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Organerhaltende operative Therapie des Peniskarzinoms im Frühstadium und prämaligner Läsionen

<p class="article-intro">Die organerhaltende chirurgische Therapie peniler Tumoren gewinnt für Karzinome im Frühstadium weltweit an Bedeutung. Der folgende Artikel gibt einen Überblick.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Einleitung</h2> <p>Lebenserwartung, Sexualfunktion, Kosmetik und Lebensqualit&auml;t werden bei an Peniskarzinom erkrankten Patienten erheblich beeinflusst.<sup>1</sup> Die traditionell durchgef&uuml;hrte totale oder partielle Penektomie, wenn auch kurativ, wird heute, falls onkologisch nicht zwingend n&ouml;tig, als Entstellung mit verheerenden psychologischen Folgen nach M&ouml;glichkeit vermieden. <br />In der Vergangenheit bestand die chirurgische Therapie dieser Erkrankung aus der radikalen Resektion des Tumors unter Beibehaltung eines Resektionsabstandes von ein bis zwei Zentimetern. Aufgrund der starken psychischen Belastung und funktioneller Einbu&szlig;en, die mit einer partiellen oder totalen Penektomie einhergehen, entwickelt sich die chirurgische Therapie von Tumoren im Fr&uuml;hstadium (Tis, Ta, T1 und auf die Glans beschr&auml;nkte T2) hin zu weniger invasiven Techniken.</p> <h2>Standardisierung des Verfahrens</h2> <p>Im letzten Jahrzehnt wurden organerhaltende chirurgische Verfahren f&uuml;r Peniskarzinome im Fr&uuml;hstadium standardisiert. Den Anfang machten die Autoren der europ&auml;ischen Leitlinien, welche einen Resektionsabstand von 5 mm, im Falle eines Peniskarzinoms im Fr&uuml;hstadium, als vermutlich ausreichend angaben.<sup>2</sup> <br />Minhas et al. lieferten zum ersten Mal solide Daten zu lokalen Rezidivraten in Abh&auml;ngigkeit vom Resektionsabstand.<sup>3</sup> Immer mehr Zentren best&auml;tigen die Sicherheit des 5 mm-Resektionsabstands mit ad&auml;quaten und mit historischen, radikaleren Techniken vergleichbaren onkologischen Ergebnissen.<sup>4, 5</sup> Trotzdem bleibt mit h&ouml;herem Tumorstadium, dem Vorhandensein von Lymph- oder Gef&auml;&szlig;invasion und hohem Grading eine erh&ouml;hte lokale Rekurrenzrate assoziiert.<sup>1</sup> <br />Die chirurgischen Therapieoptionen oberfl&auml;chlicher maligner L&auml;sionen reichen von einer simplen Zirkumzision &uuml;ber eine weite Exzision bis hin zu komplexeren Techniken wie der Entfernung und Rekonstruktion des Glansepithels (Glans-Resurfacing) oder der totalen Glansektomie mit Neoglansrekonstruktion inklusive Spalthautdeckung. Wobei komplexere Verfahren vor allem bei relativ jungen Patienten mit guter Compliance und engmaschige Nachsorgeprotokolle zum Einsatz kommen sollten. <br />Bis heute gibt es weder randomisiert kontrollierte Studien zu organerhaltenden Techniken beim lokalisierten Peniskarzinom noch Beobachtungsstudien, welche diese Verfahren untereinander oder mit nicht chirurgischen Therapien vergleichen. <br />Die weite lokale Exzision (WLE) nimmt an Bedeutung zu. Nicht zuletzt wegen der oben genannten Diskussion &uuml;ber geringere Resektionsabst&auml;nde bei gleichzeitig ad&auml;quater onkologischer Kontrolle. Die WLE kann f&uuml;r Glanstumoren bis zum Stadium T2 sowie f&uuml;r T1G2-Tumoren des Penisschafts eingesetzt werden. Kontraindikation f&uuml;r eine WLE ist ein bestehendes CIS, ein Befall von mehr als 50 % der Glans oder ein Befall der Urethra.<sup>1</sup> Unter diesen Voraussetzungen ist die WLE der totalen/partiellen Penektomie beim Peniskarzinom im Fr&uuml;hstadium nicht unterlegen.<sup>6, 7</sup> Die Rezidivraten der unterschiedlichen organerhaltenden Techniken f&uuml;r Tumoren der Stadien pTa bis T2 waren in der bis jetzt gr&ouml;&szlig;ten multizentrischen Studie zu diesem Thema vergleichbar.<sup>8</sup> Die Inzidenz eines lokalen Rezidivs in diesen Gruppen ist h&ouml;her als bei Patienten nach partieller/totaler Penektomie, wobei damit nicht zwingend ein schlechteres onkologisches &bdquo;Outcome&ldquo; im Sinne von Gesamt&uuml;berleben bzw. &bdquo;cancer specific survival&ldquo; einhergeht.<sup>8, 9</sup> Parnham et al. berichteten in ihrer rezenten Studie eine Lokalrezidivrate von 9,3 % (von 177 Patienten). Die Peniskarzinom- assoziierte Mortalit&auml;t betrug 10,7 %. Die Reoperationsrate aufgrund von Komplikationen wie Transplantatverlust oder Meatusstenose betrug 9 % . Da ein lokales Rezidiv alleine nur geringen Einfluss auf das Langzeit&uuml;berleben hat, sind auch nachfolgend organerhaltende Strategien gerechtfertigt.<sup>10</sup> Glans-Resurfacing ist indiziert in Abh&auml;ngigkeit von der L&auml;sionsgr&ouml;&szlig;e und vor allem f&uuml;r junge Patienten mit CIS oder &bdquo;Low stage&ldquo;-Peniskarzinom interessant. F&uuml;r Patienten nach Neoglans-Rekonstruktion aus den Corpora cavernosa gibt es die M&ouml;glichkeit der Entfernung und Rekonstruktion des Neoglansepithels (&bdquo;Neoglans- Resurfacing&ldquo;). Initial von Bracha zur Therapie des Lichen sclerosus beschrieben, wurde diese Technik sp&auml;ter f&uuml;r CIS- und pTa-Tumoren angepasst.<sup>11, 12</sup> Nach Standardisierung der Technik ist die Rate an positiven Resektionsr&auml;ndern gesunken, sodass eine ad&auml;quate onkologische Kontrolle f&uuml;r &bdquo;Low stage&ldquo;-Peniskarzinome und &bdquo;High grade&ldquo;-PIeN (penile intraepitheliale Neoplasie) gew&auml;hrleistet ist.<sup>13, 14</sup></p> <h2>Ablauf</h2> <p>Der Eingriff wird in Allgemein- oder Lokalan&auml;sthesie durchgef&uuml;hrt. Ein signifikanter Vorteil der perioperativen antibiotischen Therapie konnte nicht nachgewiesen werden. Typischerweise wird das Glansepithel beginnend vom Meatus urethrae proximal zum Sulcus coronarius in Quadranten unterteilt. Um einer Meatusstriktur vorzubeugen, wird eine perimeatale Inzision durchgef&uuml;hrt. <br />Glansepithel und -subepithel werden reseziert, bis makroskopisch tumorfreie R&auml;nder sichergestellt sind, und anschlie&szlig;end als Gefrierschnitt zur Analyse gesandt. Bei negativem Resektionsrand wird der Defekt mit einem Spalthauttransplantat gedeckt. Im Falle einer partiellen Glansepithelresektion kommen unterschiedliche Gewebe f&uuml;r die Deckung des Defekts infrage. <br />Bei Patienten mit kleinen isolierten Tumoren der Glans kann eine partielle Glansektomie mit Prim&auml;rverschluss erwogen werden. Sollte der entstandene Defekt zu gro&szlig; f&uuml;r einen ann&auml;hernd anatomischen Prim&auml;rverschluss sein, kann bei Patienten mit intaktem Pr&auml;putium das innere Blatt des Pr&auml;putiums zur Deckung verwendet werden. Unserer Erfahrung nach ist es auch m&ouml;glich, bei Patienten mit Zustand nach Zirkumzision und ausreichend vorhandener Penisschafthaut einen vaskularisierten Hautlappen zu mobilisieren (Abb. 1). Eine weitere Alternative stellt die Defektdeckung mittels h&auml;mostatischer Substanzen wie TachoSil<sup>&reg;</sup> oder Veriset&trade; dar. Beide Substanzen induzieren eine H&auml;mostase gefolgt von vollst&auml;ndiger Regeneration des Glansepithels, ausgehend von den gesunden Wundr&auml;ndern (Abb. 2, 3) (Weibl et al., Daten noch unver&ouml;ffentlicht, &bdquo;under review&ldquo;). Dieses Vorgehen erfordert jedoch l&uuml;ckenlose und intensivere Nachsorgeuntersuchungen und ist nur bei Patienten mit hoher Compliance indiziert. Nach totalem Glans-Resurfacing ist die Deckung mittels Spalthauttransplantats ein weit verbreitetes chirurgisches Vorgehen. Wir verwenden hierzu gleichm&auml;&szlig;ig &uuml;ber das Transplantat (Spalthaut, Tunica vaginalis, Mundschleimhaut, TachoSil<sup>&reg;</sup>, Veriset &trade;) verteilte Einzelknopf-Adaptationsn&auml;hte, um es zu fixieren und damit das Anwachsen an gew&uuml;nschter Stelle zu optimieren. <br />F&uuml;r ausgedehntere L&auml;sionen der Glans, welche nicht mittels partieller Glansektomie saniert werden k&ouml;nnen (Ta, T1 bis hin zu T2), kann eine totale Glansektomie und, abh&auml;ngig von der Ausdehnung der L&auml;sion, zus&auml;tzlich eine distale Korporektomie durchgef&uuml;hrt werden. Anschlie&szlig;end erfolgt die Neoglans-Rekonstruktion inklusive Spalthautdeckung (Abb. 4&ndash;6).<sup>15</sup> Eine weitere relativ unkomplexe und wenig invasive M&ouml;glichkeit ist die Neoglansrekonstruktion mittels invertierten distalen Urethralappens.<sup>16</sup> In all diesen F&auml;llen ist die Gefrierschnittdiagnostik zwingend n&ouml;tig, um negative Resektionsr&auml;nder sicherzustellen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb1.jpg" alt="" width="1007" height="812" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb2.jpg" alt="" width="1606" height="346" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb3.jpg" alt="" width="1606" height="339" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb4.jpg" alt="" width="1361" height="488" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb5.jpg" alt="" width="1361" height="812" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb6.jpg" alt="" width="1186" height="620" /></p> <h2>Conclusio</h2> <p>Peniserhaltende Techniken in der chirurgischen Therapie des &bdquo;Low stage&ldquo;-Peniskarzinoms bieten hervorragende onkologische, kosmetische sowie sexualfunktionelle Ergebnisse. Dadurch ergibt sich ein besseres psychosoziales Outcome mit erhaltener Lebensqualit&auml;t.</p> <p>Urologen sollten bei der Behandlung von Patienten mit &bdquo;Low stage&ldquo;-Peniskarzinom diese Therapieoptionen in Betracht ziehen. Als langfristige und h&ouml;herfrequente Nachsorge ist allerdings mit Blick auf m&ouml;gliche Rezidive die strikte Einhaltung des Nachsorgeprotokolls hierbei Conditio sine qua non. F&uuml;r Patienten mit geringerer Compliance sollten radikalere und weniger komplexe Verfahren mit vergleichbarer onkologischer Kontrolle herangezogen werden.</p></p>
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