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Diagnostik und Management der genitalen Candidiasis
Leading Opinions
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02.05.2019
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<p class="article-intro">Die rezidivierende genitale Candidiasis ist nicht nur für die Patientinnen eine grosse Belastung. Auch für die behandelnden Ärzte ist sie eine Herausforderung, da die Therapie schwierig ist. Dr. med. Isabella Terrani, leitende Ärztin an der Abteilung für Dermatologie am Spital Bellinzona, berichtete über die Diagnostik und das Management der Candidosen der Haut des Genitaltrakts.</p>
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<p class="article-content"><p>Ausgelöst werden Candidosen durch Hefen der Gattung Candida, von der inzwischen etwa 200 Spezies identifiziert worden sind.<sup>1</sup> Candida-Arten gehören zur natürlichen Keimflora des Körpers. Ausser im weiblichen Genital finden sie sich vorwiegend in den oberen Luftwegen und im Gastrointestinaltrakt.<sup>2</sup> Die typischen Prädispositionsfaktoren sind das Alter (Neugeborene, sehr jung, sehr alt bzw. sehr krank), systemische Krankheiten wie Diabetes mellitus, Morbus Cushing oder die Hypothyreose sowie Hautkrankheiten wie Psoriasis und die atopische Dermatitis. Ein erhöhter Östrogenspiegel prädisponiert ebenfalls für Candidosen, z. B. in der Schwangerschaft oder bei dauerhafter Einnahme von Hormonpräparaten. Auch Medikamente wie Kortikosteroide, Immunsuppressiva und Antibiotika steigern die Anfälligkeit für die Infektion. <br />Zum Zusammenhang zwischen Candidosen und Psoriasis erklärte Terrani: Bekannt sei, dass auf der Haut von Psoriasispatienten im Vergleich zu gesunden Menschen vermehrt Candida angetroffen wird. Ausserdem trage der Hefepilz Oberflächenantigene, die T-Lymphozyten aktivieren und chronische Entzündungen der Haut auslösen, unterhalten oder verstärken können.<sup>3</sup> <br />Nach wie vor ist <em>Candida albicans</em> die wichtigste Spezies und verursacht rund 70 % der Hautcandidosen. Von den Nicht-Candida-albicans-Spezies ist <em>C. glabrata</em> die wichtigste, gefolgt von <em>C. krusei</em> und <em>C. parapsilosis</em>. <em>C. glabrata</em> kommt häufiger bei älteren Patienten und solchen mit Diabetes mellitus vor. Sie kann ebenso wie <em>C. krusei</em> resistent gegen Fluconazol sein. <em>C. parapsilosis</em> wird eher bei jüngeren Patienten gefunden, häufig bei der Onychomykose und bei Katheterinfektionen.<sup>4</sup> Tabelle 1 zeigt die In-vitro-Sensitivität verschiedener Candida-Spezies gegenüber systemisch wirkenden Antimykotika.<sup>5</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Derma_1901_Weblinks_jatros_kardio_1904_s24_tab1_terrani.jpg" alt="" width="1447" height="725" /></p> <h2>Candida-Infektionen des weiblichen Genitales</h2> <p>Etwa 75 % aller Frauen erleben einmal in ihrem Leben eine Candida-Vulvovaginitis (CVV), wobei mehr als 85 % der CVV durch C. albicans ausgelöst werden.<sup>6</sup> Typische Symptome sind Rötung und Schwellung, Juckreiz und Brennen, Dyspareunie, weisser, krümeliger Ausfluss und Fissuren. Prämenopausal sei eher die Vagina beteiligt, während die Infektion bei postmenopausalen Frauen vermehrt die Vulva betreffe, sagte Terrani. Als Differenzialdiagnosen kommen unter anderem die bakterielle Vaginose, die aerobe Vaginitis oder die Trichomoniasis infrage.<sup>7</sup> Dies ist besonders deshalb relevant, weil viele Patientinnen in dem Glauben, sie hätten eine Pilzinfektion, sich mit frei verkäuflichen Antimykotika selbst behandeln, obwohl sie nicht an einer CVV erkrankt sind.<sup>8</sup> <br />Die häufigste Komplikation der CVV ist der Intertrigo mit grossen juckenden oder schmerzenden Erythemen. An deren Rand finden sich typischerweise die sogenannte Collarette, eine Schuppenbildung, sowie kleinere Pusteln. Begünstigt werde er durch enge Kleidung, Schwitzen und mangelhafte Hygiene, so Terrani. Differenzialdiagnostisch sind unter anderem eine Kontaktdermatitis, Psoriasis inversa, Tinea inguinalis und Morbus Hailey-Hailey in Betracht zu ziehen.</p> <h2>Therapie der CVV</h2> <p>Grundsätzlich sollte nur bei positivem Erregernachweis (Nachweis von Pseudohyphen unter dem Mikroskop) und symptomatischer Infektion behandelt werden. Asymptomatische, immunkompetente Frauen müssten nicht behandelt werden, erklärte Terrani. Eine Ausnahme seien Schwangere. <br />Die Therapie erfolgt in der Regel lokal mit Cremes, Vaginaltabletten oder Ovula, zum Beispiel mit Clotrimazol (einmal täglich für drei Tage), Ciclopiroxicam (einmal täglich für sechs Tage) oder Econazol (einmal täglich für 15 Tage).<sup>7</sup> <br />Sollte eine systemische Therapie notwendig sein, stehen Fluconazol und Itraconazol zur Verfügung, die einmalig verabreicht werden.<sup>7</sup> <br />Bei 5 bis 8 % der Frauen kommt es zu chronisch-rezidivierenden CVV (mind. 4 Episoden/Jahr). In diesen Fällen wird eine systemische Dauertherapie mit Antimykotika wie Fluconazol (einmal täglich für drei Tage, dann einmal wöchentlich) oder Itraconazol (zweimal täglich für drei Tage, dann zweimal täglich am ersten Zyklustag) für jeweils sechs Monate eingesetzt. Spricht die Infektion nicht auf Fluconazol an, sollte ein Abstrich zur genauen Identifikation des Erregers mit Sensitivitätsprüfung angefertigt werden.<sup>7</sup></p> <h2>Candida-Infektionen beim Mann</h2> <p>Der häufigste Erreger aller infektiösen Balanitiden ist mit rund 20 % ebenfalls <em>C. albicans</em>.<sup>9</sup> Genitale Candida-Infektionen beim Mann betreffen vorwiegend die Glans penis und den Sulcus coronarius. Bei einer Candida-Balanitis und -Balanoposthitis zeigen sich auf der Glans penis oder im Sulcus coronarius eine flächenhafte entzündliche, gerötete Erosion und weisse stippchenartige Beläge. Die Patienten leiden zudem unter Juckreiz. Die Läsionen befallen meist auch das innere Vorhautblatt (Posthitis). Bei einer ohnehin engen Vorhaut kann dies zu einer Phimose führen.<sup>10</sup> <br />Therapeutisch wird an erster Stelle 1 %ige Clotrimazolcreme zweimal täglich empfohlen. Auch Miconazol und Nystatin können eingesetzt werden. Dabei ist auf eine gute Hygiene zu achten. Bei einer chronischen Balanitis ist die therapeutische Zirkumzision eine Option.<sup>10</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Swiss Derma Day 2019, 16.–17. Januar 2019, Luzern
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Ciardo DE et al.: J Clin Microbiol 2006; 44: 77-84 <strong>2</strong> Kashem SW, Kaplan DH: Trends Immunol 2016; 37: 440-50 <strong>3</strong> Pietrzak A et al.: Mediators Inflamm 2018; 2018: 9602362 <strong>4</strong> Sadeghi G et al.: J Mycol Med 2018; 28: 51-8 <strong>5</strong> www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/082-005l_S1_Candida- Infektionen_Diagnose_Therpie_2016-07-verlaengert.pdf (letzter Zugriff: 4. 3. 2019) <strong>6</strong> De Bernardis F et al.: Med Mycol 2018; 56: 26-31 <strong>7</strong> Sherrard J et al.: Int J STD AIDS 2018; 29: 1258-72 <strong>8</strong> Ferris DG et al.: Obstet Gynecol 2002; 99: 419-25 <strong>9</strong> Borelli S, Lautenschlager S: Hautarzt 2015; 66: 6-11 <strong>10</strong> Edwards SK et al.: Int J STD AIDS 2014; 25: 615-26</p>
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