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COPD

Teufelskreis Atemnot, körperliche Inaktivität und reduzierte Leistungsfähigkeit

<p class="article-intro">In der Praxis wird der Teufelskreis aus Atemnot, reduzierter körperlicher Aktivität und Leistungsfähigkeit seit vielen Jahren genutzt, um den Patienten wichtige Pathomechanismen der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und die Bedeutung von Therapien näherzubringen. Es gibt unterschiedliche Teufelskreise, doch fehlt für diese meist die Evidenzbasis. In einer schweizerischkatalanischen Kooperation haben wir zum ersten Mal einen evidenzbasierten Teufelskreis hergeleitet, welcher das wichtige Zusammenspiel von medikamentösen und nicht medikamentösen Therapien für COPD-Patienten unterstreicht.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Der Teufelskreis der COPD besteht aus den sich gegenseitig antreibenden Faktoren Atemnot, k&ouml;rperliche Inaktivit&auml;t und eingeschr&auml;nkte Leistungsf&auml;higkeit, wird aber zus&auml;tzlich angetrieben durch Exazerbationen und die Lungen&uuml;berbl&auml;hung.</li> <li>Eine Therapie mit inhalativen Medikamenten greift bei COPD-Patienten viel zu kurz, da so der Teufelskreis nicht gen&uuml;gend durchbrochen werden kann.</li> <li>Die Therapie der COPD erfordert pr&auml;ventive Massnahmen zur Verlangsamung des Fortschreitens der Erkrankung und zur Verhinderung von Exazerbationen sowie eine Reduktion der Lungen&uuml;berbl&auml;hung und der Atemnot. Dadurch werden k&ouml;rperliches Training und die Erh&ouml;hung der k&ouml;rperlichen Aktivit&auml;t von COPD-Patienten unterst&uuml;tzt, was ein Durchbrechen des Teufelskreises erm&ouml;glicht.</li> </ul> </div> <p>Seit vielen Jahren werden f&uuml;r Patienten mit COPD sogenannte Teufelskreise beschrieben, welche das Fortschreiten der Erkrankung illustrieren. Die Atemnot bei k&ouml;rperlicher Aktivit&auml;t ist dabei das zentrale Symptom, welches sich &uuml;ber die Zeit weiter verschlechtert, da die muskul&auml;re Dekonditionierung als Folge k&ouml;rperlicher Inaktivit&auml;t und systemisch-inflammatorischer Prozesse voranschreitet. Der Teufelskreis wird bisher insbesondere im Bereich der pulmonalen Rehabilitation genutzt, um Patienten aufzuzeigen, dass dieser Teufelskreis mit k&ouml;rperlichem Training durchbrochen werden kann. Und tats&auml;chlich zeigt eine Vielzahl randomisiert kontrollierter Studien und Metaanalysen, dass k&ouml;rperliches Training die Leistungsf&auml;higkeit verbessert und die Atemnot vermindert und so die Lebensqualit&auml;t f&uuml;r die Patienten relevant erh&ouml;ht.<sup>1</sup><br /> W&auml;hrend in der Praxis verschiedene Teufelskreise zirkulieren, identifizierte eine aktuelle systematische Analyse der wissenschaftlichen Literatur neun solcher Teufelskreise.<sup>2</sup> Diese unterscheiden sich teils deutlich voneinander. W&auml;hrend die einfacheren Teufelskreise aus Atemnot, k&ouml;rperlicher Inaktivit&auml;t und muskul&auml;rer Dekonditionierung bestehen, beinhalten andere Teufelskreise weitere Elemente des komplexen Krankheitsgeschehens der COPD wie Exazerbationen oder die (dynamische) &Uuml;berbl&auml;hung sowie Komorbidit&auml;ten wie die Depression.<sup>3, 4</sup> Diese umfassenderen Teufelskreise sind neben der Verwendung in der Praxis auch attraktiv, um Endpunkte f&uuml;r klinische Studien auszuw&auml;hlen und aufzuzeigen, dass die Therapie der COPD weit &uuml;ber inhalative Medikamente hinausgehen muss.</p> <h2>Wie gut entsprechen die Teufelskreise der Realit&auml;t?</h2> <p>Diese Frage wurde bis vor Kurzem nicht beantwortet. Die neun in wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten Teufelskreise basierten nicht auf Daten, sondern wurden mit Expertenwissen und Literatur hergeleitet. Daher &uuml;berpr&uuml;ften wir in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Barcelona, ob die publizierten Teufelskreise mit empirischen Daten best&auml;tigt werden k&ouml;nnen. F&uuml;r diesen Zweck wurden zwei COPD-Kohortenstudien aus Barcelona (PAC-COPD) sowie aus der Schweiz und den Niederlanden (ICE COLD ERIC) herangezogen, welche die meisten Elemente der neun publizierten Teufelskreise und den Verlauf der COPD &uuml;ber die Zeit abbildeten. Es zeigt sich, dass keiner dieser Teufelskreise die Realit&auml;t von COPD-Patienten ad&auml;quat reflektiert.<sup>2</sup> Zwar konnten bestimmte Korrelationen (z. B. zwischen Atemnot und k&ouml;rperlicher Aktivit&auml;t), wie aufgrund der bestehenden Literatur zu erwarten war, best&auml;tigt werden, doch der zeitliche Verlauf der Manifestationen der COPD best&auml;tigte sich f&uuml;r keinen der neun publizierten Teufelskreise. Aus diesem Grund entschlossen wir uns, einen Teufelskreis aufgrund empirischer Daten zu entwickeln.</p> <h2>Entwicklung und Validierung eines evidenzbasierten Teufelskreises</h2> <p>Die PAC-COPD-Kohorte wurde verwendet, um einen neuen Teufelskreis zu entwickeln, und die ICE-COLD-ERIC-Kohorte, um diesen Teufelskreis zu validieren. Die Validierung best&auml;tigte, dass das statistische Modell f&uuml;r den neuen Teufelskreis gut mit dem Verlauf der COPD-Patienten &uuml;bereinstimmte (Abb. 1 oben). Die vereinfachte Darstellung (Abb. 1 unten) zeigt, dass die chronische Obstruktion &uuml;ber die Zeit mit COPD-Exazerbationen und mit einer &Uuml;berbl&auml;hung der Lunge assoziiert ist, welche dann ihrerseits den eigentlichen Teufelskreis aus Atemnot, k&ouml;rperlicher Inaktivit&auml;t und eingeschr&auml;nkter Leistungsf&auml;higkeit antreiben.<br />Anhand dieses Teufelskreises lassen sich die Ansatzpunkte der COPD-Therapie gut darstellen, was in Abbildung 2 etwas vereinfacht illustriert wird. Therapien zur Pr&auml;vention des Fortschreitens der COPD (orange dargestellt) tragen dazu bei, das Risiko f&uuml;r Exazerbationen und damit den Einfluss dieses Antreibers des Teufelskreises zu verringern. Je nach Indikation steht eine Reihe von Therapien zur Verf&uuml;gung (grau dargestellt), welche helfen, die &Uuml;berbl&auml;hung und die Atemnot zu verringern. Die Trainingstherapie, die F&ouml;rderung der k&ouml;rperlichen Aktivit&auml;t und Atem&uuml;bungen (gr&uuml;n dargestellt, typischerweise kombiniert im Rahmen einer pulmonalen Rehabilitation) sind zentral f&uuml;r das Durchbrechen des Teufelskreises. Schliesslich ist das Management der COPD f&uuml;r Patienten, &Auml;rzte und Gesundheitsfachleute komplex, sodass Patienten im Umgang mit ihrer Krankheit und der Kombination von Therapien gecoacht werden sollten. Daf&uuml;r stehen Programme zum &laquo;Self-Management-Training&raquo; wie etwa das Programm &laquo;Besser Leben mit COPD&raquo;, welches in der Schweiz schon seit Jahren intensiv erforscht und implementiert wird, zur Verf&uuml;gung.<sup>5</sup> Aktuell wird das &laquo;Besser Leben mit COPD&raquo;-Programm durch die Lungenliga in enger Zusammenarbeit mit Pneumologen und Gesundheitsfachleuten in acht Kantonen der Schweiz ausgerollt, in denen auch der Anschluss an Rehabilitationsprogramme gew&auml;hrleistet ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1905_Weblinks_lo_innere_1905_s22_abb1_puhan.jpg" alt="" width="1417" height="999" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1905_Weblinks_lo_innere_1905_s22_abb2_puhan.jpg" alt="" width="1417" height="925" /></p> <h2>Fazit</h2> <p>Zum ersten Mal wurde ein evidenzbasierter Teufelskreis im Bereich der COPD entwickelt und validiert. Dieser beinhaltet neben dem eigentlichen Teufelskreis aus Atemnot, k&ouml;rperlicher Inaktivit&auml;t und eingeschr&auml;nkter Leistungsf&auml;higkeit weitere antreibende Manifestationen wie Exazerbationen und die &Uuml;berbl&auml;hung der Lunge. Aus dem Teufelskreis resultieren therapeutische Ansatzpunkte, welche das Fortschreiten der COPD aufhalten, die Atemnot und die &Uuml;berbl&auml;hung reduzieren sowie den Teufelskreis durchbrechen sollen. Dies zeigt, dass die Behandlung der COPD deutlich &uuml;ber inhalative Medikamente hinausgehen muss und dass Patienten im Self-Management gecoacht werden sollten, um die komplexe Therapie der COPD f&uuml;r den individuellen Patienten optimal zu gestalten.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> McCarthy B et al.: Pulmonary rehabilitation for chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database Syst Rev 2015; (2): CD003793<strong> 2</strong> Ramon MA; PAC-COPD Study Group et al.: The dyspnoea-inactivity vicious circle in COPD: development and external validation of a conceptual model. Eur Res J 2018; 52: pii: 1800079<strong> 3</strong> Reardon JZ et al.: Functional status and quality of life in chronic obstructive pulmonary disease. Am J Med 2006; 119: 32-7<strong> 4</strong> Cooper CB: The connection between chronic obstructive pulmonary disease symptoms and hyperinflation and its impact on exercise and function. Am J Med 2006; 119: 21- 31 <strong>5</strong> Steurer-Stey C et al.: Effects of the &ldquo;living well with COPD&rdquo; intervention in primary care: a comparative study. Eur Respir J 2018; 51: pii: 1701375</p> </div> </p>
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