<p class="article-intro">Die Niere spielt eine zentrale Rolle bei der Homöostase, der Kontrolle und Regulierung des inneren Gleichgewichts des Körpers und dient der Entgiftung, Kreislaufstabilisierung und hormonellen Regulation. Für viele Organe und Organsysteme ist es wichtig, dass die Niere normal funktioniert. Mehr als 10 % der Bevölkerung leiden jedoch unter einer reduzierten Nierenfunktion. Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Nierensteine, die im Zusammenhang mit einer gestörten Nierenfunktion stehen, sind weit verbreitet. Bislang sind die Ursachen vieler Nierenerkrankungen nur unzureichend bekannt. Der NCCR Kidney.CH, ein schweizweites Forschungsnetzwerk der Universitäten Zürich, Bern, Lausanne, Genf und Fribourg, erforscht die normale Funktion von Nieren und die Entstehung von Erkrankungen. Zugleich bildet der NCCR Kidney.CH eine neue Generation von Nierenforschenden aus.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Der französische Arzt und Mitbegründer der modernen Experimentalmedizin Claude Bernard erkannte bereits vor mehr als 150 Jahren, dass die Konstanz des «milieu intérieur» für das Leben multizellulärer Organismen essenziell ist. Die Niere ist das zentrale Organ der inneren Homöostase. Sie reguliert das Volumen des Intraund Extrazellulärraums, die Konzentrationen von gelösten Stoffen (v. a. Ionen) im Blutplasma und der interstitiellen Flüssigkeit. Darüber hinaus beeinflusst sie den Säure-Basen-Haushalt und die Sauerstoffversorgung der Organe, kontrolliert den Knochenstoffwechsel und entgiftet gemeinsam mit der Leber unseren Körper.<br /> Der nationale Forschungsschwerpunkt (National Centre of Competence in Research) NCCR Kidney.CH untersucht, wie die Niere das «milieu intérieur» reguliert. Dabei steht das «CH» sowohl für das schweizweite Forschungsnetzwerk als auch für den Fachbegriff «Control of Homeostasis».<br /> Der NCCR Kidney.CH wurde 2009/10 vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) in einem mehrstufigen Verfahren für eine Förderung ausgewählt. Seit dem 1. August 2010 sind bislang zwei jeweils vierjährige Förderphasen durch den SNF und die Universität Zürich (UZH) finanziert worden. Momentan befindet sich der NCCR in seiner dritten und letzten Förderphase, die bis 2022 dauert.<br /> In seinen beiden ersten Phasen wurde der NCCR von Prof. François Verrey (UZH) und Prof. Johannes Loffing (UZH) geleitet. Mit der im Juli 2019 bevorstehenden Emeritierung von Verrey haben jetzt Prof. Johannes Loffing und Prof. Carsten Wagner (UZH) die Leitung der dritten Phase übernommen. Alle wichtigen Entscheidungen innerhalb des NCCRs werden von einem Leitungsausschuss, in dem Forschende aller am NCCR beteiligten Universitäten vertreten sind, getroffen.</p>
<p class="article-intro">Die Niere spielt eine zentrale Rolle bei der Homöostase, der Kontrolle und Regulierung des inneren Gleichgewichts des Körpers und dient der Entgiftung, Kreislaufstabilisierung und hormonellen Regulation. Für viele Organe und Organsysteme ist es wichtig, dass die Niere normal funktioniert. Mehr als 10 % der Bevölkerung leiden jedoch unter einer reduzierten Nierenfunktion. Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Nierensteine, die im Zusammenhang mit einer gestörten Nierenfunktion stehen, sind weit verbreitet. Bislang sind die Ursachen vieler Nierenerkrankungen nur unzureichend bekannt. Der NCCR Kidney.CH, ein schweizweites Forschungsnetzwerk der Universitäten Zürich, Bern, Lausanne, Genf und Fribourg, erforscht die normale Funktion von Nieren und die Entstehung von Erkrankungen. Zugleich bildet der NCCR Kidney.CH eine neue Generation von Nierenforschenden aus.</p>
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<p class="article-content"><p>Der französische Arzt und Mitbegründer der modernen Experimentalmedizin Claude Bernard erkannte bereits vor mehr als 150 Jahren, dass die Konstanz des «milieu intérieur» für das Leben multizellulärer Organismen essenziell ist. Die Niere ist das zentrale Organ der inneren Homöostase. Sie reguliert das Volumen des Intraund Extrazellulärraums, die Konzentrationen von gelösten Stoffen (v. a. Ionen) im Blutplasma und der interstitiellen Flüssigkeit. Darüber hinaus beeinflusst sie den Säure-Basen-Haushalt und die Sauerstoffversorgung der Organe, kontrolliert den Knochenstoffwechsel und entgiftet gemeinsam mit der Leber unseren Körper.<br /> Der nationale Forschungsschwerpunkt (National Centre of Competence in Research) NCCR Kidney.CH untersucht, wie die Niere das «milieu intérieur» reguliert. Dabei steht das «CH» sowohl für das schweizweite Forschungsnetzwerk als auch für den Fachbegriff «Control of Homeostasis».<br /> Der NCCR Kidney.CH wurde 2009/10 vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) in einem mehrstufigen Verfahren für eine Förderung ausgewählt. Seit dem 1. August 2010 sind bislang zwei jeweils vierjährige Förderphasen durch den SNF und die Universität Zürich (UZH) finanziert worden. Momentan befindet sich der NCCR in seiner dritten und letzten Förderphase, die bis 2022 dauert.<br /> In seinen beiden ersten Phasen wurde der NCCR von Prof. François Verrey (UZH) und Prof. Johannes Loffing (UZH) geleitet. Mit der im Juli 2019 bevorstehenden Emeritierung von Verrey haben jetzt Prof. Johannes Loffing und Prof. Carsten Wagner (UZH) die Leitung der dritten Phase übernommen. Alle wichtigen Entscheidungen innerhalb des NCCRs werden von einem Leitungsausschuss, in dem Forschende aller am NCCR beteiligten Universitäten vertreten sind, getroffen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1902_Weblinks_lo_innere_1902_s73_abb1_wagner.jpg" alt="" width="1419" height="1117" /></p> <h2>Die nächste Generation</h2> <p>Nierenforschung hat in der Schweiz eine sehr lange Tradition. Ein wichtiges Ziel des NCCR Kidney.CH ist es, diese Tradition fortzusetzen und durch die vermehrte Vernetzung von Grundlagenforschern und Klinikern neue Strukturen und Forschungsansätze zu schaffen, um die Nierenforschung in der Schweiz einen deutlichen Schritt voranzubringen und weiter zu stärken. Das Netzwerk des NCCR ist dabei bewusst offen angelegt, um weitere Experten einzubinden. Ein wichtiger Baustein ist die Nachwuchsförderung, durch die der NCCR Kidney.CH eine nächste Generation von Nierenforschenden ausbildet.<br /> Das Ausbildungsprogramm ruht auf drei Säulen: einem obligatorischen Ausbildungscurriculum für alle am NCCR Kidney.CH beteiligten PhD-Studierenden, Postdocs und Assistenzärzte; der Vergabe von Mitteln für Forschungsprojekte von Nachwuchswissenschaftlern («Junior Grants») sowie der Finanzierung von «protected research time» für Kliniker, also Zeit, die Assistenzärzte neben dem Klinikalltag der Forschung widmen können.<br /> Ein spezielles Ausbildungsprogramm wurde in Zusammenarbeit mit der Stiftung «Health Sciences e-Training» (hset.org) und Prof. Bernard Rossier (Lausanne) unter Leitung von Prof. Uyen Huynh-Do (Bern) entwickelt. In fünf thematischen Modulen lernen die Teilnehmenden wichtige Funktionen der Niere kennen und bearbeiten in interaktiven Gruppen Problemstellungen aus Forschung und Klinik. Eine Online-Plattform bietet vertiefte Informationen an und führt die Teilnehmenden durch die Aufgaben. Der Zyklus von fünf in sich unabhängigen Modulen erstreckt sich über zwei Jahre.<br /> Der Kurs ist auf ein so positives Echo gestossen, dass er 2018 in ein universitäres Weiterbildungsprogramm («Diplom of Advanced Studies/Course of Advanced Studies, CS/DAS») für «Translational Nephrology » (www.nephrologie.unibe.ch) an der Universität Bern überführt wurde. Die Universitäten Zürich, Lausanne und Genf beteiligen sich an dem CAS/DAS-Programm als offizielle Partner. Bisher haben bereits elf Teilnehmende den Kurs erfolgreich abgeschlossen.<br /> Die vom NCCR Kidney.CH im Rahmen eines sehr kompetitiven Auswahlverfahrens zugesprochenen Junior Grants ermöglichen vielversprechenden Nachwuchswissenschaftlern während einer maximal dreijährigen Projektförderung, eine eigene kleine Forschungsgruppe innerhalb einer etablierten Gruppe aufzubauen und ein eigenes Projekt zu bearbeiten. Seit 2011 wurden insgesamt 16 Junior Grants vergeben. Zwei der geförderten Kandidaten konnten sich mit dieser Förderung bereits erfolgreich für Professuren qualifizieren. Prof. Sophie de Seigneux arbeitet inzwischen als SNF-Förderprofessorin in der Nephrologie der Universitätsklinik in Genf. Prof. David Hoogewijs ist als Assoziierter Professor im Departement Medizin an der Universität Fribourg tätig.<br /> Ein weiteres wichtiges Ziel des NCCR ist die Förderung des Nachwuchses als sogenannte «Physician Scientists». Im klinischen Alltag sind die Assistenzärzte und Assistenzärztinnen oft zeitlich sehr stark in die Patientenbetreuung eingebunden und finden kaum Zeit für Forschung und die Entwicklung eigener Projektideen. Der NCCR Kidney.CH hat daher vor wenigen Jahren in Zusammenarbeit mit den Nephrologiekliniken der beteiligten Universitäten damit begonnen, eine teilweise Freistellung von interessierten und qualifizierten Assistenzärzten für die Forschung («protected research time») finanziell zu unterstützen. Auch wird gezielt die Beteiligung von jungen Medizinerinnen und und Medizinern an MD/PhD-Programmen gefördert. Die Unterstützung weiblicher Nachwuchswissenschaftler ist ein weiterer Schwerpunkt des NCCR. Zu oft scheiden nämlich bislang hervorragend ausgebildete und motivierte Kolleginnen in der Phase der Familiengründung aus. Der NCCR bietet daher Finanzhilfe für die Betreuung von Kindern oder finanziert die Anstellung einer Ersatzperson, die das Forschungsprojekt bis zur Rückkehr aus dem Mutterschutz weiterführt. Zudem werden junge Wissenschaftlerinnen gezielt auf ihre Laufbahnplanung und eine mögliche akademischen Karriere angesprochen und bei Bedarf begleitet. Auch werden sie ermuntert, sich auf Ausschreibungen zu bewerben, und bei der Antragsstellung unterstützt.<br /> Eine weitere Massnahme zur Etablierung der nächsten Generation war die Bereitschaft der Universität Zürich, drei Stellen für Assistenzprofessoren neu zu schaffen. In der ersten Phase des NCCR Kidney.CH konnte so Prof. Vartan Kurtcuoglu auf eine Professur für Rechnergestützte und Experimentelle Physiologie am Institut für Physiologie (UZH) und Prof. Andrew Hall auf eine Professur für strukturelle und funktionelle Bildgebung der Niere am Anatomischen Institut der UZH berufen werden. Beide haben sich zwischenzeitlich bereits für eine unbefristete Professur qualifizieren können. In der laufenden Förderperiode sollen neu noch eine Assistenzprofessur für Epidemiologie und Genomik renaler Erkrankungen am Institut für Physiologie und am Zentrum für quantitative Biomedizin besetzt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1902_Weblinks_lo_innere_1902_s74_abb2_wagner.jpg" alt="" width="1417" height="1933" /></p> <h2>Erfolgreiches Forschungsnetzwerk</h2> <p>Die Forschung innerhalb des NCCR Kidney. CH ist in drei kooperativen Arbeitsprogrammen organisiert und orientiert sich an drei Hauptaufgaben der Niere: im Bereich Blutbildung und Sauerstoffversorgung des Körpers («work package oxygen»), der Anpassung der Urinausscheidung an die Nahrungsaufnahme («work package dietary ions») und an der Beteiligung der Niere bei der Regulierung des Mineralhaushaltes («work package mineralization»).<br /> Im Themenkomplex «Oxygen» wird erforscht, wie die Niere die systemische Sauerstoffzufuhr über die Regulation der Produktion von Erythropoietin beeinflusst und wie die Niere selbst Sauerstoff verbraucht. Eine weitere Fragestellung ist, wie diese beiden Prozesse bei akuten und chronischen Nierenerkrankungen fehlreguliert werden. Die Gruppe von Prof. Roland Wenger (Zürich) hat im Rahmen ihrer Arbeiten unter anderem den renalen Promoter des Erythropoietin-Gens identifiziert. Bei Mausversuchen konnten jetzt die Erythropoietin produzierenden Zellen mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert und für In-vitro-Untersuchungen isoliert werden.<sup>1</sup> Prof. Vartan Kurtcuoglu (Zürich) und Prof. Andrew Hall (Zürich) ist es zudem gelungen, mittels verfeinerter bildgebender Methoden eine hochauflösende Kartierung der renalen Gefässe zu erstellen und die Aktivität der Mitochondrien als Ort des Sauerstoffverbrauchs in der intakten Niere zu untersuchen.<sup>2</sup> Prof. Sophie de Seigneux in Genf konnte zeigen, wie es bei Patienten mit Nierenerkrankungen zur Bildung von inaktivem Erythropoietin aus der Leber kommt und sich sauerstoffabhängige Signalwege verändern.<sup>3</sup><br /> Im zweiten Themenkomplex «Dietary Ions» wird der Einfluss der Ernährung untersucht. Die Rolle von Salz oder tierischen Proteinen sind dabei nur zwei von vielen gut dokumentierten Beispielen. Prof. François Verrey (Zürich) hat erforscht, wie eine proteinreiche Diät die glomeruläre Filtrationsrate beeinflusst und welche Rolle spezielle Aminosäuren dabei spielen. Prof. Eric Feraille (Genf) wiederum zeigte den Einfluss von Salz auf die Arbeitsbelastung der Niere und untersuchte an gesunden Probanden die Interaktionen von Salz und Kalium auf die Nierenfunktion.<sup>4</sup><br /> In eine ähnliche Richtung gehen Projekte, die sich mit den grundsätzlichen Fragen der Blutdruckregulation durch die Niere und die Bedeutung des Hormons Aldosteron beschäftigen. Prof. Felix Beuschlein (Zürich) untersucht Erkrankungen, die die Bildung von Aldosteron und damit den Blutdruck beeinflussen, während Prof. Edith Hummler (Lausanne) sich mit Auswirkungen von Aldosteron und Kortisol auf die Salz- und Kaliumausscheidung der Niere beschäftigt.<sup>5, 6</sup> Zahlreiche epidemiologische Studien haben die antihypertensive and kardioprotektive Wirkung einer kaliumreichen Ernährung belegt. Untersuchungen der Gruppe von Prof. Johannes Loffing (Zürich) gaben Hinweise auf zugrunde liegende renale Mechanismen dieser positiven Wirkungen.<sup>7</sup><br /> Beim Themenkomplex «Mineralization» werden unter anderem der Einfluss von Medikamenten und von genetischen Varianten auf die Rolle der Niere im Mineralhaushalt untersucht. Die Gruppe von Prof. Olivier Devuyst (Zürich) erforscht vor allem die funktionelle Bedeutung eines spezifischen renalen Proteins, des Uromodulins. Genetische Varianten dieses Proteins werden sowohl mit der Entwicklung einer salzabhängigen Erhöhung des Blutdruckes, einer fortschreitenden Einschränkung der Nierenfunktion als auch mit der Entwicklung von Nierensteinen in Verbindung gebracht.<sup>8</sup> Gleichfalls können genetische Veränderungen im renalen Phosphattransporter NaPi-IIa (SLC34A1) zu Störungen der Kalzium- und der Phosphathomöostase, chronischen Nierenerkrankungen und einem erhöhten Risiko für Nierensteine führen.<sup>9</sup> Die Grundlagen dazu werden von der Gruppe von Prof. Carsten Wagner (Zürich) untersucht. Phosphat erhöht auch das Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Neue Untersuchungen von Prof. Reto Krapf (Basel und Luzern) zeigten, dass Phosphat den Blutdruck erhöhen kann,<sup>10</sup> und Arbeiten von Prof. Carsten Wagner und Prof. Johannes Loffing deuten darauf hin, dass dies über eine gesteigerte renale Salzretention vermittelt wird. Eine häufige Nebenwirkung von Immunsupressiva, wie Tacrolimus und Cyclosporin, ist ein renaler Magnesiumverlust. Patienten mit Nierentransplantation haben daher häufig einen Mangel an diesem wichtigen Mineral. Die Gruppe von Prof. Uyen Huynh-Do (Bern) untersucht, inwieweit die gestörte Magnesiumbilanz gegebenenfalls die Langzeitergebnisse der Nierenersatztherapie beeinflusst. <br />Genetische und epidemiologische Untersuchungen durch Prof. Murielle Bochud (Lausanne) unterstützen die Forschungsanstrengungen des NCCR. Dieser Bereich soll durch die Schaffung einer zusätzlichen Assistenzprofessur für Epidemiologie und Genomik von Nierenerkrankungen noch weiter ausgebaut werden. Die beiden bereits an die UZH berufenen Assistenzprofessoren Prof. Christian Stockmann und Prof. Soeren Lienkamp verstärken die Forschung im Bereich der Immunologie und Fibrose bzw. der regenerativen Medizin.</p> <p> </p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1902_Weblinks_lo_innere_1902_s75_abb3_wagner.jpg" alt="" width="1417" height="1575" /></p> <h2>Langzeitinvestition in Nierensteine</h2> <p>Nierensteine sind ein weiteres wichtiges Forschungsfeld. Etwa 10 % der Bevölkerung haben mindestens einmal im Leben einen Nierenstein. Bei 2 % der Bevölkerung treten Nierensteine erneut auf. Neben der sehr schmerzhaften akuten Episode steigt vor allem mit dem wiederkehrenden Nierensteinleiden das Risiko, eine chronische Nierenerkrankung zu entwickeln. Diese können auch Infektionen und assoziierte kardiovaskuläre Erkrankungen nach sich ziehen. Während es unbestritten ist, dass Nierensteine oft komplexe Ursachen haben, spielen genetische Prädisposition und Umwelteinflüsse, darunter die Ernährung, eine entscheidende Rolle. Gestörte Transportprozesse entlang des Nephrons, genetische Veränderungen und der Einfluss der Ernährung stehen im Fokus etlicher Forschungsgruppen. Der NCCR Kidney.CH hat daher vor 5 Jahren mit dem Aufbau der Swiss Kidney Stone Cohort (SKSC, sksc. nccr-kidney.ch) begonnen, die von Prof. Olivier Bonny (Lausanne) und Prof. Carsten Wagner (Zürich) zusammen mit Sandra Schafroth (Studienkoordinatorin) und Tanja Häusermann (verantwortlich für Ernährungserhebungen) geleitet wird. Beteiligt sind die nephrologischen Abteilungen des Kantonsspitals Aarau und der Universitätsspitäler Bern, Genf, Lausanne und Zürich.<br /> Die Kohorte erhebt eine Vielzahl von klinischen und laborchemischen Daten von Patienten mit erst- oder mehrmaligem Auftreten von Nierensteinen und führt detaillierte Interviews zu den Ernährungsgewohnheiten. Zudem wird momentan eine Biobank aus Urin-, Blut- und DNA-Proben aufgebaut. Alle Patienten werden über einen Zeitraum von drei Jahren in mehrmaligen Visiten befragt, untersucht und es werden Proben gesammelt. Bislang wurden 722 Patienten und 60 gesunde Kontrollpersonen in die Kohorte eingeschlossen. Diese Daten und Proben stehen allen Forschenden innerhalb und ausserhalb der SKSC und des NCCR Kidney.CH zur Verfügung.<br /> Aktuelle Forschungsprojekte innerhalb der SKSC beschäftigen sich mit verschiedenen Gendefekten der Säureausscheidung (Prof. Daniel Fuster, Bern), der Harnsäureausscheidung (Prof. Olivier Bonny, Lausanne) und der Phosphatbalance (Prof. Carsten A. Wagner, Zürich). Ziel ist es, den Zusammenhang zwischen der genetischen Prädisposition und der Ernährung auf die Ausscheidung von Substanzen, die die Bildung von Nierensteinen fördern, besser zu verstehen.</p> <h2>Ausblick</h2> <p>Nierenerkrankungen nehmen in allen industrialisierten Ländern aufgrund der höheren Lebenserwartung und des vermehrten Auftretens von Diabetes oder Bluthochdruck zu. Das hat nicht nur schwerwiegende Folgen für die betroffenen Personen, sondern lässt auch die Kosten für die Gesundheitssysteme steigen. Die Erforschung von Nierenerkrankungen zur besseren Prävention, Früherkennung und Behandlung sind daher von grosser Dringlichkeit. Das bessere Verständnis der Funktion und Struktur der gesunden Niere schafft dafür die Grundlage. Auch nach dem Ende des NCCR Kidney.CH im Sommer 2022 werden daher weitere Anstrengungen notwendig sein, um in der Schweiz die Nierenforschung auf hohem Niveau weiterzuführen.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Imeri F et al.: Generation of renal epo-producing cell lines by conditional gene tagging reveals rapid HIF-2 driven epo kinetics, cell autonomous feedback regulation, and a telocyte phenotype. Kidney Int 2019; 95: 375-87 <strong>2</strong> Schuh CD et al.: Combined structural and functional imaging of the kidney reveals major axial differences in proximal tubule endocytosis. J Am Soc Nephrol 2018; 29: 2696- 712 <strong>3</strong> de Seigneux S et al.: Increased synthesis of liver erythropoietin with CKD. J Am Soc Nephrol 2016; 27: 2265-9 <strong>4</strong> Udwan K et al.: Dietary sodium induces a redistribution of the tubular metabolic workload. J Physiol 2017; 595: 6905-22 <strong>5</strong> Fernandes-Rosa FL et al.: Genetic spectrum and clinical correlates of somatic mutations in aldosterone- producing adenoma. Hypertension 2014; 64: 354-61 <strong>6</strong> Canonica J et al.: Adult nephron-specific MR-deficient mice develop a severe renal PHA-1 phenotype. Pflugers Arch 2016; 468: 895-908 <strong>7</strong> Sorensen MV et al.: Rapid dephosphorylation of the renal sodium chloride cotransporter in response to oral potassium intake in mice. Kidney Int 2013; 83: 811-24 <strong>8</strong> Trudu M et al.: Common noncoding UMOD gene variants induce salt-sensitive hypertension and kidney damage by increasing uromodulin expression. Nat Med 2013; 19: 1655-60 <strong>9</strong> Schlingmann KP et al.: Autosomal- recessive mutations in SLC34A1 encoding sodiumphosphate cotransporter 2A cause idiopathic infantile hypercalcemia. J Am Soc Nephrol 2016; 27: 604-14 <strong>10</strong> Mohammad J et al: A controlled increase in dietary phosphate elevates BP in healthy human subjects. J Am Soc Nephrol 2018; 29: 2089-98 <strong>11</strong> Eckardt KU et al.: Evolving importance of kidney disease: from subspecialty to global health burden. Lancet 2013; 382: 158-69</p>
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