
©
Universimed 2020
Behandlung der rheumatoiden Arthritis heute
DAM
Autor:
Prim. Doz. Dr. Burkhard Leeb
2. Medizinische Abteilung<br> NÖ Kompetenzzentrum für Rheumatologie<br> Landesklinikum Korneuburg – Stockerau<br> Standort Stockerau<br> E-Mail: burkhard.leeb@stockerau.lknoe.at<br> 2020 Hollabrunn, Babogasse 20<br> E-Mail: leeb.rheuma@aon.at
30
Min. Lesezeit
22.03.2018
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis basiert auf einer gemeinsamen Entscheidung von Patient und Arzt. Deren Hauptziele sind eine optimale Kontrolle der Krankheitszeichen und Erhaltung der Funktionalität, auch durch Verhinderung der Gelenkzerstörung. Hierdurch werden langfristig die bestmöglichen körperlichen und sozialen Kapazitäten sowie die höchstmögliche Lebensqualität angestrebt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die rheumatoide Arthritis (RA) tritt bei 0,5–1 % der Bevölkerung auf und ist somit die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung neben der Gicht. In Österreich kann man mit ca. 60 000 bis 70 000 Patienten rechnen, wobei Frauen dreimal so häufig betroffen sind wie Männer. Die Erkrankung kann grundsätzlich in jedem Alter auftreten, am häufigsten jedoch bei Patienten zwischen 40 und 60 Jahren. Bei etwa drei Viertel der Patienten fällt der Nachweis von Rheumafaktoren oder Antikörpern gegen citrullinierte Peptide positiv aus.</p> <h2>Anamnese</h2> <p>Bei Gelenksschwellungen unbekannter Ursache, einer zunehmenden Morgensteife der Gelenke sowie bei Funktionsverlust bzw. Kraftverlust vor allem der Hände sollte ein Patient einer rheumatologischen Begutachtung zugeführt werden.<br /> Für die Diagnose an sich ist das Vorliegen einer arthritischen Gelenksschwellung essenziell. Diese fühlt sich wie ein mit Wasser gefüllter Wasserball an, ist in den seltensten Fällen rot und auch fast nie überwärmt. Beides würde eher auf septische Arthritiden oder Kristallarthropathien (wie etwa Gicht, Chondrokalzinose) hinweisen. Bei immunsupprimierten Patienten und alten Patienten sind diese Anzeichen nicht so ausgeprägt. Im Falle diagnostischer Unsicherheit sollte das geschwollene Gelenk punktiert und das Punktat hinischtlich Zellzahl, Kristallen und Erregern analysiert werden. Gemeinsam mit den Laborbefunden (Leukozytose) ist dies für Differenzialdiagnosen wesentlich.<br /> Die Schwellungen bei rheumatoider Arthritis beginnen zumeist an den kleinen Gelenken, vor allem aber an den Füßen. Es können allerdings auch – und das sogar Monate oder Jahre vor dem eigentlichen Ausbruch der Krankheit – sogenannte Vorläufergelenke befallen sein. Oft ist davon ein großes Gelenk, wie etwa das Knie, betroffen und die Entzündung bildet sich nicht selten ohne gravierende Maßnahmen zurück. Bei der Anamnese kann dies jedoch abgefragt werden.<br /> Als wesentlichste Differenzialdiagnose ist die septische Arthritis zu nennen. Sie ist ein Notfall, da sie ein Gelenk sehr schnell zerstören oder auch rasch zu einer Sepsis mit Multiorganversagen führen kann. Zu den weiteren Differenzialdiagnosen zählen Kollagenosen, aktivierte Arthrosen, Kristallarthropathien in höherem Lebensalter und Spondarthropathien.</p> <h2>Therapieoptionen und Ziele der Behandlung</h2> <p>Das komplexe Behandlungsprogramm der RA sollte eingehend besprochen und gemeinsam mit dem Patienten festgelegt werden, denn der Patient ist es, der mit der Erkrankung und deren Folgen leben muss.<br /> Nichtsteroidale Antirheumatika (NSARs) oder Steroide helfen rasch und können dem Patienten zunächst Erleichterung verschaffen, bevor er den Rheumatologen aufsucht. Wichtig in diesem Fall ist allerdings die Dokumentation der Beschwerden durch den Hausarzt.<br /> Sobald die Diagnose einer RA gestellt ist, sollte eine Therapie mit klassischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) eingeleitet werden. Denn je eher mit der Behandlung begonnen wird, umso besser sind die Aussichten für den Patienten und umso geringer sind die therapeutischen Maßnahmen, die gesetzt werden müssen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.<br /> Das Ziel einer Remission bzw. niedrigen Krankheitsaktivität sollte so schnell wie möglich erreicht werden. Die Anpassung der Therapie ist erforderlich, solange dieses Ziel nicht erreicht ist. Hierzu ist eine engmaschige Kontrolle erforderlich. Bei aktiver RA sollte Methotrexat (MTX) als erstes DMARD eingesetzt werden. Falls dieses nicht geeignet ist, sollte die Therapie mit einem anderen klassischen DMARD (z.B. Leflunomid oder Sulfasalazin) begonnen werden. Glukokortikoide sollten initial in niedriger bis mittelhoher Dosierung als Ergänzung verabreicht werden. Wird trotz optimierter Monotherapie mit einem klassischen DMARD das Therapieziel nicht erreicht, kann auch eine Kombination mehrerer DMARDs eingesetzt werden – in anderen Ländern, wie Deutschland, ist dies verpflichtend. Bei hoher Krankheitsaktivität, insbesondere in Verbindung mit ungünstigen Prognosefaktoren, sollte die Einleitung einer Behandlung mit einem Biologikum (Biosimilar) bzw. einem neuen synthetischen DMARD, wie JAK-Hemmern, erwogen werden.<br /> Eine adäquate Schmerzbehandlung, die sich nach der Ursache des Schmerzes richtet (der nicht immer nur entzündlicher Ursache sein muss), ist sicherlich enorm wichtig. Es sollte angestrebt werden, den Patienten möglichst schmerzfrei zu halten, damit die Funktionalität erhalten bleibt und der Betroffene sich möglichst uneingeschränkt bewegen kann, wodurch in der Folge auch seine Risikofaktoren minimiert werden. Die akute Schmerzbehandlung bedarf sicher auch der Unterstützung des Hausarztes.<br /> Neben der medikamentösen Therapie sind begleitende Ergotherapie, unter anderem zur Vermeidung der Überlastung von Gelenken, und aktive Therapien wie Krafttraining oder Ausdauertraining für den Patienten von entscheidender Bedeutung. Passive physikalische Therapien können zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.</p> <h2>Relevante Komorbiditäten</h2> <p>Die RA ist nach wie vor weiterhin mit erhöhter Morbidität und teilweise auch gesteigerter Mortalität verbunden. Kardiovaskuläre und respiratorische Begleiterkrankungen, Fettstoffwechselstörungen und psychische Probleme (Depressionen) sind häufig dafür verantwortlich. Vor allem aber weisen RA-Patienten mit ca. 3–10 schweren Infektionen pro 100 Patientenjahren ein signifikant höheres Infektionsrisiko auf als Nicht-RA-Patienten.</p> <h2>Der RA-Patient beim Hausarzt</h2> <p>Es bedarf zweifelsohne einer guten Zusammenarbeit von Patient, Allgemeinmediziner und Rheumatologen. Wenn es dem Patienten gut geht, ist die Vorstellung des Patienten beim Rheumatologen nicht immer erforderlich, jedoch sollten in regelmäßigen Intervallen Kontrolluntersuchungen erfolgen.<br /> Die Beurteilung der Aktivität der rheumatoiden Arthritis kann nach einem Ampelsystem erfolgen (RADAI-5-Fragebogen, Abb. 1). Ist das Ergebnis der Befragung eine stabil niedrige Krankheitsaktivität, dann reicht es, zu überprüfen, ob die Medikation gut vertragen wird (Laborwerte) bzw. ob relevante Komorbiditäten bestehen. Ergibt die Untersuchung einen mittelgradig erhöhten Wert (3–3,5), gleich einer gelben Ampel, gilt es abzuklären, weshalb sich der Patient schlecht fühlt (z.B. Infektion, Verschlechterung der RA, Depression etc.). Liegt eine deutliche Verschlechterung im Vergleich zur vorangegangenen Untersuchung vor, soll der Patient dem Rheumatologen umgehend vorgestellt werden.<br /> Bei Auftreten von Fieber sollte die laufende DMARD-Therapie pausiert werden und der Kontakt mit dem rheumatologischen Zentrum gesucht werden, Impfungen (z.B. Herpes Zoster) vor bzw. während der laufenden Therapie sollten gemeinsam vom Hausarzt und dem Rheumatologen mit dem Patienten beratschlagt werden. Ebenso geplante Operationen, nicht nur im orthopädisch-rheumachirurgischen Bereich, sondern auch Zahnextraktionen, Implantate oder das Management der Osteoporose.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_DAM_Allgemeinm_1801_Weblinks_s30_abb1.jpg" alt="" width="1419" height="2434" /></p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p>beim Verfasser</p>
</div>
</p>