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Differenzialdiagnose und Therapie der für den klini- schen Alltag wesentlichsten Lungenerkrankungen
DAM
Autor:
OÄ Dr. Eveline Kink, MBA
LKH Hörgas-Enzenbach, Gratwein-Straßengel<br> E-Mail: eveline.kink@lkh-hoergas.at
30
Min. Lesezeit
19.10.2017
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<p class="article-intro">Sowohl akute Infektionen der unteren Atemwege als auch chronische Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD werden überwiegend vom Allgemeinmediziner behandelt. Dieser Artikel soll diagnostische Entscheidungen erleichtern und Neuerungen in der Therapie aufzeigen.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Pneumonien sind mit einer Inzidenz von 5–10 Fällen pro 1000 Einwohner/Jahr häufige Akuterkrankungen mit einer in der Bevölkerung unterschätzten Letalität von bis zu 30 % , abhängig vom Schweregrad. 2016 wurde von den DACH-Ländern gemeinsam eine neue Leitlinie publiziert, welche in der Risikostratifizierung neben dem bekannten CRB65-Score („confusion“, „respiration rate“ >30“, „blood pressure“ <90mmHg und Alter ≥65 Jahre) nun auch den funktionellen Status, die Komorbiditäten und die Sauerstoffsättigung berücksichtigt.</p> <h2>Differenzialdiagnose von Pneumonien</h2> <p>Die Klinik der Pneumonie ist unspezifisch und reicht von Fieber mit Allgemeinsymptomen wie Myalgien und Arthralgien über pulmonale Symptome wie Husten, Auswurf, Atemnot und Thoraxschmerz bis hin zu schweren Verwirrtheitszuständen, insbesondere bei älteren Personen. Zur Diagnosesicherung und zwecks Abgrenzung zu Infektionen der oberen Atemwege wird ein Thoraxröntgen verlangt, in den letzten Jahren hat aber auch die Thoraxsonografie an Bedeutung gewonnen. Erhöhte Biomarker wie CRP und PCT unterstützen die Diagnose und werden auch für die Verlaufskontrolle herangezogen. Eine Erregerdiagnostik ist im ambulanten Bereich für unkomplizierte Verläufe nicht erforderlich.<br /> Mit fast 50 % sind die Pneumokokken die häufigsten Erreger, wobei es gehäuft zu Komplikationen oder intensivpflichtigen Verläufen kommen kann. Eine Therapie bei Pneumonie muss daher immer ein gegen Pneumokokken wirksames Antibiotikum, wie z.B. Penicillin, beinhalten. Nur bei mittelschweren und schweren Pneumonien wird eine Kombinationstherapie mit einem Makrolid empfohlen. Die Therapiedauer beträgt in der Regel für unkomplizierte Verläufe 5–7 Tage, bei komplizierten Verläufen wie Abszedierung oder Pleuraempyem sowie bei Infektionen mit Legionellen sind längere Therapien erforderlich.<br /> Nur bei unter Therapie progredienter, persistierender oder rezidivierender Pneumonie ist eine weitere Abklärung erforderlich. Eine Computertomografie des Thorax sowie die Thoraxsonografie, die Keimdiagnostik aus Blut, Sputum und aus bronchoskopisch gewonnenem Material, eine Echokardiografie sowie der Ausschluss einer Erkrankung des Immunsystems zählen zum differenzialdiagnostischen Standard (Tab. 1).<br /> Als Präventivmaßnahmen stehen die Pneumokokken- und Grippeimpfungen sowie die Nikotinkarenz zur Verfügung. Insbesondere bei rezidivierenden Pneumonien sollte eine Dysphagie ausgeschlossen werden und die bestehende Medikation kritisch hinterfragt werden. Insbesondere der „Magenschutz“ durch Säureblockade und inhalative Steroide gelten als Auslöser von Pneumonien.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707+08_s24_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="711" /></p> <h2>Obstruktive Ventilationsstörungen</h2> <p>Asthma und COPD gehören zu den häufigsten obstruktiven Ventilationsstörungen, seltener finden sich z.B. auch genetische Erkrankungen wie die Mukoviszidose und das Alpha-1-Antitrypsinmangelemphysem, welche zusätzlich zur Lungenerkrankung auch andere Organmanifestationen aufweisen. Während die Mukoviszidose in Österreich durch ein Neugeborenen-Screening bereits frühzeitig diagnostiziert wird, ist der Alpha-1-Antitrypsinmangel oft unerkannt und sollte bei Erstdiagnose einer obstruktiven Ventilationsstörung durch eine einfache Blutabnahme immer ausgeschlossen werden. Zur Diagnosestellung einer obstruktiven Ventilationsstörung ist eine lungenfunktionelle Untersuchung zwingend erforderlich, die Diagnose gilt bei einem Verhältnis von FEV1/FVK von unter 70 % als gesichert.<br /> Klinisch finden sich typische Symptome wie Atemnot insbesondere bei Belastung, Husten und Auswurf, sodass die Unterscheidung insbesondere zwischen COPD und Asthma oft schwierig ist. Beide Krankheiten können in phänotypisch sehr ähnlichen Varianten oder auch in Kombination auftreten. Hilfreich sind wiederholte Anamnesen und die Verlaufsbeobachtung. Das Asthma zeigt im Allgemeinen eine höhere Variabilität der Symptome und der Lungenfunktionsparameter. Insbesondere ein gutes Ansprechen auf Bronchodilatatoren in der Lungenfunktion, der sogenannte Lyseeffekt, gilt als Hinweis auf das Vorliegen von Asthma. Akute Verschlechterungen, die sogenannten Exazerbationen, treten oft im Rahmen von respiratorischen Infekten auf. Präventiv wird daher die Grippe- und Pneumokokkenimpfung empfohlen.<br /> Die inhalative Therapie ist für alle obstruktiven Ventilationsstörungen wesentlich und hat sich durch die Entwicklung von lang wirksamen Medikamenten in den letzten Jahren verbessert. Dennoch sind kurz wirksame Medikamente weiterhin als Notfallsmedikation bei akuter Verschlechterung erforderlich. Die Deposition der Medikamente in der Lunge ist vom Atemfluss abhängig, sodass nicht alle Inhalationsdevices für Patienten mit schweren Obstruktionen geeignet sind. Unterschiedliche Therapieansätze (Tab. 2) erfordern eine Differenzierung zwischen den obstruktiven Ventilationsstörungen, insbesondere die inhalativen Steroide sind zurzeit nur für Asthma als Erstlinienmedikament empfohlen. Wesentlich ist auch die medikamentöse Therapie von Komorbiditäten bzw. von Organmanifestationen, welche entsprechend den Leitlinien erfolgen kann.<br /> Als nicht medikamentöse Therapiesäulen sind die Nikotinkarenz und die pulmonale Rehabilitation zu nennen. Die Langzeitsauerstofftherapie ist bei respiratorischer Insuffizienz seit vielen Jahren etabliert. Der Einsatz der nicht invasiven außerklinischen Beatmung wird seit der Studie von Köhnlein et al. aufgrund der sensationellen Senkung der Mortalität auch für Patienten mit stabiler Hyperkapnie empfohlen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707+08_s25_tab2.jpg" alt="" width="1417" height="800" /></p></p>
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