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Gesundheit und Forschung

Wie Corona den Charakter verändert …

Zürich/Basel - Der Charakter ist nicht unveränderlich in der Persönlichkeit eines Menschen festgeschrieben, wie eine Psychologin und ein Psychologe der Universitäten Zürich und Basel nun herausgefunden haben. Sie erfassten, wie die erste Corona-Welle die Menschen charakterlich veränderte. Nach den Erkenntnissen ihrer Studie schien der erste, teilweise Lockdown im Frühjahr 2020 die Menschen tatsächlich charakterlich stärker gemacht zu haben.

Lange Zeit nahm die Fachwelt an, dass sich die Persönlichkeit eines Menschen ab rund 30 Jahren kaum mehr verändert. Nach und nach schält sich aber heraus, dass insbesondere einschneidende Lebensereignisse wie Krankheit oder traumatische Erlebnisse die Persönlichkeit verändern können. So war das offensichtlich bei der Corona-Pandemie der Fall, wie Fabian Gander und Lisa Wagner im Fachmagazin «European Journal of Personality» berichten. Ihre Erkenntnisse gewannen sie aus einer Online-Umfrage mit 266 Studienteilnehmenden, beruhend auf deren Selbsteinschätzung.

Die Psychologie kennt 24 Charakterstärken. Das sind positive Persönlichkeitsmerkmale, zu denen beispielsweise Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Dankbarkeit zählen. Die Probanden gaben an, dass sowohl sie selbst als auch ihr nächstes Umfeld während des teilweisen Lockdowns charakterlich gewachsen seien. «Insgesamt konnten die Menschen zumindest der ersten Phase der Pandemie auch etwas Positives abgewinnen», so die Zürcher Psychologin. Wobei dieser Effekt lediglich bei zwei Charakterstärken messbar war.

Messbare Veränderungen

Die Forschenden interessierten sich nämlich nicht nur für die wahrgenommenen, sondern auch für die tatsächlichen Veränderungen. Als hilfreich erwies sich eine Umfrage, die das Team bis zu eineinhalb Jahre vor der Covid-19-Krise durchgeführt hatte. Dieselben Personen wurden im Sommer 2020 gebeten, den Fragebogen, der die Charakterstärken erfasst, nochmals auszufüllen. Resultat: Bescheidenheit und Umsicht hatten tatsächlich zugenommen, bei den anderen Charakterstärken liess sich keine Änderung feststellen.

Es gebe zwar keine Daten aus einer späteren Phase der Pandemie. «Aber ich gehe davon aus, dass dieses subjektiv wahrgenommene, positive Charakterbild erblasst ist.» Die plötzliche Veränderung und Herausforderung zu Beginn sei in eine lang anhaltende Gesundheitskrise übergegangen, was eine gewisse Corona-Müdigkeit und dementsprechend eher das Negative in den Vordergrund rückt.

Trotzdem denkt die Psychologin, dass die zwei im Vorher-nachher-Vergleich erfassten Veränderungen – Bescheidenheit und Umsicht – sich in der Persönlichkeit der Menschen verankert haben könnten. (sda/red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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