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Gesundheit und Politik

Organspende: Schweiz stimmt ab

Bern - Am 15. Mai stimmt die Schweiz über neue Regeln für die Entnahme von Spenderorganen von Verstorbenen ab. Neu eingeführt werden soll eine erweiterte Widerspruchslösung. Das bedeutet: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden will, muss dies ausdrücklich festhalten oder Angehörige informieren.

Rund 450 Personen pro Jahr haben in den letzten fünf Jahren ein gespendetes Organ erhalten. Der Bedarf ist allerdings höher: Ende 2021 standen 1434 Menschen auf der Warteliste. Verstorbenen dürfen Organe nur dann entnommen werden, wenn sie sich selbst zu Lebzeiten damit einverstanden erklärt haben. So sieht es die «erweiterte Zustimmungslösung» vor. Ist nicht bekannt, was die verstorbene Person wollte, werden die Angehörigen befragt. Müssen sie entscheiden, lehnen sie eine Spende häufig ab.

Sieben Organe kann ein Mensch nach Angaben der Stiftung Swisstransplant spenden: Herz, Lunge, Leber, beide Nieren, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Transplantierbar sind zudem Gewebe und Zellen wie Augenhornhaut, Haut, Herzklappen und grosse Blutgefässe, Knochen, Knorpel, Sehnen und Bänder sowie Blutstammzellen. Mehrere Kranke können von einem Spender ein Organ oder Gewebe erhalten.

Jeder wird grundsätzlich zum Spender

Der Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» haben Bundesrat und Parlament einen indirekten Gegenvorschlag gegenübergestellt, über den jetzt abgestimmt wird und der bewirken soll, dass mehr Spenderorgane zur Verfügung stehen. Mit den Anpassungen des Transplantationsgesetzes werden alle nach dem Tod grundsätzlich Spender, es sei denn, jemand hat ausdrücklich festgehalten, keine Organe spenden zu wollen.

Liegt keine solche Willensäusserung vor, werden die nächsten Angehörigen befragt, und sie können eine Spende ablehnen. Sind keine Angehörigen erreichbar, etwa bei Touristen oder Geflüchteten, dürfen keine Organe entnommen werden.

Die Volksinitiative regelte im Gegensatz zum indirekten Gegenvorschlag den Einbezug der Angehörigen nicht. Wegen dieses Einbezugs ist bei der Gesetzesänderung von «erweiterter Widerspruchslösung» die Rede. Tritt der Gegenvorschlag in Kraft, wird die Initiative zurückgezogen.

Die Erklärung, dass man nach dem Tod keine Organe spenden will, soll in ein neues Register aufgenommen werden. Eine Umstellung könnte frühestens 2023 erfolgen. Das Gesetz sieht zudem vor, dass die Bevölkerung regelmässig und umfassend über die neue Regelung für eine allfällige Organentnahme informiert wird.

Änderung entspricht «europäischem Trend»

Für Gesundheitsminister Alain Berset entspricht der Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung einem europäischen Trend. Die Änderung sei eine konkrete Antwort auf den Organmangel respektive auf die Tatsache, dass zu wenige Menschen sich zu Lebzeiten dazu äusserten, so der Minister. Organe spenden könnten wie heute auch weiterhin nur Personen, die in einem Spital sterben.

Gegner der erweiterten Widerspruchslösung halten diesen Ansatz für ethisch fragwürdig und kritisieren einen massiven Eingriff in die Grundrechte. (sda/red)

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