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ELGA – es geht um unsere Daten!
DAM
Autor:
Dr. Alfred Pixner
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br> E-Mail: drpixneralfred@gmail.com
30
Min. Lesezeit
30.05.2018
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<p class="article-intro">Obwohl man uns seinerzeit versprochen hat, dass ELGA nur zu Gesundheitszwecken verwendet werden darf, hat man jüngst im Parlament beschlossen, die ELGA-Daten der in Österreich Versicherten unter dem Deckmantel der Forschung freizugeben, und das sowohl im In- als auch im Ausland. Und Forschung ist ein weit auslegbarer Begriff!</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Man nimmt dafür in Österreich sogar in Kauf, die europäische Datenschutzgrundverordnung, die eine aktive Zustimmung jedes einzelnen ELGATeilnehmers erfordern würde, bezüglich der heiklen Gesundheitsdaten einzuschränken. Vor diesen gefährlichen Entwicklungen habe ich schon jahrelang gewarnt und dies auch in meinen Anträgen auf Aufhebung des Gesundheitstelematik-/ ELGA-Gesetzes beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) angeführt.</p> <h2>Mangelnde Information</h2> <p>Indem man die Bevölkerung und damit auch uns Ärzte über die wahren Vorhaben mit ELGA nie ehrlich informiert hat, ist eine allgemeine Diskussion bewusst weitgehend verhindert worden. Obwohl eine öffentliche Kammer die Verpflichtung hat, bei der Umsetzung von Gesetzen mitzuhelfen, stellt sich für mich die Frage, ob die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) im Vorfeld alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um Nachteile für ihre Mitglieder und auch für deren Patienten zu verhindern. Zum Beispiel müssten Folgekosten für ein von der Politik gewünschtes Projekt durch die öffentliche Hand vollständig abgegolten werden, da es den Kassenärzten nicht wie anderen Unternehmern möglich ist, vermehrte Kosten den Kunden (Patienten) aufzuschlagen.<br /> Von den Ärzten aber wird angenommen, dass sie die durch ELGA verursachten zusätzlichen Kosten für die notwendige Erweiterung ihrer Hard- und Software und auch den vermehrten Arbeitsaufwand größtenteils aus eigener Tasche finanzieren. In einer Vereinbarung zwischen der ÖÄK und der Sozialversicherung ist auch deshalb nur eine „Anschubfinanzierung“ ausverhandelt.<br /> Auch im Rahmen von Honorarverhandlungen können die zusätzlichen Kosten, die ELGA verursacht, nicht geltend gemacht werden, da die Sozialversicherungsbeiträge nicht für solche Projekte gedacht sind. Diese Gelder würden dann für die eigentlichen Ausgaben in unserem solidarischen Gesundheitssystem fehlen. Es wäre Aufgabe der ÖÄK gewesen, auf die „wirkungsorientierte Folgenabschätzung“ rechtzeitig hinzuweisen, um ihre Mitglieder vor unabsehbaren Belastungen zu schützen. Diese drohenden Belastungen, sowohl finanzieller als auch bürokratischer Natur, sind mit ein Grund, warum sich immer weniger Jungärzte für eine Kassenpraxis interessieren.</p> <h2>Niemand ist sicher vor Datenraub</h2> <p>ELGA nimmt unserem österreichischen Gesundheitssystem das menschliche Antlitz und birgt die Gefahr in sich, dass die Daten aus ELGA missbraucht werden, wenn sie einmal in die falschen Hände geraten! Zu glauben, dass die ELGA-Daten jemals sicher vor Datenklau sein könnten, bleibt nach unzähligen Datenmissbrauchsskandalen in jüngster Vergangenheit nicht mehr als ein Wunschdenken.<br /> Ich habe seit 2014 mehrmals den Versuch unternommen, mittels eines Antrages auf Aufhebung des ELGA-Gesetzes den VfGH dazu zu bewegen, eine Entscheidung zu treffen. Bis jetzt aber hat der Vf- GH meine durch meinen Anwalt sehr klar formulierten Anträge nie verhandelt und immer wieder zurückgewiesen, ohne endlich ein Urteil zu fällen.</p> <h2>Neuer Antrag beim VfGH</h2> <p>Ich habe mich nun entschlossen, nochmals einen Antrag beim VfGH einzubringen, der besonders darauf hinweist, dass die Bürger zuerst ihre Zustimmung geben müssten, bevor sie in ELGA registriert sind (Opt-in). Bis jetzt gilt nämlich die Regelung, dass jeder Versicherte automatisch an ELGA teilnimmt und sich erst mühsam abmelden muss, wenn er das nicht möchte (Opt-out).<br /> Die österreichische Bundesregierung begründet dieses Vorgehen damit, dass bei freiwilliger Teilnahme an ELGA sich zu wenige Patienten einschreiben würden. – Das zeigt eigentlich schon, wie die Verantwortlichen ELGA selbst einschätzen!</p></p>
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