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Pulmonal-arterielle Hypertonie: Beginn mit Mono- oder Kombinationstherapie?
Leading Opinions
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31.08.2017
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<p class="article-intro">Olivier Sitbon, Professor für Lungenkrankheiten an der Universität Paris-Süd und Facharzt am französischen Referenzzentrum für pulmonale Hypertonie im Universitätsspital Bicêtre, Paris-Süd, erörterte in seinem Referat im Rahmen des CHEST-SGP-Kongresses die Frage, ob man bei pulmonal-arterieller Hypertonie mit einer Mono- oder direkt mit einer Kombinationstherapie beginnen sollte.</p>
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<p class="article-content"><p>Für die Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) stehen 10 Substanzen zur Verfügung, die in die drei wichtigsten Signalwege eingreifen (Tab. 1). Die europäischen Guidelines von 2015 empfehlen bei Patienten mit niedrigem und intermediärem Risiko (Funktionsklasse II–III) eine initiale Mono- oder Zweiertherapie oder eine sequenzielle Zweierbis Dreiertherapie.<sup>1</sup> Hochrisikopatienten (FC IV) sollte man von Beginn an mit einer Kombinationstherapie inkl. eines parenteralen Prostanoids behandeln.<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1704_Weblinks_s19.jpg" alt="" width="1461" height="918" /></p> <h2>Initiale Monotherapie</h2> <p>Für die initiale Monotherapie gibt es weltweit sehr viele Erfahrungswerte; ihre Wirksamkeit und Zweckmässigkeit wurden in zahlreichen randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) belegt. Mit der Monotherapie wird nach 3 bis 6 Monaten Behandlung eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit um durchschnittlich 35–45 Meter erzielt.<sup>2–8</sup> Hämodynamisch kommt es zu einer leichten Verbesserung mit einer Abnahme des pulmonalen Gefässwiderstands («pulmonary vascular resistance», PVR) um 25–35 % .<sup>2–8</sup> Der pulmonal-arterielle Druck (PAP) verändert sich kaum.<sup>2–8</sup> Wie eine Metaanalyse mit 23 RCT zeigte, kann die Mortalität mit der Monotherapie um 43 % reduziert werden.<sup>9</sup> «Wir wissen aber auch, dass die Krankheit unter der Monotherapie weiter fortschreitet. In der AMBITION-Studie beispielsweise zeigten nach 3 bis 5 Jahren mehr als 40 % der Patienten ein klinisches Versagen»,<sup>10</sup> so Sitbon. Auch das Langzeitüberleben ist mit Monotherapie nicht befriedigend, wie z.B. die Daten des französischen Registers mit einem 3-JahresÜberleben von 58,2 % zeigen.<sup>11</sup> «Es gibt also noch viel Raum für Verbesserung», stellte Sitbon fest.</p> <h2>Initiale Kombinationstherapie</h2> <p>Es gibt mehrere logische Gründe für eine Kombinationstherapie: die maligne Natur der PAH, die Tatsache, dass es in der Pathogenese mehrere Signalwege gibt, das Potenzial für synergistische Effekte und die guten Erfahrungen mit Kombinationstherapie bei anderen schweren Erkrankungen, wie z.B. Herzinsuffizienz, HIV, Krebs usw. Studien zur initialen Kombinationstherapie gibt es allerdings nur zwei, wobei nur die AMBITION-Studie,<sup>10</sup> in welcher Ambrisentan mit Tadalafil kombiniert wurde, eine klare Überlegenheit der Kombinationstherapie gegenüber der Monotherapie mit einer der beiden Substanzen zeigte. In der BREATH-2-Studie (Epoprostenol + Bosentan oder Placebo) war die Kombinationstherapie der Monotherapie zwar tendenziell überlegen, die Unterschiede waren aber nicht statistisch signifikant. <sup>12</sup> In der noch laufenden TRITON- Studie wird eine Zweier- mit einer Dreierkombination untersucht: Macitentan + Talalafil + Selexipag oder Placebo.<br /> Grundsätzlich sollten bei einer Zweieroder Dreiertherapie immer Substanzen miteinander kombiniert werden, die auf unterschiedliche Signalwege abzielen. Aufgrund des Fehlens von Studien versehen die Leitlinien nur die Kombination Ambrisentan plus Tadalafil mit einer IB-Empfehlung.<sup>1</sup> «Viele denken deshalb, es sei nur diese Kombination möglich. In der klinischen Praxis werden jedoch viele andere Kombinationen verwendet und die Erfahrungen zeigen, dass damit sehr ähnliche Resultate erzielt werden», sagte Sitbon.<br /> AMBITION<sup>10</sup> war eine Ereignis-getriebene Studie, die in Bezug auf den kombinierten primären Endpunkt eine Risikoreduktion um 50 % unter Kombinationstherapie zeigte. Dieses Ergebnis war vorwiegend auf die signifikant geringere Rate an Hospitalisationen aufgrund einer Verschlechterung der PAH zurückzuführen. Unter der Zweiertherapie waren auch die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und die Reduktion des NT-pro- BNP signifikant ausgeprägter als unter den Monotherapien. In einer Substudie fand die Gruppe aus Bologna in ihrem AMBITION-Kollektiv auch eine signifikant grössere Verbesserung der hämodynamischen Werte in der Gruppe mit Kombinationstherapie: Reduktion des PVR um 61±12 % (vs. 40±10; p<0,001), Reduktion des mittleren PAP um 33±13 % (vs. 19±16 % ; p=0,17), Verbesserung des Herzindex um 56±31 % (vs. 23±19 % ; p=0,003).<sup>13</sup><br /> Zur initialen Tripeltherapie gibt es erst wenige Daten. Siton et al. fanden bei Patienten mit schwerer PAH (FC III/IV), die initial mit einer Dreierkombination aus Epoprostenol, Bosentan und Sildenafil behandelt worden waren, eine signifikante Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit – nach durchschnittlich 3 Jahren Beobachtungszeit waren alle Patienten in FC I/II – sowie eine eindrückliche, signifikante Verbesserung der hämodynamischen Werte.<sup>14</sup> Der PVR nahm im Schnitt um 70 % ab und der mittlere PAP um 20mmHg. Sieben der 19 Patienten erreichten mit einem mPAP von Zusammenfassend kann man sagen, dass mit einer initialen Monotherapie gemessen an der Reduktion des PVR eine hämodynamische Verbesserung um 25– 35 % , mit einer initialen Zweiertherapie um ca. 50 % und mit der initialen Tripeltherapie um ca. 70 % erreicht werden kann.<sup>2–8, 14</sup> «In Bezug auf die hämodynamischen Verbesserungen gilt offenbar: Je mehr Medikamente, desto besser. Ob dies auch für das Outcome gilt, muss noch gezeigt werden. Unsere Daten zur Tripeltherapie sind in dieser Hinsicht aber auf jeden Fall vielversprechend», sagte Sitbon.</p> <h2>Initiale versus sequenzielle Kombinationstherapie</h2> <p>Dass bei Hochrisikopatienten (FC IV oder schwere hämodynamische Einschränkungen) mit einer Kombinationstherapie gestartet werden soll, ist gemäss Leitlinien klar.<sup>1</sup> Die Frage ist, ob auch bei Patienten mit weniger hohem Risiko gleich mit einer Zweiertherapie begonnen werden soll oder ob man mit einer Monotherapie starten und je nach Therapieerfolg auf eine Kombination (sequenzielle Kombinationstherapie) umsteigen kann. Einen direkten Vergleich der beiden Strategien gibt es nicht. «Die Studien zeigen jedoch in Bezug auf den Langzeitverlauf einen klaren Vorteil für die Kombinationstherapie. Eine Monotherapie über längere Zeit ist deshalb sicher nicht mehr gerechtfertigt », hielt Sitbon fest. «Wenn man bei einem Patienten mit niedrigem Risiko mit nur einem Medikament starten will, muss er alle drei bis sechs Monate nachkontrolliert werden, und bei ungenügendem Ansprechen muss die Therapie rasch erweitert werden.» Der Therapieerfolg wird anhand der in den Leitlinien definierten Parameter für die Risikoeinschätzung gemessen, <sup>1</sup> wobei das Ziel ist, dass die meisten Parameter in der Low-Risk-Kategorie sind. Ist dies nicht der Fall, muss die Behandlung rasch eskaliert werden. «Die Tripeltherapie mit parenteralen Prostanoiden spielt vor allem bei Patienten mit einer schweren PAH eine Rolle. Mit Selexipag ist seit 2016 aber auch ein orales Medikament verfügbar, das auf den Prostazyklin- Pathway abzielt. Es ist also möglich, bereits in früheren Krankheitsstadien mit einer rein oralen Therapie in alle drei Signalwege einzugreifen», schloss Sitbon.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Gemeinsamer Kongress von SGP und CHEST, 7.–9. Juni 2017, Basel
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Galiè N et al.: 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS): Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Eur Respir J 2015; 46: 903-75 <strong>2</strong> Channick RN et al.: Effects of the dual endothelin-receptor antagonist bosentan in patients with pulmonary hypertension: a randomised placebo-controlled study. Lancet 2001; 358: 1119-23 <strong>3</strong> Galiè N et al.: Ambrisentan therapy for pulmonary arterial hypertension. J Am Coll Cardiol 2005; 46: 529-35 <strong>4</strong> Pulido T et al.: Macitentan and morbidity and mortality in pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2013; 369: 809-18 <strong>5</strong> Galiè N et al.: Sildenafil citrate therapy for pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2005; 353: 2148-57 <strong>6</strong> Galiè N et al.: Tadalafil therapy for pulmonary arterial hypertension. Circulation 2009; 119: 2894-903 <strong>7</strong> Simonneau G et al.: Continuous subcutaneous infusion of treprostinil, a prostacyclin analogue, in patients with pulmonary arterial hypertension: a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 800-4 <strong>8</strong> Barst RJ et al.: A comparison of continuous intravenous epoprostenol (prostacyclin) with conventional therapy for primary pulmonary hypertension. N Engl J Med 1996; 334: 296-301 <strong>9</strong> Galiè N et al.: A meta-analysis of randomized controlled trials in pulmonary arterial hypertension. Eur Heart J 2009; 30: 394-403 <strong>10</strong> Galiè N et al.: Initial use of ambrisentan plus tadalafil in pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2015; 373: 834-44 <strong>11</strong> Humbert M et al.: Survival in patients with idiopathic, familial, and anorexigen- associated pulmonary arterial hypertension in the modern management era. Circulation 2010; 122: 156-63 <strong>12</strong> Humbert M et al.: Combination of bosentan with epoprostenol in pulmonary arterial hypertension: BREATHE-2. Eur Respir J 2004; 24: 353-9 <strong>13</strong> Bachetti C et al.: Comparison between initial combination therapy and initial monotherapy in pulmonary arterial hypertension: a single centre blinded evaluation of patients enrolled in the AMBITION study. Am J Respir Crit Care Med 2015; 191: A4779 <strong>14</strong> Sitbon O et al.: Upfront triple combination therapy in pulmonary arterial hypertension: a pilot study. Eur Respir J 2014; 43: 1691-7</p>
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</p>