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Handwerk hat goldenen Boden
Jatros
30
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02.03.2017
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<p class="article-intro">Ein Symposium im Rahmen der ÖGDV-Jahrestagung 2016 war der Dermatochirurgie gewidmet. Das Indikationsspektrum der Dermatochirurgie, die auch im neuen Curriculum neben der Phlebologie in 2 eigenen Modulen gewählt werden kann, ist breit und erstreckt sich von Tumoren inkl. Lymphknoten, Wunden, Weichteilinfektionen, Narben, Nägeln, kosmetischer Chirurgie, Verbrennungen bis zu Blutgefäßen. Kenntnisse in diesem Bereich der Dermatologie sind daher für jeden Hautarzt unerlässlich.</p>
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<p class="article-content"><p>Prim. Dr. Werner Saxinger, Wels, berichtete über Fakten, Mythen, Trends in der Dermatochirurgie und verwies auf Daten der Versorgungsforschung in Deutschland von Prof. Matthias Augustin, Hamburg, welche in der Zeitschrift „Hautarzt“ im Juli 2016 veröffentlicht wurden. Augustin ging der Fragestellung nach, welche deutschen Ärzte ein malignes Melanom (MM), Basalzellkarzinom (BCC) oder spinozelluläres Karzinom (SCC) einweisen. Faktum ist: Stationäre Einweisungen vom MM erfolgen zu 69 % über den Dermatologen und das auch in 54 % bei BCC und SCC. Nur in 23 % der Melanompatienten respektive 28 % der Patienten mit BCC respektive SCC überweist der Hausarzt an das Krankenhaus. Operiert werden maligne Melanome in drei Vierteln der Fälle in Deutschland vom Dermatologen (3 % plastische Chirurgen, 4 % Chirurgen) und BCC sowie SCC in 59 % vom Hautarzt. Hier sind noch die Mund-Kiefer-Gaumen-Chirurgen und HNO-Ärzte mit jeweils 8 % und die Plastischen Chirurgen in 6 % operativ beteiligt (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1701_Weblinks_s32_abb1.jpg" alt="" width="2191" height="900" /></p> <h2>Dermatologen sind maßgeblich operativ tätig</h2> <p>Melanozytäre Naevi werden ambulant zu etwa 43 % von Hautärzten entfernt. Der Anteil der Chirurgen, die hier tätig sind, wird in Deutschland mit 20 % angegeben. Saxinger verwies auf eigene dermatochirurgische Daten aus Wels vom Jahr 2015 und berichtete von 4.574 Operationen an seiner Abteilung. Darunter fallen 130 Melanomentfernungen, 76 SNL-Exstirpationen und 670 Varizen- OPs, davon 206 mittels Radiowelle. Der Anteil der operativen Patienten, die stationär auf der Dermatologie lagen, belief sich auf 49 % .</p> <h2>Mythen und Fakten</h2> <p>Obwohl mitunter die Meinung vertreten wird, dass in Österreich Dermatologen wenig operieren, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Prim. Saxinger hatte alle Leiter der OP-Einheiten in den dermatologischen Abteilungen angeschrieben, um den Anteil operativer Patienten bei stationären Aufenthalten in Österreichs Hautabteilungen zu erfragen. Das Ergebnis: Im Mittelwert werden 44,9 % der aufgenommenen Patienten operiert (Schwankungsbreite 19,5–60 % ). Diese Zahl ähnelt Deutschland, wo der Mittelwert operativer Patienten bei 45,5 liegt.<br /> Auch der Mythos, dass wenig dermatochirurgisch ausgebildet wird, kann widerlegt werden. Auf allen dermatologischen Abteilungen gibt es OP-Einheiten mit verpflichtenden Monaten während der Ausbildung (Dermatochirurgie-Netzwerk). Und die OP-Zahlen der Hautabteilungen sind durchaus ausreichend, meinte Saxinger zufrieden. Das Fazit lautet daher: Die Dermatologie ist ein sowohl konservatives als auch operatives Fach.</p> <h2>Trends</h2> <p>An Besorgnis erregenden Entwicklungen beschrieb Prim. Saxinger den zu erwartenden erheblichen Mehraufwand bei operativen Leistungen bei Hautkrebs und dessen Vorstufen. „Wir Dermatologen werden das allein nicht schaffen.“ Eine bessere Vernetzung und eine optimierte Kooperation mit anderen Sonderfächern oder Allgemeinmedizinern wären zu wünschen. Andere Trends umfassen die Verbreitung einfacher Techniken wie z.B. des Shavings beim Rhinophym, das Erlernen und Anwenden neuer Lappenplastiken (z.B. Spirallappen oder fasziokutaner Keystone- Lappen), das Erlernen komplett neuer Techniken wie z.B. ECT, die Anwendung von Kombinationstherapien und die rasante Verbreitung ästhetischer Eingriffe (z.B. Ohrläppchenchirurgie bei „plugs“). Telemedizin ist ein weiterer wichtiger Punkt im Sinne der Hilfestellung als Mentor für weniger erfahrene oder jüngere Kollegen bei schwierigen Fragestellungen.<br /> Ein aktueller, ökonomisch wichtiger Trend ist laut Saxinger ein vermehrtes Tagesklinik- Angebot. So werden auf der Dermatologischen Abteilung in Wels bereits 75 % der Varizen-OPs tagesklinisch durchgeführt. Viele Operationen können tagesklinisch angeboten werden, dies erhält die operative Kompetenz unabhängig von Bettenverfügbarkeiten. Natürlich gibt es auch Trends, die vom Dermatologen kritisch zu hinterfragen sind, wie beispielsweise das Entfernen von Tattoos mit Laser.<br /> Letztlich sollten wir alles gemeinsam im Haut-Griff haben, so die Conclusio des exzellenten Dermatochirurgen.</p> <h2>Gut gerüstet</h2> <p>Die Chirurgie im Armamentarium des Dermatologen sieht OA Dr. Josef Koller, Salzburg. Die Liste an möglichen Indikationen in der Dermatochirurgie ist lang. Angefangen mit der septischen Chirurgie (ubi pus, ibi evacua), wo mit einfachen Inzisionen die Heilung erfolgt, über die Tumorchirurgie mit plastischer Defektdeckung oder sekundärer Wundheilung bis zur Hidradenitis suppurativa gibt es unzählige spannende Einsatzbereiche für den Dermatochirurgen. Weichteilinfektionen mit ß-hämolysierenden Streptokokken müssen sofort inzidiert werden, eine sofortige und beherzte Chirurgie ist hier erforderlich. Über den Streptokokken- Schnelltest erhält man innerhalb einer Minute die Diagnose und muss im Bedarfsfall akut operieren.</p> <h2>Hidradenitis suppurativa</h2> <p>Über ein in jüngster Zeit häufig diskutiertes Krankheitsbild, die Hidradenitis suppurativa (HS) oder Acne inversa, äußerte OA Koller überzeugt seinen persönlichen Standpunkt. Er postulierte, dass diese chronisch rezidivierende entzündliche Dermatose im Bereich der apokrinen Schweißdrüsen ausschließlich chirurgisch zu sanieren sei. Da es sich um Lippenfisteln mit Epithelauskleidung handelt, kann eine medikamentöse antientzündliche oder antibiotische Therapie zwar vorübergehend Linderung, aber niemals eine Ausheilung erbringen, so Koller. Nur die chirurgische Entfernung des Fistelgangs ist seiner Ansicht nach die Therapie der Wahl. Man müsse selbst ausgedehnte Bereiche radikal operieren, so sein Credo, wobei er einräumte, dass der Faktor „chirurgische Erfahrung“ ein Thema sei.<br /> In der anschließenden Diskussion wurden die konservativen und chirurgischen Therapiemuster kontroversiell erläutert. Denn sicherlich sei die lange Ausfallszeit postoperativ für berufstätige Patienten mit HS ein nicht zu unterschätzendes Problem. Der medikamentöse Ansatz sei für diese Patienten oft eine mögliche Alternative zur sicherlich besseren langfristigen chirurgischen Sanierung, meinte Prim. Saxinger abschließend.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: ÖGDV-Jahrestagung, 25.–27. November 2016, Wien
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