
Varikositas

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Die häufigste Ursache einer venösen Insuffizienz ist das primäre Krampfadernleiden, also ein Reflux im oberflächlichen Venensystem. Deutlich seltener findet man als Ursache eine zurückliegende tiefe Venenthrombose, hier kann im tiefen System ein Reflux oder eine Obstruktion vorliegen. Eine weitere in den letzten Jahren häufiger zu stellende Diagnose ist das „venousdependency syndrome“. Hier kommt es bei gesunden Venen durch die Adipositas (ab BMI von 27 möglich) zur Drucksteigerung im venösen System (Tab. 1).
Varikositas
Abb. 1: Normale (links) vs. varikose Vene (rechts; insuffiziente Venenklappen, retrograder Blutstrom, erweiterte Venen)
Die Varikositas ist eine degenerative Erkrankung der Venenwände, die zu einer Erweiterung der Venen mit in der Folge dessen nicht mehr möglichem Klappenschluss führen. Dies kann in allen Beinvenenabschnitten auftreten. Als Folge des insuffizienten Klappenschlusses kommt es zur Druckerhöhung in den distal davon liegenden Venenabschnitten, was wiederum eine Erweiterung und auch Schlängelung der Venen bewirkt (Abb.1). Im Laufe der Zeit entwickelt sich dann das typische Krampfadernbild.
Hämodynamisch relevant ist vor allem die Stammvarikosis der Vv. saphena magna und parva. Aber auch ausgeprägte Seitenastkonvolute oder größere Nester von retikulären Varikosen können den Patienten Beschwerden wie Hitzegefühl, Juckreiz oder ein dumpfes Druckgefühl machen.
Es werden nach Morphologie und Topografie fünf Varizentypen unterschieden:
-
Stammvarizen (Vv. saphena magna et parva),
-
Seitenastvarizen,
-
Perforansvarizen (Verbindungsvenen zwischen tiefem und oberflächlichem System),
-
retikuläre Varizen (2–4mm Größe, netzartig verzweigt) und
-
Besenreiservarizen (kleinste blaue und rote Äderchen an der Hautoberfläche).
Entsprechend der Refluxausdehnung (tiefster Punkt des Refluxes) wird die Stammvarikosis nach Hach von proximal nach distal in die Stadien Hach I–IV eingeteilt (Tab. 2).
Klinische Stadieneinteilung
Im deutschen Sprachraum war über Jahrzehnte die noch vielen geläufige Klassifikation der chronischen venösen Insuffizienz (CVI) nach Widmer gebräuchlich. Mittlerweile hat sich aber auch bei uns die internationale CEAP-Klassifikation etabliert. Neben klinischen Symptomen der CVI berücksichtigt diese auch anatomische, ätiologische und pathophysiologische Aspekte (daher der Name: C: clinical condition, E: etiology, A: anatomic localisation, P: pathophysiology) (Tab. 3).
Häufigkeit
Die primäre Varikosis ist eine sehr häufige Erkrankung. Die Bonner Venenstudie von 2003 zeigt, dass jeder 6. Mann und jede 5. Frau von einem Krampfadernleiden mit venöser Insuffizienz betroffen ist (Tab. 3). Bei ca. 14% fanden sich Varizen ohne die klinischen Zeichen einer venösen Insuffizienz. Schwere Ausprägungen der Erkrankung waren im Vergleich zu den älteren epidemiologischen Studien rückläufig. Allerdings fanden sich auch nur 10%, die gar keine sichtbaren Veränderungenam Venensystem hatten. Wesentliche Risikofaktoren der Varikosis sind an erster Stelle eine positive Familienanamnese, weiters ein fortgeschrittenes Alter und vorangegangene Schwangerschaften. Bei entsprechender Genetik ist die Adipositas ein weiterer Risikofaktor.
Was soll und kann der Allgemeinmediziner tun?
Vom subjektiven Empfinden her können primäre Krampfadern mit oder ohne Beschwerden vorkommen. Das klinische Bild lässt im Regelfall keinen sicheren Schluss auf die individuellen Beschwerden zu. Auch bei kräftiger Varikosis oder ausgeprägten Hautveränderungen ist es nicht selten, dass die Patienten beschwerdefrei sind.
Gut durch verschiedene Studien belegt ist, dass die Varikosis unbehandelt voranschreitet, sodass es im Laufe des Lebens zu einer Progression kommt. Es kommt dabei zu einer Ausdehnung der Refluxstrecken als auch zu einer Progression der klinischen Zeichen und Beschwerden. Wie rasch das geschieht, lässt sich allerdings nicht vorhersagen.
Unbehandelt kann ein ausgeprägtes Krampfadernleiden im Verlauf zu Komplikationen wie oberflächlichen Venenentzündungen (Varikophlebitiden), einem chronischen Beinödem, einem Ulcus cruris oder einer Leitveneninsuffizienz des tiefen Systems führen. Im Zusammenhang mit dem Auftreten einer oberflächlichen Venenthrombose (Varikophlebitis) besteht vor allem zu diesem Zeitpunkt ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer tiefen Beinvenenthrombose.
In Zusammenschau dieser Fakten und da eine Varikositas die Lebensqualität einschränkt (auch das ist durch Studien belegt), ist eine Therapie in jedem Fall anzustreben. Als erste Maßnahme ist das Tragen von Kompressionsstrümpfen zu empfehlen. Als nächste Maßnahme sollte der Patient einem Venenspezialisten vorgestellt werden. Die alleinige Empfehlung einer medikamentösen Therapie ist nicht indiziert (siehe auch AWMF-Leitlinien).
Apparative Diagnostik
Für die phlebologische Diagnositk stehen verschiedene apparative Untersuchungen zur Verfügung. Als erste Screening-Untersuchung kommt in Österreich am häufigsten die digitale Photoplethysmografie (DPPG, Synonym Lichtreflexionsrheografie) zum Einsatz. Diese ist eine nichtinvasive venöse Funktionsdiagnostik. Technisch beruht sie auf unterschiedlichen Reflexionseigenschaften der Haut entsprechend ihrem Durchblutungsgrad. Gemessen wird die Fähigkeit bzw. Kapazität, Blut aus dem Bein zu pumpen, wie z.B. durch Zehenstände, und im Anschluss daran erfolgt die Messung der Wiederauffüllzeit in Ruhe.
Für die Planung des therapeutischen Vorgehens ist eine bildgebende Diagnostik unerlässlich. Heutzutage ist die Duplexsonografie in der prätherapeutischen Diagnostik der Goldstandard. Mittels Duplex lassen sich einfach und schnell die Refluxstrecken erfassen. Weiters kann man damit anatomische Besonderheiten, die für die Wahl der Therapie (Operation oder endovenöse Therapie) von Bedeutung sind, sicher feststellen. Die Phlebografie sollte den Leitlinien entsprechend nur noch für spezielle Fragestellungen zum Einsatz kommen und ist international mittlerweile aus der Routinediagnostik verschwunden.
Therapie
Das Ziel der Varizentherapie ist die Verbesserung der hämodynamischen Situation und damit die Besserung der venösen Beschwerden. Den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie entsprechend (AWMF-Leitlinie) soll nach Möglichkeit eine Sanierung der refluxiven Venenabschnitte vorgenommen werden. Eine konservative Therapie (Kompression und medikamentöse Therapie) soll nur bei Unmöglichkeit einer invasiven Therapie primär empfohlen werden.
Für die invasive Therapie der Varikositas kommen technisch zwei Möglichkeiten in Betracht:
-
Entfernung der refluxiven Strecken (klassische Crossektomie und Stripping, Seitenastphlebektomie) oder
-
Verschluss der refluxiven Strecken durch eine endovenöse Therapie.
Welche Methode zur Anwendung kommt, hängt vom individuellen Krankheitsbild und auch vom Patientenwunsch ab und kann individuell abgestimmt werden. Meist ist es sinnvoll, verschiedene Methoden wie z.B. ein thermisches Verschlussverfahren (wie Laser oder Radiofrequenz) und chirurgische Methoden wie die Seitenastphlebektomie zu kombinieren. In jedem Fall soll der Patient nach einer Varizenbehandlung regelmäßig dem Venenspezialisten zur Kontrolle vorgestellt werden, um Rezidive rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Für den Fall, dass nach einer Varizenbehandlung weiterhin Beschwerden bestehen, sollte eine Kompressionstherapie empfohlen werden. Auch Venenmedikamente können langfristig eingesetzt werden.
Literatur:
Alle Empfehlungen des Artikels beruhen auf den Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie, Version 2019: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037-018.html ; zuletzt aufgerufen am 22.11.2021
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