter. Somit kann die Erkrankung fast alle Lebensbereiche beeinflussen.<br /> Anders als die rheumatoide Arthritis (RA) des Erwachsenen kann die JIA grob in eine systemische, eine oligoartikul&auml;re und eine polyartikul&auml;re Form eingeteilt werden. Im Verlauf, oft erst nach mehreren Monaten, kann die JIA in eine der insgesamt 7 verschiedenen Subgruppen eingeteilt werden (Tab. 1). Die Einteilung ist sp&auml;ter f&uuml;r die Therapie und Prognose bedeutend. Bis auf die Enthesitis-assoziierte Arthritis, die meistens Buben im Volksschulalter betrifft, und die systemische Arthritis, die beide Geschlechter gleich h&auml;ufig betrifft, ist die M&auml;dchenlastigkeit bei allen Subgruppen sehr hoch und wird mit insgesamt 65 % der F&auml;lle angegeben, wobei bei den meisten Subformen die Rate bei 70&ndash;80 % liegt (Tab. 2).<br /> Es gibt noch weitere wichtige Unterschiede zum Rheuma des Erwachsenen. Kinder befinden sich in der Wachstumsund Entwicklungsphase. Eine chronische und aktive Entz&uuml;ndung hat Einfluss auf das Wachstum der Kinder und kann zu einem Knick in der Wachstumskurve f&uuml;hren. Das wachsende Skelett kann bei inad&auml;quater Therapie bleibende Folgesch&auml;den wie Beinl&auml;ngendifferenz, Gesichtsasymmetrie, Fingerfehlstellungen und mehr erleiden. Au&szlig;erdem sind gerade f&uuml;r Kinder Bewegung und Motorik f&uuml;r die k&ouml;rperliche, aber auch f&uuml;r die geistige Entwicklung wichtig. Gelenksschmerzen f&uuml;hren zu einer Schonhaltung und damit verbunden zu einem muskul&auml;ren Ungleichgewicht. In der Folge kann es zu Verk&uuml;rzungen und Kontrakturen der Muskulatur kommen. Um dauerhafte Folgesch&auml;den im Erwachsenenalter zu vermeiden, sind eine fr&uuml;hzeitige Diagnose und eine rasche und ad&auml;quate intensive Therapie besonders wichtig.<br /> Die Prognose der JIA hat sich in den letzten 15 Jahren mit Einf&uuml;hrung weiterer Therapiem&ouml;glichkeiten deutlich gebessert. Abh&auml;ngig vom JIA-Ph&auml;notyp kann es am ehesten in den ersten f&uuml;nf Jahren ab Erkrankungsbeginn zu einer Remission kommen. Die beste Chance auf eine Remission hat mit 83 % die juvenile idiopathische &bdquo;Systemic onset&ldquo;- Arthritis, gefolgt von der persistierenden Oligoarthritis mit 80 % (Tab. 3). Trotz alledem ist nach einem zehnj&auml;hrigen Krankheitsverlauf bei 30 % der Patienten mit funktionellen Einschr&auml;nkungen zu rechnen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1902_Weblinks_jatros_ortho_1902_s82_tab1.jpg" alt="" width="550" height="581" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1902_Weblinks_jatros_ortho_1902_s83_tab2+3.jpg" alt="" width="550" height="682" /></p> <h2>Transition von M&auml;dchen in die Erwachsenenrheumatologie</h2> <p>Da bei etwa der H&auml;lfte der Patienten eine Behandlung &uuml;ber das Jugendalter hinaus notwendig ist und bei einem Drittel der Patienten eine aktive Arthritis im Erwachsenenalter bestehen bleibt, ist nat&uuml;rlich auch die Transition, der Weg ins Erwachsenenalter, ein gro&szlig;es Thema. Nur knapp zwei Drittel der behandlungsbed&uuml;rftigen jungen Erwachsenen werden auch tats&auml;chlich von einem Erwachsenenrheumatologen weiter betreut. Die anderen Patienten brechen sp&auml;ter die Behandlung ab. In Untersuchungen hat sich auch gezeigt, dass es im Erwachsenenalter h&auml;ufig zu einem Diagnosewechsel und zu einem Absetzen der Therapie gekommen ist.<br /> Pubert&auml;t und Erwachsenwerden bedeuten eine Vielzahl an physiologischen und psychologischen Entwicklungsprozessen wie Identit&auml;tsfindung, Autonomieentwicklung sowie k&ouml;rperliche und soziale Reife. Gerade in dieser Phase des Lebens haben die Jugendlichen mit vielen Entwicklungsaufgaben zu k&auml;mpfen. Unzufriedenheit, Verdr&auml;ngung, Gleichg&uuml;ltigkeit und rebellisches Verhalten sind normale Reaktionen.<br /> M&auml;dchen vergleichen sich oft mit Gleichaltrigen, genauso wie mit perfekten Frauenbildern in den Medien. Dies f&uuml;hrt oft zu einem sehr kritischen Umgang mit dem eigenen K&ouml;rper. In dieser vulnerablen Phase des Lebens ist eine chronische Erkrankung oft besonders schwer zu akzeptieren. Besonders schwierig f&uuml;r Eltern und &Auml;rzte wird der Umgang mit den jungen Erwachsenen, wenn sich das rebellische Verhalten und die Verweigerung gegen die Krankheit und die Behandlung richten. Hinzu kommt die Angst der jungen Rheumatikerinnen und Rheumatiker, zeitlebens eine chronische Erkrankung zu haben, die sich auf das Privatleben, das soziale Umfeld, die Sexualit&auml;t, die Familienplanung und das Berufsleben auswirkt. Als Folge kommt es zu massiven Adh&auml;renzproblemen. Kommt dann noch ein Wechsel des Behandlungsteams dazu, f&uuml;hrt dies daher oft noch zu einer Unterbrechung der Versorgung und damit zu einer Krankheitsverschlechterung. Die Daten der deutschen Kerndokumentation zeigen, dass nur jeder zweite Jugendliche seine Medikamente regelm&auml;&szlig;ig einnimmt. P&auml;diatrische Patientinnen und Patienten m&uuml;ssen daher vor der Transition auf die neue Situation vorbereitet werden. Die Selbstst&auml;ndigkeit, die Eigenverantwortlichkeit und das Wissen um die Krankheit m&uuml;ssen geschult werden. Die Beziehung zum neuen betreuenden Arzt sollte rechtzeitig aufgebaut werden.<br /> Gerade f&uuml;r M&auml;dchen und junge Frauen sind Einrichtungen, die sich auf Familien- und Schwangerschaftsberatung f&uuml;r chronisch Kranke spezialisiert haben, sehr wichtig. Oft hilft auch der Erfahrungsaustausch mit anderen betroffenen Jugendlichen.<br /> Die Transition ist ein wichtiger Bestandteil der Kinder- und Jugendmedizin und sollte ein geplanter und vorbereiteter Prozess mit zielgerichtetem Transfer in die Erwachsenenmedizin sein. Ziel ist in jedem Fall eine l&uuml;ckenlose Weiterbetreuung der jungen Erwachsenen durch einen qualifizierten Facharzt.</p></p>
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