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COPD – aktuelle Empfehlungen für die Praxis
DAM
Autor:
Prim. Dr. Peter H. Heininger
Reha-Zentrum Münster<br> E-Mail: peter.heininger@reha-muenster.at
30
Min. Lesezeit
27.04.2017
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<p class="article-intro">Obwohl das Rauchen immer mehr eingeschränkt wird, ist die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) unverändert auf dem Vormarsch.</p>
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<p class="article-content"><p>COPD – aktuelle Empfehlungen für die Praxis<br />Obwohl das Rauchen immer mehr eingeschränkt wird, ist die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) unverändert auf dem Vormarsch.<br />Ab dem 40. Lebensjahr stellen Husten, vermehrte Sputumproduktion und Belastungsdyspnoe bei gleichzeitiger Schadstoffexposition die wichtigsten Symptome für eine notwendige weitere Abklärung hinsichtlich COPD dar.<br />In den neuen GOLD-Guidelines 2017 fließen neben dem durch inhalative Noxen verursachten Lungenschaden, der zu andauernder Behinderung des Atemflusses führt, auch die persistierenden respiratorischen Symptome in die Definition ein (Abb. 1).<br />Im Laufe der Erkrankung kommt es durch die Noxeneinwirkung zu einer Entzündung der Luftwege mit Zerstörung der Bronchialepithelzellen, ebenso zu einem Ungleichgewicht zwischen Proteasen, Mucus-Hypersekretion und in weiterer Folge zu einer Zerstörung des Parenchyms mit Ausbildung eines Emphysems sowie teilweise auch zu einer Erkrankung der kleinen Atemwege mit Alveolardes­truktion.<br />Rauchen ist hierbei jedoch nicht der einzige Risikofaktor. Selbstverständlich sind auch Staubbelastungen im Beruf wie auch Verbrennung von Biomasse in beengten Räumen und Umweltverschmutzung als Risikofaktoren zu nennen. Vor allem die Verbrennung von Biomasse ist weltweit gesehen der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung von COPD in Schwellenländern. <br />Eine genetische Prädisposition sowie der Verlauf des Lungenwachstums während der Entwicklung wie auch Alter, Geschlecht und sozioökonomischer Status und nicht zuletzt Ernährung und Komorbiditäten spielen in der Entwicklung der COPD eine wichtige Rolle. <br />Ursprünglich wurde die COPD in 4 GOLD-Stadien eingeteilt, je nach Beeinträchtigung der Lungenfunktion. Mit der Entwicklung der GOLD-Guidelines wurde in weiterer Folge die Wichtigkeit der Exazerbation für den Verlauf der Erkrankung und der Prognose berücksichtigt. Ebenso flossen zuletzt mit dem CAT („COPD assessment test“) oder der MRC(„Modified Medical Research Council“)-Dyspnoe-Skala die Symptome in die Klassifikation ein. So entwickelte sich das bis zur Neuauflage der GOLD-Guidlines 2017 gültige ABCD-Schema.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1703_Weblinks_s20.jpg" alt="" width="1455" height="945" /></p> <h2>Paradigmenwechsel in der COPD-Therapie</h2> <p>Es veränderte sich jedoch nicht nur die Einteilung der COPD, sondern es fand auch ein Paradigmenwechsel in der Therapie der COPD statt (Abb. 2). Bronchodilatation ist dabei die wichtigste Säule der Therapie. Sie führt zu einer Reduktion von Bronchokonstriktion, zu einer Verminderung des „air trapping“ und damit auch zu einer Linderung der respiratorischen Beschwerden sowie zur Steigerung der körperlichen Belastbarkeit. Als Bronchodilatatoren werden inhalativ sowohl LAMA („long-acting muscarinic receptor antagonists“) als auch LABA („long-acting beta-agonists“) eingesetzt. LAMA greifen als Antagonisten am M3-Rezeptor an, LABA als Agonisten am β2-Rezeptor. Diese beiden Substanzen wirken daher mit komplementären Mechanismen. Aufgrund der auch örtlichen Unterschiede der Rezeptoren mit M3-Rezeptoren v.a. in den proximalen Atemwegen und β2-Rezeptoren in den distalen Lungenabschnitten bilden LAMA und LABA eine gute Kombination in der Therapie der Bronchoobstruktion.<sup>1</sup> Im Hinblick auf die Exazerbation sind LAMA den LABA überlegen und werden daher häufig als erste Substanz eingesetzt. <br />Da sich der stärkste FEV<sup>1</sup>-Verlust bereits in einem frühen COPD-Stadium manifestiert, ist eine frühe Diagnostik wie auch die rechtzeitige Therapie sehr wichtig. Bezüglich der inhalativen Steroide (ICS), des 3. Spielers im Reigen der wichtigen inhalativen Medikamente bei COPD, hat in den letzten Monaten und Jahren ein Umdenken in der Therapie der COPD begonnen. Eingeläutet durch die WISDOM-Studie<sup>2</sup>, in der sich nach stufenweiser Wegnahme des inhalativen Kortikosteroids keine Zunahme der Exazerbationen zeigte, stellte sich die Frage: ICS, quo vadis? Anhand der in letzter Zeit gewonnenen Erkenntnisse ist der Einsatz der inhalativen Kortikosteroide bei Patienten mit häufiger Exazerbation sinnvoll. <br />Heiß diskutiert wird der Stellenwert der Eosinophilen bei COPD. Es verdichten sich die Hinweise darauf, dass auch bei erhöhter Eosinophilenzahl der Einsatz eines ICS sinnvoll ist. Dies ergab sich auch aus Subgruppenanalysen in der WISDOM-Studie.<br />Insgesamt ist auf die Wichtigkeit der Individualisierung der COPD-Therapie hinzuweisen. Der Bogen spannt sich hierbei von Patienten mit ausgeprägtem Emphysem bis hin zu Patienten mit deutlicher Hypersekretion, die eher von entzündungshemmenden Therapien profitieren dürften. <br />Bei den meisten COPD-Patienten ist von Beginn an ein dauerhafter Einsatz lang wirksamer Substanzen sinnvoll. Durch Kombination von LABA und LAMA kann eine additive Wirkung erzielt werden, die über Effekte der Monotherapie hinausgeht. <br />Wichtig sind vor allem die Auswahl des richtigen Devices sowie auch die Abfrage der Zirkadiansymptomatik des Patienten und damit die Gabe von Präparaten, die entweder 1x täglich oder 2x täglich angewendet werden. Fixe Kombinationspräparate erleichtern die Therapie. <br />Tripelkombinationen sind in der Pipeline. Ebenso mit Spannung erwartet werden die Ergebnisse von Studien zum Vergleich einer dualen Bronchodilatation mit Tripelkombination, die uns sicher weitere Aufschlüsse über den Stellenwert der Kortikosteroide geben werden. <br />Theophyllin hat aufgrund seiner geringen therapeutischen Breite nur bei Theophyllin-Respondern einen Stellenwert. <br />Aufgrund der Vielfalt an erhältlichen Devices ist es möglich, für jeden Patienten individualisiert die richtige inhalative Präparatkombination in der richtigen Dosierung zu finden und damit dem Patienten eine optimale inhalative Therapie zu ermöglichen. <br />Die pneumologische Rehabilitation, als nicht medikamentöse Therapie, ist mit der Raucherentwöhnung eine wichtige Säule der ganzheitlichen Behandlung der COPD-Patienten, hierbei ist eine frühzeitige Intervention vor allem nach einer Exazerbation mit deutlichem Nutzen für den Patienten verbunden (Evidenz 1A).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1703_Weblinks_s22.jpg" alt="" width="1454" height="1453" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Barnes PJ: Distribution of receptor targets in the lung. Proc Am Thorac Soc 2004; 1(4): 345-51 <strong>2</strong> Magnusson H et al: Withdrawal of inhaled glucocorticoids and exacerbations of COPD. N Engl J Med 2014; 371(14): 1285-94</p>
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