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Dermatochirurgie

Handwerk hat goldenen Boden

<p class="article-intro">Ein Symposium im Rahmen der ÖGDV-Jahrestagung 2016 war der Dermatochirurgie gewidmet. Das Indikationsspektrum der Dermatochirurgie, die auch im neuen Curriculum neben der Phlebologie in 2 eigenen Modulen gewählt werden kann, ist breit und erstreckt sich von Tumoren inkl. Lymphknoten, Wunden, Weichteilinfektionen, Narben, Nägeln, kosmetischer Chirurgie, Verbrennungen bis zu Blutgefäßen. Kenntnisse in diesem Bereich der Dermatologie sind daher für jeden Hautarzt unerlässlich.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Prim. Dr. Werner Saxinger, Wels, berichtete &uuml;ber Fakten, Mythen, Trends in der Dermatochirurgie und verwies auf Daten der Versorgungsforschung in Deutschland von Prof. Matthias Augustin, Hamburg, welche in der Zeitschrift &bdquo;Hautarzt&ldquo; im Juli 2016 ver&ouml;ffentlicht wurden. Augustin ging der Fragestellung nach, welche deutschen &Auml;rzte ein malignes Melanom (MM), Basalzellkarzinom (BCC) oder spinozellul&auml;res Karzinom (SCC) einweisen. Faktum ist: Station&auml;re Einweisungen vom MM erfolgen zu 69 % &uuml;ber den Dermatologen und das auch in 54 % bei BCC und SCC. Nur in 23 % der Melanompatienten respektive 28 % der Patienten mit BCC respektive SCC &uuml;berweist der Hausarzt an das Krankenhaus. Operiert werden maligne Melanome in drei Vierteln der F&auml;lle in Deutschland vom Dermatologen (3 % plastische Chirurgen, 4 % Chirurgen) und BCC sowie SCC in 59 % vom Hautarzt. Hier sind noch die Mund-Kiefer-Gaumen-Chirurgen und HNO-&Auml;rzte mit jeweils 8 % und die Plastischen Chirurgen in 6 % operativ beteiligt (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1701_Weblinks_s32_abb1.jpg" alt="" width="2191" height="900" /></p> <h2>Dermatologen sind ma&szlig;geblich operativ t&auml;tig</h2> <p>Melanozyt&auml;re Naevi werden ambulant zu etwa 43 % von Haut&auml;rzten entfernt. Der Anteil der Chirurgen, die hier t&auml;tig sind, wird in Deutschland mit 20 % angegeben. Saxinger verwies auf eigene dermatochirurgische Daten aus Wels vom Jahr 2015 und berichtete von 4.574 Operationen an seiner Abteilung. Darunter fallen 130 Melanomentfernungen, 76 SNL-Exstirpationen und 670 Varizen- OPs, davon 206 mittels Radiowelle. Der Anteil der operativen Patienten, die station&auml;r auf der Dermatologie lagen, belief sich auf 49 % .</p> <h2>Mythen und Fakten</h2> <p>Obwohl mitunter die Meinung vertreten wird, dass in &Ouml;sterreich Dermatologen wenig operieren, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Prim. Saxinger hatte alle Leiter der OP-Einheiten in den dermatologischen Abteilungen angeschrieben, um den Anteil operativer Patienten bei station&auml;ren Aufenthalten in &Ouml;sterreichs Hautabteilungen zu erfragen. Das Ergebnis: Im Mittelwert werden 44,9 % der aufgenommenen Patienten operiert (Schwankungsbreite 19,5&ndash;60 % ). Diese Zahl &auml;hnelt Deutschland, wo der Mittelwert operativer Patienten bei 45,5 liegt.<br /> Auch der Mythos, dass wenig dermatochirurgisch ausgebildet wird, kann widerlegt werden. Auf allen dermatologischen Abteilungen gibt es OP-Einheiten mit verpflichtenden Monaten w&auml;hrend der Ausbildung (Dermatochirurgie-Netzwerk). Und die OP-Zahlen der Hautabteilungen sind durchaus ausreichend, meinte Saxinger zufrieden. Das Fazit lautet daher: Die Dermatologie ist ein sowohl konservatives als auch operatives Fach.</p> <h2>Trends</h2> <p>An Besorgnis erregenden Entwicklungen beschrieb Prim. Saxinger den zu erwartenden erheblichen Mehraufwand bei operativen Leistungen bei Hautkrebs und dessen Vorstufen. &bdquo;Wir Dermatologen werden das allein nicht schaffen.&ldquo; Eine bessere Vernetzung und eine optimierte Kooperation mit anderen Sonderf&auml;chern oder Allgemeinmedizinern w&auml;ren zu w&uuml;nschen. Andere Trends umfassen die Verbreitung einfacher Techniken wie z.B. des Shavings beim Rhinophym, das Erlernen und Anwenden neuer Lappenplastiken (z.B. Spirallappen oder fasziokutaner Keystone- Lappen), das Erlernen komplett neuer Techniken wie z.B. ECT, die Anwendung von Kombinationstherapien und die rasante Verbreitung &auml;sthetischer Eingriffe (z.B. Ohrl&auml;ppchenchirurgie bei &bdquo;plugs&ldquo;). Telemedizin ist ein weiterer wichtiger Punkt im Sinne der Hilfestellung als Mentor f&uuml;r weniger erfahrene oder j&uuml;ngere Kollegen bei schwierigen Fragestellungen.<br /> Ein aktueller, &ouml;konomisch wichtiger Trend ist laut Saxinger ein vermehrtes Tagesklinik- Angebot. So werden auf der Dermatologischen Abteilung in Wels bereits 75 % der Varizen-OPs tagesklinisch durchgef&uuml;hrt. Viele Operationen k&ouml;nnen tagesklinisch angeboten werden, dies erh&auml;lt die operative Kompetenz unabh&auml;ngig von Bettenverf&uuml;gbarkeiten. Nat&uuml;rlich gibt es auch Trends, die vom Dermatologen kritisch zu hinterfragen sind, wie beispielsweise das Entfernen von Tattoos mit Laser.<br /> Letztlich sollten wir alles gemeinsam im Haut-Griff haben, so die Conclusio des exzellenten Dermatochirurgen.</p> <h2>Gut ger&uuml;stet</h2> <p>Die Chirurgie im Armamentarium des Dermatologen sieht OA Dr. Josef Koller, Salzburg. Die Liste an m&ouml;glichen Indikationen in der Dermatochirurgie ist lang. Angefangen mit der septischen Chirurgie (ubi pus, ibi evacua), wo mit einfachen Inzisionen die Heilung erfolgt, &uuml;ber die Tumorchirurgie mit plastischer Defektdeckung oder sekund&auml;rer Wundheilung bis zur Hidradenitis suppurativa gibt es unz&auml;hlige spannende Einsatzbereiche f&uuml;r den Dermatochirurgen. Weichteilinfektionen mit &szlig;-h&auml;molysierenden Streptokokken m&uuml;ssen sofort inzidiert werden, eine sofortige und beherzte Chirurgie ist hier erforderlich. &Uuml;ber den Streptokokken- Schnelltest erh&auml;lt man innerhalb einer Minute die Diagnose und muss im Bedarfsfall akut operieren.</p> <h2>Hidradenitis suppurativa</h2> <p>&Uuml;ber ein in j&uuml;ngster Zeit h&auml;ufig diskutiertes Krankheitsbild, die Hidradenitis suppurativa (HS) oder Acne inversa, &auml;u&szlig;erte OA Koller &uuml;berzeugt seinen pers&ouml;nlichen Standpunkt. Er postulierte, dass diese chronisch rezidivierende entz&uuml;ndliche Dermatose im Bereich der apokrinen Schwei&szlig;dr&uuml;sen ausschlie&szlig;lich chirurgisch zu sanieren sei. Da es sich um Lippenfisteln mit Epithelauskleidung handelt, kann eine medikament&ouml;se antientz&uuml;ndliche oder antibiotische Therapie zwar vor&uuml;bergehend Linderung, aber niemals eine Ausheilung erbringen, so Koller. Nur die chirurgische Entfernung des Fistelgangs ist seiner Ansicht nach die Therapie der Wahl. Man m&uuml;sse selbst ausgedehnte Bereiche radikal operieren, so sein Credo, wobei er einr&auml;umte, dass der Faktor &bdquo;chirurgische Erfahrung&ldquo; ein Thema sei.<br /> In der anschlie&szlig;enden Diskussion wurden die konservativen und chirurgischen Therapiemuster kontroversiell erl&auml;utert. Denn sicherlich sei die lange Ausfallszeit postoperativ f&uuml;r berufst&auml;tige Patienten mit HS ein nicht zu untersch&auml;tzendes Problem. Der medikament&ouml;se Ansatz sei f&uuml;r diese Patienten oft eine m&ouml;gliche Alternative zur sicherlich besseren langfristigen chirurgischen Sanierung, meinte Prim. Saxinger abschlie&szlig;end.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: ÖGDV-Jahrestagung, 25.–27. November 2016, Wien </p>
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