
Kommt die österreichweite Honorarordnung?
Rechtsanwalt, Lochau<br> E-Mail: lechnermarkus@aon.at

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Die Österreichische Ärztekammer hat bereits einen einheitlichen Leistungskatalog entworfen, der erfreulicherweise z.B. die Berechtigung zu sonografischen Leistungen für Allgemeinmediziner enthält. Entscheidend werden aber die über den reinen Leistungskatalog hinausgehenden Bestimmungen einer möglichen österreichweiten Honorarordnung sein. Folgende Punkte sollten die „Verhandler“ aufseiten der Ärztekammer jedenfalls berücksichtigen.
Anforderungen an die neue Honorarordnung
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Sämtliche Leistungen der Kassenvertragsärzte sind in Hinkunft angemessen zu entlohnen. Dazu gehört auch die Abschaffung sämtlicher Limitierungen und/oder degressiver Regelungen aller Art. Alle Kassenärztinnen und Kassenärzte, mit denen ich über das derzeitige Entlohnungssystem spreche, beklagen sich über solche Limitierungen und/oder über degressive Regelungen. Es wäre für alle anderen Lebensbereiche unvorstellbar, dass nicht alle von freiberuflich oder selbstständig Tätigen erbrachten Leistungen ausnahmslos zu bezahlen sind. Der niedergelassene Kassenarzt muss ein selbstständig tätiger Arzt bleiben, dem sämtliche erbrachten Einzelleistungen auch honoriert werden.
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Die neue Honorarordnung sollte auch keine (umfangreichen) Pauschalierungen enthalten. Bei zu starker Pauschalierung droht die Selbstständigkeit des Kassenarztes in Richtung Anstellungsverhältnis mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) abzugleiten. Auch ist der Arbeitsaufwand selbst bei pauschalierter Leistungsabgeltung nicht immer gleich hoch, sodass eine Erhöhung der Arbeitszeit bei gleichbleibender pauschalierter Entlohnung nicht ausgeschlossen werden kann. Pauschalen schaffen auch keinen Anreiz zur Arbeit; so könnte bei pauschalierter Abrechnung eine Tendenz bestehen, nur „wenig aufwandsintensive“ Patienten zu betreuen, andere aber an andere Versorgungsebenen auszulagern.
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Die neue Honorarordnung muss zu einer Besserstellung aller niedergelassenen Kassenärzte in allen Bundesländern führen. Es kann nicht sein, dass Kassenärzte in manchen Bundesländern bessergestellt, in manchen aber schlechtergestellt werden als bisher. Dann würden die Bundesländer, deren Kassenärzte schlechtergestellt würden, der österreichweiten Honorarordnung die Zustimmung verweigern oder die bestehenden Honorarordnungen beibehalten. Um das zu verhindern, sind genaue Detailberechnungen anzustellen, wie sich das Einkommen jedes einzelnen Kassenarztes unter einer österreichweiten Honorarordnung verändern wird.
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Die ÖGK wird sicher solche Berechnungen anstellen (zumindest pauschal über ganz Österreich). Eine Zustimmung auf Bundeskurienebene zu einer neuen österreichweiten Honorarordnung sollte aber erst dann erfolgen, wenn deren Auswirkungen auf das Einkommen von einzelnen Ärzten im Detail berechnet worden sind. Sonst droht die Gefahr, dass man nach der ersten Abrechnung nach der neuen Honorarordnung „aufwacht“ und erst dann erkennt, welche (negativen) Auswirkungen auf das Einzeleinkommen vereinbart wurden.
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Am besten vereinbart man einen Zeitraum, in welchem die Abrechnung sowohl nach dem jeweils alten „System“ als auch der neuen österreichweiten Honorarordnung erfolgt, sodass ein Vergleich beider Systeme möglich ist. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes sollten die Verhandlungen darüber beginnen, ob die neue Honorarordnung für ganz Österreich beschlossen wird oder ob es bei den jeweiligen Bundesländerhonorarordnungen bleibt.
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Überlegenswert wäre, vor Beschlussfassung eine Urabstimmung unter allen Kassenvertragsärzten durchzuführen, damit eine allfällige neue, österreichweite Honorarordnung mit breitem demokratischem Konsens eingeführt wird.
Nur mit einem neuen und bundesweit einheitlichen, medizinisch sinnvollen und mit angemessenen Honorierungen ausgestatteten Leistungs- und Honorarkatalog (neben anderen dafür auch noch notwendigen Maßnahmen) kann der drohende gravierende Ärztemangel im niedergelassenen Bereich noch aufgehalten werden. Wenn das nicht gelingt, dann platzen die höheren Systemebenen aus allen Nähten und die Kosten für das Gesundheitssystem laufen noch viel mehr als bisher aus dem Ruder. Und das können wir uns als Gesellschaft ohne dramatischen Verlust an Qualität und Quantität der medizinischen Versorgung nicht leisten.
Abzuwarten bleibt aber, wie die neue Führung der Österreichischen Ärztekammer, die am 24.6.2022 gewählt werden wird, und die einzelnen Länderärztekammern, deren Mitgliedern allenfalls Verschlechterungen drohen, agieren werden.
Literatur
beim Verfasser
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