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Fernost als Verkaufsargument

<p class="article-intro">Seit Jahren erfreuen sich insbesondere undurchsichtige asiatische, etwa chinesische, tibetische oder indische Anwendungen zunehmender Beliebtheit. Dazu werden spezielle Wellnessaufenthalte in diesen Ländern touristisch angeboten. Übrigens auch in nord- und südamerikanischen Ländern, die ebenfalls die naturheilkundlichen Erfahrungen der Ureinwohner der jeweiligen Region als Einkommensquelle entdeckt haben.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Wie unterschiedlich die Mengen und Wirkungsst&auml;rken von Substanzen in diversen Pflanzen von Ernte zu Ernte sein k&ouml;nnen, wie sehr sie meistens durch Pestizide und Insektizide belastet und verseucht sind, dar&uuml;ber wird kein Wort verloren. Schon gar nicht in den Internetforen und -m&auml;rkten, die in dem gro&szlig;en Gesch&auml;ft mit solchen Mitteln mitmischen und damit selbst zu bedeutenden Risikofaktoren geworden sind.<br /> Schon die Nomenklatur, beispielsweise die aus dem Chinesischen &uuml;bernommene, ist oft sehr verwirrend und findet keine Analogien in unserer westlichen Schulmedizin. Konfuzius sagte, dass &bdquo;richtige&ldquo; Lebensf&uuml;hrung gesund h&auml;lt, &bdquo;falsche&ldquo; hingegen zu Disharmonie f&uuml;hrt und damit krank macht? &ndash; &bdquo;No na ned!&ldquo; Doch was richtig und was falsch ist, darf man sich wenigstens aussuchen. Was soll man aber mit einer St&ouml;rung der Lebensenergie &bdquo;Qi&ldquo; als Krankheitsursache anfangen, die wiederum eine Folge der Disharmonie zwischen &bdquo;Yin&ldquo; und &bdquo;Yang&ldquo; ist? Letztere beiden Absurdit&auml;ten gelten laut Konfuzius (500 v. Chr.) als Parameter der Harmonie; doch was das vor Jahrtausenden bedeutet haben mag, kann unsereiner heute nicht verstehen.<br /> Und was sollen wir mit einer anderen Lehre, etwa der Diagnosestellung allein durch Sinneseindr&uuml;cke, mit der Zungen- oder Pulsdiagnostik? Was mit urzeitlichen esoterischen Therapien mittels obskurer Arzneien, Akupunkturen, &Ouml;len und Massagen? Buddha, der indische Asket Siddhartha Gautama, postulierte (auch 500 v. Chr.), dass alles Leiden aus dem Verlangen nach k&ouml;rperlicher Befriedigung entspringe. Die katholische Kirche unserer Breiten hingegen behauptet, dass alle Krankheit davon kommt, dass man diesem Verlangen nachgibt. Die Schulmedizin verh&auml;lt sich da eher neutral oder nach Ma&szlig;st&auml;ben der jeweiligen N&uuml;tzlichkeit. Und noch fr&uuml;her, durch all die Jahrtausende vor Buddha, Konfuzius und Hippokrates, hie&szlig; es, Krankheiten w&uuml;rden durch D&auml;monen verursacht, die in den K&ouml;rper eingedrungen seien.<br /> F&uuml;r die Ayurveda-Medizin resultieren &ndash; und das seit 3.000 Jahren &ndash; St&ouml;rungen des Gleichgewichts in unserem Leben haupts&auml;chlich aus der gest&ouml;rten Funktion von Galle, Schleim, Wind und vielen verschiedenen Pulsqualit&auml;ten. Aber nat&uuml;rlich auch aus der Konstellation der Sterne. In Indien ist daraus ein ganz wesentlicher Wirtschaftszweig entstanden, der ohne Zweifel den ganz wichtigen positiven Aspekt hat, dass wohlhabende Menschen aus der westlichen Welt ihr Geld in das arme Indien &uuml;berf&uuml;hren. Dort kann man es auch, Buddha sei unser Zeuge, dringend brauchen! Es ist ohne Zweifel &auml;u&szlig;erst sinnvoll, sein Geld in Entwicklungsl&auml;ndern auszugeben, der Faszination von Land und Leuten zu erliegen, sich von Religion und Kultur verzaubern zu lassen. Vor dem Aberglauben und dem damit verbundenen Handel mit unqualifizierbaren Produkten sollte man sich jedoch h&uuml;ten. Die Massagen nach dem Auftr&auml;ufeln warmen &Ouml;ls w&auml;ren ja noch ganz nett und eher harmlos. Doch Einl&auml;ufe damit oder das Ausl&ouml;sen von Erbrechen durch Einnehmen des &Ouml;ls sind &ndash; wie die auch angebotenen Aderl&auml;sse &ndash; hochgef&auml;hrliche Eingriffe.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1606_Weblinks_Seite27.jpg" alt="" width="423" height="646" /></p> <h2>Alternativ abnehmen</h2> <p>Ein gutes Beispiel f&uuml;r das grunds&auml;tzliche Versagen alternativer Medizin sind die vielen Mittel, die zur Gewichtsreduktion angeboten werden. Abmagerungswilligen wird immer eingeredet, sie k&ouml;nnten ohne irgendwelche nachteilige oder unangenehme Nebenwirkungen &ndash; und nat&uuml;rlich ohne zu darben &ndash; prompt ihre Kilos loswerden. Fettverbrennungsprogramme werden angeboten und von der wundergl&auml;ubigen Kundschaft angenommen, sind aber um nichts wirksamer als die abertausend von anderen di&auml;tetischen Irref&uuml;hrungen.<br /> Dubiose Schlankheitspillen aus dem Internet bringen ebenso dubiosen Verk&auml;ufern Unsummen von Geld auf meist noch dubiosere Konten. Es handelt sich bei diesen Pillen fast durchwegs um illegal verkaufte Medikamente unbekannter Zusammensetzung, &uuml;ber die man &uuml;berhaupt nichts wei&szlig;. Au&szlig;er dass sie als Arzneimittel meist gar nicht zugelassen sind. Und von den oft schwerwiegenden Nebenwirkungen wird in eventuell vorhandenen Beschreibungen, die ohnehin nur Werbetexte sind, schon gar nichts erw&auml;hnt. Immer wieder liest man auch von Naturprodukten, die Wunderwirkungen entfalten sollen: ob frisch gepresster Preiselbeersaft aus der Alchimistenk&uuml;che der Getr&auml;nkeindustrie, Pulver aus der Kralle des Tigers &ndash; zum Gl&uuml;ck f&uuml;r die Tiger eh gef&auml;lscht &ndash;, Fruchttee vom beliebten Zinnober oder was auch immer einem noch einfallen mag. Das alles darf vom Boulevard auf sogenannten Wellness- oder Lebensstilseiten als medizinisches Wundermittel gegen alles angepriesen werden.<br /> Selbst Medien, die sonst einen seri&ouml;sen Eindruck machen, springen unkritisch auf diese Themen auf. Und es findet sich kaum ein Arzt, schon gar kein Funktion&auml;r der &Auml;rztekammer, der den Mut und die moralische Kraft aufbringt, vor diesen potenziell lebensgef&auml;hrlichen Ratschl&auml;gen laut zu warnen. Schlimmer noch: Man wird den Verdacht nicht los, dass wir &Auml;rzte dabei sogar mitmachen und von den Sch&auml;den ganz gut leben, die durch unlautere und irref&uuml;hrende Bewerbung von Wundermitteln angerichtet werden.<br /> In einer Zeit, in der &Uuml;bergewicht unsere westliche Gesellschaft zunehmend pr&auml;gt, glauben immer mehr Leute aus der &uuml;berfressenen Wohlstandsbev&ouml;lkerung, es sich nach dem opulenten Gelage im Wellnesshotel mit ein paar obskuren Pillen wieder richten zu k&ouml;nnen. Sie sind trotz aller Warnungen nicht bereit, dar&uuml;ber nachzudenken, dass diese Menge an fetter, s&uuml;&szlig;er Nahrung, oft genug durch Alkohol potenziert und durch alle m&ouml;glichen Medikamente ver&auml;ndert, gef&auml;hrliche Effekte hat. Und sie wollen sich nicht im Traum darauf einlassen, das einzig Wirksame zu tun: weniger zu essen!</p></p>
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