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Zeitschrift für Gesundheitsrecht

<p class="article-intro">Ende April 2016 erschien die erste Ausgabe der „Zeitschrift für Gesundheitsrecht“, ZfG. Die Herausgeber haben sich vorgenommen, gesundheitsrechtliche Themen niederschwellig für interessierte Leserinnen und Leser in Theorie und Praxis aufzubereiten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>In der ersten Ausgabe muss der Beitrag &bdquo;Erstattungskodex &ndash; Reformbedarf oder verdeckte Rationierung?&ldquo; das Interesse der Vertrags&auml;rzteschaft wecken. Die Autorin, Rechtsanw&auml;ltin Dr. Maria-Luise Plank, h&auml;lt im ersten Absatz zwei Dinge fest. Der Hauptverband hat Reformbedarf f&uuml;r den Erstattungskodex (EKO) festgestellt, ohne auf die Umst&auml;nde einzugehen, die eine &Auml;nderung notwendig machen. Dass das Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt werden, nicht verl&auml;ngert wurde, wirkt sich auf die soziale Krankenversicherung mit einem Minus ihrer Budgetmittel in der H&ouml;he von 125 Mio. Euro aus. Zweifelsfrei entsteht zus&auml;tzlicher Kostendruck.</p> <h2>Probleme mit dem EKO</h2> <p>Als Problemfelder der letzten zehn Jahre seit Herausgabe des Erstattungskodex, der 2005 das Heilmittelverzeichnis abgel&ouml;st hat, f&uuml;hrt die Autorin an: Die Gew&auml;hrung eines Preisbonus f&uuml;r innovative Arzneimittel ist an einen &bdquo;zus&auml;tzlichen wesentlichen Nutzen&ldquo; zu den verf&uuml;gbaren Alternativen gebunden. Diese Terminologie ist weder im ASVG noch anderswo definiert und l&auml;sst der Beh&ouml;rde einen gro&szlig;en Auslegungsspielraum. Zu bedenken ist dabei, dass die verf&uuml;gbaren Alternativen meist Generika sind und auch Innovationen den Preis vergleichbarer Medikamente lediglich um 10 % &uuml;bersteigen d&uuml;rfen. In den letzten Jahren hat sich durch diese Mechanismen die Preisspirale nach unten bewegt, was dazu gef&uuml;hrt hat, dass innovative Produkte, vor allem im Bereich Diabetes, Schmerz, psychiatrische Krankheitsbilder, nicht in den EKO aufgenommen worden sind und &ouml;sterreichischen Patienten h&ouml;chstens nach &Uuml;berwindung administrativer H&uuml;rden zur Verf&uuml;gung stehen. Die uns allen bekannte Formel &bdquo;Dieses Arzneimittel ist gem&auml;&szlig; &sect;351c Abs. 2 ASVG grunds&auml;tzlich nicht erstattungsf&auml;hig&ldquo; entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben und der Judikatur und ist doch eine S&auml;ule der Kostenerstattungspraxis des EKO. Es darf daher niemanden wundern, wenn internationale Konzerne auf &Ouml;sterreich als Markt verzichten. Dies wird nicht ohne Folgen f&uuml;r die Patientenversorgung bleiben und m&uuml;sste dringend &ouml;ffentlich diskutiert werden. Die derzeit etablierte Praxis einer &bdquo;befristeten Zulassung&ldquo; ist in der VO-EKO nicht vorgesehen, mehrere aufeinanderfolgende Befristungen im Sinne einer &bdquo;Ketten-Befristung&ldquo; stellen einen Mangel an Rechtssicherheit und zudem einen Mangel an Therapiesicherheit f&uuml;r betroffene Patienten dar (z.B. Onkologie, Hepatitis C).<br /> <br /> Als weiteres Problemfeld wird die Preisgestaltung von Bio&shy;similars genannt, f&uuml;r die nach dem Willen des Hauptverbandes die Regelung f&uuml;r Generika angewendet wird. Das hei&szlig;t in Zahlen: minus 48 % gegen&uuml;ber dem Original. Das Argument, dass Medikamente, die mit eigenen klinischen Studien ihre Bio&auml;quivalenz beweisen m&uuml;ssen, nicht wie Generika behandelt werden k&ouml;nnen, hat der Hauptverband bis dato ignoriert. Biosimilar-Anbieter, die um 30 % unter dem Erstanbieterpreis zu bleiben bereit sind, wurden nicht in den Erstattungskodex aufgenommen. Dieses Ausschlagen einer realistischen Einsparungsm&ouml;glichkeit hat schon zu einer parlamentarischen Anfrage gef&uuml;hrt.</p> <h2>Effektives Rechtsmittel unerl&auml;sslich</h2> <p>Die Entscheidungen des Hauptverbandes &uuml;ber den Marktzugang von Arzneimitteln sind f&uuml;r die Versorgungssituation &ouml;sterreichischer Patienten wesentlich. So ist es unverzichtbar, dass ein effektives Rechtsmittel zur Pr&uuml;fung der entsprechenden Bescheide besteht. Mit Jahresanfang 2014 wurde im Zuge der Verwaltungsreform die unabh&auml;ngige Heilmittelkommission als Rechtsmittelinstanz f&uuml;r EKO-Entscheidungen durch das Bundesverwaltungsgericht abgel&ouml;st. Dieses Gremium, zusammengesetzt aus Fach&auml;rzten f&uuml;r Pharmakologie und Experten des Sozialversicherungswesens, bedarf keiner zus&auml;tzlichen Sachverst&auml;ndigen, um zu seinen Entscheidungen zu kommen. Die Autorin Dr. Plank bescheinigt dem Bundesverwaltungsgericht, nachvollziehbare Entscheidungen in angemessener Zeit getroffen zu haben. F&uuml;r &Auml;nderungsw&uuml;nsche des Hauptverbandes nach anderen Gremien kann sie keine schwerwiegenden Argumente finden.</p> <h2>Vom Fu&szlig;e des Eisbergs</h2> <p>Um sich aus der Zeitschrift f&uuml;r Gesundheitsrecht zu informieren, bedarf es Zeit und Konzentration. Dann aber ahnt der Leser etwas vom &bdquo;Eisberg&ldquo;, mit dessen Spitze er t&auml;glich konfrontiert ist. Lieferengp&auml;sse bei seit Jahren etablierten Medikamenten, Kontingente bei innovativen Arzneispezialit&auml;ten (z.B. Trajenta), kurz: eine zus&auml;tzliche Erschwernis unserer t&auml;glichen Arbeit, eine Belastung f&uuml;r Patienten, erh&ouml;hter Erkl&auml;rungsbedarf, Motivationsarbeit f&uuml;r Therapietreue etc. Alles in allem ein lieber Gru&szlig; der Gesundheitsb&uuml;rokraten, die seit Jahren daf&uuml;r sorgen, dass alles besser wird. Haben Sie in diesem Zusam&shy;menhang schon etwas von der Patientenanwaltschaft geh&ouml;rt?</p></p>
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