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Hot and new: interventionelle Bronchiologie
Jatros
Autor:
Priv.-Doz. Dr. Daniela Gompelmann
Thoraxklinik<br> Universitätsklinikum Heidelberg<br> E-Mail: daniela.gompelmann@med.uni-heidelberg.de
30
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05.09.2019
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<p class="article-intro">Beim diesjährigen „Pneumologie-Update 2019“ in Igls bei Innsbruck wurden die Highlights der bronchoskopischen Entwicklung des Zeitraums von 2018 bis 2019 präsentiert. Unter anderem wurde die Rolle der Bronchoskopie in der Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankungen hinterfragt, Neuigkeiten zur endobronchialen ultraschallgesteuerten transbronchialen Nadelaspiration (EBUS-TBNA) erläutert, die robotergesteuerte Bronchoskopie vorgestellt und neueste Informationen zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion berichtet.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Der Stellenwert der endoskopischen Kryobiopsie in der Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankung ist noch nicht eindeutig geklärt, sodass weitere prospektive Studien erforderlich sind.</li> <li>Bei der EBUS-TBNA scheint die flexible 19G-Nadel einer 22G-Nadel beim Lungenkarzinom nicht überlegen zu sein.</li> <li>Die robotergesteuerte Bronchoskopie stellt möglicherweise in der Zukunft eine neue Methode dar, um periphere kleine Rundherde bioptisch-histologisch sichern zu können.</li> <li>Die Effektivität der endoskopischen Ventiltherapie bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Lungenemphysem und einer fehlenden interlobären Kollateralventilation konnte in einer weiteren randomisiert- kontrollierten Studie belegt werden.</li> </ul> </div> <h2>Bronchoskopie zur Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankung</h2> <p>In der aktuellen Leitlinie zur Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) wird bei Patienten mit einer in der Dünnschichtcomputertomografie nachgewiesenen ILD, welche keinem sicheren „Usual interstitial pneumonia“-Muster entspricht, eine chirurgische Lungenbiopsie empfohlen.<sup>1</sup> Für eine alternativ zur chirurgischen Lungenbiopsie in Betracht kommende bronchoskopische Kryobiopsie wird aufgrund einer noch limitierten Datenlage keine Empfehlung ausgesprochen. Bislang durchgeführte Studien zeigen, dass die diagnostische Aussagefähigkeit einer Kryobiopsie der einer chirurgischen Biopsie (79 % vs. 90 %) unterlegen ist, die Kryobiopsie jedoch mit einer geringeren Komplikationsrate und Mortalität assoziiert ist. Daher kann in erfahrenen Zentren nach Abwägung des Nutzen-Risiko-Profils die Kryobiopsie der chirurgischen Biopsie vorgezogen werden, gefolgt von einer chirurgischen Biopsie bei einem nicht richtungsweisenden Befund.<sup>2</sup> In einer nun kürzlich publizierten prospektiven multizentrischen Studie wurde die Histopathologie der Kryobiopsie mit der einer chirurgischen Gewebeprobe verglichen.<sup>3</sup> Bei 21 Patienten mit einer radiologisch nachgewiesenen ILD wurde zunächst eine Kryobiopsie gefolgt von einer chirurgischen Biopsie durchgeführt. Diese wurden untereinander sowie mit dem Ergebnis des multidisziplinären Boards verglichen. Im Vergleich der Histopathologie beider Methoden konnte eine Übereinstimmung in nur 38 % erhoben werden. Im Vergleich mit dem Ergebnis des multidisziplinären Boards war die chirurgische Biopsie mit einer Übereinstimmung von 62 % der Kryobiopsie überlegen, bei der nur in 48 % eine Übereinstimmung vorlag. Allerdings muss diskutiert werden, ob möglicherweise die Lokalisation der Gewebeentnahme bei einer chirurgischen pleuranahen Biopsie und einer meist zentraleren Kryobiopsie nicht übereinstimmte, was eventuell zur schlechten Konkordanz der histopathologischen Ergebnisse beigetragen haben könnte. Weitere und größere prospektive Studien sind erforderlich, um den Stellenwert der Kryobiopsie in der Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankungen zu evaluieren. </p> <h2>Highlights zur EBUS-TBNA</h2> <p>Die endobronchiale ultraschallgesteuerte transbronchiale Nadelaspiration (EBUSTBNA) hat einen festen Stellenwert in der Abklärung einer hilären und mediastinalen Lymphadenopathie (Abb. 1). Insbesondere im Rahmen des Lymphknotenstagings bei Patienten mit einem Lungenkarzinom wird die EBUS-TBNA als Methode der Wahl in diversen Leitlinien empfohlen.<sup>4</sup> Aber auch zur primären Diagnostik zentral lokalisierter Lungenkarzinome wird die EBUS-TBNA regelhaft eingesetzt. Im Zuge der individualisierten Therapie bei Lungenkarzinomen, die eine molekulare Diagnostik der Gewebeproben voraussetzen, gewinnt die Größe der Gewebeproben, die den Pathologen zur Auswertung zur Verfügung steht, zunehmend an Bedeutung. Ein Vergleich einer konventionellen TBNA ohne Einsatz des endobronchialen Ultraschalls mittels einer 19G-Nadel mit einer TBNA mittels einer 22G-Nadel ergab eine höhere Sensitivität der 19G-Nadel, woraufhin aufgrund dieser Ergebnisse eine vergleichbare Studie unter Einsatz des EBUS gestartet wurde. In dieser 2018 publizierten prospektiven Studie wurden 78 Patienten mit Verdacht auf ein Lungenkarzinom in zwei Gruppen randomisiert: In einer Gruppe wurde die EBUS-TBNA mittels einer neuen, flexiblen 19G-Nadel (Flex 19G) durchgeführt, in der anderen erfolgte die EBUS-TBNA mittels einer 22G-Nadel.<sup>5</sup> In der quantitativen Beurteilung der Proben konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Nadeln gesehen werden. In der qualitativen Beurteilung fand sich jedoch ein höherer Blutanteil in den mit der Flex-19G-Nadel und unter Verwendung eines Sogs gewonnenen Proben. In beiden Gruppen konnte zu einem vergleichbaren Anteil ein erfolgreiches „Next-Generation-Sequencing“ durchgeführt werden. Somit konnte in dieser Studie kein Vorteil der Flex-19G-Nadel gegenüber der 22G-Nadel bei Patienten mit der Verdachtsdiagnose eines Lungenkarzinoms gesehen werden. Weitere Studien, die andere Indikationen einschließen, sind jedoch erforderlich, um eine endgültige Aussage treffen zu können. Eine weitere wichtige Frage zur EBUSTBNA betrifft die Sicherheit der Nadelaspiration unter einer doppelten Thrombozytenaggregationshemmung (DAPT), die nun in einer 2019 erschienenen Publikation zur EBUS-TBNA erstmals prospektiv untersucht wurde. In dieser Studie wurde bei 40 Patienten, die eine DAPT mit Acetylsalicylsäure und Plavix erhielten, eine EBUS-TBNA mittels einer 22G- und einer 21G-Nadel durchgeführt.<sup>6</sup> Es konnten keine signifikanten Nebenwirkungen gesehen werden, was die Sicherheit dieser minimal invasiven Untersuchung belegt. Dennoch sollte bei jedem Patienten das Nutzen-Risiko- Profil individuell vor einer EBUS-TBNA unter einer DAPT interdisziplinär diskutiert werden.</p> <p> </p> <h2>Robotergesteuerte Bronchoskopie</h2> <p>Die bioptisch-histologische Sicherung von peripheren Lungenrundherden, insbesondere bei einer Größe kleiner als 2 bis 3 cm, stellt weiterhin eine Herausforderung dar. Durch die Entwicklung diverser Navigationstechniken, wie des endobronchialen Ultraschalls, der elektromagnetisch navigierten Bronchoskopie oder der computerassistierten virtuellen Bronchoskopie, konnte in der letzten Dekade die diagnostische Aussagefähigkeit mit ca. 70–80 % erheblich verbessert werden. Um die diagnostische Treffsicherheit noch weiter zu erhöhen, werden laufend neue Techniken entwickelt, mit denen periphere Rundherde minimal invasiv histologisch abgeklärt werden können. Eine dieser Techniken ist die robotergesteuerte Bronchoskopie. Im vergangenen Jahr wurde eine erste Durchführbarkeitsstudie publiziert, in der bei 15 Patienten mit einem peripheren Rundherd eine robotergesteuerte Bronchoskopie zur bioptisch-histologischen Sicherung erfolgte.<sup>7</sup> Nach Intubation und manuellem Einführen des Bronchoskops in die Atemwege des Patienten wurde der Rundherd mittels eines Roboterbronchoskops, welches durch eine Konsole vom Endoskopiker gesteuert wurde, aufgesucht und biopsiert. Der Vorteil dieses Systems ist dabei vor allem die Visualisierung der Atemwege in der Lungenperipherie. In dieser Studie konnte bei 14 der 15 Patienten eine Gewebeentnahme unter direkter Visualisierung erfolgen, wobei bei einem Patienten zusätzlich ein konventionelles Bronchoskop zur Biopsie zum Einsatz kam. In dieser Studie konnten milde Nebenwirkungen wie Fieber oder postoperative Übelkeit, jedoch keine schwerwiegenden Nebenwirkungen, beobachtet werden. Derzeit laufen weitere Studien, in denen die Effektivität der robotergesteuerten Bronchoskopie evaluiert werden.</p> <h2>Neues zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion</h2> <p>Seit der vor 16 Jahren erschienenen ersten Publikation zur endoskopischen Ventiltherapie, die die beste evaluierte Methode der endoskopischen Lungenvolumenreduktionstechniken darstellt, wurden zahlreiche randomisiert-kontrollierte Studien (RCT) durchgeführt, die die Effektivität der Ventiltherapie bei selektionierten Patienten mit fortgeschrittenem Emphysem und fehlender Kollateralventilation bestätigen (Abb. 2). Mittlerweile ist die endoskopische Lungenvolumenreduktion in die Empfehlungen zur Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung bei Patienten mit hochgradigem Emphysem, die trotz maximaler medikamentöser und physiotherapeutischer Therapie weiterhin Symptome zeigen, eingegangen.<sup>8</sup> Im vergangenen Jahr wurde eine weitere RCT, die sogenannte LIBERATE-Studie, publiziert, bei der 128 Patienten mit fehlender Kollateralventilation mit Ventilen behandelt und mit 62 Patienten einer Kontrollgruppe verglichen wurden.<sup>9</sup> Zwölf Monate nach der Ventilimplantation wiesen 48 % der Patienten der Behandlungsgruppe eine FEV<sub>1</sub>-Verbesserung von ≥ 15 % auf, während hingegen in der Kontrollgruppe lediglich bei 17 % eine klinisch relevante FEV<sub>1</sub>-Verbesserung gesehen werden konnte (p<0,001). Auch in den sekundären Endpunkten der Studie (Verbesserung der Belastbarkeit und der Lebensqualität) konnte ein signifikanter Unterschied zugunsten der Behandlungsgruppe gesehen werden. Somit bestätigt diese RCT die Effektivität der Ventiltherapie in diesem selektionierten Patientenkollektiv. Zudem belegte eine kürzlich publizierte retrospektive Studie den Überlebensvorteil bei Patienten, die durch die Ventiltherapie eine lobäre Atelektase des emphysematösen Lungenlappens entwickeln, und bestätigte damit das Ergebnis zweier kleinerer Studien.<sup>10–12</sup> Somit scheint die Ventiltherapie nicht nur eine symptomatische Therapie, sondern auch eine überlebensverlängernde Therapie zu sein, sofern durch diese eine lobäre Volumenreduktion erzielt werden kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1904_Weblinks_s9_abb1.jpg" alt="" width="1187" height="485" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<ol> <li>Raghu G et al.: Diagnosis of idiopathic pulmonary fibrosis. An official ATS/ERS/JRS/ALAT clinical practice guideline. Am J Respir Crit Care Med 2018; 198: e44-68</li> <li>Ravaglia C et al.: New Idiopathic Pulmonary Fibrosis Guidelines: Are cryobiopsy and surgery competitive in clinical practice? Am J Respir Crit Care Med 2019; 199: 666-7</li> <li>Romagnoli M et al.: Poor concordance between sequential transbronchial lung cryobiopsy and surgical lung biopsy in the diagnostics of diffuse interstitial lung disease. Am J Respir Crit Care Med 2019; 199: 1249-56</li> <li>Vilmann P et al.: Combined endobronchial and esophageal endosonography for the diagnosis and staging of lung cancer: European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) Guideline, in cooperation with European Respiratory Society (ERS) and the European Society of Thoracic Surgeons (ESTS). Endoscopy 2015; 47: c1</li> <li>Dooms C et al.: A randomized clinical trial of flex 19G needles versus 22G needles for endobronchial ultrasonography in suspected lung cancer. Respiration 2018; 96: 275-82</li> <li>Webb TN et al.: Effect of routine clopidogrel use on bleeding complications after endobronchial ultrasound-guided fine needle aspiration. J Bronchology Interv Pulmonol 2019; 26: 10-14</li> <li>Rojas-Solano JR et al.: Robotic bronchoscopy for diagnosis of suspected lung cancer: A feasibilty study. J Bronchology Interv Pulmonol 2018. 25: 168-75</li> <li>Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease: Global strategy for the diagnosis, management and prevention of chronic obstructive pulmonary disease 2018</li> <li>Criner GJ et al.: A multicenter randomized controlled trial of zephyr endobronchial valve treatment in heterogeneous emphysema (LIBERATE). Am J Respir Crit Care Med 2018; 198: 1151-64</li> <li>Gompelmann D et al.: Survival after endoscopic valve therapy in patients with severe emphysema. Respiration 2019; 97: 145-52</li> <li>Hopkinson NS et al.: Atelectasis and survival after bronchoscopic lung volume reduction for COPD. Eur Respir J 2011; 37: 1346-51</li> <li>Venuta F et al.: Long-term follow-up after bronchoscopic lung volume reduction in patients with emphysema. Eur Respir J 2012; 39: 1084-9</li> </ol>
</div>
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