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Systemischer Lupus erythematodes

Endlich auch auf dem Weg zur personalisierten Medizin

<p class="article-intro">Gegen rheumatische Krankheiten kann man inzwischen eine Reihe von Biologika erfolgreich einsetzen. Beim systemischen Lupus erythematodes zeigten Biologika bisher nicht die erhoffte Wirkung. Doch es zeigt sich Licht am Horizont: In fortgeschrittenen Studien werden Substanzen mit unterschiedlichen Ansatzpunkten getestet. Bis es wirksamere Behandlungen gibt, ist aber eine sorgfältige Therapie mit den bisherigen Medikamenten unerlässlich.</p>
<hr /> <p class="article-content"><p>In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Therapie des systemischen Lupus erythematodes (SLE) deutlich verbessert, aber trotzdem ist die Mortalit&auml;t immer noch rund doppelt so hoch wie bei der Vergleichsbev&ouml;lkerung. Die meisten Patienten sterben an Langzeitkomplikationen.<sup>1&ndash;3</sup> Die Behandlungsstrategie basiert immer noch auf Cortison, Antimalariamitteln und Immunsuppressiva, die oftmals selbst zu Organsch&auml;den durch ihre Nebenwirkungen f&uuml;hren. Mit Belimumab steht ein Biologikum f&uuml;r den SLE zur Verf&uuml;gung, aber abgesehen davon haben neue Therapien ihren Platz bei der Behandlung des SLE noch nicht gefunden. Randomisierte klinische Studien verliefen oftmals erfolglos, was mehrere Gr&uuml;nde hatte: Es ist wegen der geringen Pr&auml;valenz schwierig, gen&uuml;gend wirklich aktive Studienteilnehmer zu finden, es fehlen optimale Marker, mit denen man das Outcome messen kann, und zudem haben die Studiendesigns noch Schw&auml;chen. Dass eine Heilung des SLE vorerst nicht realistisch sei, liege aber nicht unbedingt an falschen Pr&auml;paraten oder schlecht designten Studien, sagt Prof. Martin Aringer, Bereichsleiter Rheumatologie am Universit&auml;tsklinikum der Technischen Universit&auml;t Dresden. &bdquo;Wir d&uuml;rfen nicht vergessen, dass Autoimmunerkrankungen in aller Regel nicht heilbar sind, weil das Immunsystem nicht vergisst &ndash; im Falle einer Infektion w&auml;re das ja sonst fatal.&ldquo; Andererseits seien einzelne wirksame Therapien aber vielleicht an den Studiendesigns und Patentfragen gescheitert. Daf&uuml;r sei Rituximab das klassische Beispiel. &bdquo;Die klinischen Pr&uuml;fungen bei dieser komplexen Erkrankung sind immer noch nicht optimal, um eine Wirkung sicher zu zeigen.&ldquo; So kann es zum Beispiel eine Herausforderung sein, in den Studien die Krankheitsaktivit&auml;t zu bestimmen. Das Labor hilft nur sehr bedingt. Es gibt zwar SLE-Aktivit&auml;ts-Scores, diese haben aber alle auch ihre Nachteile. Auch die Zielkriterien funktionieren zwar teilweise, aber leider nicht verl&auml;sslich.<br /> Es wird inzwischen eine Reihe von Biologika erfolgreich gegen rheumatische Erkrankungen eingesetzt, aber beim SLE verfehlten Biologika in gro&szlig;en klinischen Studien leider oftmals die klinischen Endpunkte. &bdquo;Im Vergleich zu rheumatoider Arthritis steckt die Biologikatherapie bei SLE noch in den Kinderschuhen&ldquo;, sagt Prof. Aringer. Belimumab ist zurzeit das einzige Biologikum, das zur Therapie des SLE zugelassen ist, und zwar zur Verminderung der Krankheitsaktivit&auml;t bei erwachsenen Patienten mit aktivem, Autoantik&ouml;rper- positivem SLE, die eine Basistherapie erhalten.<sup>4</sup> Der monoklonale Antik&ouml;rper Belimumab richtet sich gegen den B-Lymphozyten-Stimulator BLyS, der unter anderem von aktivierten neutrophilen Granulozyten exprimiert wird, von T- und dendritischen Zellen. BLyS l&auml;sst B-Lymphozyten zu Plasmazellen heranreifen und gew&auml;hrleistet das &Uuml;berleben von B-Lymphozyten. Belimumab kann als Kurzinfusion oder subkutan verabreicht werden. &bdquo;Die meisten Patienten bekommen das heute subkutan&ldquo;, sagt Prof. Aringer. &bdquo;Das hat sich mit der Zulassung der subkutanen Formulierung ge&auml;ndert.&ldquo; Belimumab wirkte in randomisierten klinischen Studien und scheint sich auch in der &bdquo;realen Welt&ldquo; zu bew&auml;hren: Es reduziert die Krankheitsaktivit&auml;t und verhindert Sch&uuml;be.<br /> Der Anti-CD20-Antik&ouml;rper Rituximab wird off-label ebenfalls in der klinischen Praxis eingesetzt, obwohl er sich in klinischen Studien als nicht sehr erfolgreich gezeigt hatte. Rituximab wurde in die europ&auml;ischen und amerikanischen Empfehlungen zur Therapie einer Lupus-Nephritis &uuml;bernommen und wird zudem beim schweren neuropsychiatrischen SLE eingesetzt. Dass Rituximab bei schweren, therapierefrakt&auml;ren Verl&auml;ufen ziemlich verl&auml;sslich wirke, aber in den randomisierten Studien schlecht abgeschnitten habe, so Aringer, k&ouml;nne durchaus am Studiendesign gelegen haben.<br /> In klinischen Studien wird inzwischen eine Reihe von Antik&ouml;rpern mit verschiedenen Zielen getestet. Viele davon befinden sich in fortgeschrittenen Phasen. Einen guten &Uuml;berblick geben Dr. Grainne Murphy vom Universit&auml;tsspital im irischen Cork und Prof. David Isenberg vom University College in London.<sup>5</sup> Ein Ansatz sind zum Beispiel voll humanisierte Antik&ouml;rper gegen CD20 wie Obinutuzumab, der nach einer Pressemeldung in einer Phase-II-Lupus-Nephritis-Studie erfolgreich war und jetzt in einer Phase-III-Studie getestet wird. &bdquo;Dieser neue Anti-CD20-Antik&ouml;rper depletiert B-Zellen noch effektiver als Rituximab&ldquo;, sagt Aringer. Dazu passend war unter Rituximab die komplette Depletion mit gutem Ansprechen assoziiert.<br /> Eine andere M&ouml;glichkeit ist, Rituximab und Belimumab zu kombinieren. Der Hintergrund ist, dass nach der B-Zell-Depletion mehr B-Zell-aktivierender Faktor BAFF im System ist, der nur von B-Zellen erkannt und gebunden wird. Das d&uuml;rfte die Reifung autoreaktiver B-Zellen f&ouml;rdern. Abgesehen davon werden Anti-CD19-Antik&ouml;rper getestet und Substanzen, die in die Interaktion zwischen dem CD40-Rezeptor auf den B-Zellen und CD40L, das zur Familie der Tumor-Nekrose-Faktoren geh&ouml;rt, interferieren. Manche Forschergruppen zielen auf die Tyrosinkinase BTK, andere auf Januskinasen, Interferone oder auf die Interleukine 12 und 23. &bdquo;Sehr interessant sind aus meiner Sicht der Typ-I-Interferon-Rezeptor-Blocker Anifrolumab, der IL-12/23-Blocker Ustekinumab und die JAK-Inhibitoren&ldquo;, sagt Prof. Aringer. &bdquo;Zu Anifrolumab gibt es eine positive Phase-III-Studie<sup>6</sup> (Morand 2020), alle anderen haben zumindest schon positive Phase-II-Studien &ndash; das finde ich sehr vielversprechend.&ldquo; Interferon schalte offenbar das Immunsystem scharf, sagt er, deshalb habe es Sinn, dort anzusetzen. Ustekinumab k&ouml;nnte verhindern, dass die Zuckermolek&uuml;le auf Autoantik&ouml;rpern so ver&auml;ndert werden, dass die Antik&ouml;rper stark immunaktivierend wirken. Die JAKE-Inhibitoren blockieren die Rezeptoren einer ganzen Reihe von Zytokinen, die beim SLE vermutlich eine Rolle spielen. Etwas &bdquo;ungew&ouml;hnlich&ldquo;, aber interessant findet er zudem die Idee mit niedrig dosiertem Interleukin 2. &bdquo;Das kann offenbar regulatorische T-Zellen f&ouml;rdern, die das Immunsystem beruhigen&ldquo;, sagt Aringer. Ustekinumab und die Jak-Inhibitoren Baricitinib und Tofacitinib k&ouml;nnte man prinzipiell schon heute verabreichen, aber nur off-label. Das k&auml;me zudem nur in sehr speziellen, refrakt&auml;ren Situationen in Betracht.<br /> Zumindest bis es bessere Behandlungen gibt, sei eine sorgf&auml;ltige Therapie mit den bisherigen Substanzen unerl&auml;sslich, so Aringer: &bdquo;Hydroxychloroquin sollte man immer geben und Glukokortikoide, Immunmodulatoren und Immunsuppressiva nur bei aktiven, behandlungsbed&uuml;rftigen Organmanifestationen. Diese sollten dann aber konsequent immunmodulierend mit Methotrexat oder immunsuppressiv behandelt werden, um rasch wieder die Glukokortikoide zu reduzieren.&ldquo; Immer mehr setze sich die Glukokortikoidreduktion auf 5 mg Prednisolon t&auml;glich oder weniger durch. Diese Empfehlungen sind auch in die aktuellen EULAR-Empfehlungen aufgenommen.<sup>7</sup> Er sei erfreut, dass die meisten Patienten jetzt immerhin das dringend empfohlene Hydroxychloroquin bek&auml;men und dass Mycophenolat nun auch mit dem Eurolupus-Cyclophosphamid-Schema in Europa fast gleichgezogen habe, sagt der Rheumatologe. Belimumab habe einen Stellenwert, obwohl noch immer nicht ganz klar sei, bei welchen Manifestationen es typischerweise helfe. Wichtig sei bei der Therapie, dass man sich von der Vielfalt an m&ouml;glichen Organproblemen nicht irritieren lasse. &bdquo;Behandelt werden muss nur das, was da ist&ldquo;, sagt Aringer. &bdquo;Und nur f&uuml;r die Nephritis und Blutbildver&auml;nderungen ist ein quartalweises Screening auch ohne Symptome n&ouml;tig.&ldquo;<br /> Ob es nicht frustrierend sei, wenn er seinen Patienten keine Heilung anbieten k&ouml;nne? &bdquo;Damit m&uuml;ssen wir Rheumatologen fast immer leben. Aber auch unseren SLE-Patienten k&ouml;nnen wir heute Therapien anbieten, die meist ein weitgehend normales Leben mit der chronischen Erkrankung m&ouml;glich machen und Risiken deutlich reduzieren. Und bald haben wir hoffentlich mehr zugelassene neue Therapien in unserem Repertoire.&ldquo;</p>
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