
Die kollagene Gastritis – eine seltene Form der Gastritis
Autorin:
Dr. Corinna Lang-Schwarz
Institut für Pathologie
Klinikum Bayreuth GmbH
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Im Gegensatz zur häufigeren kollagenen Kolitis ist die kollagene Gastritis selten. Bislang sind in der englischsprachigen Literatur weniger als 300 Fälle beschrieben. Im Folgenden soll ein Überblick über die klinische Erscheinungsform, Endoskopiebefunde, die diagnostische Histologie und mögliche Therapieoptionen gegeben werden.
Keypoints
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Die kollagene Gastritis ist eine seltene Gastritisform.
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Man unterscheidet einen pädiatrischen und einen adulten Typ.
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Der adulte Typ ist häufig Teil einer kollagenen Gastroenteritis, während der pädiatrische isoliert auftritt.
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Endoskopisch wegweisend ist eine Nodularität der Schleimhaut und Biopsien sollten aus der Schleimhaut zwischen den Noduli entnommen werden.
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Über Hintergründe, Verlauf und Therapie ist bislang wenig bekannt.
Fallbericht
Ein 16-jähriger Patient berichtete über brennende Magenschmerzen und Sodbrennen seit 3 Monaten, weswegen eine Gastroduodenoskopie durchgeführt wurde. Protonenpumpeninhibitoren hatten zu keiner Symptomlinderung geführt. An Medikamenten wurde Bisoprolol wegen einer bikuspiden Aortenklappe eingenommen. Die Endoskopie erbrachte keinen auffälligen Befund (Abb. 1), woraufhin Biopsien aus Duodenum, Antrum und Korpus entnommen wurden.
Die Histologie zeigte im Magenkorpus einen erhöhten Gehalt an Lymphozyten und Plasmazellen, eine erhöhte Anzahl intraepithelialer Lymphozyten im Deckepithel (28/100 Epithelzellen), ein breites subepitheliales Kollagenband (44,9μm) und eine fokal denudierte Oberfläche (Abb. 2) entsprechend einer kollagenen Gastritis. Im Antrum fand sich eine leichtgradige Typ-C-Gastritis. Eine Helicobactergastritis bestand nicht und die Veränderungen waren auf das Korpus begrenzt. Das Duodenum war unauffällig. Eine ergänzend durchgeführte Koloskopie ergab keinen pathologischen Befund, passend zur Diagnose einer kollagenen Gastritis vom pädiatrischen Typ.
Abb. 2: Histologie der Magenkorpusschleimhaut bei kollagener Gastritis: a. Die verdickte Kollagentafel unter dem foveolären Oberflächenepithel (Pfeile in a; Hämatoxylin-Eosin, Vergrößerung 173x) führt zur Diagnose einer kollagenen Gastritis. b. Das Kollagenband lässt sich durch eine Bindegewebsverfärbung (ElasticavanGieson, Vergrößerung 223x) optisch hervorheben
Klinische Erscheinungsformen
Klinisch unterscheidet man bei der kollagenen Gastritis zwei unterschiedliche Phänotypen: eine pädiatrische Form mit Erstmanifestation im Kindesalter und eine adulte Form.1–3 Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.1
Für die pädiatrische Form wird eine Inzidenz von 0,25/100000 und eine Prävalenz von 2,1/100000 angegeben, für die adulte Form sind keine Fallzahlen bekannt.4 Während die pädiatrische Form nur den Magen betrifft, findet sich bei der adulten Form gehäuft eine kollagene Kolitis oder eine seltene kollagene Sprue als Beteiligung anderer Abschnitte des Gastrointestinaltraktes. Pädiatrische Patienten sind meist im frühen Teenageralter, weisen als Leitsymptom eine schwere Eisenmangelanämie sowie zusätzlich vielfältige, unspezifische gastrointestinale Symptome auf, können aber auch klinisch asymptomatisch sein. Die Anämie wird durch Blutverluste als Folge einer Verletzung der Kapillaren der oberen Tunica propria unter dem teilweise abgeschilferten Oberflächenepithel erklärt.5,6 Obwohl eine autoimmune Prädisposition eine Rolle zu spielen scheint, ist die Entwicklung autoimmuner Komorbiditäten bei Kindern selten.4 Beim adulten Typ stehen klinisch eher Symptome einer kollagenen Gastroenteritis im Vordergrund, insbesondere eine chronische wässrige Diarrhö, bedingt durch die Mitbeteiligung des Kolons als kollagenerKolitis. Zusätzlich bestehen hier gehäuft Autoimmunerkrankungen und es wird auch eine Häufung bei Patienten mit Immunglobulinmangelsyndromen beschrieben.1,7,8
Endoskopie
Eine noduläre Gastritis im Magenkorpus wird sowohl bei pädiatrischen als auch adulten Patienten mit kollagener Gastritis als typischer endoskopischer Befund beschrieben, besteht allerdings nur bei einem Teil der Patienten. Kamimura et al. fanden eine noduläre Gastritis in ihrem Literaturreview nur bei 32 von 60 Patienten.1 Weitere unspezifische endoskopische Befunde können Erythem, Erosionen, Hämorrhagien und polypoide Läsionen in wechselnder Ausprägung sein.1,4,5
Diagnostik
Bei Kindern mit unklarer, therapierefraktärer Anämie wird eine frühzeitige Endoskopie, auch beim Fehlen einer gastrointestinalen Symptomatik, empfohlen.9 Sollte sich im Befund eine noduläre Gastritis zeigen, muss eine mehrfache, gezielte Biopsieentnahme aus der flachen, die Knötchen umgebenden Mukosa erfolgen, da sich die typische Histologie eher in den flachen Arealen zeigt, wogegen die Histologie aus den Knötchen selbst unauffällig sein kann.10
Die Diagnosestellung erfolgt aufgrund der typischen Histologie. Diagnostisches Schlüsselkriterium ist die auf mehr als 10μm verbreiterte Kollagentafel unter dem foveolären Oberflächenepithel, welche durch eine Bindegewebsfärbung, wie z.B. durch die Elastica-van-Gieson- oder Masson-Trichrom-Färbung, optisch verstärkt werden kann. Zusätzlich findet sich ein erhöhter Gehalt an Lymphozyten und Plasmazellen in der Tunica propria.11 Die Kollagenbandbreite wird in der Literatur mit zwischen 10 und 100μm angegeben und scheint mit der Dauer der Erkrankung zu korrelieren, ist aber vor allem auch von der korrekten Biopsieentnahmelokalisation aus den flachen Schleimhautarealen abhängig. Im Gegensatz zum bandartigen, kontinuierlichen Befall des Kolons bei kollagener Kolitis sind die Veränderungen bei kollagener Gastritis also heterogen und diskontinuierlich ausgeprägt, sodass die Gefahr eines Sampling-Errors besteht. Calprotectin im Serum und Amyloid A werden bei einem Teil der pädiatrischen Patienten als erhöht beschrieben und könnten als Biomarker der entzündlichen Aktivität bei kollagener Gastritis eine Rolle spielen.4
Differenzialdiagnostik
Das endoskopische Bild einer nodulären Gastritis ist ein deskriptiver, nicht eindeutig definierter und unspezifischer Befund, der verschiedene Ursachen haben kann. Eine, vor allem bei Kindern, häufigere Ursache ist die Typ-B-Gastritis durch Helicobacter pylori. Bei Erwachsenen sollte eine gesteigerte Nodularität immer auch einen Ausschluss eines Lymphoms (v.a. Marginalzonenlymphom vom mukosaassoziierten Typ – MALT-Lymphom) oder Magenkarzinoms zur Folge haben.9
Therapie
Da die Ätiologie der kollagenen Gastritis nach wie vor unklar ist, gibt es bislang keine etablierte Standardtherapie. Bei Kindern wird eine Substitution der Eisenmangelanämie empfohlen.9 Bei Kontrollgastroskopien sollte sorgfältig und ausgiebig endoskopisch-bioptisch gemappt werden, um die histologisch veränderten Areale nicht zu übersehen. Steroide führten bei Kindern in Fallberichten zwar zu einem Rückgang des Entzündungsinfiltrates, jedoch zu keinem Verschwinden des Kollagenbandes, sodass deren Einsatz ebenfalls unklar ist.12,13 Bei Erwachsenen mit zusätzlicher kollagener Kolitis wird in Fallberichten eine Besserung der Symptome unter Behandlung mit Budesonid oder Methylprednison/Prednisolon beschrieben.7,14
Prognose
Ein Übergang des pädiatrischen Typs in den adulten Typ der kollagenen Gastritis ist selten. Die Fallberichte bezüglich Erkrankungsprogress in der Literatur sind widersprüchlich. Während einige eine Progredienz von Endoskopie und Histologie beschreiben, geben andere eine Normalisierung im Verlauf nach variabler Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren, Eisensubstitution, Sulfasalazin, Sucralfat oder Steroiden an.1,10,12,13 In einer schwedischen Fallserie von 15 Kindern mit kollagener Gastritis kam es bei keinem der Patienten zu einer Restitutio der endoskopischen und histologischen Veränderungen während eines medianen Follow-ups von 4,4 Jahren.4
Ausblick
Die kollagene Gastritis ist eine seltene Gastritisform und Kenntnisse über die Erkrankung basieren auf Fallberichten und Fallserien. Eine therapierefraktäre, unklare Anämie im Kindesalter sollte an die Diagnose einer kollagenen Gastritis denken lassen und eine frühzeitige Endoskopie mit Biopsien zur Diagnosesicherung nach sich ziehen. Größere Patientenkollektive sind nötig, um die Hintergründe der Erkrankung besser verstehen und eine Standardtherapie festlegen zu können.
Literatur:
1 Kamimura K et al.: Collagenous gastritis: review. World J Gastrointest Endosc 2015; 7:265-73 2 Brain O et al.: Collagenous gastritis: reports and systematic review. Eur J Gastroenterol Hepatol 2009; 21: 1419-24 3 Lagorce-Pages C et al.: Collagenous gastritis: a report of six cases. Am J Surg Pathol 2001; 25: 1174-9 4 Käppi T et al.: Collagenous gastritis in children: incidence, disease course, and associations with autoimmunity and inflammatory markers. Clin Transl Gastroenterol 2020; 11(8): e00219 5 Matta J et al.: Pediatric collagenous gastritis and colitis: a case series and review of the literature. J Pediatr Gastroenterol Nutr 2018; 67: 328-34 6 Cote JF et al.: Collagenous gastritis revealed by severe anemia in a child. Hum Pathol 1998; 29: 883-6 7 Mandaliya R et al.: Association between common variable immunodeficiency and collagenous infiltrative disorders of the gastrointestinal tract: a series of four patients. Indian J Gastroenterol 2016; 35(2): 133-8 8 Narsai T et al.: Collagenous gastritis in primary selective IgM deficiency: transition to EBV+ gastric adenocarcinoma. Case Reports Immunol 2021; 2021: 5574944 9 Lee YL et al.: Three case reports of collagenous gastritis in children. Lessons for an endoscopic and histologic approach to mucosal nodularity of the stomach. Medicine (Baltimore) 2019; 98(11): e14870 10 Kamimura K et al.: Collagenous gastritis: endoscopic and pathologic evaluation of the nodularity of gastric mucosa. Dig Dis Sci 2007; 52: 995-1000 11 Vesoulis Z et al.: Collagenous gastritis: a case report, morphologic evaluation, and review. Mod Pathol 2000; 13: 591-6 12 Rustagi T et al.: Collagenous gastroduodenitis. J Clin Gastroenterol 2011; 45: 794-9 13 Vakiani E et al.: Collagenous sprue is not always associated with dismal outcomes: a clinicopathological study of 19 patients. Mod Pathol 2010; 23: 12-26 14 Lim HW et al.: An elderly patient’s complete response to steroid therapy for collagenous gastritis. Ther Adv Chronic Dis 2018; 9(8): 143-6