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PneumoUpdate 2019

Wissenschaft und Pneumologie: neue Studien aus Österreich

<p class="article-intro">Für den Zeitraum von Jänner 2018 bis Juni 2019 findet man 654 Treffer für die Begriffe „Lunge und Österreich“ in der PubMed-Domäne. Die Mehrzahl der Arbeiten befasst sich mit den Themen Asthma, pulmonale Hypertonie, rechter Ventrikel, Entzündungen und chronische Lungenerkrankungen. Der Schwerpunkt dieses Artikels wird auf dem Umbau von Lungengefäßen, dem sogenannten Remodeling, liegen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Das Remodeling, also der Gef&auml;&szlig;umbau der kleinen Lungengef&auml;&szlig;e, unterscheidet sich bei den verschiedenen Formen der pulmonalen Hypertonie.</li> <li>Es scheint einen speziellen vaskul&auml;ren Ph&auml;notyp der COPD zu geben.</li> <li>Die Entz&uuml;ndungslandschaft im Bereich der kleinen Lungengef&auml;&szlig;e ist bei pulmonaler Hypertonie charakteristisch und weist Z&uuml;ge von Autoimmunit&auml;t auf.</li> <li>Nichtkodierende RNA sind wichtige Modulatoren des Verhaltens der glatten Muskelzellen der Pulmonalarterien.</li> <li>Die rechtsventrikul&auml;re Fibrose ist mit einer Verschlechterung der Funktion assoziiert, eine antifibrotische Therapie ist jedoch m&ouml;glicherweise nicht zielf&uuml;hrend, um die Funktion zu verbessern.</li> </ul> </div> <p>Was bedeutet Remodeling? Das Remodeling bezeichnet eine Verengung der kleinen Gef&auml;&szlig;e in der Lunge, die zu einem erh&ouml;hten Gef&auml;&szlig;widerstand und damit zu einem Druckanstieg in den Pulmonalarterien f&uuml;hren kann. Das Remodeling kann prim&auml;r die kleinen Pulmonalvenen betreffen, etwa bei einer chronischen Linksherzinsuffizienz, oder aber die kleinen Pulmonalarterien, wie etwa bei einer pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH). Ein Druckanstieg in den Pulmonalarterien definiert eine pulmonale Hypertonie (PH). Die pulmonale Hypertonie kann zur Verdickung der W&auml;nde der rechten Herzkammer, zur Erweiterung der rechten Herzh&ouml;hlen und letztendlich zum Rechtsherzversagen f&uuml;hren. Die Ursachen der pulmonalen Hypertonie sind vielf&auml;ltig. Selbst bei der seltenen Form der PAH unterscheidet man zwischen Patienten mit einem unbekannten Ausl&ouml;ser (idiopathische PAH) und solchen mit einer erblichen Form (heredit&auml;re PAH). Sehr viel h&auml;ufiger ist allerdings die pulmonale Hypertonie in der Folge von Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Bei Patienten mit PH in Folge von Lungenerkrankungen ist die Prognose schlechter als bei Patienten mit idiopathischer PAH.</p> <h2>Gibt es einen &bdquo;vaskul&auml;ren Ph&auml;notyp&ldquo;?</h2> <p>Im Fachjournal AJRCCM stellte unsere Gruppe mit internationalen Kollegen die Frage, ob es bei Patienten mit COPD einen &bdquo;vaskul&auml;ren Ph&auml;notyp&ldquo; gibt. Durch Literaturrecherchen hatten wir herausgefunden, dass die Lungenzirkulation bei Patienten mit COPD h&auml;ufig abnormal ist und dass diese Patienten h&auml;ufig eine leichte Erh&ouml;hung des Lungenarteriendrucks (PAP) aufweisen. Jedoch gab es auch eine Untergruppe von Patienten mit schwerer PH. Diese hatten meistens nur geringe Lungenfunktionseinschr&auml;nkungen und dennoch eine besonders schlechte Prognose. Es wird vorgeschlagen, solch eine Konstellation als einen &bdquo;vaskul&auml;ren Ph&auml;notyp&ldquo; zu bezeichnen (Abb. 1). Die Autoren vermuten, dass bei dieser Patientengruppe eine f&uuml;r PAH zugelassene Therapie von Nutzen sein k&ouml;nnte. Prospektive Studien sind jedoch erforderlich, um die Wirkungen einer solchen Therapie zu beurteilen.<sup>1</sup> In der Tat haben vorhergehende Studien gezeigt, dass COPD- und Lungenfibrose-Patienten im Endstadium fast immer ein schweres Remodeling der Pulmonalarterien aufweisen, was die Vermutung nahelegt, dass PHTherapien eine gro&szlig;e Bedeutung haben k&ouml;nnten. Eine detaillierte Analyse des Gef&auml;&szlig;umbaus ergab, dass dabei alle drei Schichten der Blutgef&auml;&szlig;wand beteiligt waren. Die innerste Schicht, die Neointima, war am st&auml;rksten betroffen, gefolgt von der mittleren Schicht, der Media, und am wenigsten betroffen war die Adventitia. Kumulativ f&uuml;hrten diese Ver&auml;nderungen zu einer erheblichen Verengung der Gef&auml;&szlig;e.<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1904_Weblinks_s6_abb1.jpg" alt="" width="1185" height="412" /></p> <h2>Aktin-positive Glattmuskelzellen beteiligt an Gef&auml;&szlig;umbau</h2> <p>Bei der Suche nach den zellul&auml;ren Komponenten wurde festgestellt, dass glatte, Aktin-positive Muskelzellen hauptverantwortlich f&uuml;r den Umbau der pulmonalen Gef&auml;&szlig;e sind. In dieser Studie wurden umfangreiche Immunfluoreszenzf&auml;rbungen und Studien an transgenen Tieren (&bdquo;lineage tracing&ldquo;) durchgef&uuml;hrt und es wurde damit gezeigt, dass Aktin-positive Glattmuskelzellen in den umgestalteten Gef&auml;&szlig;en der Lungenarterien sowohl des Menschen als auch des Tiermodells &uuml;berrepr&auml;sentiert sind.<sup>3</sup> Interessanterweise bedeckten Endothelzellen immer die innere Schicht der Gef&auml;&szlig;e, Fibroblasten fanden sich um die umgebauten Gef&auml;&szlig;e herum.3 Neben den ortsans&auml;ssigen Zellen spielen auch eingewanderte Entz&uuml;ndungszellen eine wichtige Rolle beim Gef&auml;&szlig;umbau. Wir haben in einem offenen experimentellen Ansatz die entz&uuml;ndlichen Komponenten bei der idiopathischen pulmonal-arteriellen Hypertonie (IPAH) anhand von durchflusszytometrischen Untersuchungen dargestellt. Es konnte gezeigt werden, dass es bei IPAH zu einer Verschiebung des Entz&uuml;ndungsprofils mit einem Anstieg der Mastzellen, einer Vermehrung der T-Zellen sowie der dendritischen Zellen kommt. Mehrere neue, bis heute nicht funktionell charakterisierte Zellen wurden entdeckt, die bei IPAH dysreguliert sind, wie beispielsweise plasmazytoide dendritische Zellen. Andere Gruppen haben berichtet, dass die IPAH Kennzeichen von Autoimmunit&auml;t besitzt, die bereits von einer Vielzahl von anderen Autoimmunerkrankungen bekannt sind. Plasmazytoide Zellen spielen eine Schl&uuml;sselrolle bei der Regulation der Autoimmunit&auml;t und befinden sich am Scheideweg zwischen angeborener und adaptiver Immunit&auml;t. Dar&uuml;ber hinaus ist es wahrscheinlich, dass das globale Profil (die spezifische Zusammensetzung, Verteilung und Wechselwirkung) und nicht nur die erh&ouml;hte H&auml;ufigkeit eines bestimmten Zelltyps f&uuml;r das Fortschreiten der Krankheit wichtig sind.<sup>4</sup></p> <h2>lncRNA wichtiger Regulator f&uuml;r PASMC</h2> <p>Bei der Suche nach Genen, die beim vaskul&auml;ren Remodeling fehlreguliert sind, haben wir systematisch eine Laser-Capture- Mikrodissektion kleiner Lungenarterien gefolgt von einer Transkriptomanalyse durchgef&uuml;hrt. Es fanden sich viele Gene, durch die sich kranke von gesunden Pulmonalarterien unterscheiden. Besonders interessant war jedoch, dass nicht nur kodierende, sondern auch nichtkodierende Transkripte gesunde von abnormalen Zust&auml;nden unterschieden. Warum sind nichtkodierende Transkripte (&bdquo;long non-coding RNA&ldquo;, lncRNA) fundamentale Regulatoren f&uuml;r Transkription, Translation, Proteinstabilisierung und viele andere Prozesse? Sie k&ouml;nnen sowohl f&ouml;rdernd als auch hemmend wirken, was die Untersuchung ihrer Funktion nicht einfach macht. K&uuml;rzlich wurde die lncRNA PAXIP1-AS als ein wichtiger Regulator der PASMC(&bdquo;pulmonary artery smooth muscle cells&ldquo;)-Proliferation und Migration beschrieben. PAXIP-AS1 kontrolliert die Funktion der glatten Muskelzellen der Pulmonalarterien durch Beeinflussung des Zytoskelettproteins Paxillin. Paxillin ist an der Anlagerung von Aktin an die Zellmembran an den Stellen der Zelladh&auml;sion an die extrazellul&auml;re Matrix beteiligt und spielt daher eine wichtige Rolle im zellul&auml;ren Verhalten.<sup>5</sup> Das bedeutet, dass lncRNA die Funktion von Zellen in der Gef&auml;&szlig;wand regulieren k&ouml;nnen.</p> <h2>Fibrose des rechten Ventrikels bei PAH-Patienten</h2> <p>Obwohl die PAH eine Erkrankung der kleinen Lungengef&auml;&szlig;e ist, sterben die Patienten letztendlich am rechtsventrikul&auml;ren Herzversagen. Zuvor entwickelt sich eine Fibrose und ein Umbau des rechten Ventrikels (RV) geht vonstatten. Die RVFibrose &auml;u&szlig;ert sich in einer Ansammlung von Fibroblasten und einer &uuml;berm&auml;&szlig;igen Kollagenablagerung. Obwohl die Ablagerung von extrazellul&auml;rer Matrix (ECM) zu einer erh&ouml;hten ventrikul&auml;ren Steifheit f&uuml;hrt, ist nicht bekannt, inwieweit das die RV-Funktion beeinflusst. Bei PAH-Patienten wurde die RV-Fibrose mit einer diastolischen Dysfunktion in Verbindung gebracht. Unsere Gruppe hat dargestellt, dass die Zusammenh&auml;nge &uuml;beraus komplex sind. Im &Uuml;bersichtsartikel von Egemnazarov et al. wurden Informationen aus der aktuellen Literatur gesammelt und es wurde versucht, alle Fakten &uuml;ber die Fibrose und Dysfunktion des rechten Ventrikels und die tats&auml;chlichen Konzepte und h&auml;ufigen Missverst&auml;ndnisse darzustellen.<sup>6</sup> Es stellte sich heraus, dass viele basale Fragen ungekl&auml;rt sind. Beispielsweise kann es passieren, dass eine Ma&szlig;nahme gegen die Fibrose zwar die Fibrose, aber nicht die Funktion des rechten Ventrikels verbessert.<sup>7</sup> Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um die funktionellen Zusammenh&auml;nge zwischen Ursachen und Wirkungen zu kl&auml;ren, bevor Erfolg versprechende medikament&ouml;se Ans&auml;tze in klinische Studien kommen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kovacs G et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018; 198: 1000-11 <strong>2</strong> Hoffmann J et al.: Am J Respir Crit Care Med 2014; 190: 98-111 <strong>3</strong> Crnkovic S et al.: J Pathol 2018; 244: 485-98 <strong>4</strong> Marsh LM et al.: Eur Respir J 2018; 51: pii: 1701214 <strong>5</strong> Jandl K et al.: J Pathol 2019; 247: 357-70 <strong>6</strong> Egemnazarov B et al.: Matrix Biol 2018; 68-69: 507-21 <strong>7</strong> Crnkovic S et al.: Am J Respir Crit Care Med 2019; 199: 1550-60</p> </div> </p>
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