<p class="article-intro">Anders als in den letzten Jahren diskutiert, stellt sich für mich nicht die Frage: „Facelift oder Filler?“ Denn beide Therapieansätze verfolgen nämlich ein vollkommen divergierendes Konzept. Salopp gesprochen könnte man dazu sagen: Wenn mein Kleid zu groß geworden ist, kann ich versuchen zuzunehmen oder ich kann das Kleid einnähen lassen.</p>
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<p class="article-content"><p>Ganz so einfach ist es mit der alternden Gesichtshaut aber nicht, weil die Konsistenz der Haut höchst unterschiedlich ist. Unterschiedlich in Elastizität, Stärke, Textur, Faltenbildung.</p> <h2>Elastizität</h2> <p>Der auffälligste Unterschied besteht zwischen männlicher und weiblicher Gesichtshaut. Das männliche Unterhautgewebe ist wesentlich fester als das der Frauen, was die Bindegewebszügel zur Unterhaut betrifft. Spürbar ist das besonders bei der Facelift-Unterhautpräparation, wenn viel mehr Druck auf die Scherenbranchen angewendet werden muss. Männliche Gesichtshaut erschlafft auch nach dem Facelift kaum mehr, was sich in meiner 25-jährigen Praxis in einer Reoperationsrate von 1 % widerspiegelt. Weibliche Gesichtshaut weist eine deutlich geringere Verbindung zur Unterhaut auf. Wahrscheinlich bestehen – ungeliebte – Parallelen zur Oberschenkelhaut. Um die Indikation zum Facelift zu stellen, ist meiner Ansicht nach immer das manuelle Erspüren der Hautelastizität des Gesichtes wichtig. Diese ist erstaunlich wenig mit dem Alter vergesellschaftet. So konnte ich bei unter 35-jährigen Patientinnen mit meist sehr dicker Hautstruktur präaurikulär mehr als 4cm Haut resezieren, hingegen gibt es deutlich ältere Frauen, die weniger Erschlaffung aufweisen.</p> <h2>Hauttextur und Faltenbildung</h2> <p>Die eigentliche Faltenbildung steht zwar in engem Zusammenhang mit der Elastizität, aber nicht unmittelbar. So hat eine sehr dünne Hauttextur eine hohe Tendenz, feine Falten zu bilden. Diese eignen sich besonders ideal in früher Lebensphase bei wenig Hauterschlaffung zur Behandlung mit Fillern und Botulinumtoxinen. Später wird die Kombination mit dem Facelift ein ausgezeichnetes Ergebnis bringen, da sich die Falten nie tief ins Hautrelief eingraben werden.<br /><br /> Bei mittlerer Hauttextur und Hautdicke muss vorausschauender behandelt werden, da sich hier Falten tiefer eingraben werden. Ein frühzeitiges Facelift verhindert nachhaltig deutliche Alterszeichen, besonders entlang der Kinnlinie und am Hals. Generell ist die Halsregion der Lackmustest für jede Art der Anti-Aging-Therapie.<br /><br /> Dicke Hauttextur im Gesicht bezeichnet der Amerikaner als „heavy face“. Diese ist bei uns häufig anzutreffen und weist dicke Unterhaut vergesellschaftet mit hoher Hauterschlaffung auf. Ob grobes Gesicht oder im Gegensatz feiner Gesichtsschnitt die passenden Übersetzungen darstellen? Beim „heavy face“ sind Filler, wenn überhaupt, so erst nach einem Facelift erfolgreich einzusetzen.<br /><br /> Das von mir entwickelte Fächer-Facelift weist als Besonderheit mehrfache Zügel zur Hebung des Mittelgesichts und der ventral des SMAS gelegenen Unterhautgewebes auf. Damit gelingt es, die sonst schwierig zu behandelnden besonders abgesunkenen Strukturen bei „heavy faces“ anzuheben, wie ich am ISAPS-Weltkongress in Kyoto 2016 zeigen durfte.<br /><br /> Bei dicker Hauttextur ist es indiziert, frühzeitig das Eingraben von sonst schwierig zu behandelnden tiefen Falten zu verhindern. Dies beginnt mit konsequenter Botulinumtoxin- und mäßiger Hyaluron- Injektionsbehandlung. Diese Patienten weisen bei unregelmäßiger Anwendung von Botulinumtoxin eine schnelle Rückkehr von Mimikfalten auf. Der mangelnde Erfolg reduziert gleichzeitig die Compliance. Ein Facelift zu einem Zeitpunkt, bevor sich tiefe Falten in die dicke Hauttextur eingegraben haben, ist daher die Therapie der Wahl. Danach erst soll eine nicht invasive Erhaltungstherapie begonnen werden.<br /><br /> Ein modernes Konzept muss nicht invasive Methoden – hier angesprochen 1. Filler (Eigenfett und Hyalurone) und 2. Botulinumtoxin- Injektionsbehandlungen – enthalten. Beide Therapieformen zeigen eine große Wirkung bei der Therapie des alternden Gesichts, sind aber auch für übertriebene Ergebnisse verantwortlich. Es gehört zum Alltag eines ästhetischen plastischen Chirurgen, sich dafür vor seinen Patienten rechtfertigen zu müssen. Ein Face-Halslift ist selten für den „operated look“ verantwortlich zu machen. Wenn, so ist dies einem Stirnlift bei strittiger Indikation oder der lateralen Kanthopexie anzulasten.<br /> Das alternde Gesicht – aber nicht jedes, und schon gar nicht das „heavy face“ – weist Reduktionen im Volumen des Unterhautgewebes auf. Mit Eigenfett oder Hyaluronsäure gelingt es, diese Volumensdefizite auszugleichen. Auch kann durch eine Injektion ventral der Mentolabialfalte der Anschein einer homogenen Kinnlinie erweckt werden. Dies geht jedoch mit Volumszunahme im Kinnbereich und einer somit ungünstig veränderten Gesichtsproportion einher.<br /> Andere Konzepte versuchen gleichzeitig alle Regionen des Gesichtes aufzupolstern. Wir müssen dabei beachten, dass durch Verdickung der Unterhaut Mimik und Gesichtskontur reduziert werden. Ein Vortrag in Kyoto am Kongress der ISAPS (International Society of Aesthetic Plastic Surgery) 2016 beleuchtete die Entstehung ästhetisch entstellender „Hamstergesichter“: Entnommenes Bauchfett hat nämlich transferiert dieselben Eigenschaften wie am Ursprungsort. Gewichtszunahme, auch nur um wenige Kilogramm, wirkt sich folglich konsequenterweise im Gesicht deutlich negativ aus.<br /> Bei Injektion von Hyaluronsäure besteht diese Gefahr nicht, wenngleich die Haltbarkeit unterschiedlich beurteilt werden muss. Rian Maerks aus Miami konnte anhand von 3D-Scans des Gesichtes beweisen, dass die volumetrische Wirkung von Hyaluroninjektionen auch nach 5 Jahren festzustellen war. Eine plausible Erklärung dafür könnte die Anregung von Fibroblasten durch die Behandlung sein.<br /><br /> Wenn wir das Volumen im alternden Gesicht ansprechen, so ist es ja nicht nur die Abnahme, sondern vor allem die Umverteilung, die ein Gesicht alt aussehen lässt. Unterhautfettgewebe aus der Wangenregion sinkt ab, verstärkt dabei die Nasolabialfalte und verursacht eine Dreiteilung der Kinnlinie. Eine Unterfütterung derselben ist nicht als kausale Therapie anzusehen. Die Fächer-Facelift-Technik hebt das Mittelgesicht, aber auch das Unterhautfettgewebe von der Nasolabialfalte und bringt es in die ursprüngliche Position. Gleiches gilt für die Kinnlinie. Ein großer Vorteil dabei ist es, dass die an der neuen Position verwachsenen Gewebsstrukturen kaum mehr absinken.</p> <h2>Conclusio</h2> <p>Auch wenn nicht invasive Methoden wie Eigenfett und Filler in der Therapie des alternden Gesichts gegenwärtig breitesten Raum in der Fachdiskussion einnehmen, so steht und fällt der Behandlungserfolg mit einem adäquaten Facelift. Nur das Facelift entfernt dauerhaft altersbedingt erschlaffte Gesichtshaut.<br /><br /> Wie in vielen anderen Bereichen der Medizin wäre auch beim alternden Gesicht das beste Ergebnis durch eine Kooperation verschiedener Fächer zu erzielen: der plastischen Chirurgie für das Facelift einerseits und der ästhetischen Dermatologie und Medizin für die Erhaltungstherapie mit nicht invasiven Methoden andererseits.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1702_Weblinks_s44_abb1.jpg" alt="" width="722" height="960" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1702_Weblinks_s44_abb2.jpg" alt="" width="723" height="1060" /></p></p>