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10 Jahre Ovarialkarzinom

Was war gestern aktuell? Was ist heute aktuell? Was wird in Zukunft aktuell sein?

<p class="article-intro">Das epitheliale Ovarialkarzinom, insbesondere das seröse High-Grade-Ovarialkarzinom, wurde während der letzten 10 Jahre nach und nach in Bezug auf seinen Ursprungsort, seinen Entstehungsmechanismus und seine Mutationen entschlüsselt.<sup>1</sup> Diese Erkenntnisse haben dazu beigetragen, dass neue Therapieoptionen Einzug gehalten haben, die die Prognose dieser Erkrankung ganz wesentlich beeinflussen werden. Die letzten 10 Jahre haben unser Wissen revolutioniert, die nächsten 10 Jahre werden dies noch weiter tun. Das wird die Prognose spürbar verbessern.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Wir stehen am Beginn einer molekularen Dekade, genetische Mutationen werden die Diagnostik und insbesondere die Therapie der Zukunft bestimmen.<sup>10</sup></li> <li>Interdisziplin&auml;re Zusammenarbeit zwischen Molekularpathologen, Genetikern sowie medizinischen und gyn&auml;kologischen Onkologen wird immer mehr eine Voraussetzung f&uuml;r die effektive Therapie.<sup>10</sup></li> <li>Die Komplexit&auml;t der Behandlung verlangt eine Therapie in spezialisierten Zentren, in denen interprofessionell zusammengearbeitet wird und alle Experten zur Verf&uuml;gung stehen.<sup>11&ndash;13</sup></li> <li>Die Qualit&auml;t interdisziplin&auml;rer Tumorzentren wird zuk&uuml;nftig nicht nur auf klassische Outcome- Daten ausgerichtet sein, sondern sich insbesondere auf wertbasierte und auf die Patientin und ihr Wohlbefinden ausgerichtete Resultate konzentrieren (&laquo;patient-reported outcome&raquo;).</li> </ul> </div> <h2>Was war gestern aktuell?</h2> <p>Die wesentliche Behandlung des Ovarialkarzinoms besteht aus zwei S&auml;ulen: Operation mit kompletter R0-Resektion und anschliessender Chemotherapie. Das Ausmass der zytoreduktiven Reduktion beeinflusst wesentlich die Prognose der Erkrankung. Seit 2004 ist die intraven&ouml;se Chemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel Standard, da sie mit der gleichen Prognose einhergeht wie eine Cisplatinbasierte Therapie, jedoch ein g&uuml;nstigeres Toxitiz&auml;tsprofil hat.<sup>2</sup></p> <h2>Was ist heute aktuell?</h2> <p>Viele kleinere Fortschritte der Behandlung beim Ovarialkarzinom haben die Prognose in den letzten 10 Jahren bereits sp&uuml;rbar verbessert. Die Gr&uuml;nde f&uuml;r diese Verbesserung d&uuml;rften vielf&auml;ltig sein, z.B. Optimierung der Chemotherapie (mehrere Therapielinien), Maintenance-Strategien und verbesserte OP-Verfahren mit Maximierung des zytoreduktiven Debulkings. Im Jahr 2017 wurden zwei chirurgische Studien der AGO (Deutsche Arbeitsgemeinschaft f&uuml;r Gyn&auml;kologische Onkologie) publiziert. Die erste Studie (LION) zeigte, dass eine systematische Lymphknotenresektion im fortgeschrittenen Stadium nach R0-Debulking keinen Benefit f&uuml;r das Outcome der Patientin bedingt.<sup>3</sup> Damit konnte die postoperative Morbidit&auml;t signifikant vermindert werden, ohne die Prognose zu verschlechtern. Die zweite Studie (DESKTOP III) zeigte, dass eine erneute Operation zur Tumorentfernung im Rezidiv bei genau selektierten Patientinnen sinnvoll sein und die Prognose verbessern kann, wenn eine R0-Resektion erreicht wird.<sup>4</sup><br /> Bei der Systemtherapie ist die zus&auml;tzliche Behandlung mit Angiogenese- und PARP-Inhibitoren vielversprechend. In der Prim&auml;rsituation und im Rezidiv ist der VEGF-Inhibitor Bevacizumab bei fortgeschrittenen FIGO-Stadien und R1-Situation in der Schweiz zugelassen. Im Rezidiv ist der PARP-Inhibitor Olaparib bei Patientinnen mit einer BRCA-1- oder -2-Mutation und Platinsensitivit&auml;t in der Schweiz zugelassen.<sup>5&ndash;8</sup></p> <h2>Was wird in Zukunft aktuell sein?</h2> <p>F&uuml;r die Zukunft sehen wir vier Bereiche, in denen die Entwicklung weitergehen und sowohl eine strukturelle und qualitative als auch medizinische Verbesserung herbeif&uuml;hren wird:</p> <ol> <li>Zentralisierte Versorgung und chirurgisches Management in &laquo;High volume&raquo;- Cancer-Centern mit klaren Qualit&auml;tsrichtlinien nach dem Vorbild der USA, von Teilen Europas und von Australien.</li> <li>Ausbau der Maintenance-Therapie mit verschiedenen Strategien: Angiogenese, PARP-Inhibitoren, endokrine Therapien etc.</li> <li>Zunahme an molekularen Analysen und zielgerichteten &laquo;Targeted&raquo;-Therapien, u.a. Immuntherapie. Nach Identifizierung neuer Targets zielgerichtete Ans&auml;tze.</li> <li>Zunahme an genetischer Abkl&auml;rung, hier scheint vor allem auch die Pr&auml;vention an Bedeutung zu gewinnen.</li> </ol> <p>Aufgrund der schlechten Prognose des Ovarialkarzinoms wurden in den letzten Jahren immer wieder Screeningstudien gemacht, die jedoch keinen eindeutigen Benefit zeigten. Da das ser&ouml;se High-Grade- Karzinoms in der Tube entsteht, wird einzig die prophylaktische Chirurgie (Adnexektomie bds., als Kompromiss mindestens initiale Salpingektomie bds.) an Bedeutung gewinnen. Damit kann bei Frauen mit erh&ouml;htem Risiko, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken, eine Pr&auml;ventionsrate von 98 % erreicht werden.<sup>9</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kindelberger DW et al.: Intraepithelial carcinoma of the fimbria and pelvic serous carcinoma: evidence for a causal relationship. Am J Surg Pathol 2007; 31: 161-9 <strong>2</strong> Du Bois A et al.: 2004 consensus statements on the management of ovarian cancer: final document of the 3<sup>rd</sup> International Gynecologic Cancer Intergroup Ovarian Cancer Consensus Conference (GCIGOCCC 2004). Ann Oncol 2005; 16(Suppl 8): viii7-viii12 <strong>3</strong> Harter P et al.: LION: lymphadenectomy in ovarian neoplasms&mdash;a prospective randomized AGO study group led gynecologic cancer intergroup trial. J Clin Oncol 2017; 35(15_suppl): 5500 <strong>4</strong> Du Bois A et al.: Randomized controlled phase III study evaluating the impact of secondary cytoreductive surgery in recurrent ovarian cancer: AGO DESKTOP III/ENGOT ov20. J Clin Oncol 2017; 35(15_suppl) 5501 <strong>5</strong> Perren TJ et al.: A phase 3 trial of bevacizumab in ovarian cancer. N Engl J Med 2011; 365(26): 2484-96 <strong>6</strong> Aghajanian C et al.: Final overall survival and safety analysis of OCEANS, a phase 3 trial of chemotherapy with or without bevacizumab in patients with platinum-sensitive recurrent ovarian cancer. Gynecol Oncol 2015; 139(1): 10-6 <strong>7</strong> Pujade-Lauraine E et al.: Bevacizumab combined with chemotherapy for platinum- resistant recurrent ovarian cancer: the AURELIA open-label randomized phase III trial. J Clin Oncol 2014; 32(13): 1302-8 <strong>8</strong> Pujade-Lauraine E et al.: Olaparib tablets as maintenance therapy in patients with platinum-sensitive, relapsed ovarian cancer and a BRCA1/2 mutation (SOLO2/ENGOT-Ov21): a double-blind, randomised, placebo- controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol 2017; 18(9): 1274-84 <strong>9</strong> Hanley GE et al.: Risk-reducing surgery in women at low lifetime risk of developing ovarian carcinoma: opportunistic salpingectomy. Clin Obstet Gynecol 2017; 60(4): 758-70 <strong>10</strong> Varnier R et al.: Actionable molecular alterations in advanced gynecologic malignancies: first results from the ProfiLER program (NTC01774409) in France. Presented at ESMO 2017; Abstract 936PD <strong>11</strong> Fag&ouml;-Olsen CL et al.: Centralized treatment of advanced stages of ovarian cancer improves survival: a nationwide Danish survey. Acta Obstet Gynecol Scand 2011; 90(3): 273-9 <strong>12</strong> Timmermans M et al.: Centralization of ovarian cancer in the Netherlands: hospital of diagnosis no longer determines patients&rsquo; probability of undergoing surgery. Gynecol Oncol 2018; 148(1): 56-61 <strong>13</strong> Eggink FA et al.: Improved outcomes due to changes in organization of care for patients with ovarian cancer in the Netherlands. Gynecol Oncol 2016; 141(3): 524-30</p> </div> </p>
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