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Rehabilitation: Patienten mit seltenen chronischen Lungenerkrankungen
Jatros
Autor:
Dr. Karin Vonbank
Fachärztin für Innere Medizin Fachärztin für Lungenerkrankungen<br> ÖÄK Diplom Sportmedizin<br> MedClinic, Wien<br> E-Mail: vonbank@medvonbank.at<br> www.medclinic.at
30
Min. Lesezeit
19.12.2019
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<p class="article-intro">Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen zeigen oft sehr früh eine verminderte körperliche Aktivität und Leistungseinschränkung. Trotz optimierter medikamentöser Therapie sind der Verlauf und die Prognose chronischer Lungenerkrankungen oft nicht alleine von der Einschränkung der Lungenfunktion abhängig, sondern auch von den Auswirkungen der systemischen Manifestationen wie Veränderungen der peripheren Muskulatur, Sauerstoffmangel, kardiozirkulatorischen Einschränkungen und der damit verbundenen Leistungseinschränkung.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Rehabilitation bei seltenen Lungenkrankheiten führt zur Verbesserung der 6-Minuten- Gehstrecke um 60 m, der VO<sub>2</sub>peak um 2,4 l/min, der Lebensqualität und der VO<sub>2</sub>/AT.</li> <li>Unerwünschte Effekte bei 5 % der Patienten: Synkope, Präsynkope, Schwindel, Rhythmusstörungen</li> <li>Cave: Intensität 40–80 % der Watt<sub>max</sub>, Krafttraining mit wenig Gewicht, O<sub>2</sub>-Sättigung während des Trainings >90 % , Herzfrequenz <120/min</li> </ul> </div> <p>Zu den wichtigsten prognostischen Parametern hinsichtlich des Verlaufs der Erkrankung und der Mortalität zählen körperliche Aktivität, Muskelkraft und maximale Leistungsfähigkeit. Rehabilitationsmaßnahmen sind daher ein wesentlicher Bestandteil in der Therapie dieser Patienten. Während die Evidenzlage für die Effektivität der Rehabilitation bei Patienten mit COPD schon eindeutig belegt ist, existieren für Patienten mit seltenen chronischen Lungenerkrankungen noch wenige Studien.<br /> Bislang aufgezeigt werden konnte, dass auch bei Patienten mit zum Beispiel interstitieller Lungenerkrankung (ILD) Parameter der Leistungsfähigkeit wie die maximale Sauerstoffaufnahme oder die 6-Minuten- Gehstrecke prognostisch bedeutend sind. So ließ sich zeigen, dass bei Patienten mit ILD eine 6-Minuten-Gehstrecke von weniger als 250 Metern mit einem doppelt so hohen Mortalitätsrisiko verbunden ist und eine Abnahme der 6-Minuten-Gehstrecke von über 50 Metern in 24 Wochen sogar mit einem 3-fach erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert ist. Daher wird die Bedeutung der Rehabilitation mit Verbesserung der Leistungsparameter, der Symptomatik und Lebensqualität ein zunehmend wichtigerer Aspekt auch in dieser Gruppe der Lungenerkrankungen.</p> <h2>Empfehlungen für Patienten mit ILD</h2> <p>Anhand der bisherigen Studienlage werden folgende Empfehlungen für das Ausdauer- und Krafttraining bei Patienten mit ILD angeführt (Abb. 1). Prinzipiell lässt sich erkennen, dass bei diesen Patienten sowohl das kontinuierliche als auch das Intervalltraining effektiv sind. Bei höhergradigen Einschränkungen sowie einer ausgeprägten Hypoxämie bei Belastung und Vorliegen einer pulmonalen Hypertension ist aber das Intervalltraining dem kontinuierlichen Ausdauertraining vorzuziehen, da der Sauerstoffabfall während des Intervalltrainings geringer ist. Außerdem kann der Wechsel zwischen kurzen Belastungsphasen mit hoher Intensität und längeren Phasen mit niedriger Intensität bei höhergradiger Einschränkung besser durchgeführt werden. Bezüglich des Krafttrainings zeigen sich wenige Unterschiede zu den Empfehlungen bei Patienten mit COPD, wobei ein besonderes Augenmerk auf mögliche muskuloskelettale Einschränkung in dieser Patientengruppe gelegt werden muss.<br />Neben dem Training ist die Bedeutung der Schulung, Physiotherapie, Ernährungsberatung und psychologischer Beratung noch nicht eindeutig aufgezeigt worden, wobei anzunehmen ist, dass sie auch bei dieser Patientengruppe eine bedeutende Rolle einnehmen.<br /> Im Gegensatz zur COPD, wo die frühe Rehabilitation nach Exazerbation zu einer wesentlichen Verbesserung führt, ist dies bei den bislang vorliegenden Studien nicht eindeutig belegt worden. Sie zeigte eher einen negativen Effekt, sodass derzeit von einer Frührehabilitation nach Exazerbation abzuraten ist.<br /> Die Empfehlungen hinsichtlich einer Sauerstofftherapie während des Trainings ist für jene Patienten gegeben, bei denen die Sauerstoffsättigung auf unter 85 % abfällt. Das Ziel ist, während des Trainings eine Sauerstoffsättigung von zumindest 88 % zu erreichen.<br /> In den bisher vorliegenden Studien zur Wirksamkeit einer Rehabilitation bei Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung konnte eine durchschnittliche Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke von 44 m aufgezeigt werden, mit einer durchschnittlichen Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme von 1,24 ml/min/kg KG sowie einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1906_Weblinks_jatros_pneumo_1906_s42_abb1_vonbank.jpg" alt="" width="550" height="311" /></p> <h2>Rehabilitation bei Sarkoidose</h2> <p>Patienten mit Sarkoidose zeigen eine hohe Heterogenität aufgrund der systemischen Erkrankung, aber bei 70 % der Patienten ist als eines der Hauptsymptome eine „Fatigue“ zu erheben. Durch Rehabilitationsmaßnahmen konnte sowohl die Fatigue signifikant reduziert als auch die Leistungsparameter und die Lebensqualität entscheidend beeinflusst werden.<br />Das Atemmuskeltraining bei Patienten mit Sarkoidose zeigte neben der erwarteten Zunahme des Pi<sub>max</sub> auch eine Verbesserung der FVC in der Lungenfunktion sowie eine Abnahme der Dyspnoesymptomatik.</p> <h2>Besonderheiten bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie</h2> <p>Bei Patienten mit pulmonaler Hypertension wird als Erstes darauf verwiesen, dass eine enge Kooperation mit dem betreuenden Spezialzentrum essenziell ist. Neben einer ausführlichen Abklärung ist besonders darauf zu achten, dass während des Trainings eine Sauerstoffsättigung von >90 % erzielt werden sollte und die Trainingsherzfrequenz 120/min nicht überschreitet. Bezüglich des Ausdauertrainings wird eine Intensität zwischen 40 und 80 % der maximalen Wattleistung angegeben und beim Krafttraining eher auf kleinere Muskelgruppen verwiesen mit niedrigeren Gewichten. Bei anamnestisch erhobenen Synkopen/Präsynkopen, Schwindel, hypotensiven Entgleisungen, höhergradigen Arrhythmien sowie bei akuten Infekten sollte kein Training durchgeführt werden. <br />Aber auch bei Patienten mit pulmonaler Hypertension führt eine adäquat durchgeführte Rehabilitation zu einer signifikanten Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme und der 6-Minuten-Gehstrecke. Beide Parameter beeinflussen wesentlich die Prognose dieser Erkrankung.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die enge Korrelation von körperlicher Aktivität, Leistungsfähigkeit und Muskelfunktion als prognostische Parameter hinsichtlich des Verlaufs, der Prognose und des Überlebens von Patienten mit seltenen Lungenerkrankungen unterstreicht die Bedeutung der Rehabilitation bei diesen Patienten. Neben der zunehmenden Evidenzlage werden auch neue Erkenntnisse in Bezug auf die Art der Trainings, richtige Intensität und Umfang sowie auf Schulung und Physiotherapie neue Aspekte in der Therapie dieser Patienten aufzeigen.</p></p>
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