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SDD 2019

Diagnostik und Management der genitalen Candidiasis

<p class="article-intro">Die rezidivierende genitale Candidiasis ist nicht nur für die Patientinnen eine grosse Belastung. Auch für die behandelnden Ärzte ist sie eine Herausforderung, da die Therapie schwierig ist. Dr. med. Isabella Terrani, leitende Ärztin an der Abteilung für Dermatologie am Spital Bellinzona, berichtete über die Diagnostik und das Management der Candidosen der Haut des Genitaltrakts.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Ausgel&ouml;st werden Candidosen durch Hefen der Gattung Candida, von der inzwischen etwa 200 Spezies identifiziert worden sind.<sup>1</sup> Candida-Arten geh&ouml;ren zur nat&uuml;rlichen Keimflora des K&ouml;rpers. Ausser im weiblichen Genital finden sie sich vorwiegend in den oberen Luftwegen und im Gastrointestinaltrakt.<sup>2</sup> Die typischen Pr&auml;dispositionsfaktoren sind das Alter (Neugeborene, sehr jung, sehr alt bzw. sehr krank), systemische Krankheiten wie Diabetes mellitus, Morbus Cushing oder die Hypothyreose sowie Hautkrankheiten wie Psoriasis und die atopische Dermatitis. Ein erh&ouml;hter &Ouml;strogenspiegel pr&auml;disponiert ebenfalls f&uuml;r Candidosen, z. B. in der Schwangerschaft oder bei dauerhafter Einnahme von Hormonpr&auml;paraten. Auch Medikamente wie Kortikosteroide, Immunsuppressiva und Antibiotika steigern die Anf&auml;lligkeit f&uuml;r die Infektion. <br />Zum Zusammenhang zwischen Candidosen und Psoriasis erkl&auml;rte Terrani: Bekannt sei, dass auf der Haut von Psoriasispatienten im Vergleich zu gesunden Menschen vermehrt Candida angetroffen wird. Ausserdem trage der Hefepilz Oberfl&auml;chenantigene, die T-Lymphozyten aktivieren und chronische Entz&uuml;ndungen der Haut ausl&ouml;sen, unterhalten oder verst&auml;rken k&ouml;nnen.<sup>3</sup> <br />Nach wie vor ist <em>Candida albicans</em> die wichtigste Spezies und verursacht rund 70 % der Hautcandidosen. Von den Nicht-Candida-albicans-Spezies ist <em>C. glabrata</em> die wichtigste, gefolgt von <em>C. krusei</em> und <em>C. parapsilosis</em>. <em>C. glabrata</em> kommt h&auml;ufiger bei &auml;lteren Patienten und solchen mit Diabetes mellitus vor. Sie kann ebenso wie <em>C. krusei</em> resistent gegen Fluconazol sein. <em>C. parapsilosis</em> wird eher bei j&uuml;ngeren Patienten gefunden, h&auml;ufig bei der Onychomykose und bei Katheterinfektionen.<sup>4</sup> Tabelle 1 zeigt die In-vitro-Sensitivit&auml;t verschiedener Candida-Spezies gegen&uuml;ber systemisch wirkenden Antimykotika.<sup>5</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Derma_1901_Weblinks_jatros_kardio_1904_s24_tab1_terrani.jpg" alt="" width="1447" height="725" /></p> <h2>Candida-Infektionen des weiblichen Genitales</h2> <p>Etwa 75 % aller Frauen erleben einmal in ihrem Leben eine Candida-Vulvovaginitis (CVV), wobei mehr als 85 % der CVV durch C. albicans ausgel&ouml;st werden.<sup>6</sup> Typische Symptome sind R&ouml;tung und Schwellung, Juckreiz und Brennen, Dyspareunie, weisser, kr&uuml;meliger Ausfluss und Fissuren. Pr&auml;menopausal sei eher die Vagina beteiligt, w&auml;hrend die Infektion bei postmenopausalen Frauen vermehrt die Vulva betreffe, sagte Terrani. Als Differenzialdiagnosen kommen unter anderem die bakterielle Vaginose, die aerobe Vaginitis oder die Trichomoniasis infrage.<sup>7</sup> Dies ist besonders deshalb relevant, weil viele Patientinnen in dem Glauben, sie h&auml;tten eine Pilzinfektion, sich mit frei verk&auml;uflichen Antimykotika selbst behandeln, obwohl sie nicht an einer CVV erkrankt sind.<sup>8</sup> <br />Die h&auml;ufigste Komplikation der CVV ist der Intertrigo mit grossen juckenden oder schmerzenden Erythemen. An deren Rand finden sich typischerweise die sogenannte Collarette, eine Schuppenbildung, sowie kleinere Pusteln. Beg&uuml;nstigt werde er durch enge Kleidung, Schwitzen und mangelhafte Hygiene, so Terrani. Differenzialdiagnostisch sind unter anderem eine Kontaktdermatitis, Psoriasis inversa, Tinea inguinalis und Morbus Hailey-Hailey in Betracht zu ziehen.</p> <h2>Therapie der CVV</h2> <p>Grunds&auml;tzlich sollte nur bei positivem Erregernachweis (Nachweis von Pseudohyphen unter dem Mikroskop) und symptomatischer Infektion behandelt werden. Asymptomatische, immunkompetente Frauen m&uuml;ssten nicht behandelt werden, erkl&auml;rte Terrani. Eine Ausnahme seien Schwangere. <br />Die Therapie erfolgt in der Regel lokal mit Cremes, Vaginaltabletten oder Ovula, zum Beispiel mit Clotrimazol (einmal t&auml;glich f&uuml;r drei Tage), Ciclopiroxicam (einmal t&auml;glich f&uuml;r sechs Tage) oder Econazol (einmal t&auml;glich f&uuml;r 15 Tage).<sup>7</sup> <br />Sollte eine systemische Therapie notwendig sein, stehen Fluconazol und Itraconazol zur Verf&uuml;gung, die einmalig verabreicht werden.<sup>7</sup> <br />Bei 5 bis 8 % der Frauen kommt es zu chronisch-rezidivierenden CVV (mind. 4 Episoden/Jahr). In diesen F&auml;llen wird eine systemische Dauertherapie mit Antimykotika wie Fluconazol (einmal t&auml;glich f&uuml;r drei Tage, dann einmal w&ouml;chentlich) oder Itraconazol (zweimal t&auml;glich f&uuml;r drei Tage, dann zweimal t&auml;glich am ersten Zyklustag) f&uuml;r jeweils sechs Monate eingesetzt. Spricht die Infektion nicht auf Fluconazol an, sollte ein Abstrich zur genauen Identifikation des Erregers mit Sensitivit&auml;tspr&uuml;fung angefertigt werden.<sup>7</sup></p> <h2>Candida-Infektionen beim Mann</h2> <p>Der h&auml;ufigste Erreger aller infekti&ouml;sen Balanitiden ist mit rund 20 % ebenfalls <em>C. albicans</em>.<sup>9</sup> Genitale Candida-Infektionen beim Mann betreffen vorwiegend die Glans penis und den Sulcus coronarius. Bei einer Candida-Balanitis und -Balanoposthitis zeigen sich auf der Glans penis oder im Sulcus coronarius eine fl&auml;chenhafte entz&uuml;ndliche, ger&ouml;tete Erosion und weisse stippchenartige Bel&auml;ge. Die Patienten leiden zudem unter Juckreiz. Die L&auml;sionen befallen meist auch das innere Vorhautblatt (Posthitis). Bei einer ohnehin engen Vorhaut kann dies zu einer Phimose f&uuml;hren.<sup>10</sup> <br />Therapeutisch wird an erster Stelle 1 %ige Clotrimazolcreme zweimal t&auml;glich empfohlen. Auch Miconazol und Nystatin k&ouml;nnen eingesetzt werden. Dabei ist auf eine gute Hygiene zu achten. Bei einer chronischen Balanitis ist die therapeutische Zirkumzision eine Option.<sup>10</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Swiss Derma Day 2019, 16.–17. Januar 2019, Luzern </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Ciardo DE et al.: J Clin Microbiol 2006; 44: 77-84 <strong>2</strong> Kashem SW, Kaplan DH: Trends Immunol 2016; 37: 440-50 <strong>3</strong> Pietrzak A et al.: Mediators Inflamm 2018; 2018: 9602362 <strong>4</strong> Sadeghi G et al.: J Mycol Med 2018; 28: 51-8 <strong>5</strong> www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/082-005l_S1_Candida- Infektionen_Diagnose_Therpie_2016-07-verlaengert.pdf (letzter Zugriff: 4. 3. 2019) <strong>6</strong> De Bernardis F et al.: Med Mycol 2018; 56: 26-31 <strong>7</strong> Sherrard J et al.: Int J STD AIDS 2018; 29: 1258-72 <strong>8</strong> Ferris DG et al.: Obstet Gynecol 2002; 99: 419-25 <strong>9</strong> Borelli S, Lautenschlager S: Hautarzt 2015; 66: 6-11 <strong>10</strong> Edwards SK et al.: Int J STD AIDS 2014; 25: 615-26</p> </div> </p>
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